OGH 12Os37/02

OGH12Os37/024.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Edwin E***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 28. Februar 2001, GZ 7 Vr 3162/00-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Edwin E***** wurde des (richtig: teils vollendeten, teils versuchten) Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 und 15 StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er "in der Zeit zwischen 5. 7. 1995 und 6. 7. 1995 in Graz fremde bewegliche Sachen, nämlich Zigaretten im Gesamtwert von 3.000 S und Bargeld in der Höhe von 4.000 S dem Hermann S***** als Inhaber des Sportcafes 'Hermann' durch Einbruch, indem er die Oberlichte der westseitigen Eingangstür aufzwängte, über die Oberlichte in die Räumlichkeiten einstieg und zwei hinter der Theke befindliche Laden aufbrach, sowie zwei im Lokal aufgestellte Spielautomaten aufzubrechen versuchte, mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern".

Er wurde hiefür unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. Dezember 1995, GZ 5 U 882/95-11, zu einer sechsmonatigen unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Den von der Staatsanwaltschaft (zugunsten des Angeklagten) und vom Angeklagten gegen den Strafausspruch jeweils aus Z 11, vom Angeklagten überdies gegen den Schuldspruch aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Tatsachenrüge (Z 5a) des Angeklagten:

Das Erstgericht stützte den Schuldspruch schwerpunktmäßig auf den Umstand, dass drei am Tatort gesicherte Griffspuren an einer ersichtlich mit einem Wagenheber aufgezwängten Oberlichte, die unmittelbar nach der Spurensicherung an Hand der Monosammlung der Bundespolizeidirektion Graz nicht identifizierbar waren, anlässlich ihrer Überprüfung am 10. Oktober 2000 hingegen mit Hilfe des Automatischen Fingerabdruck-Identifizierungs-Systems (AFIS) dem Angeklagten zugeordnet werden konnten.

Die von der Rüge zunächst relevierte subjektive Meinung des mit der Spurensicherung im vorliegenden Fall befassten Polizeibeamten, wonach die Abdrücke "nicht so gut waren, dass man diese sofort zum AFIS Wien schicken hätte können" (84 f), ist schon im Hinblick auf das nunmehr vorliegende positive computergestützte Überprüfungsergebnis mit 30 Treffermeldungen unbeachtlich.

Da ferner die darüber hinaus dargelegten Einwände, wonach bei Anzeige von 30 Treffermeldungen "keineswegs von einer 100 %igen Sicherheit dieses Systems gesprochen werden kann, die Fingerabdruckspuren, die fotografisch kopiert und sodann im AFIS verglichen wurden, nach fünf Jahren sohin nicht mehr als sicheres Beweismittel angesehen werden könnten und auch Verwechslungen des Spurenmaterials nicht auszuschließen sind" - die dazu konträren Verfahrensergebnisse übergehend (US 6 iVm 84 f) - auf rein spekulativer Basis erhoben wurden, erweist sich der Vorwurf nichtigkeitsbegründender bedenklicher Verwertung aktenkundiger Beweisergebnisse als nicht zielführend.

Zu den Strafbemessungsrügen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten:

Dem bei der erstgerichtlichen Bemessung der in Rede stehenden Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB allein berücksichtigten Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. Dezember 1995 folgten nachstehende Verurteilungen des Angeklagten, jeweils durch das Landesgericht für Strafsachen Graz:

Am 17. Juni 1996 zum AZ 12 E Vr 1286/96 (Tatzeiten 24. Februar, 9. März und 9. Mai 1996), am 23. Juni 1997 zu 12 E Vr 1349/97 (Tatzeit 19. Mai 1997), am 26. Juli 1999 zu 12 E Vr 1299/99 (Tatzeit 9. April 1999) und am 22. Oktober 1999 zu 12 E Vr 2550/99 (Tatzeit 31. Juli 1999).

Da eine umfassende (sämtliche nach der Tat gegen den Angeklagten ergangene Urteile berücksichtigende) Anwendung der Bestimmung des § 31 Abs 1 StGB dann, wenn zwischen Tatbegehung und Aburteilung mehrere bestrafende Urteile liegen, nur in Betracht kommt, wenn sämtliche Taten vor dem ersten Urteil liegen, somit alle Vor-Urteile durch das im § 31 Abs 1 StGB beschriebene Verhältnis verknüpft sind, scheidet hier bei der Sanktionsfindung nicht nur eine (vom Angeklagten primär angestrebte) Bedachtnahme auf sämtliche nach Tatbegehung gegen den Angeklagten ergangenen Urteile aus, sondern auch eine (vorliegendenfalls von der Anklagebehörde - vom Angeklagten subsidiär - reklamierte) Berücksichtigung der für den Angeklagten ungünstigsten Vor-Verurteilung, weil unter diesen Prämissen - im Sinn der erstgerichtlichen Strafbemessung - nur auf das erste (tatnächste) Urteil Bedacht zu nehmen ist (Steininger Komm3 § 31 RN 15, Ratz, WK2 § 31 Rz 5, 14 Os 129-131/99, 12 Os 10/00, 13 Os 161/01). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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