OGH 8ObS6/05y

OGH8ObS6/05y28.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Glawischnig sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und ADir. RR. Winfried Kmenta als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Perka M*****, vertreten durch Kreißl & Pichler & Walter Rechtsanwälte GmbH in Liezen, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. Wilhelm J***** L*****, Rechtsanwalt in Irdning, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H***** Gesellschaft mbH & Co KG *****, wegen EUR 1.957,20 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Oktober 2004, GZ 7 Rs 94/04d-52, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. März 2004, GZ 25 Cgs 61/00y-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war ab 1. 12. 1993 bei der H***** Gesellschaft mbH (& Co KG) im Vitalhotel H***** mit Unterbrechungen als Stubenmädchen beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde jeweils zu Saisonende per Ende Oktober gelöst und der Klägerin schriftlich die Wiedereinstellung für Mitte Dezember zugesagt. Bei der jeweiligen Beendigung des Dienstverhältnisses wurden weder Urlaub noch Abfertigung ausbezahlt; der Urlaub wurde bei Wiederaufnahme des Dienstverhältnisses fortgeschrieben. Die Vorgehensweise wurde für alle Dienstnehmer mit Wiedereinstellungszusagen auch während der Zwangsverwaltung 1997/1998 fortgesetzt. Im Zeitraum der Unterbrechung des Dienstverhältnisses bezog die Klägerin Arbeitslosenunterstützung bzw Notstandshilfe.

Mit Schreiben vom 5. 10. 1998 wurde das Dienstverhältnis der Klägerin durch die Dienstgeberin per 25. 10. 1998 - mit einer Wiedereinstellungszusage für Mitte Dezember 1998 - beendet. Über eine durchgehende Beschäftigung wurde mit der Klägerin nie gesprochen.

In der Versteigerungstagsatzung vom 6. 11. 1998 wurden in vier Einlagezahlen eingetragene, der H***** GmbH & Co KG gehörige Liegenschaften, die seit 14. 7. 1997 vom Bezirksgericht Bad Aussee unter Zwangsverwaltung gestellt worden waren, samt Hotel, Therapiecenter und Thermalquellen der C***** Immobiliengesellschaft mbH unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission bzw Abgabe einer Erklärung gemäß § 18 Stmk GVG zugeschlagen.

Am 9. 12. 1998 wurde über das Vermögen der Heilquelle Heilbrunn GmbH & Co KG zu 17 S 618/98w des Landesgerichtes Leoben das Konkursverfahren eröffnet. Die versteigerten Liegenschaften samt Vitalhotel H***** waren vom Konkurs nicht umfasst.

Mit Beschluss vom 18. 12. 1998 erklärte das Bezirksgericht Bad Aussee den Zuschlag an die C***** Immobilien GmbH für rechtswirksam. Das Landesgericht Leoben als Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass die Zwangsverwaltung mit Wirkung 6. 11. 1998 (statt 22. 12. 1998) in eine einstweilige Verwaltung zu Gunsten der Ersteherin übergegangen sei. Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs gab der Oberste Gerichtshof nicht Folge.

Im Dezember 1998 hatte der Zwangsverwalter eine Liste der Mitarbeiter die mit 14. 12. wieder ihre Arbeit aufnehmen sollten erstellt. Die Klägerin nahm über entsprechende Aufforderung am 14. 12. 1998 ihre Arbeit im Vitalhotel H***** auf, wurde zur Sozialversicherung angemeldet und versah ihren Dienst wie üblich.

Am 7. 1. 1999 erklärte sie gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs der H***** GmbH & Co KG ihren vorzeitigen Austritt gemäß § 25 Abs 1 Z 2 lit a KO für den Fall, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf die C***** Immobilien GmbH übergegangen sei und noch ein aufrechtes Dienstverhältnis zur Konkursmasse bestehe. Ihre Arbeit setzte die Klägerin fort. Am 15. 1. 1999 erhielt sie vom Geschäftsführer der C***** GmbH (der auch Geschäftsführer der Hotelbetriebs GmbH ist) einen „neuen" Dienstvertrag. Seither ist sie als Arbeiterin mit gleichem Entgelt, gleicher Arbeitszeit bei der Moor- und Thermalbad H***** GmbH, die nunmehr das Hotel betreibt, beschäftigt.

