Spruch:
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.
Text
Begründung
Der am 14. September 1987 verstorbene Dr. Sepp L*** war Eigentümer der Liegenschaft EZ 86 und EZ 524 je KG Purgstall, auf denen das Belastungs- und Veräußerungsverbot für seine Ehefrau Mechtild L*** einverleibt war. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot beruhte auf einem Vertrag zwischen den Ehegatten L*** vom 24. September 1986, in dem es unter anderem heißt:
"II. Dr. Sepp L*** hat sein gesamtes Vermögen seiner Ehefrau Mechtild L*** durch Testament verschrieben.....Diese Vermögensüberlassung ist mit der Auflage verbunden, das überlassene Vermögen nach Möglichkeit zu erhalten und durch letztwillige Verfügung oder auch nach freiem Willen der Ehefrau L*** auch zu Lebzeiten den Kindern......ganz oder teilweise zu überlassen........
III. Zur Sicherheit räumt Dr. L*** seiner Ehefrau Mechtild L*** an seinem gesamten Grundbesitz das Belastungs- und Veräußerungsverbot ein, darunter auch an den Liegenschaften in EZ 524 und 86 in der KatGem. Purgstall."
Mit einem am 13. Jänner 1988 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz stellte Mathilde U*** den Antrag, unter anderem aufgrund der Sterbeurkunde des Standesamtes Türnitz vom 15. September 1987 und des Kaufvertrages vom 30. April/26. Juli 1974 folgende grundbücherliche Eintragungen zu bewilligen:
1.) Ob den dem Dr. Sepp L*** gehörenden Liegenschaften EZ 86 und EZ 524 je Grundbuch Purgstall die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes der Mechtild L***, geboren 1. Juli 1914;
2.) ob den dem Dr. Sepp L*** gehörenden Liegenschaften EZ 86 Grundbuch Purgstall, bestehend aus dem Grundstück 427 Garten, und EZ 524 Grundbuch Purgstall, Haus Nr. 86 in Purgstall, bestehend aus dem Grundstück 84 Baufläche, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Mathilde U***.
Der Kaufvertrag vom 30. April/26. Juli 1974 enthält unter anderem folgende Punkte:
"I. Dr. Sepp L*** ist aufgrund des Kaufvertrages vom 1. bzw. 6. Oktober 1971 Alleineigentümer der Liegenschaften in EZ 524, bestehend aus der Parzelle Nr. 84 Baufläche, und in EZ 86, bestehend aus der Parzelle Nr. 427 Garten.
II. Dr. Sepp L*** verkauft und Mathilde U*** kauft nun die unter Punkt I. dieses Vertrages bezeichnete Liegenschaft um den beiderseits vereinbarten Preis von 450.000 S. Ausdrücklich wird festgehalten, daß das mit der Liegenschaft verbundene Elektrizitätswerk und die dazugehörige Wasserkraft, Wasserbuchpost 483 bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs, nicht mitverkauft werden, sondern weiterhin im Eigentum des Verkäufers bleibt. Zu diesen nicht verkauften Vermögensteilen gehört auch das im Erlauffluß befindliche Wehr und der Ober- und Unterwasserkanal des Kraftwerkes.
..........
VI. Sohin willigt der Verkäufer Dr. Sepp L*** ausdrücklich in die Einverleibung des Alleineigentums an den Liegenschaften in EZ 524 und in EZ 86 des Grundbuches der KatGem. Purgstall für Mathilde U*** ein."
Das Erstgericht gab dem Antrag statt.
