OGH 5Ob100/93

OGH5Ob100/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Katharina W*****, Landwirtin, ***** S*****, T***** 21, vertreten durch Dr.Lutz Oberhuber, öffentlicher Notar in 5440 Golling, wegen Einleitung des Aufforderungsverfahrens nach § 4 LiegTeilG betreffend die EZ ***** des Grundbuches ***** T*****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 23.September 1993, 22 R 418/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 21.Juli 1993, TZ 1962/93 und 1b Nc 27/93, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Aufgrund der Erklärung der Antragstellerin, vom Gutsbestand ihrer Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** T***** das Grundstück 1179/36 LN im Ausmaß von 736 m2 und ein 328 m2 großes Teilstück aus dem Grundstück 1179/1 LN laut vorgelegter Vermessungsurkunde des Geometers Dipl.Ing.Michel T*****, TZ 3311/93, lastenfrei abschreiben zu wollen, sowie ihres Antrages, das Aufforderungsverfahren gemäß § 4 Abs 1 LiegTeilG einzuleiten, wird angeordnet:

1. die Anmerkung der Einleitung des Aufforderungsverfahrens gemäß § 4 Abs 1 LiegTeilG betreffend die Grundstücke 1179/36 und Teilstück aus 1179/1 im A2-Blatt der EZ ***** GB ***** T*****;

2. die eigenhändige Zustellung dieses Beschlusses an die nachstehend angeführten Buchberechtigten mit der Aufforderung, falls sie gegen die lastenfreie Abschreibung Einspruch erheben, diesen binnen 30 Tagen vom Tage der Zustellung dieser Aufforderung an einzubringen, widrigens die Abschreibung bewilligt wird und die Aufgeforderten ihre Rechte an den Trennstücken zugleich mit der Abschreibung verlieren:

1. Republik Österreich, zu Handen der

Finanzprokuratur, Singerstraße 17, 1010 Wien 1

zu C-LNR.1a

2. Generaldirektion der Österreichischen

B*****, M*****gasse 2,

***** Wien zu C-LNR.1a

3. Forstverwaltung H*****,

***** H***** zu C-LNR 1a

4. A*****

(Agrarbehörde), R*****straße 27,

***** S***** zu C-LNR.1a

5. S*****bank

Aktiengesellschaft, R*****platz 7,

***** Salzburg zu C-LNR. 8a und b, 9a und

b und 12a und b

6. Lg.Präs.Dr.Paul V*****,

J*****gebäude, ***** S***** zu

C-LNR 8a und b, 9a und b und 12a und b

7. und 8. Josef und Anna N*****,

Markt 241, ***** K***** zu C-LNR.14a

9. und 10. Othmar und Christl D*****,

Bundesbahnbeamter, S*****straße

Süd 28,

***** H***** zu C-LNR.17a

11. Katharina H*****,

geb. W*****, Einzelhandelskaufmann,

M*****weg 460, ***** P***** zu

C-LNR.18a, 19a und 24a

12. Andreas W*****, KFZ-Mechaniker,

T***** 21, ***** S***** zu

C-LNR.18a, 20a und 24a

13. Christian W*****, Karosseriespengler,

T***** 21, ***** S***** zu

C-LNR.18a, 21a und 24a

14. Bezirkshauptmannschaft H*****

(Jugendamt), ***** H***** als

Kollisionskurator für mj.Thomas W*****,

geb. 9.12.1978 und mj.Leo W*****, geb.

1.10.1980 zu

C-LNR.18a, 22a, 23a und 24a

15. Koloman W*****, Tischler,

B*****straße 26 A,

***** H***** zu C-LNR.24a

16. Johann S*****, Schlosser, M***** 3,

***** K***** zu C-LNR.24a

17. Rupert W*****, Maurer, K***** 1,

***** A***** zu C-LNR.24a

18. S***** Aktiengesellschaft *****

, S*****straße 44,

***** S***** zu C-LNR.26a

19. R*****kasse H***** registrierte

Genossenschaft mit beschränkter Haftung,

***** H***** zu C-LNR.16a

Der Einspruch ist beim Grundbuchsgericht mündlich oder schriftlich anzubringen; er bedarf keiner Begründung.

Hievon werden noch verständigt:

1.) Katharina W*****, Landwirtin, ***** S*****, T***** 21;

2.) Dr.Lutz Oberhuber, öffentlicher Notar, 5440 Golling, zu AZ 1478;

3.) Bezirksgericht H*****, ***** H*****, zur Pflegschaftssache Mj.Thomas W*****, geb. am 9.12.1978, und Mj.Leo W*****, geb. am 1.10.1980, mit dem Ersuchen um Mitteilung, ob ein allfälliges Unterlassen des Einspruches seitens des Kollisionskurators der Minderjährigen pflegschaftsbehördlich genehmigt wird.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** T*****. Sie beabsichtigt, von dieser Liegenschaft das Grundstück 1179/36 LN im Ausmaß von 736 m2 sowie ein 328 m2 großes Teilstück aus dem Grundstück 1179/1 LN lastenfrei abzuschreiben. Laut vorgelegter Vermessungsurkunde sollen das erstgenannte Grundstück Gerhard (geb. am 11.8.1961) und Katharina H***** (geb. am 21.7.1967) unter Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage, das zweite Grundstück die Gemeinde S***** zwecks Vereinigung mit der Wegparzelle 1179/3 in der EZ ***** erhalten.

