Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass sie zu lauten haben:
"Das Begehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1. 8. 2001 ein Pflegegeld in einer die Stufe 4 übersteigenden Höhe zu gewähren, wird abgewiesen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 9. 8. 1936 geborene Klägerin bezog von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt ab 1. 3. 1996 Pflegegeld der Stufe 1. Über ihren Antrag vom 16. 12. 1998 gewährte die Beklagte ab 1. 1. 1999 Pflegegeld der Stufe 2. In der dagegen erhobenen Klage begehrte die Klägerin Pflegegeld der Stufe 5. In diesem zur AZ 12 Cgs 72/99m des Erstgerichtes anhängig gewesenen Verfahren schlossen die Parteien in der Tagsatzung vom 31. 3. 2000 einen Vergleich über die Gewährung von Pflegegeld der Stufe 5 ab 1. 5. 1999. Diesem Vergleich lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Aus dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** ergab sich, dass es bei der Klägerin durch einen Schlaganfall am 21. 4. 1999 zu einer Hemiparese der linken oberen und unteren Extremität gekommen war. Nach Darstellung des neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen in der Tagsatzung vom 31. 8. 1999 handelte es sich bei dieser Hemiparese um eine Form der im § 4a BPGG genannten Cerebralparese. In seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 25. 1. 2000 (ON 29) verwies dieser Sachverständige darauf, dass der Klägerin der selbständige Gebrauch eines Rollstuhles möglich sei, sie zur eigenständigen Lebensführung auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sei, der Transfer in den Rollstuhl infolge der linksseitigen Armlähmung (nach dem Schlaganfall) jedoch nicht möglich sei. Eine Rückbildung der Parese sei bei konsequenter fachärztlicher und physikalischer Therapie in einem Zeitraum von ca zwei Jahren möglich. Seit dem Schlaganfall bedürfe die Klägerin der Hilfe beim An- und Auskleiden, bei der Zubereitung der Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, der Reinigung der Wohnung und der Pflege der Leib- und Bettwäsche. Weiters sei Mobilitätshilfe im engeren und im weiteren Sinn erforderlich.
Aus dem urologischen Gutachten ergab sich überdies ein Pflegebedarf bei Inkontinenzreinigung. Auch im chirurgischen Gutachten wurde schließlich festgehalten, dass die Klägerin im Hinblick auf die Lähmung der linken Körperhälfte, Muskelverschmächtigung und Spitzfußbildung nicht ohne fremde Hilfe vom Bett in den Rollstuhl transferiert werden könne.
Mit Bescheid der Beklagten vom 19. 6. 2001 wurde das der Klägerin gewährte Pflegegeld der Stufe 5 mit Wirkung ab 1. 8. 2001 auf Stufe 4 herabgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Weitergewährung des Pflegegeldes der Stufe 5 gerichtete Klage mit dem wesentlichen Vorbringen, es sei im Gesundheitszustand der Klägerin keine Besserung eingetreten. Die Klägerin sei wegen der Cerebralparese zur eigenständigen Lebensführung überwiegend auf den selbständigen Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen und es könne von ihr auf Grund eines deutlichen Ausfalles von Funktionen der oberen Extremitäten der Transfer in und aus dem Rollstuhl nicht selbständig durchgeführt werden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, der Klägeirn sei der Transfer in und aus dem Rollstuhl wieder selbständig möglich, weil keine deutliche Funktionsstörung der oberen Extremitäten mehr vorliege. Eine diagnosebezogene Einstufung sei daher nicht mehr möglich. Der funktionsbezogene Pflegebedarf der Klägerin betrage nur 168 Stunden monatlich, weshalb der Klägerin nur noch Pflegegeld der Stufe 4 gebühre.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen (weiteren) Feststellungen bedürfe die Klägerin fremder Hilfe bei der täglichen Körperpflege, der Zubereitung der Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft und der anschließenden Reinigung sowie der Reinigung bei Harninkontinenz, beim An- und Auskleiden sowie beim Herbeischaffen von Nahrungsmitteln, der Reinigung der Wohnung und der Pflege der Leib- und Bettwäsche sowie Mobilitätshilfe im engeren und weiteren Sinn im Gesamtausmaß von 170 Stunden monatlich.