Das Rekursgericht wies den Antrag infolge Rekurses der Mechtild
L*** aus nachstehenden Erwägungen ab:
Zunächst sei der Kaufvertrag bereits mit einem Formmangel behaftet (§§ 32 Abs 1 lit a, 94 Abs 1 Z 4 GBG), weil zwar der erste Satz des Punktes II. sowie die Aufsandungserklärung den gesamten Gutsbestand der beiden Einlagezahlen erfaßten, dann aber in den folgenden Sätzen des Punktes II. bestimmte Liegenschaftsteile wieder vom Verkauf ausgenommen würden. Dieses Auslassen einzelner Bestandteile bedeute einen auch im Sinne des § 27 Abs 1 GBG sichtbaren und relevanten Mangel (MGA GBG3 E 5, 6 zu § 32). Weiter ergebe sich aus dem aufgezeigten Umstand auch ein Inhaltsmangel, nämlich die fehlende Deckung des Begehrens in der Urkunde (§§ 26 Abs 2, 94 Abs 1 Z 3 GBG). Der Grundbuchsrichter dürfe nur aufgrund klarer und einer eindeutigen Auslegung fähiger Verträge die bücherlichen Eintragungen bewilligen. Die Auslegung eines undeutlichen und zu begründeten Zweifeln Anlaß gebenden Vertrages sei nicht seine Sache (MGA aaO E 87 zu § 94). Das Begehren auf Einverleibung des Eigentums an den ganzen Liegenschaften finde in der Urkunde keine Deckung, weil in Punkt II. ein bestimmt beschriebener Teil ausdrücklich vom Eigentumserwerb ausgenommen werde. Ob es sich nun dabei um konkrete, der Abschreibung zugängliche Trennflächen handle (wie im Rekurs behauptet werde) oder bloß um unselbständige Bestandteile der Liegenschaft, die kein selbständiges rechtliches Schicksal haben könnten, könne an Hand des Urkundeninhaltes nicht gesagt werden. Es sei jedoch nicht Sache des Grundbuchsgerichtes, über den Urkundeninhalt hinaus Schlußfolgerungen zu ziehen, vielmehr dürften grundbücherliche Eintragungen nur aufgrund von Urkunden erfolgen, aus denen das einzutragende Recht zweifelsfrei hervorgehe (MGA aaO E 86 zu § 94). Ferner bestünden im Hinblick auf das verbücherte
Veräußerungs- und Belastungsverbot auch Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Dr. L*** (§§ 94 Abs 1 Z 2 GBG, 364 c ABGB). Nach herrschender Auffassung hindere der Tod einer Person, gegen die sich die bücherliche Eintragung richte, nach Ausstellung der verbücherungsfähigen Urkunde, aber vor Überreichung des Einverleibungsgesuches die Eintragung nicht, soferne nur diese Person sowohl zur Zeit der Ausstellung der Urkunde als auch im Zeitpunkt ihres Todes die persönliche Verfügungsfähigkeit besessen habe (MGA aaO E 51 zu § 94). Im Zeitpunkt seines Ablebens sei jedoch dem verstorbenen Dr. Sepp L*** die Veräußerung der Liegenschaft an einen Dritten infolge des mit dinglicher Wirkung ausgestatteten Veräußerungsverbotes verwehrt gewesen. Eine abweichende Meinung beurteile die Fähigkeit zum Geschäftsabschluß nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch bei Gericht einlange, sodaß demzufolge das Gesuch abzuweisen sei, wenn zur Zeit des Einlangens der Veräußerer gestorben sei (MGA aaO E 44 lit c zu § 94).