Dem Geschäftsführer der Ersteherin war vor der Zwangsversteigerung bekannt, dass die zu versteigernden Liegenschaften samt Hotelbetrieb unter Zwangsverwaltung standen. Es bestand seinerseits kein Interesse die Dienstverhältnisse der Dienstnehmer, die im Rahmen der Betriebsfortführung durch den Zwangsverwalter beschäftigt wurden zu beenden, vielmehr wollte er abklären, mit welchen Dienstnehmern ein Beschäftigungsverhältnis „eingegangen werde". Ab 15. 1. 1999 wurde das Hotel nicht mehr als Wellness- sondern als Kurhotel geführt:

Die Klägerin meldete im Konkurs ihrer ehemaligen Arbeitgeberin Ansprüche von insgesamt ATS 37.621,-- netto sA (Abfertigung, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung) an und begehrte in diesem Ausmaß Insolvenz-Ausfallgeld.

Mit Bescheid vom 8. 2. 2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Betrieb der Arbeitgeberin bereits am 6. 11. 1998 von der C***** Immobilien GmbH übernommen worden sei. Auf Grund der Solidarhaftung gemäß § 6 Abs 1 AVRAG gebühre kein Insolvenz-Ausfallgeld.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage wegen EUR 1.957,20 netto sA an Abfertigung. Die tatsächliche Inbesitznahme des Betriebes durch die C*****Immobilien GmbH sei erst am 14. 1. 1999 erfolgt. Die Klägerin habe mit ihrer Arbeitgeberin eine Karenzierung des Dienstverhältnisses vereinbart. Läge keine Karenzierung vor, wäre bei Beendigung des Dienstverhältnisses am 25. 10. 1999 die Abfertigung von zwei Monatsentgelten fällig geworden. Die Anrechnung der Vordienstzeiten sei vereinbart worden.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung des, den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld ablehnenden, Bescheides.

Der als Nebenintervenient auf Seiten der Beklagten beigetretene Masseverwalter schloss sich dem Vorbringen der Beklagten an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zusammenfassend führte es aus, dass der Übernehmer als Folge eines Betriebsüberganges für alle Verpflichtungen aus im Übergangszeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnissen hafte, während die Haftungsbeschränkung des § 6 Abs 1 AVRAG iVm § 1409 ABGB für den Erwerber nur für Verpflichtungen, aus zum Zeitpunkt des Überganges nicht mehr bestehenden Arbeitsverhältnissen gelte.