Die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** T***** ist mit zahlreichen dinglichen Lasten behaftet, darunter mit dem Veräußerungsverbot für Koloman W*****, geb. 22.8.1961, Johann S*****, geb. 29.10.1962, Rupert W*****, geb. 6.3.1966, Katharina W*****, geb. 21.7.1967, Andreas W*****, geb. 31.1.1969, Christian W*****, geb. 19.12.1971, Thomas W*****, geb. 9.12.1978 und Leo W*****, geb. 1.10.1980.

Zur Vorbereitung der lastenfreien Abschreibung hat nunmehr die Antragstellerin um die Einleitung des Aufforderungsverfahrens nach § 4 LiegTeilG sowie um die diesbezügliche Grundbuchsanmerkung angesucht. Soweit Minderjährige betroffen sind, ist vorgesehen, den Gerichtsbeschluß der Bezirkshauptmannschaft H***** (Jugendamt) als Kollisionskurator und dem Bezirksgericht H***** mit dem Ersuchen um allfällige Genehmigung des Verhaltens des Kollisionskurators zuzustellen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß nur der in der Verfügung über die Substanz der Liegenschaft nicht beschränkte Eigentümer die Einleitung des Aufforderungsverfahrens nach § 4 LiegTeilG verlangen könne. Ein Veräußerungsverbot enthalte eine solche Beschränkung.

Das Rekursgericht (das auch mit unzulässigen Rekursen befaßt war, das Rechtsmittel der Antragstellerin jedoch materiell behandeln mußte) bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Zur Einleitung des Aufforderungsverfahrens sei nur der in der Verfügung über die Substanz der Liegenschaft nicht beschränkte Eigentümer berechtigt (GlU 11.756), sodaß das eingetragene Veräußerungsverbot die Einleitung des Aufforderungsverfahrens verhindere. In der Entscheidung SZ 49/125 habe der Oberste Gerichtshof die gegenteilige Ansicht von Gregorcic (NZ 1954, 97 ff) ausdrücklich abgelehnt, weshalb auch die von der Antragstellerin für ihren Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung RpflSlgG 1.360 des Landesgerichtes Klagenfurt nicht zu überzeugen vermöge.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß die Antragstellerin (die in ihrem Rechtsmittel ein privates Rechtsgutachten verwertete) doch über erörterungsbedürftige Argumente gegen eine Fortschreibung der bisherigen Judikatur verfüge.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerberin ist zuzustimmen, daß der durch ein dingliches Veräußerungsverbot Begünstigte zu den Buchberechtigten iSd § 4 Abs 1 LiegTeilG zählt, daß dem Verbot nach heute herrschender Auffassung nur relative Wirkung in dem Sinn zukommt, daß die Zustimmung des Verbotsberechtigten das Eintragungshindernis für die Verbücherung eines nach dem Grundbuchsstand verbotswidrigen Veräußerungsgeschäftes zu beseitigen vermag (SZ 15/17 ua; vgl zuletzt RdW 1993, 335), und daß das in §§ 4 ff LiegTeilG vorgesehene Aufforderungsverfahren im Grunde nur dazu dient, rechtsgeschäftliche Zustimmungserklärungen der Buchberechtigten zur lastenfreien Abschreibung von Trennstücken einer Liegenschaft zu substituieren. Seit der Klarstellung, daß sich die dinglichen Wirkungen eines gemäß § 364c ABGB verbücherten Veräußerungsverbotes durch einen Verzicht des Verbotsberechtigten beseitigen lassen, weil sie nur seinen Interessen dienen (grundlegend SZ 15/17), ist daher die Judikatur, wonach ein Aufforderungsverfahren nach § 4 Abs 1 LiegTeilG nur der in der Verfügung über die Substanz der Sache nicht beschränkte Eigentümer beantragen kann (GlU 11756), nicht mehr auf Veräußerungsverbote zu beziehen. Die gegenteilige Entscheidung SZ 49/125 ließ dieses überzeugende Argument unbeachtet und kann daher nicht aufrecht erhalten werden. Es wäre nicht einzusehen, warum zwar ein rechtsgeschäftlicher Verzicht des Verbotsberechtigten die Verfügung über eine mit einem Veräußerungsverbot belegte Liegenschaft ermöglichen sollte, nicht aber die zur Herbeiführung genau dieser Verzichtswirkung vorgesehene Unterlassung des Einspruchs in einem Aufforderungsverfahren. Da die Einleitung des Aufforderungsverfahrens ebensowenig in die Rechte des Verbotsbegünstigten eingreift wie die diesbezügliche Anmerkung im Grundbuch (§ 5 Abs 1 LiegTeilG) und dieser die beabsichtigte lastenfreie Abschreibung - also den Verlust seiner auf dem abzuschreibenden Trennstück einverleibten Rechte - durch einen formlosen Einspruch jederzeit verhindern kann, sind schutzwürdige Interessen nicht in Gefahr, wenn der Verbotsberechtigte wie jeder andere Buchberechtigte behandelt wird. Auch der in ihren Wirkungen weitgehend vergleichbaren Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung steht nach nunmehriger Judikatur ein eingetragenes Veräußerungsverbot nach § 364c ABGB nicht entgegen (SZ 46/63).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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