OGH 7Ob224/04y

OGH7Ob224/04y20.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Helmut M*****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Julia W*****, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Entfernung (Streitinteresse EUR 6.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. April 2004, GZ 4 R 95/04f-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11. Dezember 2003, GZ 16 C 804/02b-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 416,06 (hierin enthalten EUR 69,34 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Nachbarn. Im Zusammenhang mit einem von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei beim Bezirksgericht Innsbruck eingeleiteten Verfahren zur Einräumung eines Notweges wurde zwischen dieser und dem Kläger ein Vergleich geschlossen, im Rahmen dessen sich beide Vertragsteile wechselseitig die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens einräumten; insbesondere - nur dies ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites - wurde dem Kläger hierin auch die "Möglichkeit des Abstellens von drei Fahrzeugen in Schrägparkordnung (dh 3 x 2,5 x 5 m Parkfläche)" eingeräumt, wobei in der Folge auch entsprechende Vertragsurkunden samt Lageplänen mit näheren Präzisierungen (insbesondere auch farblichen Einzeichnungen der Parkflächen sowie Ausführung, dass sich die Servitutsberechtigung auch auf den Rangier- bzw Schwenkbereich der Fahrzeuge erstreckt) für die grundbücherlichen wechselseitigen Eintragungen errichtet wurden.

Im Zuge der Errichtung dieser Abstellplätze musste die Beklagte (im Ersturteil offenbar unrichtig: "Klägerin") eine Stützmauer errichten, durch welche die Abstellplätze Richtung Süden verschoben wurden, was aber nur die "leichte Reversierbarkeit der Fahrzeuge erschwert"; darüber hinaus wurden die drei Parkflächen zugunsten des Klägers jedoch nicht eingeschränkt.

Der Kläger stellte mit der am 4. 6. 2002 eingebrachten Klage ein Entfernungsbegehren dieser Stützmauer, wodurch sein Recht, PKWs abzustellen, behindert wird.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren. Die Stützmauer sei teilweise von beiden Streitteilen im Einvernehmen als Miteigentümer errichtet und auch von beiden bezahlt worden; die ausgeführten Parkplätze entsprächen den grundbücherlich eingetragenen Dienstbarkeitsvereinbarungen; eine ordnungsgemäße Ausübung des Dienstbarkeitsrechtes sei weiterhin gegeben und die Klageführung demgemäß auch schikanös.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, dass zwar zwischen den Streitteilen aufgrund der genauen planmäßigen Situierung eine sog gemessene Servitut vorliege, was aber nicht bedeute, dass nicht auch eine solche unter Umständen verlegt werden könnte, wenn die neue Dienstbarkeitsfläche dem Zweck der Dienstbarkeit vollkommen entspräche. Dass dem Kläger weiterhin drei Parkplätze in den vereinbarten Maße zur Verfügung stünden, sei unstrittig. Die Motivation eines leichten Zu- und Abfahrens für eine ausschließliche Situierung derselben in der ursprünglich festgehaltenen Position komme weder aus dem seinerzeitigen Vergleich (im Notwegeverfahren) noch dem Nachfolgevertrag hervor. Die Errichtung der Stützmauer sei für die beklagte Partei verpflichtend gewesen, sodass letztlich der Nachteil eines Abreißenmüssens derselben samt Neuerrichtung an anderer Stelle gegenüber einer bloß geringfügigen Verschiebung der Parkplätze klar in den Vordergrund trete.

Über Antrag des Klägers gemäß § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht in der Folge aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil der Revisionswerber "soweit überschaubar zutreffend aufzeigt, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliegt, wie eine Interessensabwägung in dem Fall vorzunehmen ist, dass der Dienstbarkeitsverpflichtete durch sein eigenes Handeln eine wesentliche nachträgliche Änderung geschaffen hat und sich nun auf eine wirtschaftlich klar überwiegende Interessenlage beruft".

Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der gegnerischen Revision als unzulässig, in eventu dieser keine Folge zu geben.

Die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an welchen der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), unzulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann er sich bei der Zurückweisung einer Revision als unzulässig auf die wesentlichen Zurückweisungsgründe beschränken. Demgemäß ist den Revisionsausführungen bloß Folgendes entgegen zu halten:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof zuletzt zu 1 Ob 304/01i (EvBl 2002/188) ausgesprochen hat, können auch gemessene Servituten (RIS-Justiz RS0105550, RS0116523, RS0011752) eingeschränkt werden, und zwar bei nachträglicher wesentlicher Änderung der Umstände und klar überwiegender Interessenslage auf Seiten des Verpflichteten (RIS-Justiz RS0116522). Diese von den Kriterien der Interessensabwägung getragene Beurteilung ist selbstredend stets von den Umständen des konkreten Einzelfalles in Verbindung mit der ebenfalls singulären Situierung des betroffenen Dienstbarkeitsrechtes in der Natur abhängig und schon deshalb grundsätzlich keiner Verallgemeinerung und damit erheblichen Rechtsfragenbeurteilung iSd § 502 Abs 1 ZPO unterworfen. Jedenfalls eine in mäßigen und zumutbaren Grenzen gehaltene Veränderung des Verlaufes einer derartigen Servitut auf einer Liegenschaft wurde schon seit jeher vom Obersten Gerichtshof für zulässig erachtet (vgl die zahlreichen Nachweise in RIS-Justiz RS0011751; weiters RS0011753); nur solche, welche die Ausübung der Dienstbarkeit ernstlich erschwerten oder gefährdeten, müssten nicht hingenommen werden (RIS-Justiz RS0011740).

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sowie dem Umstand, dass nach den insoweit in der Berufungsbeantwortung der klagenden Partei ungerügt gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes durch die Stützmauer weder das Zufahrts- noch das Parkrecht des Klägers auf drei Schrägparkplätzen in der vormals vereinbarten Größe an sich beschnitten, sondern bloß die leichte Reversierbarkeit von Fahrzeugen darauf erschwert wird, wobei auch die ursprünglich vereinbarte Schrägstellung der Abstellplätze kein (wesentlich) leichteres Herausfahren garantieren würde (S 8 des Ersturteiles = AS 153), ist die vom Berufungsgericht zu Lasten des auf Entfernung dringenden Klägers ausgefallene Interessensabwägung nicht zu beanstanden; jedenfalls wird damit schon wegen der bereits hingewiesenen Einzelfalltypizität des vorliegenden Falles keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO berührt.

Die Revision des Klägers ist damit als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich hingewiesen.

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