Im vorliegenden Fall sei nach §§ 914 f ABGB aus der Parteiabsicht zu schließen, dass nicht bloß von einer Karenzierung, sondern einer Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin durch Dienstgeberkündigung per 25. 10. 1998 auszugehen sei. Gegenständlich sei die Besonderheit zu beachten, dass die Klägerin vom Zwangsverwalter zum 25. 10. 1998 gekündigt und von diesem - nunmehr als einstweiliger Verwalter für die Ersteherin - am 14. 12. 1998 wieder eingestellt worden sei. Es sei daher die Wiedereinstellungszusage gegenüber der Klägerin zu Gunsten und im Interesse der Ersteherin eingehalten worden; auch Wiedereinstellungsverpflichtungen im Zuge eines Betriebsüberganges gingen auf die Ersteherin über. Es komme daher gegenständlich nur die Anwendung des § 3 Abs 1 AVRAG in Betracht, da das durch die Kündigung mit Wiedereinstellungszusage bis zur verpflichtungsgemäßen Wiedereinstellung der Klägerin unterbrochene Dienstverhältnis, in einer nach Billigkeitserwägungen durchzuführenden Gesamtbetrachtung des gegenständlichen Sachverhaltes, als im Augenblick des Betriebsüberganges an die Ersteherin aufrecht zu betrachten sei. Die Ersteherin hafte als Folge des Betriebsüberganges für alle Verpflichtungen aus dem im Übergangszeitpunkt als bestehend zu betrachtenden Arbeitsverhältnis mit der Klägerin, da die Haftungsbeschränkung des § 6 Abs 1 AVRAG für das gegenständliche Dienstverhältnis nicht zur Anwendung komme. Ein Anspruch der Klägerin auf Insolvenz-Ausfallgeld sei daher ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit (zusammengefasst) folgender Begründung: § 3 Abs 1 AVRAG versuche in Entsprechung von Art 1 Betriebsübergangsrichtlinie möglichst viele Übertragungsvorgänge und zwar neben rechtsgeschäflichen Übertragungsakten auch richterliche, verwaltungsrechtliche und gesetzliche Übertragungsakte zu erfassen. Als Grenze sei nur zu beachten, dass § 3 Abs 1 AVRAG nicht im Fall des Konkurses des Veräußerers gelte. Obgleich Binder (AVRAG Rz 19 zu § 3) als richterliche Übertragungsakte nur die Zwangsverwaltung oder Zwangsverpachtung des Betriebes oder die freiwillige gerichtliche Versteigerung nenne und Gruber (RdA 2001/12) unter Hinweis auf § 613a BGB den Betriebsübergang durch Zwangsversteigerung verneine, gehe das Berufungsgericht im Hinblick auf die weite Fassung des § 3 Abs 1 AVRAG von einem Betriebsübergang aus, zumal der EuGH die Ausnahmen vom automatischen Arbeitsvertragsübergang in Liquidationsverfahren bei Unternehmensfortführung ablehne. Der Inhaberbegriff habe eindeutig die faktische Beziehung zum Betrieb im Auge. Es sei somit auf die tatsächliche Übernahme der arbeitstechnischen Organisation und Leitungsmacht durch den Erwerber abzustellen. Es komme auf jenen Zeitpunkt an, an dem der Erwerber die Leitungsmacht im Betrieb im Einvernehmen mit dem Veräußerer ausüben könne. Es sei allgemein anerkannt, dass der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren ein konstitutiver Hoheitsakt sei, der das Eigentum an der versteigerten Liegenschaft dem bisherigen Eigentümer nimmt und dem Ersteher gibt. Der Anlassfall sei dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur eine Zwangsversteigerung der Liegenschaften mit dem Betrieb (vor Konkurseröffnung) erfolgt sei, sondern, dass dieser Betrieb auch unter Zwangsverwaltung gestanden sei, die ihrerseits einen Betriebsübergang dargestellt habe. Da durch den Zuschlag bei der Zwangsversteigerung das Eigentum der Verpflichteten und späteren Gemeinschuldnerin an den Liegenschaften samt Hotel an die Ersteherin übergegangen sei, habe der Betrieb nicht mehr zur Konkursmasse gehört. Die Klägerin habe daher Mitte Dezember 1998 nicht mit der Konkursmasse bzw dem Masseverwalter, sondern mit dem Zwangsverwalter, der ab dem Zuschlag die Zwangsverwaltung für die Ersteherin, aber nie für die Konkursmasse ausgeübt habe, ein Dienstverhältnis begründet bzw das unterbrochene Dienstverhältnis fortgesetzt, weshalb kein Austritt nach § 25 KO habe stattfinden können. Ein begründeter Austritt nach § 25 Abs 1 KO wäre aber auch bei Begründung eines Dienstverhältnisses mit dem Masseverwalter nach der Konkurseröffnung nicht möglich gewesen.

Auch eine - nicht festgestellte - Karenzierung des Dienstverhältnisses würde kein anderes Ergebnis zeitigen, da dann der Zwangsverwalter für die Ersteherin nach der Karenzierung mit der Klägerin das Dienstverhältnis fortgesetzt hätte. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei daher auf die Ersteherin des Hotelbetriebes übergegangen, die nach § 6 Abs 1 AVRAG für etwaige Ansprüche der Klägerin gegenüber der Gemeinschuldnerin mithafte. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für die begehrte Abfertigung.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, da Rechtsprechung zum Problem des Betriebsüberganges durch Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung soweit überblickbar nicht existiere.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin vertritt im Wesentlichen die Rechtsansicht, dass es erst mit dem unbedingten Eigentumserwerb zu einem Übergang des Eigentums auf den Ersteher gekommen sei und bis zu diesem Zeitpunkt (22. 12. 1998) die Liegenschaft in die Konkursmasse gefallen sei, weshalb die Zwangsverwaltung im Namen der Konkursmasse ausgeübt worden sei.

