OGH 4Ob17/05m

OGH4Ob17/05m14.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag Ulrike L*****, und 2. Dr. Peter L*****, vertreten durch Dr. Georg Röhsner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Ing Helmut S*****, zuletzt wohnhaft *****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. September 2004, GZ 41 R 49/04s-49, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Kläger machen in ihrer außerordentlichen Revision geltend, das Berufungsgericht habe sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der ausreichenden Individualisierung eines Kündigungsgrunds gesetzt, habe es doch im Zusammenhang mit der Vereitelung der Sanierung durch den Beklagten ihr Vorbringen in der Kündigung als nicht hinreichend individualisiert angesehen.

Richtig ist - und dies wird in der Revision auch gar nicht in Zweifel gezogen -, dass die geltend gemachten Kündigungsgründe bereits in der Kündigung individualisiert werden müssen, wobei grundsätzlich eine schlagwortartige Angabe genügt und eine (diesbezüglich) kleinliche Beurteilung zu unterbleiben hat. Erst nach Erhebung von Einwendungen müssen die einzelnen Tatbestandsmerkmale behauptet und bewiesen werden. Stützt sich der Vermieter auf die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG, muss er den gesamten relevanten Sachverhalt, den er als Kündigungsgrund wertet, schon in der Kündigung darstellen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 33 MRG Rz 23 mwN).

Die Auslegung von Parteienvorbringen, etwa ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar, weil nicht anzunehmen ist, dass sie in vergleichbarer Form neuerlich vorkommen wird (6 Ob 2341/96z mwN; RIS-Justiz RS0044273). Etwas anderes gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur, wenn die Auslegung des Parteienvorbringens durch die Vorinstanzen mit dessen Wortlaut unvereinbar ist (3 Ob 583/91 = SZ 64/188 uva), wenn ihnen eine grobe (8 Ob 121/99y uva) bzw offenbare (1 Ob 10/01d) Fehlbeurteilung unterlaufen ist, wenn die Auslegung mit den Sprachregeln unvereinbar ist, gegen Denkgesetze verstößt (5 Ob 136/01p = MietSlg 53.753 mwN) bzw unvertretbar ist (3 Ob 77/03z mwN) oder wenn ihr Ergebnis fundamentalen Regeln der Interpretation widerspricht, wie dies etwa bei der Verletzung von Gesetzen der Sprache oder der Logik der Fall wäre (5 Ob 17/03s = wobl 2003/107 mwN). Jedenfalls hat die Revision eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzuzeigen (3 Ob 287/03g).

Ein solcher Beurteilungsfehler ist im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erkennen. Die von den Klägern in ihrer gerichtlichen Aufkündigung geltend gemachten Gründe beziehen sich auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst und in diesem Zusammenhang auf die Errichtung und den Betrieb der Sauna samt elektrischen Anlagen. Dies gilt auch für die Frage der vorübergehenden Räumung und Duldung der Sanierung (arg: ... Sanierung der Sauna ...), von der Dachbodensanierung bzw der Stiege ist überhaupt nicht die Rede. Wenn in der außerordentlichen Revision ausgeführt wird, die Kläger hätten als Kündigungsgrund unter anderem geltend gemacht, „die gekündigte Partei mache vom Bestandobjekt erheblich nachteiligen Gebrauch, und zwar insbesondere dadurch, dass (...) sie das Interesse der Vermieter an der Erhaltung der Substanz und am bau- und feuerpolizeilichen Zustand des Hauses verletze, für den die Vermieter als Hauseigentümer die Haftung treffe", so finden sich diese Ausführungen einerseits ebenfalls in einem inhaltlichen Kontext mit der Sauna des Beklagten und enthalten sie andererseits keinerlei Bezugnahme auf die Weigerung des Beklagten, einer Sanierung des Dachbodengeschosses samt Stiege zuzustimmen.

2. Mangels ausreichender Individualisierung des Kündigungsgrunds „Vereitelung der Sanierung" bedarf es eines Eingehens auf die weiters als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, das Berufungsgericht sei ohne unmittelbare Beweisaufnahme von den Feststellungen des Erstgerichts abgegangen bzw habe diese ergänzt, nicht mehr.

3. Schließlich verweisen die Kläger in der außerordentlichen Revision noch darauf, dass der Beklagte die Feuersbrunst grob fahrlässig herbeigeführt habe, weil es nach den Ausführungen des vom Erstgericht beigezogenen Sachverständigen zu einer Überhitzung entweder von brennbarem Material durch den Saunaofen (in der Nähe aufgehängte oder abgelegte Textilien) oder der eingeschalteten Saunaleuchte (infolge eines die Glühlampe berührenden Gegenstands, überhöhten Stromflusses durch lockeren Kontakt) mit Entzündung von Holz, Isoliermaterial und dergleichen gekommen sei. Das Erstgericht habe zur Brandursache und (zur Frage), wie der Beklagte hiezu beigetragen habe, keine abschließende Feststellung getroffen.

Die Kläger übersehen dabei, dass das Erstgericht gerade diese Ursachen als „plausibelste Erklärung für die Brandentstehung" festgestellt hat, die Kläger sich darauf jedoch weder in der Aufkündigung selbst noch im erstinstanzlichen Verfahren berufen haben, sondern dem Beklagten das Fehlen behördlicher Bewilligungen und Überprüfungen der Sauna samt elektrischer Anlagen, die mangelnde sach- und fachgerechte Ausführung, die mangelnde (ausreichende) Beiziehung eines befugten Gewerbsmanns sowie die Unterlassung der Herbeiführung eines nicht die Substanz des Hauses gefährdenden Zustands der Sauna samt deren elektrischen Anlagen vorgeworfen haben. Darüber hinaus hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Dachbodenoberfläche trotz des Brandes augenscheinlich intakt und eine Schädigung oder Substanzgefährdung der tragenden Teile des Hauses nicht erkennbar und auch nicht zu erwarten sei; die notwendigen Wiederherstellungen beträfen vielmehr die Oberflächen von Boden, Wänden und Decke sowie den Ersatz von Fensterscheiben.

Stichworte