Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. März 2003, GZ 26 Hv 159/02i-59, verletzt im nicht auf das Finanzstrafgesetz gestützten Teil des Josef B***** betreffenden Strafausspruches § 43a Abs 2 StGB.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21. März 2003, GZ 26 Hv 159/02i-59, wurde (ua) Josef B***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG sowie des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und Abs 5 Z 4 und Z 5 (§ 161) StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt.
Das Schöffengericht verhängte über ihn für das Finanzvergehen eine Geldstrafe (von 24.000 Euro) und (gemäß § 22 Abs 1 FinStrG) für die strafbaren Handlungen anderer Art "gemäß § 159 Abs 1 StGB in Anwendung von §§ 28, 43a Abs 2 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. Februar 2001, 27 Hv 182/00, und des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 22. August 2001, 9 U 470/00f, eine Zusatzstrafe in Form einer Freiheitsstrafe von drei Monaten und einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen à 25 Euro, insgesamt sohin 2.750 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall 55 Tage Ersatzfreiheitsstrafe". Zugleich widerrief das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die Josef B***** im Verfahren 27 Hv 105/97 des Landesgerichtes Innsbruck eingeräumte, den Vollzug einer Geldstrafe von 523,24 Euro betreffende bedingte Strafnachsicht. Zur Strafbemessung zum Schuldspruch wegen der nicht nach dem FinStrG strafbaren Handlungen sprach das Schöffengericht in den Gründen aus, dass eine Zusatzstrafe zu den obgenannten beiden Vorverurteilungen des Josef B***** durch das Landesgericht Innsbruck (vom 6. Februar 2001, unbedingte Geldstrafe von 200 Tagessätzen) und das Bezirksgericht Innsbruck (vom 22. August 2001, bedingte Geldstrafe von 50 Tagessätzen) zu verhängen war. Bei gemeinsamer Aburteilung erschien dem Schöffengericht sodann "in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB eine bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten und eine unbedingte Geldstrafe von 360 Tagessätzen angemessen, weshalb die Geldstrafe mit 110 Tagessätzen zu bestimmen war" (US 18, 19).
Rechtliche Beurteilung
Die gegen einen Teil des Strafausspruchs sowie gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Widerrufsbeschluss gerichtete, vom Generalprokurator nach § 33 Abs 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist im Recht.
Das Schöffengericht hat bei der Strafbemessung für die sonstigen (nicht als Finanzvergehen abgeurteilten) strafbaren Handlungen zu Recht - obgleich das Bezirksgericht Innsbruck im Urteil vom 22. August 2001 § 31 StGB nicht angewendet hat - auf beide in Punkt I./ genannte Vorverurteilungen gemäß § 31 StGB Bedacht genommen, wurden doch sämtliche vom Schöffengericht und im Verfahren AZ 9 U 470/00f des Bezirksgerichtes Innsbruck abgeurteilten Taten vor dem (ersten hier in Betracht kommenden) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. Februar 2001, AZ 27 Hv 182/00, begangen (vgl: AZ 9 U 470/00f des Bezirksgerichtes Innsbruck: Schuldspruch wegen § 111 StGB, Tatzeitpunkt 23. August 2000; AZ 26 Hv 159/02i des Landesgerichtes Innsbruck: Schuldsprüche wegen mehrerer sonstiger gerichtlich strafbarer Handlungen, Tatzeitpunkte bis spätestens Dezember 2000). Sie hätten daher bereits im Verfahren AZ 27 Hv 182/00 des Landesgerichtes Innsbruck abgeurteilt werden können (vgl Ratz in WK2 § 31 Rz 5; 14 Os 129-131/99, 12 Os 37/02).
Allerdings hat das Schöffengericht - seiner Begründung zuwider, wonach eine unbedingte Geldstrafe von (insgesamt, dh aus allen drei Verurteilungen) 360 Tagessätzen angemessen sei - zum Vorteil des Angeklagten Josef B***** weder selbst (iS der in EvBl 1990/166 vertretenen Zuständigkeitsregelung) die im Verfahren AZ 9 U 470/00f des Bezirksgerichtes Innsbruck gewährte bedingte Strafnachsicht gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 55 Abs 1 StGB widerrufen noch dem Bezirksgericht Innsbruck (das iS der Entscheidung RZ 1999/57 für den Widerruf gemäß § 495 Abs 2 StPO zuständig wäre - vgl hiezu näher Jerabek in WK2 § 55 Rz 5 und 6) die nachträgliche Verurteilung zur Kenntnis gebracht.
Voraussetzung dafür, dass gemäß der Bestimmung des § 43a Abs 2 StGB anstelle der Verhängung einer (unbedingten) Freiheitsstrafe auf eine (unbedingte) Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen erkannt und der verbleibende Teil der Freiheitsstrafe im Hinblick darauf nach § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen werden kann, ist unter anderem, dass die Freiheitsstrafe, die zu verhängen wäre, sechs Monate übersteigt. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, muss die Summe aus (nach der Geldstrafe gemäß § 19 Abs 3 StGB errechenbarer) Ersatzfreiheitsstrafe und (bedingt) ausgesprochener Freiheitsstrafe mehr als sechs Monate betragen. Im Fall der Verhängung einer Zusatzstrafe ist ausschließlich diese - und nicht die unter Einrechnung der im "Vorurteil" ausgesprochenen Freiheitsstrafe sich ergebende "Gesamtstrafe" - maßgeblich (Jerabek in WK2, Rz 6 f, Fabrizy, StGB8 Rz 3, je zu § 43a EvBl 1998/150).
Im vorliegenden Fall hat das Schöffengericht demnach zu Unrecht das Erfordernis einer sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe (für den Ausspruch einer Strafenkombination gemäß § 43a Abs 2 StGB) als gegeben erachtet, weil die im Urteil vom 21. März 2003 ausgesprochenen Strafen zusammen lediglich das Ausmaß von drei Monaten und 55 Tagen erreichen.
Das Landesgericht Innsbruck, das die Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldstrafe nach § 37 Abs 1 StGB bzw die bedingte Nachsicht der gesamten Strafe nach § 43 Abs 1 StGB nicht für gegeben fand, hätte daher - bei richtiger Gesetzesanwendung - nicht einen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachsehen dürfen. Weil sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung jedoch nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, muss es mit ihrer Feststellung sein Bewenden haben (vgl 11 Os 12/03, 13 Os 132/02, davor zB Mayerhofer StPO4 292 E 69i, 13 Os 134/98, 14 Os 25/00, 11 Os 90/00, 11 Os 110/01, 14 Os 91/02, 12 Os 55/02).
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