OGH 4Ob263/04m

OGH4Ob263/04m8.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Joachim P*****, vertreten durch Schmid & Horn, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 42.962,45 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 28. April 2004, GZ 6 R 79/04p-29, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Rückersatz zu Unrecht geleisteter Zahlungen aus Storniverrechnungen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat aus der Feststellung, wonach vom Kläger vereinzelt Storniabrechnungen reklamiert wurden, sodann über jedes einzelne Storno gesprochen wurde und erst nachdem der Kläger ein Storno akzeptierte, dieses (von der Beklagten) in Rechnung gestellt wurde, ein schlüssiges Anerkenntnis der Forderungen der Beklagten durch den Kläger abgeleitet.

a) Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe bei Beurteilung seines Verhaltens als Anerkenntnis die hiezu aufgestellten Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unrichtig angewendet.

Aus der oben wiedergegebenen Feststellung ist jedenfalls eine in jedem Stornofall getroffene Vereinbarung der Streitteile abzuleiten - ob es sich hiebei um ein konstitutives Anerkenntnis handelt, mag dahinstehen -, die einer bereicherungsrechtlichen Rückforderung des entsprechend der Vereinbarung Geleisteten entgegensteht. Hiebei ist gleichgültig, ob die Leistung des Klägers in Form einer Zahlung oder Gegenverrechnung erfolgte.

Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind vor allem die verfolgten Zwecke, die beiderseitigen Interessen und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend (RIS-Justiz RS0017965, RS0032666). Ob die Zahlung oder die Akzeptanz der Gegenverrechnung aus der Sicht des Empfängers als schlüssiges Anerkenntnis verstanden werden durfte, ist eine nach den konkreten Umständen zu lösende Frage des Einzelfalls und somit, ebenso wie ganz allgemein die Beurteilung der Schlüssigkeit bestimmten Verhaltens - von aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifenden krassen Fehlbeurteilungen abgesehen (RIS-Justiz RS0043253, insbes T1, T2, T7 und T8), - keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0113193). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vermag die Revision, die unzulässigerweise über weite Strecken die getroffenen Feststellungen zu bekämpfen trachtet, aber nicht aufzuzeigen.

b) Die vom Kläger weiters als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nach der Wirksamkeit eines schlüssigen Anerkenntnisses, wenn das zugrundeliegende Rechtsgeschäft bestimmten Formvorschriften unterliegt, stellt sich bei Beurteilung des festgestellten Sachverhalts als Vereinbarung über konkret im Einzelfall berechtigte Storni nicht.

Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof nicht nur mehrfach festgehalten, dass der Anerkenungsvertrag grundsätzlich ein formfreier Konsensualvertrag ist, der auch schlüssig geschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0032856; 1 Ob 27/01d = JBl 2001, 593 ua), sondern darüber hinaus auch wiederholt ausgesprochen, dass die Parteien von einem Formvorbehalt zwar nicht einseitig, wohl aber einverständlich abgehen können, auch ohne Einhaltung der Schriftform und nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (RIS-Justiz RS0038673). Lediglich im - hier nicht vorliegenden - Fall zwingender gesetzlicher Formgebote müsste auch das Anerkenntnis diesen genügen, um wirksam zu sein (1 Ob 718/82; 1 Ob 617/91 = SZ 64/160).

c) Als weitere erhebliche Rechtsfrage bezeichnet der Kläger die Beurteilung der Schlüssigkeit des Anerkenntnisses aufgrund einer aktenwidrigen Feststellung bzw der ungeachtet einer Rüge als aktenwidrig offenbar als unbekämpft zugrundegelegten Feststellung. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang angegriffenen Feststellung, er habe alle in Rede stehenden Rechnungen dann auch bezahlt, fehlt aber die für die Beachtlichkeit einer (behaupteten) Aktenwidrigkeit erforderliche Relevanz (RIS-Justiz RS0043271, RS 0043265), weil allein die unbekämpft gebliebene Feststellung, wonach der Kläger Stornoabrechnungen reklamiert hat, worauf über jedes einzelne Storno gesprochen und dieses erst dann in Rechnung gestellt wurde, nachdem es der Kläger akzeptiert hatte, die Wertung des klägerischen Verhaltens als Vereinbarung, die der vom Kläger erhobenen Leistungskondiktion entgegensteht, rechtfertigt. Nicht erheblich ist hingegen, ob die in ihrem Bestand vereinbarten/anerkannten Forderungen in der Folge auch gezahlt oder entsprechende Gegenverrechnungen vom Kläger allenfalls zur Kenntnis genommen wurden.

d) Die schließlich vom Kläger als über den Einzelfall hinaus bedeutsam hervorgehobene Frage der Sittenwidrigkeit der von der Beklagten gewählten Vorgangsweise (Ausübung wirtschaftlichen Drucks auf den völlig von ihr abhängigen Kläger) mussten die Vorinstanzen nicht näher behandeln, weil der Kläger hiezu in erster Instanz kein ausreichendes Vorbringen erstattet hat. Sowohl die Behauptung der Druckausübung als auch der wirtschaftlichen Abhängigkeit wurde in keiner Weise konkretisiert, sodass nicht beurteilt werden kann, ob die Beklagte entweder in unzulässiger Weise auf die Erfüllung ihr zustehender Forderungen oder den Abschluss sie etwa einseitig und unangemessen begünstigender Bestimmungen gedrungen habe und insoweit ihre wirtschaftliche Überlegenheit/die Abhängigkeit des Klägers in sittenwidriger Weise ausgenützt hätte.

Da der Kläger sohin keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist seine Revision zurückzuweisen.

Stichworte