OGH 7Ob5/04t

OGH7Ob5/04t13.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Dusica K***** und 2. Klaus K*****, beide *****, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wider die Antragsgegner 1. Dr. Herbert R*****, und 2. Brigitte B*****, diese vertreten durch Pacher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Genehmigung eines Mietvertrages, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 20. November 2003, GZ 18 R 225/03x-61, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Antragsteller sind - wie auch die Antragsgegner - jeweils zu einem Viertel Miteigentümer der Liegenschaft mit (Zins-)Haus in 2340 M*****, K*****-Straße *****.

Das Erstgericht genehmigte den Abschluss eines Mietvertrages zwischen allen Miteigentümern als Vermieter und den beiden Antragstellern als Mieter der Wohnung top 6 des genannten Hauses und ersetzte damit die fehlende Zustimmung der beiden Antragsgegner (als Hälfteeigentümer der Liegenschaft).

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es den Antrag abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Frage, ob eine wichtige Veränderung vom Gericht zu genehmigen sei, stets eine Abwägung der Interessen im Einzelfall erfordere, sodass keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 AußStrG vorliege.

Demgemäß ist auch der von den Antragstellern erhobene außerordentliche Revisionsrekurs unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (stRsp; RIS-Justiz RS0013573; zuletzt: 1 Ob 267/02z mwN; Gamerith in Rummel I3 Rz 4 zu § 833 ABGB bzw Egglmeier in Schwimann III² Rz 10 zu § 833 ABGB jeweils mwN).

Der Abschluss von Miet- und Pachtverträgen mit Dritten, die auch Angehörige eines Teilhabers sein können, auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen ist eine Maßnahme ordentlicher Verwaltung (stRsp; 10 Ob 379/98b = immolex 1999/174 = ecolex 2000/80 = EWr III/1118 A/78 = MietSlg LI/18 mwN; Gamerith Rz 5 zu § 833 ABGB bzw Egglmeier aaO Rz 19 zu § 833 ABGB jeweils mwN). Eine wichtige Veränderung ist hingegen der Abschluss und die Aufkündigung von Bestandverträgen mit Miteigentümern (stRsp; 10 Ob 379/98b mwN; RIS-Justiz RS0013594; RS0013609 [insb T9] und RS0013680; Gamerith aaO Rz 1 zu § 834 ABGB bzw Egglmeier aaO Rz 3 zu § 834 ABGB jeweils mwN).

Die Legitimation zur Anrufung des Gerichtes iSd § 835 ABGB setzt voraus, dass die Mehrheit diese wichtige Änderung durchführen will; die Minderheit kann nämlich auch bei wichtigen Veränderungen nie die Entscheidung des Gerichtes zu dem Zweck begehren, eine von ihr gewünschte, von der Mehrheit aber abgelehnte Maßnahme durchzusetzen (RIS-Justiz RS0013706 und RS0013711; zuletzt: 6 Ob 298/99p; Egglmeier in Schwimann III² Rz 38 zu § 833 ABGB mwN). Liegt jedoch - wie hier - Stimmengleichheit vor (§ 835 letzter Satz ABGB), dann hat der Richter sowohl in Sachen der ordentlichen Verwaltung als auch bei wichtigen Veränderung nach den Bestimmungen des § 835 ABGB zu entscheiden (1 Ob 575/86 = MietSlg 38.049; 4 Ob 513/90 = WoBl 1990/96, 161 [zust Call]; 5 Ob 174/02b = ecolex 2003/5 = immolex 2003/161 = EWr III/834 A/10 mwN; RIS-Justiz RS0013393; RS0013734; zuletzt: 6 Ob 90/03h; Gamerith aaO Rz 18 zu § 835 ABGB mwN bzw Hofmeister/Egglmeier in Schwimann III² Rz 6 zu § 835 ABGB).

Zunächst ist daher festzuhalten, dass das Rechtsmittel nicht schon mangels Antragslegitimation der Rekurswerber zurückzuweisen war.

Im vorliegenden Fall begehren die Antragsteller als Hälfteeigentümer, die ihnen verweigerte Zustimmung zu einem Mietvertrag zwischen allen Miteigentümern als Vermieter und den beiden Antragstellern als Mieter zu ersetzen, um so die Voraussetzungen für den von ihnen angestrebten Vertragsabschluss zu schaffen. Gegenstand der richterlichen Beschlussfassung nach § 835 ABGB ist die Frage, ob die (wichtige) Veränderung ohne Einschränkung oder unter Bedingungen (Sicherstellung) bewilligt oder überhaupt abgelehnt wird. Das Gesetz stellt für diese richterliche Ermessensentscheidung keine bindenden Richtlinien auf; die Entscheidung hängt vielmehr davon ab, ob die Veränderung offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls und vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer und nicht allein von jenen des Mehrheitseigentümers aus zu beurteilen (NRsp in ÖJZ 1992/272 mwN; RIS-Justiz RS0013703 [insb T3]; RS0013440).

