OGH 6Ob298/03x

OGH6Ob298/03x19.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte B*****, vertreten durch Dr. Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Werner B*****, vertreten durch Dr. Markus Tesar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Mai 2003, GZ 44 R 197/03a-40, womit über die Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 23. Dezember 2002, GZ 1 C 128/01f-33, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde am 17. 12. 1990 aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden. Er verpflichtete sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 8.750 S (= 635,89 EUR). Die Klägerin begehrte mit ihrer Unterhaltsklage vom 20. 8. 2001 sowie nach Klageausdehnung zuletzt einen rückständigen Unterhalt von 46.763,44 EUR und die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags um 247 EUR ab 1. 7. 2001, sie relevierte ua gestiegene Einkünfte des Beklagten, insbesondere auch eine nach Kündigung des Dienstverhältnisses des Beklagten von diesem im Jahr 1999 bezogene Abfertigung des Dienstgebers.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass der Unterhaltsanspruch wegen einer von der Klägerin aufgenommenen Lebensgemeinschaft ruhe. Die Klägerin habe den Beklagten über bezogene Eigeneinkünfte getäuscht. Als die Unterhaltsbemessungsgrundlage mindernd führte der Mann ein für die gemeinsame Tochter im Jahr 2000 bezahltes Heiratsgut von 260.000 S, Kreditkosten für den Ankauf einer Wohnung und die Wohnungseinrichtung sowie Ausgaben für den dienstlich benötigten PKW ins Treffen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme des (rechtskräftig) abgewiesenen Mehrbegehrens von 5.235,28 EUR an Unterhaltsrückstand statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte mit Teilurteil die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten hinsichtlich eines Unterhaltsrückstands von 13.703,71 EUR und die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung um 247 EUR auf 882,89 EUR monatlich für die Zeit vom 1. 5. 2002 bis 30. 8. 2002 und hob (mit Beschluss) das erstinstanzliche Urteil im übrigen stattgebenden Umfang zur Verfahrensergänzung auf. Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil unzulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag des Revisionswerbers gemäß § 508 Abs 3 ZPO ab und erklärte die ordentliche Revision doch für zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob die "Heiratsgutzahlung" des Beklagten ohne Eheschließung der Tochter bei der Unterhaltsbemessung Berücksichtigung finden könnte, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Mit seiner Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, dass das Unterhaltsbegehren zur Gänze abgewiesen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

I. Auch die Frage der Berücksichtigung der Bezahlung eines "Heiratsgutes" durch den Beklagten als unterhaltsmindernde Abzugspost von der Bemessungsgrundlage trotz des Umstandes, dass keine Eheschließung der Tochter erfolgte oder bevorstand, ist nicht rechtserheblich, weil sie schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 1220 ABGB und der dazu ergangenen oberstgerichtlichen Rechtsprechung im Sinne einer Verneinung zu beantworten ist. Der Heiratsgutanspruch setzt zumindest ein Verlöbnis voraus und wird mit der Eheschließung fällig (arg.: "Braut" und "bei ihrer Verehelichung" im Gesetzestext; 1 Ob 791/83). Voraussetzung für die Gewährung eines Ausstattungsanspruchs ist es, dass die Braut oder Ehefrau im Zeitpunkt der Eheschließung kein eigenes Vermögen oder kein so hohes Einkommen besitzt, das den Bedarf an einer Starthilfe ausschließt (1 Ob 215/99w). Das Heiratsgut ist seinem Wesen nach mit der Eheschließung und der Ehe selbst untrennbar verbunden (1 Ob 61/03g). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Verpflichtung der Eltern unter den im § 1222 ABGB genannten Voraussetzungen entfällt, wenn gerechtfertigte Missbilligungsgründe gegen die Eheschließung vorliegen. Insoweit der Revisionswerber die Auffassung vertritt, die Gesetzeslage sei unzeitgemäß, weil junge Leute auch ohne Eheschließung eine Starthilfe benötigten, macht er ein rechtspolitisches Anliegen geltend, dem nur der Gesetzgeber entsprechen könnte. Auf eine konkrete Lebensgemeinschaft seiner Tochter oder eine bevorstehende Eheschließung berief sich der Revisionswerber nicht.

II. In den übrigen vom Revisionswerber angegriffenen Punkten vermag er keine von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abweichende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht aufzuzeigen:

1. Ein Ruhen der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten haben die Vorinstanzen zu Recht verneint. Eine Lebensgemeinschaft des (der) Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner liegt nur dann vor, wenn die beiden so zusammenleben, wie es für das Zusammenleben von Ehegatten typisch ist (RIS-Justiz RS0047043), also mit dem aus einer seelischen Gemeinschaft resultierenden Zusammengehörigkeitsgefühl (RS0047064), das sich in einer Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft manifestiert (RS0047000). Davon kann hier nach den Feststellungen des Erstgerichtes keine Rede sein. Es wurde weder eine Wohn- noch eine Wirtschaftsgemeinschaft in dem für eine Ehe typischen Umfang festgestellt.

2. Der Revisionswerber strebt die Aufteilung der bezogenen Abfertigung auf die Bemessungsgrundlage für einen längeren Zeitraum als 16 Monate an. Das Berufungsgericht hat seine kürzere Aufteilung mit den Umständen des Einzelfalls begründet, insbesondere dass der Beklagte im Jahr 2000 und von Mai bis August 2002 lediglich Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe und eine ASVG-Pension bezog. Es hat damit im Ergebnis die freiwillige Abfertigung des Dienstgebers als Überbrückungshilfe gewertet und die Frage für den zweiten Rechtsgang offen gelassen, ob dies auch für die weiters dem Beklagten zustehende gesetzliche Abfertigung zutrifft. Wie die Aufteilung einer Einmalzahlung vorzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den festgestellten Lebensverhältnissen ab (RS0009667). Eine Aufteilung des Gesamtbetrages auf jenen Zeitraum, der den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht, kann ebenso gerechtfertigt sein wie eine Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens oder schlechthin die Verteilung auf ein Jahr (5 Ob 125/01w; vgl auch 3 Ob 308/98k). Die Revision vermag auch zu diesem Punkt keine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung darzulegen.

3. Gleiches gilt für die bekämpfte mangelnde Berücksichtigung der Kreditkosten für den Ankauf einer Wohnung durch den Beklagten. Wohl können im Sinne der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung 3 Ob 144/99v Wohnungsbeschaffungskosten unter Umständen von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, wenn die Ehewohnung - wie hier - dem anderen Ehepartner überlassen wurde (RS0047502). Dies setzt aber voraus, dass die Anschaffung nicht nur scheidungsbedingt, sondern auch existenznotwendig war, was der Unterhaltsschuldner zu behaupten und zu beweisen hat (1 Ob 265/02x mwN). Ansonsten gilt aber, dass Rückzahlungsraten auf Wohnungskredite und der Mietzins die Unterhaltsbemessungsgrundlage grundsätzlich nicht schmälern können (RS0047508). Warum der Kauf einer Wohnung (Eigentumswohnung) existenznotwendig gewesen sein sollte, insbesondere wenn die Ehewohnung offenbar nur eine Mietwohnung war (gegen die entsprechende Vermutung des Berufungsgerichtes führt der Revisionswerber nichts ins Treffen), lässt die Revision offen, sodass die Anschaffungskosten als vermögensvermehrende Aufwendungen zu Recht nicht als unterhaltsmindernd qualifiziert wurden.

Die Kosten für die Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat.

Stichworte