OGH 7Ob129/03a

OGH7Ob129/03a30.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ruth R*****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und andere, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 5.813,83 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Februar 2003, GZ 36 R 439/02f-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. August 2002, GZ 3 C 462/01f-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit der am 17. 4. 2001 eingebrachten Klage die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 80.000 (nunmehr EUR 5.813,83) samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 2001. Sie habe einen von der beklagten Partei ausgerichteten Studienlehrgang für Psychomotorik und Motopädagogik besucht, wobei ihr von der beklagten Partei zugesagt worden sei, mit der Absolvierung dieses als "postgradualer Studienlehrgang an der Donauuniversität Krems" bezeichneten Lehrganges sei die Verleihung eines akademischen Titels verbunden; außerdem seien bestimmte Tätigkeiten und Arbeitsmöglichkeiten zugesagt worden; sämtliche dieser Zusagen seien jedoch nicht eingehalten worden. Sie verlange daher die umsonst aufgewendeten Studiengebühren - auch aus dem Titel des Schadenersatzes - zurück und behalte sich die Geltendmachung von frustrierten Aufwendungen für Fahrt und Unterkunft ausdrücklich vor.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren im Wesentlichen damit, dass die von ihr zugesagten Leistungen erbracht worden seien; außerdem erhob sie die Einrede der Verjährung, da die klagende Partei bereits seit Herbst 1997 in Kenntnis des wahren Sachverhaltes gewesen sei.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es begründete dies damit, dass die Frage der Auslegung zwar üblicherweise nicht über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei, im konkreten Fall jedoch eine Vielzahl von (insgesamt 18) Klägern als Studienlehrgangsteilnehmer betroffen sei, weshalb nicht mehr von einem bloßen Einzelfall im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gesprochen werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der primär der Antrag gestellt wird, das Rechtsmittel der Gegnerin zurückzuweisen, in eventu diesem keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen dem für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Beide Vorinstanzen haben mit jeweils ausführlicher Begründung den auch für die Klägerin im konkreten, verfahrensgegenständlichen Fall maßgeblichen Ausbildungsvertrag einerseits nach dessen Wortlaut und andererseits nach den darüber hinaus allen Kursteilnehmern zugegangenen weiteren Unterlagen und mündlichen Zusagen der für die Kursabhaltung maßgeblichen Lehrpersonen nach § 914 ABGB ausgelegt und sind zum Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin - so wie bei allen übrigen Interessenten und Kursabsolventen - der falsche Eindruck einer auch einem akademischen Grad zugänglichen Lehrgangsausbildung mit universitärem Charakter erweckt worden sei, weshalb dem Klagebegehren im Sinne des vorerst nur gefällten Zwischenurteils Berechtigung zukomme. Fragen der Vertragsauslegung kommt indes - wie bereits das Berufungsgericht an sich zutreffend erkannt hat - in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn das Berufungsgericht den hievon betroffenen Vertrag im Einklang mit den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgelegt und hiebei nicht von den anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierender Weise abgewichen ist (RIS-Justiz RS0042776; RS0042742). Der Umstand (allein), dass im konkreten Fall eine Mehrzahl von gleich betroffenen Klägern (insgesamt 18 Studienlehrgangsteilnehmer) von der Entscheidung betroffen sind, bewirkt (noch) nicht das Vorliegen einer über den singulären Einzelfall hinausgehenden Bedeutung - dies umso mehr, als ja über alle diese Klagen bereits (gleichförmig) entschieden wurde (vgl 2 Ob 118/03x).

Neben weitwendigen, weitestgehend mit Beweiswürdigungsargumenten untermauerten und insoweit den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ohnedies nicht gesetzmäßig zur Darstellung bringenden (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 503) Ausführungen versucht zwar die Revisionswerberin, das Auslegungsergebnis des das Erstgericht insoweit bestätigenden Berufungsgerichtes umzustoßen, macht hiebei jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der zitierten Gesetzesstelle des § 502 Abs 1 ZPO geltend. Soweit über die Frage der Vertragsauslegung hinaus auch noch geltend gemacht wird, der Anspruch der Klägerin sei deshalb verjährt, weil diese feststellungskonform bereits am 20. 4. 1998 erfahren habe, dass das von ihr angestrebte Diplom von der beklagten Partei nicht verliehen werden könne, kann es genügen, darauf hinzuweisen, dass - selbst ausgehend von diesem Datum - die am 17. 4. 2001 eingebrachte Klage jedenfalls rechtzeitig, da innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist, erhoben wurde. Dass der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung anknüpft (M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 Rz 2 zu § 1478 mwN), vermag auch die Revisionswerberin nicht in Abrede zu stellen. Im Übrigen hinge aber auch die Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben ist, gleichfalls grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles ab und würde insoweit ebenfalls die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllen (2 Ob 118/03x).

Das somit unzulässige Rechtsmittel der beklagten Partei war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO (8 Ob 67/03s).

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