Zur Frage des weiteren Vorliegens einer Cerebralparese bei der Klägerin stellte das Erstgericht fest, dass im Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin durch den neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. K***** am 27. 9. 2001 eine Cerebralparese nicht mehr vorlag. Nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten (ON 11) hatte sich zu diesem Zeitpunkt die "Hemiparese der linken Hand" so weit rückgebildet, dass der Transfer Bett-Rollstuhl gegeben ist und auch die "Parese im linken Bein" hatte sich so weit rückgebildet, dass die Klägerin wieder einige Schritte gehfähig ist. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist daher "aus neurologischer Sicht" nicht erklärlich, dass die Klägerin nicht in den beiden Armen die Kraft hätte, den Transfer Bett-Rollstuhl selbst zu schaffen und den Rollstuhl auch mit der Hand fortzubewegen. "Neurologisch-psychiatrischerseits" war zum Entziehungszeitpunkt (31. 7. 2001) der Transfer Bett-Rollstuhl jedenfalls möglich und es lag "kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten" vor. Auch aus "chirurgisch-orthopädischer Sicht" wird der selbständige Transfer in einen Rollstuhl grundsätzlich als möglich erachtet. Es zeigt sich jedoch, dass die Klägerin bei diesem Vorgang extrem unsicher wirkt, sodass ohne Sicherung durch eine Pflegeperson die Sturzgefahr unzumutbar hoch erscheint. Die erhöhte Sturzgefahr beim Transfer in und aus dem Rollstuhl ergibt sich vor allem aus der extremen Adipositas (sie ist ein wesentlicher Grund dafür, dass trotz der vom neurologischen Sachverständigen objektivierten Besserung der Funktionsfähigkeit der linken oberen Extremität der Transfer stark beeinträchtigt ist), der Arthalgie der Schultergelenke links mehr als rechts, der Arthrose der Daumensattelgelenke, der Gonarthrose rechts, damit verbunden Schmerzen und Gang/Standunsicherheit und einer Restschwäche nach Hemiparese linkes Bein. Für diese Transferproblematik ist somit nicht ausschließlich die herabgesetzte Funktion der oberen Extremitäten verantwortlich; ausschlaggebend ist vielmehr das zusätzliche Vorliegen einer extremen Fettleibigkeit und Beeinträchtigung des Steh- und Gehvermögens durch schmerzende degenerative Gelenksveränderungen im Bereich der unteren Extremitäten, insbesondere des rechten Kniegelenkes. Insoweit ist daher "aus chirurgisch-orthopädischer Sicht" gegenüber dem Gewährungszeitpunkt keine maßgebliche tatsächliche Besserung eingetreten. Der Klägerin ist ein alleiniges Betreiben des mechanischen Rollstuhls innerhalb der Wohnung möglich, außerhalb der Wohnung nur auf im Wesentlichen ebenen Strecken. Ein alleiniges Gehen ist auch in der Wohnung ausgeschlossen bzw auf ein paar Schritte unter Sturzgefahr beschränkt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass gemäß § 9 Abs 4 BPGG das Pflegegeld neu zu bemessen sei, wenn für die Höhe des Pflegegeldes eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse gegenüber dem Zuerkennungszeitpunkt eintrete. Nach § 4a Abs 1 iVm Abs 3 BPGG fordere ein Pflegegeld der Stufe 5 das Vorliegen von bestimmten Diagnosen (hier: Cerebralparese) sowie das Vorliegen weiterer Voraussetzungen, nämlich dass diese Person zur eigenständigen Lebensführung überwiegend auf den selbständigen Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sei und dass ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten vorliege. Es liege zwar nach wie vor ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten vor, jedoch nicht in Beziehung zur Cerebralparese. Diesbezüglich liege eine wesentliche Besserung vor. Eine Cerebralparese sei etwa zwei Monate nach dem Entziehungszeitpunkt nicht mehr vorgelegen; zum Entziehungszeitpunkt sei ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten nicht mehr vorgelegen. Auch eine funktionsbezogene Beurteilung führe im Hinblick auf den festgestellten Pflegebedarf von 170 Stunden monatlich zu keiner höheren Einstufung als Stufe 4.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es führte im Wesentlichen aus, dass das Pflegegeld nach § 9 Abs 4 BPGG neu zu bemessen sei, wenn eine für die Pflegegeldhöhe wesentliche Änderung eintrete. Dies sei hier der Fall, weil nach den Feststellungen bei der Klägerin jene Diagnose wegfalle, welche eine diagnosebezogene Einstufung begründet habe. Im Zeitpunkt der durch den gerichtlichen Vergleich zuerkannten Leistung sei bei der Klägerin jedenfalls eine Hemiparese, welche nach den Ausführungen des Sachverständigen im Vorverfahren eine Form der Cerebralparese sei, vorgelegen. Diese für die Einstufung nach § 4a BPGG relevante Diagnose liege nicht mehr vor. Damit falle die wesentliche Voraussetzung für eine diagnosebezogene Einstufung nach § 4a Abs 3 BPGG, welche offenkundig dem Vergleich zugrunde gelegen sei, weg und es sei im gegenständlichen Fall nicht relevant, ob der konkrete Pflegebedarf eine Änderung erfahren habe oder gleich geblieben sei, weil bei der diagnosebezogenen Einstufung nach § 4a BPGG der konkrete Pflegebedarf unerheblich sei. Auch wenn der Klägerin weiterhin ein selbständiger Transfer vom Bett in den Rollstuhl unmöglich sei, so rechtfertige dies allein, ohne Vorliegen der in § 4a BPGG aufgezählten Diagnosen, keine Einstufung nach § 4a Abs 3 BPGG. Das Erstgericht habe daher zutreffend den konkreten Pflegebedarf der Klägerin im Entziehungszeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt, welcher jedoch lediglich Pflegegeld der Stufe 4 rechtfertige. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei amtwegig von "Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten" auf "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war, weil mit 1. 1. 2003 alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten auf die neu errichtete Pensionsversicherungsanstalt als Gesamtrechtsnachfolger übergingen (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Nov BGBl I Nr 1/2002).