Vorauszuschicken ist, dass sich die von den Unterinstanzen erkennbar vertretenen Rechtsansicht, wonach das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu Saisonende jeweils nicht nur karenziert (ausgesetzt), sondern unterbrochen wurde, im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofs hält (vgl in diesem Zusammenhang OGH 8 ObA 39/03y, 8 ObS 257/01d, 9 ObA 323/98k, 8 ObA 91/04x, VwGH 98/08/0189; 99/03/0425; 99/08/0022; 98/08/0164 uva).

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung steht kein Insolvenz-Ausfallgeld für Ansprüche zu, deren Zahlung der Arbeitnehmer auch von einem Dritten, nämlich dem nach einem Betriebsübergang solidarisch haftenden Übernehmer erlangen könnte (vgl 8 ObS 2164/96k = SZ 70/168 = EvBl 1998/11 = ZIK 1997, 231 = RdW 1998, 355 = RdA 1998/24 [Wachter] = infas 1997, A 129 = ARD 4892/17/97; 8 ObS 219/99k = RdA 2001/10 [Wachter] = RdW 2000/521 = infas 2000, A 70 = ASoK 2000, 296 = ARD 5107/17/2000; 8 ObS 94/00g = RdA 2001/22 [Reissner]).

Es ist daher die Frage zu klären, wer im relevanten Zeitraum als Dienstgeber der Klägerin anzusehen war. Würde man die Auffassung des Berufungsgerichtes teilen, dass bereits durch die Zwangsverwaltung ein Betriebsübergang stattgefunden hat, wäre die Klägerin schon seit 14. 4. 1997 nicht mehr Dienstnehmerin der späteren Gemeinschuldnerin gewesen, weshalb schon aus diesem Grund ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld ausscheidet. Allerdings kann der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes insoweit nicht beigetreten werden. Der Zwangsverwalter ist ähnlich wie der Masseverwalter ein auf Grund des Gesetzes bestellter und im Vertretungsumfang durch das Gesetz genau umschriebener Vertreter einer Sondermasse. Der Zwangsverwalter ist somit der amtliche (gesetzliche) Stellvertreter des Verpflichteten (SZ 64/183; EvBl 2001/150 ua). Der Verpflichtete wird durch die bewilligte Zwangsverwaltung nicht handlungs- oder prozessunfähig. Er kann auch Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung selbst treffen, die nicht ungültig sind, sondern allenfalls nur gegenüber den Gläubigern der Zwangsverwaltung unwirksam sein können (SZ 28/140; infas 1992, 24). Es ist daher davon auszugehen, dass es durch die Zwangsverwaltung der hier gegenständlichen Liegenschaft samt Hotelbetrieb nicht zu einem Betriebsübergang gekommen ist, vielmehr der Zwangsverwalter das Hotel als Stellvertreter der Verpflichteten und nunmehrigen Gemeinschuldnerin geführt und daher auch seine Rechte und Pflichten als Arbeitgeber für diese ausgeübt hat. Das Dienstverhältnis der Klägerin - sowie der anderen Dienstnehmer, für die die Vorgangsweise im Wesentlichen gleich war - bestand daher auch nach Anordnung der Zwangsverwaltung weiterhin zur (nunmehrigen) Gemeinschuldnerin.