Letztlich sei noch auf die Frage einzugehen, ob Mathilde U*** zur Stellung des Antrages auf Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes legitimiert sei (§§ 136, 94 Abs 1 Z 2 GBG), und dementsprechend, ob dieses Verbot der Einverleibung ihres Eigentumsrechtes entgegenstehe (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG). Der Oberste Gerichtshof habe zu einer ähnlich gelagerten Fallkonstellation ausgesprochen (EvBl 1962/486), daß ein im Grundbuch einverleibtes, noch nicht gelöschtes Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des § 364 c ABGB der Begründung eines Zwangspfandrechtes auch dann entgegenstehe, wenn der betreibende Gläubiger durch Vorlage der Sterbeurkunde des verpflichteten Liegenschaftseigentümers das materiellrechtliche Erlöschen des Rechtes nachweise. In der Begründung dieser Entscheidung werde die zitierte Auffassung jedoch differenziert dargestellt. Demnach sehe das Grundbuchsgesetz für die Löschung gegenstandsloser Eintragungen unter anderem dort, wo das ihren Gegenstand bildende Recht nicht mehr bestehe (§ 131 Abs 2 lit a GBG), auch auf Anregung eines Beteiligten (§ 132 GBG) eine amtswegige Löschung vor (§§ 131 ff GBG). Gemäß § 136 GBG sei dann, wenn das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wiedergebe, auf Ansuchen, d.h. auf ausdrücklichen Antrag eines Berechtigten, die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen. Das Grundbuchsgesetz, das hier im Sinne der obigen Ausführungen anzuwenden sei, sehe somit ein bestimmtes Verfahren vor, Eintragungen, die gegenstandslos werden und die wirkliche Rechtslage nicht richtig wiedergeben, zur Löschung zu bringen, wobei auch ein bloßer Beteiligter im obigen Sinne die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens veranlassen könne. Es wäre daher in dem der Entscheidung EvBl 1962/486 zugrundeliegenden Fall Sache der betreibenden Partei gewesen, diesen Weg einzuschlagen. Nicht habe sie aber unter Umgehung der grundbuchsrechtlichen Vorschriften beim Exekutionsgericht den Antrag stellen dürfen, auch ohne Löschung des einverleibten rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes die zwangsweise Pfandrechtsbegründung zu bewilligen. Diesem Antrag stehe der Grundbuchsstand entgegen. Die von der Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren gewählte Vorgangsweise sei somit grundsätzlich möglich. Es sei jedoch der Rekurswerberin darin beizupflichten, daß Mathilde U*** insoweit keine Antragslegitimation zukomme. Wenn der Oberste Gerichtshof gemäß der zitierten Entscheidung im Falle des § 136 GBG den Antrag eines Berechtigten verlange, so könne auf die allgemeine Antragslegitimation im Grundbuchsverfahren zurückgegriffen werden. Diese komme nach den allgemeinen Anordnungen des Außerstreitverfahrens beiden Teilen zu, also sowohl der durch die beantragte Grundbuchshandlung berechtigten, als auch der hiedurch belasteten Partei (MGA aaO E 1 zu § 77). Ein Interesse an der Löschung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes sei aber nur demjenigen zuzuerkennen, dessen grundbücherlichem Rechtserwerb dieses Verbot entgegenstehe. Wie bereits ausgeführt worden sei, könne der von der Antragstellerin vorgelegte Kaufvertrag bereits aus Gründen im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 bis 4 GBG nicht verbüchert werden, sodaß die Antragstellerin durch das Veräußerungs- und Belastungsverbot in ihrer rechtlichen Position nicht beeinträchtigt, also nicht beschwert sei. Da somit der Antragstellerin hinsichtlich des Punktes 1. ihres Begehrens keine Legitimation zukomme, könne die beantragte Löschung des Verbotes nicht erfolgen und stehe das aufrechte Verbot der Einverleibung ihres Eigentumsrechtes entgegen. Unrichtig sei allerdings die von der Rekurswerberin vertretene Auffassung, daß der Tod des Belasteten nicht zum Erlöschen des Belastungs- und Veräußerungsverbotes führe (MGA ABGB32 E 36 zu § 364 c; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 364 c). Lediglich ein zur Sicherstellung einer ehelichen Gütergemeinschaft vereinbartes Veräußerungs- und Belastungsverbot könne nicht aufgrund einer Sterbeurkunde gelöscht werden (RpflSlgG 1395), eine derartige spezielle Sicherung liege aber im gegenständlichen Fall nicht vor. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen gemäß § 94 Abs 1 GBG einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn 1.) aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechtes kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht; 2.) kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist; 3.) das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und 4.) die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist. Nach § 93 GBG ist der Zeitpunkt, in dem ein Ansuchen bei dem Grundbuchsgericht einlangt, für die Beurteilung dieses Ansuchens entscheidend.
