OGH 7Ob39/04t

OGH7Ob39/04t17.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand K*****, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in Villach, wegen restlicher EUR 125.953,29 sA, über die außerordentliche Revision und den darin enthaltenen Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2003, GZ 3 R 173/03s-106, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen; der darin enthaltene Rekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO zurückgewiesen

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 77.303,06 sA zu bezahlen. Das auf Zuspruch von weiteren EUR 67.917,25 sA gerichtete Mehrbegehren wies es ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten nicht Folge. Der Berufung des Klägers gegen das EUR 19.267,02 übersteigende Mehrbegehren gab es hingegen Folge. Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Ersturteil dahin, dass es die Beklagte mit Teilurteil verpflichtete dem Kläger EUR 77.303,06 sA zu bezahlen, ein Mehrbegehren von EUR 19.267,02 sA abwies und das Urteil des Erstgerichtes im Übrigen (hinsichtlich der Abweisung eines weiteren Mehrbegehrens von EUR 48.650,23 sA) unter Zurückverweisung der Rechtssache in diesem Umfang zur neuerliche Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht aufhob, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein Ausspruch, dass gegen den Aufhebungsbeschluss der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig wäre, wurde nicht getroffen.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision wendet sich die Beklagte nicht nur gegen den Zuspruch im Teilurteil, sondern auch gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss; die Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichtes wird nämlich dahingehend begehrt, dass "das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde" und das Revisionsinteresse ist mit EUR 125.953,29 (= EUR 77.303,06 + EUR 48.650,23) beziffert.

Soweit auch der Aufhebungsbeschluss bekämpft wird, stellt das Rechtsmittel der Beklagten aber einen Rekurs dar, der absolut unzulässig ist:

Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu treffende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Fehlt - wie hier - ein derartiger Ausspruch, ist ein Aufhebungsbeschluss auch nicht mit einem außerordentlichen Rechtsmittel - bekämpfbar (stRsp; Kodek in Rechberger2 Rz 4 zu § 519 ZPO; RIS-Justiz RS0043880 und RS0043898; zuletzt: 5 Ob 185/03x mwN; 7 Ob 281/03d). Dies hat gemäß § 526 Abs 2 ZPO zur sofortigen Verwerfung eines dennoch erhobenen Rechtsmittels zu führen, ohne dass dem Prozessgegner Gelegenheit zu einer Rechtsmittelbeantwortung zu geben wäre (stRsp; RIS-Justiz RS0043880 [T9]; und RS0043898 [T5]; 5 Ob 185/03x mwN).

Der in der außerordentlichen Revision enthaltene Rekurs ist daher gemäß § 526 Abs 2 ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, während die außerordentliche Revision gegen den im Teilurteil enthaltenen Zuspruch von EUR 77.303,06 sA deshalb unzulässig ist, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen:

Die zur Begründung der Zulassungsbeschwerde angeführte Frage, ob der zwischen den Streitteilen vereinbarten Zessionsbeschränkung (gemäß Punkt 5. 3 der Werkverträge) auch eine "Weiterzession" der klagsgegenständlichen Werklohnforderung unterliegen würde, sodass dafür die Zustimmung der Beklagten erforderlich wäre, stellt sich nicht. Hier geht es nämlich allein darum, ob auch die Rückzession der (unstrittig mit Zustimmung der Beklagten abgetretenen) Klageforderung an den Kläger (also an den ursprünglichen Vertragspartner der Beklagten) einer derartigen Zustimmung bedarf. Die Vorinstanzen haben dies übereinstimmend verneint. Dagegen wendet sich die Revisionswerberin und hält zutreffend fest, dass die von ihr bekämpfte Beurteilung, was in diesem - vertraglich nicht geregelten - Fall der Rückzession zu geschehen habe, eine (ergänzende) "Vertragsauslegung" darstelle (Punkt I. 2. der ao Revision). Dabei wird übersehen, dass der im außerordentlichen Rechtsmittel somit allein angesprochenen Frage der Vertretbarkeit einer anderen Vertragsauslegung grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt (RIS-Justiz RS0042776 [T2, T23]; RS0042936 [T3, T17]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach stRsp nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (6 Ob 169/02z; RIS-Justiz RS0042776 [T1, T4, T6, T8, T10, T11, T16, T22]; RS0042936; RS0112106 [T1 bis T3] zuletzt: 5 Ob 46/03f; 7 Ob 191/03v; 10 Ob 24/03g; 7 Ob 283/03y).

Davon kann jedoch keine Rede sein:

Ein "Widerspruch" zwischen dem ausdrücklichen Wortlaut des Punktes

5.3 der Werkverträge (wonach "die Zessionen der aus diesem Vertrag resultierenden Forderungen der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung der Beklagten bedürfen" [Beilagen ./N bis ./Q]) und der Auslegung des Berufungsgerichtes (vernünftige und redliche Vertragspartner könnten den Vertrag nicht dahin verstehen, dass auch verfahrensfremde Dritte ein Einverständnis von der Beklagten zur Rückzession [an den Kläger zum Inkasso] abfordern müssten) ist nämlich nicht zu erkennen. Es trifft aber auch nicht zu, dass die "Klägerin nicht substantiell bestritten" hätte, dass das vereinbarte "Zessionsverbot" auch für eine allfällige Rück- oder Weiterzession gültig sei (Seite 4 der ao Revision):

Der Kläger hat zum Einwand der mangelnden Aktivlegitimation nämlich sofort erwidert, dass die Forderungen rückzediert worden seien (ON 3), in der Folge die Rückzessionsurkunde vorgelegt (ON 6, Beilage ./NNNNNN), und schließlich auch die Prozessbehauptung, dass die - angeblich nach Punkt 5.3 der Werkverträge zustimmungspflichtige - Rückzession nicht genehmigt worden sei, weshalb die Forderung nicht dem Kläger sondern der S***** Bank und SparkassenAG zustehe, ausdrücklich bestritten (ON 95).

Wenn das Berufungsgericht die genannte Klausel dahin ausgelegt hat, vernünftige und redliche Vertragspartner könnten den Vertrag nicht dahin verstehen, dass auch verfahrensfremde Dritte von der Beklagten ein Einverständnis zur Rückzession (zum Inkasso) abfordern müssten (stehe doch der Beklagten nach Rückabtretung der Forderung wieder jener Partner gegenüber, mit dem sie von Anfang an verbunden sein wollte), so ist dies somit nicht zu beanstanden.

Diese einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen könnte eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann rechtfertigen, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten wäre (RIS-Justiz RS0042776 [T22]), weil von den anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierender Weise abgewichen wurde (RIS-Justiz RS0042776; RS0042742 [T5]; zuletzt: 7 Ob 269/03i mwN; 7 Ob 191/03v mwN; 10 Ob 24/03g). Ein derartiges, vom Obersten Gerichtshof zu korrigierendes Abweichen des Berufungsgerichtes von den Grundsätzen der Rechtsprechung wird von der Revisionswerberin jedoch - zu Recht - gar nicht behauptet (7 Ob 269/03i).

Da der Frage, ob auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, - wie bereits erwähnt - keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, ist die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig (7 Ob 283/03y).

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