Es ist daher zu prüfen, ob es durch die Zwangsversteigerung der unter Zwangsverwaltung stehenden Liegenschaft mit dem darauf befindlichem Hotel samt Zubehör zu einem Betriebsübergang auf den Ersteher gekommen ist.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 30. 3. 2000, 8 ObS 91/00s (= RdA 2001/12) im Zusammenhang mit einem Hotel, das zwangsversteigert und dann von der Ersteherin verpachtet wurde, den Betriebsübergang im Sinn des § 3 Abs 1 AVRAG vom ursprünglichen Unternehmer auf den Pächter bejaht. In seiner Glosse zu dieser Entscheidung hat sich Gruber (RdA 2001/12) jedenfalls kritisch zum Betriebsübergang durch Zwangsversteigerung geäußert. Diese beziehe sich nicht auf das Unternehmen oder den Betrieb, sondern sachenrechtlich konzipiert auf die Hotelliegenschaft samt dem Hotel als Zubehör; die Versteigerung umfasse jede Einzelsache, aber nicht die spezifische Organisationsstruktur des Betriebes. Daher werde etwa für § 613a BGB der Betriebsübergang durch Zwangsversteigerung verneint.

Der Meinung Grubers kann in dieser Form nicht beigetreten werden. § 613a BGB setzt nämlich für den Betriebsübergang voraus, dass ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht. Schon aus diesem Grund wird von der herrschenden deutschen Auffassung der Betriebsübergang (nur) durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung als Hoheitsakt abgelehnt (Müller-Glöge in Münch Komm4 § 613a BGB Rz 69 mwH). Allerdings wird von einem Teil der Lehre die Auffassung vertreten, dass es im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung zur Betriebsübernahme kommen kann, wenn weitere Betriebsmittel rechtsgeschäftlich erworben werden (Müller-Glöge aaO mwH; Raab in Soergel, BGB12 Rz 61 mwH; Erman BGB Rz 36). Palandt BGB64 Rz 96 vertritt im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung die Auffassung, dass ein Betriebsübergang nur vorliegen könne, wenn die betriebsindividualisierenden Betriebsmittel nicht in den, im Rahmen der Zwangsversteigerung veräußerten Gegenständen zu erblicken seien und der Betriebsinhaber diese betriebskonstitutiven Merkmale zusätzlich - außerhalb der Zwangsvollstreckung - durch Rechtsgeschäft auf den Ersteher übertrage. Raab (aaO Rz 62) erachtet die Formulierung des BAG, wonach § 613a bei Fortführung durch den Ersteher stets Anwendung finde (AP Nr 36 zu § 613a) als zu weitgehend. Erhöhte Brisanz erlange diese Frage durch die (zutreffende) neuere Rechtsprechung, wonach bereits in einem einzelnen Grundstück (Mietshaus, Hotel) unter Umständen ein Betrieb oder Betriebsteil gesehen werden könne. Dann könne aber der gesamte Betrieb durch die Zwangsversteigerung auf den Ersteher übergehen, ohne dass es gesonderter Vereinbarungen bedürfe. Der Einwand von Raab, dass es in diesen Fällen bei der Erkenntnis bleiben müsse, dass § 613a bei Erwerb in der Zwangsvollstreckung keine Anwendung finde, ist für den österreichischen Rechtsbereich nicht übertragbar, da gemäß § 3 AVRAG - im Unterschied zu § 613a BGB - gerade keine Übertragung durch Rechtsgeschäft gefordert wird.

Das AVRAG versucht in Entsprechung von Art 1 der Betriebsübergangsrichtlinie möglichst viele Übertragungsvorgänge zu erfassen und stellt auf ein Rechtsgeschäft überhaupt nicht ab (SZ 71/216). Ob der Betrieb mit oder ohne Gegenleistung, also durch Kauf, Tausch oder Schenkung, veräußert wird oder daran bloß ein dingliches oder schuldrechtliches Nutzungsrecht begründet wird, ist nicht entscheidend. Es reicht aus, dass der für die Geschicke des Betriebes verantwortliche („Inhaber") wechselt (9 ObA 193/98t; 9 ObA 192/99x; SZ 72/180; uva). Der Auffassung Binders (RdA 1996, 1 ff) wonach auch richterliche, verwaltungsrechtliche und gesetzliche Übertragungsakte von der Bestimmung des § 3 Abs 1 AVRAG aufgefangen werden, hat sich der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung vom 7. 5. 2003, 9 ObA 45/03p angeschlossen und ausdrücklich ausgesprochen, dass die Bestimmungen des AVRAG auch in jenen Fällen gelten, in denen ein Betrieb nicht auf rechtsgeschäftlichem Weg übertragen wird, sondern kraft gesetzlicher Vorschrift übergeht.