Der Antragstellerin ist zunächst darin beizupflichten, daß der Stattgebung ihres Antrages § 94 Abs 1 Z 3 und 4 GBG nicht entgegensteht. Den Punkten I., II. Satz 1 und VI. des Kaufvertrages ist eindeutig zu entnehmen, daß die aus dem Grundstück 427 Garten bestehende Liegenschaft EZ 86 KG Purgstall und die aus dem Grundstück 84 Baufläche bestehende Liegenschaft EZ 524 KG Purgstall verkauft und gekauft werden sollten. Ob sich der Verkäufer das Eigentum an dem "mit der Liegenschaft verbundenen Elektrizitätswerk und der dazu gehörigen Wasserkraft" sowie an dem "im Erlauffluß befindlichen Wehr und dem Ober- und Unterwasserkanal des Kraftwerkes" ungeachtet der zwingenden (NZ 1977, 26) Bestimmung des § 297 ABGB (wegen der Überbaueigenschaft der genannten Bauwerke: vgl. dazu § 22 WRG und Krzizek, Kommentar zum WRG 111) rechtswirksam vorbehalten konnte und ob die allfällige Rechtsunwirksamkeit dieses Vorbehaltes Einfluß auf die Gültigkeit des über die beiden Liegenschaften abgeschlossenen Kaufvertrages hätte, kann angesichts der beschränkten Überprüfung der materiellrechtlichen Gültigkeit des Erwerbstitels im Grundbuchsverfahren dahingestellt bleiben (vgl. Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 431; Feil, GBG, Kurzkommentar für die Praxis 297, 300; Bartsch, GBG7, 87; SZ 3/124, SZ 47/75 ua) und ist im Streitfall auf dem Prozeßweg zu klären. Die Antragstellerin ist aber auch insoweit im Recht, als sie geltend macht, die Versagungsgründe des § 94 Abs 1 Z 1 und 2 GBG seien gleichfalls nicht gegeben. Begründete Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit des Verkäufers zur Verfügung über die Liegenschaften in dem Zeitpunkt, in dem er den Kaufvertrag am 30. April 1974 notariell beglaubigt unterfertigte, sind nach der im Grundbuchsverfahren maßgebenden Aktenlage nicht vorhanden. Die Auffassung, daß ein einverleibungsfähiger Vertrag diese Eigenschaft verliert, wenn das Eintragungsgesuch in einem Zeitpunkt beim Grundbuchsgericht einlangt, in dem die ein Recht einräumende Partei bereits verstorben ist, lehnt der Oberste Gerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung ab; er vertritt den Standpunkt, daß der Tod des Veräußerers für sich allein noch keine Bedenken gegen dessen persönliche Fähigkeit zur vorausgegangenen Verfügung über den die Eintragung betreffenden Gegenstand begründet (SZ 40/94 und NZ 1973, 186 je mwN ua). Das am 24. September 1986 vertraglich vereinbarte Veräußerungs- und Belastungsverbot (das, selbst wenn es schon im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bestanden hätte, den Kaufvertrag nicht ungültig gemacht, sondern nur dessen grundbücherliche Durchführung hinausgeschoben hätte (Pimmer in Schwimann, Kommentar zum ABGB, Rz 22 zu § 364 c; NZ 1984, 48) ist durch den Tod des Dr. Sepp L*** am 14. September 1987 erloschen (Spielbüchler aaO Rz 15 zu § 364 c; Koziol-Welser7 II 42; Pimmer aaO, Rz 7 zu § 364 c; SZ 25/95; 3 Ob 28/87, 5 Ob 111/87 ua), seine grundbücherliche Eintragung ist gegenstandslos geworden (so schon 3 Ob 28/87, in welcher Entscheidung unter Abgehen von der Entscheidung EvBl 1962/486 sowie unter Hinweis insbesondere auf Heller-Berger-Stix 905 f dargelegt worden ist, daß dann, wenn kein Zweifel daran besteht, daß das eingetragene vertragliche Veräußerungs- und Belastungsverbot infolge des Todes des Belasteten erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos ist, der beantragten Eintragung eines Zwangspfandrechtes ein Hindernis im Sinn des § 94 GBG auch nach dem Grundbuchsstand in Wahrheit nicht mehr entgegensteht). Die Antragslegitimation der Antragstellerin ist sowohl hinsichtlich der begehrten Verbücherung des Kaufvertrages als auch hinsichtlich der begehrten Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu bejahen (MGA GBG3 E 1 zu § 77 und E 14 zu § 136; SZ 56/17 ua).
Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.
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