Nach § 9 Abs 4 BPGG ist das Pflegegeld zu entziehen, wenn eine Voraussetzung für die Gewährung von Pflegegeld wegfällt, und das Pflegegeld neu zu bemessen, wenn eine für die Höhe des Pflegegeldes wesentliche Veränderung eintritt, worunter etwa zu verstehen ist, dass sich der Pflegebedarf des Betroffenen in erheblicher Weise ändert, also die Gewährung einer anderen Pflegegeldstufe erforderlich macht. Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt betont, dass nur eine Änderung in den tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnissen einen Eingriff in die Rechtskraft einer vorausgegangenen Entscheidung rechtfertigt und dass diesbezüglich die gleichen Grundsätze zu gelten haben, die etwa auch bei der (teilweisen) Entziehung sonstiger Leistungsansprüche nach § 99 ASVG oder bei der Neufeststellung einer Versehrtenrente nach § 183 ASVG angewendet werden (SSV-NF 12/158 mwN ua). Danach setzt ein Leistungsentzug eine wesentliche, entscheidende Änderung in den Verhältnissen voraus, wobei für den anzustellenden Vergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit denen im Zeitpunkt der Leistungsentzugs in Beziehung zu setzen sind; nicht gerechtfertigt ist der Leistungsentzug, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Leistungsvoraussetzungen von Beginn an gefehlt haben. Haben die objektiven Grundlagen der Leistungszuerkennung keine wesentliche Änderung erfahren, so steht die Rechtskraft der Gewährungsentscheidung der Entziehung entgegen (SSV-NF 14/51; 10/110 ua). Haben sich somit die tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnisse nicht geändert, kommt weder eine Entziehung noch eine Neubemessung (Herabsetzung oder Erhöhung) des Pflegegeldes in Betracht (SSV-NF 12/143 mwN ua).
Die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 5 an die Klägerin im erwähnten Vorverfahren erfolgte, wovon auch die Parteien übereinstimmend ausgehen, auf Grund der diagnosebezogenen Einstufung nach § 4a Abs 1 und 3 BPGG idF BGBl I 1998/111. § 4a BPGG sieht bei bestimmten Diagnosen und damit verbundenen Funktionsausfällen Mindesteinstufungen vor. So ist nach § 4a Abs 1 BPGG bei Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben und auf Grund einer Querschnittlähmung, einer beidseitigen Beinamputation, einer Muskeldystrophie, einer Encephalitis disseminata oder einer Cerebralparese - die Einschränkung auf "infantile Cerebralparese" erfolgte erst durch die BPGG-Novelle 2001, BGBl I Nr 69/2001 - zur eigenständigen Lebensführung überwiegend auf den selbständigen Gebrauch eines Rollstuhles oder eines technisch adaptierten Rollstuhles angewiesen sind, mindestens ein Pflegebedarf entsprechend der Stufe 3 anzunehmen. Liegt bei Personen gemäß Abs 1 ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten vor, ist mindestens ein Pflegebedarf entsprechend der Stufe 5 anzunehmen (§ 4a Abs 3 BPGG).
Beide Vorinstanzen gingen übereinstimmend davon aus, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen im Vorverfahren bei der Klägerin im Gewährungszeitpunkt eine Cerebralparese (in Form einer Hemiparese) vorgelegen sei. Es ist bei der Beurteilung, ob im Gesundheitszustand des Versicherten eine wesentliche Änderung eingetreten ist, allerdings nicht ausreichend, wenn - wie im vorliegenden Fall - nur festgestellt wurde, zu welchen Ergebnissen Untersuchungen zu einem früheren Zeitpunkt gelangten, sondern es ist zu erheben, welcher Zustand zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich vorlag (vgl SSV-NF 10/21 ua). Der Frage, ob bei der Klägerin im Gewährungszeitpunkt tatsächlich eine Cerebralparese vorgelegen ist, kommt jedoch hier, wie im folgenden noch auszuführen sein wird, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Die Klägerin war nach den weiteren Ausführungen der Vorinstanzen im Gewährungszeitpunkt zur eigenständigen Lebensführung auf den selbständigen Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen und es war ihr der selbständige Transfer in und aus dem Rollstuhl wegen eines deutlichen Ausfalles der oberen Extremitäten (Lähmung des linken Armes nach dem Schlaganfall) nicht mehr möglich. Damit erfüllte die Klägerin nach Ansicht der Vorinstanzen die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Einstufung in die Stufe 5 nach § 4a Abs 1 und 3 BPGG.