Ob ein Betriebsübergang im Sinn des § 3 Abs 1 AVRAG (in Umsetzung nunmehr der Richtlinie 2001/23/EG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen vom 12. 3. 2001) vorliegt, hängt davon ab, ob eine wirtschaftliche Einheit unter Identitätswahrung übergegangen ist (RIS-Justiz RS0082749; RS0110832; SZ 72/180; 9 ObA 17/03w; 8 ObA 43/04p ua). Es kommt daher auf die Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva, des großteils der Belegschaft, den Übergang der Kundschaft, den Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit, die Fortführung der wirtschaftlichen Einheit und die Übertragung einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung an. Dabei ist im Sinn eines beweglichen Systems eine Gesamtbewertung der einzelnen vorliegenden Tatbestandsmerkmale vorzunehmen, zumal der Betriebsübergang in einem sehr weiten Sinn zu verstehen ist (SZ 71/100; 9 ObA 17/03w; 8 ObA 43/04p). Im vorliegenden Fall wurde das Hotel, in der die Klägerin als Stubenmädchen arbeitete, samt Zubehör versteigert und zunächst vom vormaligen Zwangsverwalter als einstweiliger Verwalter für die Ersteherin sowie letztlich von der Ersteherin selbst, mit einem wesentlichen Teil der ursprünglichen Belegschaft weiter geführt (insoweit unstrittig Beil./D; dass die Ersteherin in diesem Schreiben die Rechtsauffassung vertritt, dass das AVRAG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, ist unbeachtlich). Dass das Hotel als wirtschaftliche Einheit unter Identitätswahrung übergegangen ist, ergibt sich zudem daraus, dass der ursprüngliche Zwangsverwalter das Hotel für den Ersteher als einstweiliger Verwalter weiter geführt hat. Ungeachtet der Tatsache, dass das Hotel ab 15. 1. nicht mehr als Wellness- sondern als Kurhotel geführt wird, ist daher vorliegend von einem Betriebsübergang auszugehen.

Für die klägerischen Ansprüche ist allerdings der Zeitpunkt des Betriebsüberganges von Bedeutung. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin kommt es in diesem Zusammenhang auf die Bestätigung der Rechtskraft des Zuschlages nicht an. Durch den Zuschlag wird dem Ersteher das Eigentum auflösend bedingt übertragen (SZ 69/232). Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25. 8. 1999, 3 Ob 94/99s im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung des hier gegenständlichen Hotels grundsätzlich die Auffassung bestätigt, dass die Rechtswirkungen des Zuschlages ab dem Tag der Erteilung eintreten. Der Umstand, dass der Ersteher das unbeschränkte Eigentum erst mit Rechtskraft des Zuschlages und nach vollständiger Erfüllung der Versteigerungsbedingungen erhält (vgl 5 Ob 303/02y) ist unbeachtlich, da es für die Frage des Betriebsüberganges gerade nicht auf den Eigentumserwerb ankommt. In der vorzitierten Entscheidung des 3. Senates des Obersten Gerichtshofes hat dieser jedoch ausdrücklich die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, wonach die Zwangsverwaltung mit Wirkung 6. 11. 1998 (Zeitpunkt der Zuschlagserteilung) in eine einstweilige Verwaltung zu Gunsten der Ersteherin übergegangen ist, bestätigt. Hieraus ergibt sich, dass die Liegenschaft samt Hotel seit 6. 11. 1998 nicht mehr Teil der Konkursmasse war.

