OGH 5Nc20/04t

OGH5Nc20/04t3.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Candidus C*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** mbH, gegen die beklagte Partei U*****, Zweigniederlassung der A***** GmbH, ***** wegen EUR 102.402,97 samt Anhang, über das Ersuchen des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz um Entscheidung nach § 47 JN den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klage wurde zunächst beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebracht. Nach einem Postfehlbericht berichtigte der Kläger die Bezeichnung der Beklagten, gab eine Zustelladresse im Sprengel des Handelsgerichtes Wien bekannt und beantragte die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien. Mit Beschluss vom 23. 4. 2004 sprach das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz seine Unzuständigkeit zur Führung des Rechtsstreites aus und überwies auf Antrag des Klägers die Rechtssache an das offenbar nicht unzuständige Handelsgericht Wien. Dieser Beschluss wurde bis jetzt nicht zugestellt.

Das Handelsgericht Wien übermittelte den Akt an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz mit dem Ersuchen, über den Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung zu entscheiden. Es wies darauf hin, dass für den gefassten Beschluss keine "Rechtsgrundlage ersichtlich" sei. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz retournierte den Akt unter Anschluss eines Firmenbuchauszuges. Das Handelsgericht Wien übermittelte den Akt neuerlich dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz unter Hinweis darauf, dass der Überweisungsbeschluss seiner Rechtsmeinung nach aus mehreren Gründen unrichtig und "rechtsgrundlagenlos" sei.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legt nun den Akt zur Entscheidung im Sinne des § 47 JN dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Bei Kompetenzkonflikten im Sinne des § 47 JN vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass er erst dann zur Entscheidung berufen sein kann, wenn beide konkurrierenden Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig abgelehnt haben (4 Nc 4/04g, 10 Nd 510/02, 6 Nd 1/99, RIS-Justiz RS0046374, RS0046354, RS0046299).

Im vorliegenden Fall wurde einerseits der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom Handelsgericht Wien (analog § 230a ZPO) nicht zugestellt, andererseits fasste das Handelsgericht Wien selbst keinen Unzuständigkeitsbeschluss. Da also nicht zwei die Zuständigkeit verneinende, rechtskräftige Beschlüsse vorliegen, handelt es sich nicht um einen negativen Kompetenzkonflikt im Sinne des § 47 JN.

Der Vollständigkeit halber sei bereits jetzt darauf verwiesen, dass bei einer Entscheidung nach § 47 Abs 1 JN auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten Beschlusses, auch wenn dieser vielleicht unrichtig war, Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0046391, RS0039961, RS0039922, RS0039931).

Es war daher der Akt an das vorlegende Gericht im Sinne der obigen Ausführungen zurückzustellen.

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