Dazu hat das Rekursgericht ausgeführt im vorliegenden Fall stünden der Untunlichkeit der Genehmigung des gegenständlichen Mietvertrages (im Hinblick auf das zwischen den Parteien anhängige Teilungsverfahren) keine klar für dessen Vorteilhaftigkeit sprechenden Umstände gegenüber. Der Ansicht der Erstrichterin, dass die festgestellte wirtschaftliche Gleichwertigkeit des Mietvertragsabschlusses gegenüber einer von der Gemeinschaft aufgenommenen Fremdfinanzierung der notwendigen Investitionen mit anschließender Vermietung der Wohnung um den (höheren) Richtwertmietzins einen offenbaren Vorteil für die Gemeinschaft begründe, sei nicht beizutreten. Der "Schwebezustand des Mietvertrages", der eine Disposition über die Wohnung unmöglich mache, werde nämlich durch die Antragsabweisung ebenso beendet wie durch die Genehmigung des Mietvertrages. Außerdem entspreche auch die Begründung von Bestandverhältnissen zwischen Miteigentümern nicht dem vom Erstgericht genannten Zweck eines "Zinshauses".

Insgesamt bestehe daher bei bloßer wirtschaftlicher Gleichwertigkeit der Vornahme oder Nichtvornahme einer wichtigen Veränderung kein Anlass für das Gericht, die darüber ergangene Entscheidung der Miteigentümergemeinschaft, welche hier nicht einmal eine einfache Mehrheit für die Veränderung erbracht habe, zu korrigieren; insb wenn die beabsichtigte Maßnahme - wie oben aufgezeigt - zur "Unzeit" erfolgten solle. Im Übrigen werde die konstatierte Gleichwertigkeit nur aus dem Verhältnis zwischen dem von den Antragstellern vorgeschlagenen Mietzins und der von ihnen übernommenen Verpflichtung zur Wohnungssanierung abgeleitet, ohne andere wesentliche, für die Gesamtheit der Miteigentümer nachteilige Vertragsbestimmungen (insb über die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft zur Wohnungszusammenlegung unter Einbeziehung allgemeiner Teile des Hauses) bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Der Umstand, dass ein permanenter Dachbodenzugang für die Miteigentümer nicht zwingend notwendig sein möge, könne aber alleine nicht ausreichen, um diese zur Abtretung allgemeiner Hausteile und zum Verzicht auf jegliche Nutzung des Dachbodens zu verpflichten, wenn dem keine klaren und eindeutigen Vorteile gegenüberstünden.

Da die Abänderung im antragsabweisenden Sinne schon aus diesen Gründen geboten sei, müsse auf die Problematik der Durchsetzbarkeit der wesentlichen Mietvertragsbestimmungen für den Vermieter im Hinblick auf das MRG, auf die Verfahrensrüge sowie auf die Zulässigkeit der "Antragsabänderung", die letztlich dazu führte, dass über die Genehmigung einer wichtigen Veränderung entschieden wurde, über die noch gar keine Abstimmung unter den Miteigentümern stattgefunden habe, nicht eingegangen werden.

Die Antragsteller machen demgegenüber zur Zulässigkeit ihres außerordentlichen Revisionsrekurses geltend, es gebe "keine - jedenfalls keine gefestigte Judikatur" zur Rechtsfrage, ob im Fall wirtschaftlicher Gleichwertigkeit bei Vornahme oder Nichtvornahme einer wichtigen Veränderung bereits Anlass bestehe, die darüber ergangene Entscheidung der Miteigentümergemeinschaft zu korrigieren. Dies gelte auch für die Rechtsfrage, inwieweit eine nach Anhängigmachung des gegenständlichen Verfahrens eigebrachte Klage auf Aufteilung des Miteigentums und Abschluss des Mietvertrages, welcher im Zuge der ordentlichen Verwaltung ohne Zustimmung der Miteigentümer abgeschlossen werden könne, "im Hinblick auf einen abzuschließenden Mietvertrag mit Miteigentümern nachteilig ist, insb wenn der zu genehmigende Mietvertrag mit einem Dritten (Nichteigentümer) im Zuge der ordentlichen Verwaltung abgeschlossen werden könnte". Auch die weiteren Rekursausführungen wenden sich gegen die Beurteilung, dass die Vermietung im Hinblick auf die bevorstehende allfällige Zivilteilung nachteilig sei, und dass keine klaren "für die Vorteilhaftigkeit" sprechenden Umstände vorlägen. Davon abgesehen sei ohnehin die Gleichwertigkeit ausreichend; der Akt der außerordentlichen Verwaltung dürfe nämlich nur "nicht von Nachteil" für die übrigen Miteigentümer und die Miteigentümergemeinschaft sein. Da der Zweck eines Zinshauses in dessen wirtschaftlicher Verwertung bestehe, sei es unerheblich, ob die Bestandverträge mit Dritten oder mit Miteigentümern abgeschlossen würden.

Diese Argumentation übersieht, dass die zur Genehmigungsfähigkeit wichtiger Änderungen ergangene Judikatur - wie bereits ausgeführt - einen Wertungsspielraum offenlässt und stets auf die Umstände des Einzelfalls abstellt. Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofes wäre daher in diesem Zusammenhang nur zulässig, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl 5 Ob 232/01f = EWr II/13/151 [Dachbodenausbau]; 8 Ob 7/03t = immolex 2003/139 [Genehmigung einer Aufkündigung gegen einen Miteigentümer]). Eine derartige vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls haben die Revisionsrekurswerber aber nicht einmal behauptet und ist auch nicht zu erkennen.

Demnach liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor, weshalb die außerordentliche Revision zurückzuweisen war.

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