Im Hinblick auf die jeweilige saisonale Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsmangels von Ende Oktober bis Mitte Dezember (die, zumal eine entsprechende Behauptung gar nicht aufgestellt wurde - jedenfalls nicht als eine durch den Betriebsübergang motivierte und damit nichtige Kündigung angesehen werden kann) ist zu prüfen, inwieweit die Wiedereinstellungszusage als einseitige Verpflichtung des Arbeitgebers im Sinn der §§ 3 ff AVRAG auf den Erwerber übergegangen ist. Dies wurde vom Obersten Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall bereits bejaht (9 ObA 93/00t = ZAS 2001/10) und als wesentlich angesehen, dass der Betriebsübernehmer, der schon vorher „Cheffunktion" hinsichtlich der betroffenen Mitarbeiter inne hatte, die bisherige Unterbrechungspraxis mit Wiedereinstellungsvereinbarung bzw Zusage kannte, zumal er selbst solche Vereinbarungen mit Arbeitnehmern getroffen hatte. Gerade diese Cheffunktion hat im vorliegenden Fall aber der Zwangsverwalter selbst bzw durch die Mitarbeiterin S***** ausgeübt, der bis zur Zwangsversteigerung des Hotels die Arbeitgeberpflichten für die spätere Gemeinschuldnerin, danach für die Ersteherin wahrgenommen hat und durch sein „ausführendes Organ" Notburga S*****, die Klägerin über ihre Arbeitsaufnahme informieren ließ. Die Klägerin trat zum vorgesehenen Termin (14. 12. 1998) ihre Arbeit an ihrem bisherigen Arbeitsplatz wieder an. Die Zugehörigkeit der Klägerin zum Hotelbetrieb kann daher nicht bezweifelt werden.

In der zitierten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof dargelegt, dass gemäß § 6 Abs 1 AVRAG für Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis zum Veräußerer, die vor dem Zeitpunkt des Überganges begründet wurden, der Veräußerer und der Erwerber zur ungeteilten Hand haften. Der Begriff „Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis" umfasse schon nach seinem Wortlaut nicht nur Geldansprüche (Holzer-Rissner, Komm z AVRAG, 160). Gehe man aber davon aus, dass der Erwerber an die - ihm überdies bekannte - Wiedereinstellungszusage gebunden gewesen sei, stelle sich die Wiedereinstellung des Klägers durch den Erwerber lediglich als Verwirklichung der weiter verbindlichen Zusage und als Weiterbeschäftigung durch einen im Rechtssinn identen Arbeitgeber dar. Der Einwand des Erwerbers, er habe mit dem Kläger „ein neues Arbeitsverhältnis" begründet, übersehe, dass nach jeder Unterbrechung mit Wiedereinstellungsvereinbarung oder Zusage ein „neues Arbeitsverhältnis" begründet werden müsse, was aber an der Identität des Arbeitgebers und dem Entstehen dienstzeitabhängiger Ansprüche nichts ändere. Daraus folge, dass alle vom Kläger bei der GmbH und beim Erwerber zurückgelegten Arbeitszeiten als Einheit anzusehen seien. In seiner Glosse zu dieser Entscheidung hat A. Jöst die durchaus überlegenswerte Aufassung vertreten, dass es sich bei einer Wiedereinstellungszusage, von der der Arbeitnehmer Gebrauch machen kann oder nicht, um einen Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt, anders ausgedrückt um einen aufschiebend bedingten Arbeitsvertrag handle. Sehe man in einer Wiedereinstellungszusage einen solchen aufschiebend bedingten Arbeitsvertrag, könne § 3 Abs 1 AVRAG unmittelbar angewendet werden. Dass es dem Arbeitnehmer vorbehalten sei, den Arbeitsvertrag durch einseitige Gestaltung „in Geltung zu setzen", schade nicht. Entscheidend könne nur sein, dass der Arbeitgeber zur Einstellung des Arbeitnehmers verpflichtet sei.

Da im vorliegenden Fall die Ersteherin des Hotels folgt man der Auffassung von Jöst unmittelbar nach § 3 AVRAG, jedenfalls aber nach § 6 Abs 1 AVRAG für die Ansprüche der Klägerin aus dem übernommenen Dienstverhältnis haftet - wobei der Zeitpunkt des Betriebsüberganges mit Erteilung des Zuschlages, also schon vor Konkurseröffnung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin anzusetzen ist - steht der Klägerin ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld wegen Konkurseröffnung über das Vermögen ihrer früheren Arbeitgeberin nicht zu.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 ASGG. Gründe aus denen ein Kostenzuspruch nach Billigkeit gemäß § 77 Abs 2 Z 1 lit b ASGG erfolgen könnte, wurden nicht vorgebracht.

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