OGH 7Ob130/03y

OGH7Ob130/03y30.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Vu Ngoc D*****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und andere, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 5.813,83 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Februar 2003, GZ 36 R 447/02g-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. August 2002, GZ 3 C 470/01-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt den Zuspruch von EUR 5.813,83 (sA) mit der wesentlichen Begründung, er habe einen von der beklagten Partei angebotenen Studienlehrgang für Psychomotorik und Motopädagogik besucht. Die Beklagte habe ihm zugesagt, dass mit der Absolvierung dieses als "postgradualer Studienlehrgang an der Donauuniversität Krems" bezeichneten Lehrganges die Verleihung eines akademischen Titels verbunden sei. Diese Zusage sei nicht eingehalten worden; die Beklagte sei überhaupt nicht befugt gewesen, universitäre Lehrgänge durchzuführen. Da der Studienlehrgang daher für ihn völlig nutzlos gewesen sei, verlange er die Studiengebühr zurück.

Die beklagte Partei wendete ein, die Verleihung eines akademischen Grades nicht zugesagt zu haben; alle von ihr zugesagten Leistungen seien erbracht worden. Im Übrigen sei die Klagsforderung (auch soweit sie auf Schadenersatz gestützt werde) verjährt.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach dazu aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zwar sei die Frage der Auslegung (von Verträgen) üblicherweise nicht über den Einzelfall hinaus von Bedeutung; im konkreten Fall sei aber eine Vielzahl von Klägern (18 Studienlehrgangsteilnehmer) betroffen, weshalb nicht mehr von einem bloßen Einzelfall iSd § 502 Abs 1 ZPO gesprochen werden könne. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger begehrt in seiner Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel entweder mangels Zulässigkeit zurückzuweisen, oder ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Die Vorinstanzen haben mit jeweils ausführlicher Begründung den gegenständlichen, von der Beklagten mit dem Kläger (und auch noch mit 17 weiteren Lehrgangsteilnehmern) geschlossenen Ausbildungsvertrag nach seinem Wortlaut unter Berücksichtigung der allen Kursteilnehmern zugegangenen schriftlichen Unterlagen und der mündlichen Äußerungen der von der Beklagten beauftragten Lehrpersonen nach § 914 ABGB - nach objektiven Kriterien, gemessen am Empfängerhorizont (RIS-Justiz RS0014205; RS0014160; RS0044358) - ausgelegt. Sie sind dabei, den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Vertragsauslegung folgend (RIS-Justiz RS0017797; RS0017865), zum Ergebnis gelangt, dass bei allen 18 Absolventen (insbesondere also auch beim Kläger) der falsche Eindruck erweckt worden sei, es handle sich um eine Ausbildung mit universitärem Charakter und den Absolventen könne ein akademischer Grad verliehen werden.

Fragen der Vertragsauslegung kommt - wie schon das Berufungsgericht grundsätzlich richtig erkannt hat - in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn - wie hier - das Berufungsgericht den betreffenden Vertrag im Einklang mit den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgelegt hat und hiebei nicht von den anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierender Weise abgewichen ist (RIS-Justiz RS0042776; RS0042936; RS0042742; RS0044298). Der Umstand, dass im vorliegenden Fall eine Mehrzahl von Klägern (insgesamt 18 Studienlehrgangsteilnehmer) von der Entscheidung in gleicher Weise betroffen sind, bewirkt (noch) nicht das Vorliegen einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung; dies umso mehr, als ja - nachdem alle Verfahren miteinander verbunden waren und nur zur Entscheidungsfällung wieder getrennt wurden - über alle 18 Klagen bereits - gleichförmig - entschieden wurde (2 Ob 117/03z; 2 Ob 118/03x; 7 Ob 129/03a) und mit weiteren gleichgelagerten Fällen nicht zu rechnen ist (2 Ob 117/03z).

Auch sonst werden von der Revisionswerberin keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen dargetan. Soweit versucht wird, das Auslegungsergebnis dadurch in Frage zu stellen, dass Zweifel gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen angemeldet werden, ist der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig ausgeführt (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 503). Über die Frage der Vertragsauslegung hinausgehend wird nur noch geltend gemacht, dass der klagsgegenständliche (Schadenersatz-)Anspruch verjährt sei, weil dem Kläger die für die Entstehung des Anspruches maßgeblichen Tatumstände bereits mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung am 18. 4. 2001 bekannt gewesen seien. Richtig an diesen Ausführungen ist lediglich, dass der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung geknüpft ist (M. Bydlinski in Rummel3 Rz 2 zu § 1478 mwN aus der Rsp). Die - vom Berufungsgericht in jedenfalls vertretbarer Weise beantwortete (2 Ob 117/03z) - Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben ist, hängt allerdings ebenfalls von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb auch insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegebenen sind (vgl 2 Ob 118/03x).

Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die (sinngemäße) Anwendung des § 393 Abs 3 ZPO iVm § 52 Abs 2 ZPO (vgl 8 Ob 67/03s; 2 Ob 117/03z; 2 Ob 118/03x).

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