Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen, die klagende Partei jedoch unbeschadet eines ihr zustehenden Anspruchs auf Ersatz dieser Kosten.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung von 125.494,38 S sA. Er brachte dazu in der Klage vor, daß der Beklagte auf Grund des Vertrages vom 26.9.1989 seit Oktober 1989 Mieter einer näher bezeichneten Liegenschaft sei. Mit Kaufvertrag vom 16./19.7.1990 habe er dem Beklagten diese Liegenschaft verkauft. Im Kaufvertrag sei vereinbart worden, daß der mit dem Beklagten geschlossene Mietvertrag erst mit der vollständigen Kaufpreiszahlung bzw mit dem 30.8.1990 als dem letzten hiefür vorgesehenen Tag aufgelöst wird und der Beklagte verpflichtet ist, bis zum Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung den vereinbarten Mietzins in der sich aus der Wertsicherung ergebenden Höhe von 13.943,82 S monatlich zu bezahlen. Der Beklagte verweigere die Zahlung des Kaufpreises und habe seit September 1990 auch den Mietzins nicht bezahlt, weshalb bis einschließlich Mai 1991 ein Mietzinsrückstand in der eingeklagten Höhe entstanden sei.
Zugleich beantragte der Kläger, zur Sicherstellung des eingeklagten Bestandzinses die Einrichtungsstücke und Fahrnisse pfandweise zu beschreiben, die sich im Bestandobjekt befinden.
Das Erstgericht bewilligte die pfandweise Beschreibung. Voraussetzung hiefür sei bloß die Einbringung einer Mietzinsklage, wobei vom Klagsvorbringen auszugehen sei. Die Bescheinigung des Anspruchs oder die Glaubhaftmachung einer Gefahr sei nicht erforderlich. Obwohl auf Grund des vorgelegten Kaufvertrages erhebliche Zweifel bestünden, ob zwischen den Streitteilen noch ein Mietverhältnis bestehe, sei die pfandweise Beschreibung zu bewilligen, weil die Klagsangaben in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu prüfen seien.
Das Rekursgericht wies infolge Rekurses des Beklagten den Antrag auf pfandweise Beschreibung, die in der Zwischenzeit vollzogen worden war, ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Wenn man die Klagsangaben in Zusammenhang mit den vorgelegten Urkunden prüfe, könne daraus das Bestehen eines Mietverhältnisses nach dem 30.8.1990 und damit eines Zinsrückstands ab September 1990 nicht schlüssig abgeleitet werden. Im Punkt XII des Kaufvertrages sei nämlich ausdrücklich vorgesehen, daß das Mietverhältnis, das gemäß dem Mietvertrag ohnedies mit 30.9.1990 ohne Aufkündigung erloschen wäre, spätestens mit 30.8.1990 als aufgelöst zu betrachten und der Käufer nur verpflichtet sei, den Mietzins bis zu diesem Zeitpunkt zu bezahlen. Überdies seien für den Fall des Verzuges bei der Zahlung des Kaufpreises Verzugszinsen in der Höhe von 10 % vereinbart worden. Es ergebe sich weder aus der Klagserzählung noch aus den vorliegenden Urkunden und sei auch rechtlich unmöglich, daß der Käufer außerdem weiterhin den Mietzins leisten und damit gleichzeitig (wenn auch offenbar außerbücherlicher) Eigentümer und Mieter sein solle. Da die Beurteilung der Schlüssigkeit des Klagsvorbringens nur für den Einzelfall Bedeutung habe, sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Kläger gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß Art XXVII EGEO sowie § 402 Abs 2 und § 78 EO iVm § 508a Abs 1 und § 528 Abs 3 ZPO nicht gebunden ist, gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig und auch berechtigt.
Die Auslegung des Prozeßvorbringens einer Partei stellt zwar im allgemeinen nicht eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO dar, weil die Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgeht. Etwas anders gilt aber, wenn die Auslegung durch das Rechtsmittelgericht mit dem Wortlaut des Vorbringens unvereinbar ist. In einem solchen Fall kommt der Entscheidung erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zu. Diese Voraussetzung ist hier aber erfüllt. Überdies fehlt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, inwieweit bei der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der pfandweisen Beschreibung auf den Inhalt von Urkunden Bedacht genommen werden darf, die der Antragsteller vorgelegt hat. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß der Ausspruch des Rekursgerichtes über den Wert des Entscheidungsgegenstandes überflüssig war, weil die zu sichernde Klagsforderung ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (vgl § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO).
Wie schon die Vorinstanzen in der Sache richtig erkannten, ist über die Bewilligung der pfandweisen Beschreibung auf Grund des Klagsvorbringens zu entscheiden (RZ 1936, 122). Es reicht für die Berechtigung des Antrags auf pfandweise Beschreibung die mit Beweisanboten versehene schlüssige Behauptung eines Zinsrückstands aus (SZ 38/55 = JBl 1965, 475; MietSlg 37.153 = NZ 1986, 275 ua). Diesem Erfordernis entspricht die hier zu beurteilende Klage aber, weil der Kläger darin ausdrücklich vorgebracht hat, daß der Beklagte verpflichtet sei, den Mietzins bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises weiter zu zahlen, und daß der Kaufpreis ebenso wie der Mietzins nicht bezahlt worden sei. Eine solche Vereinbarung ist auch nicht rechtlich unmöglich, weil der Käufer einer unbeweglichen Sache das Eigentum gemäß § 431 ABGB erst mit der Eintragung im Grundbuch erwirbt. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt können sich auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung die wechselseitigen Rechtsbeziehungen nach dem Inhalt eines früher geschlossenen Bestandvertrages richten.
Das Rekursgericht hat bei der Lösung der Frage, ob das Klagsvorbringen schlüssig ist, allerdings auch die in der Klage als Beweismittel angeführten, mit ihr vorgelegten Vertragsurkunden berücksichtigt. Eine Urkunde kann aber auf die Schlüssigkeit des Parteienvorbringens nur dann von Einfluß sein, wenn ihr Inhalt damit in unlösbarem Widerspruch steht (vgl § 396 ZPO). Dies trifft auf Urkunden über rechtsgeschäftliche Erklärungen im allgemeinen nicht zu, weil für deren Auslegung gemäß § 914 ABGB nicht allein der Wortlaut, sondern auch die Absicht der Parteien maßgebend ist. Diese Absicht ist, wenn sie zwischen den Parteien strittig ist, erst im Rechtsstreit zu klären und es darf dem im Verfahren über den Antrag auf pfandweise Beschreibung nicht vorgegriffen werden. Die hier als Beweismittel vorgelegten Urkunden könnten nur dafür von Bedeutung sein, ob der mit dem Vorbringen behauptete Anspruch bescheinigt ist. Eine Bescheinigung ist jedoch für die Bewilligung des Antrags auf pfandweise Beschreibung nicht erforderlich (EvBl 1980/76 = JBl 1980, 480 = MietSlg 32.185). Auf die Frage, ob sich die Klagsforderung aus diesen Urkunden ableiten läßt, ist daher hier nicht einzugehen.
Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht beim Kläger auf § 393 Abs 1 EO, beim Beklagten auf § 402 Abs 2 und § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO (Art XIII Z 6 und XXVII EGEO).
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