Die tatsächlichen Verhältnisse, die zur Leistungsgewährung an die Klägerin im Vorverfahren geführt haben, haben sich mittlerweile allerdings insofern geändert, als sich die nach dem Schlaganfall aufgetretene Hemiparese der linken Hand so weit rückgebildet hat, dass der Klägerin unter diesem Aspekt der selbständige Transfer in und aus dem Rollstuhl wieder möglich wäre. Es liegt somit bei der Klägerin keine Beeinträchtigung der oberen Extremitäten mehr vor, welche den selbständigen Transfer in und aus dem Rollstuhl ausschließen würde. Die Wortfolge "deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten" war bereits in dem durch BGBl II 1999/37 aufgehobenen § 8 Z 3 EinstV (BGBl 1993/314) zum BPGG enthalten. Demnach waren bei Personen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sind, ohne weitere Prüfung nach § 4 BPGG mindestens ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand anzunehmen (das entspricht der Pflegegeldstufe 5), "wenn ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben ist". Der Oberste Gerichtshof hat § 8 Z 3 EinstV idF BGBl 1993/314 dahin ausgelegt, dass ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten anzunehmen ist, wenn dem Betroffenen ein selbständiger Transfer in und aus dem Rollstuhl nicht mehr möglich ist (SSV-NF 11/54 ua; RIS-Justiz RS0107432, RS0106390 [T 5]). Die nunmehr in § 4a Abs 3 BPGG enthaltene Wortfolge "ein deutlicher Ausfall der Funktionen der oberen Extremitäten" wurde somit aus dem früheren § 8 Z 3 EinstV (idF vor BGBl II 1999/37) übernommen. Die Judikatur zu § 8 Z 3 EinstV (idF vor BGBl II 1999/37) wurde nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der BPGG-Novelle 1998 (RV 1186 BlgNR 20. GP 12) dem § 4a Abs 3 BPGG zugrunde gelegt. Nach den Gesetzesmaterialien soll in Hinkunft anhand der medizinisch eindeutigen Diagnose und den damit verbundenen Funktionsausfällen der weitgehend gleichartige Pflegebedarf in Form einer Mindesteinstufung berücksichtigt werden. Als Abgrenzungskriterien werden die Ausfallserscheinungen bei bestimmten Krankheits- und Behinderungsmustern herangezogen. So soll eine Mindesteinstufung in Stufe 5 dann gerechtfertigt sein, wenn neben dem aktiven Gebrauch eines Rollstuhls "eine derart schwere Beeinträchtigung der oberen Extremitäten vorliegt, dass zum Transfer in und aus dem Rollstuhl die Hilfe einer anderen Person notwendig ist". Im Hinblick auf die Gesetzesintention besteht kein Anlass, von der seinerzeit zu § 8 Z 3 EinstV alt entwickelten Judikatur abzugehen (10 ObS 111/01y). Den zu § 8 Z 3 EinstV (idF vor BGBl II 1999/37) ergangenen Entscheidungen lag aber jeweils zugrunde, dass die oberen Extremitäten selbst unmittelbar - etwa durch Lähmungen - beeinträchtigt waren. Nach den in den Entscheidungen 10 ObS 2474/96p (DRdA 1997/45, Pfeil), SSV-NF 11/54, 10 ObS 241/97g, 10 ObS 285/97b, SSV-NF 11/103, 10 ObS 377/97g, 10 ObS 416/97t und 10 ObS 111/01y wiedergegebenen Feststellungen litten die dortigen Kläger bzw Klägerinnen an einem Zustand nach Schlaganfall bzw Stammganglienblutung mit einer Lähmung und damit verbundener Gebrauchsunfähigkeit einer der beiden oberen Extremitäten. Der Kläger im Verfahren 10 ObS 22/98b litt beiderseits an einer deutlich ausgebildeten Schultersteife mit deutlicher Bewegungseinschränkung und Schmerzhaftigkeit bei Bewegungen. Im Fall 10 ObS 2349/96f lag eine polyarthritisbedingte Kraftlosigkeit und Bewegungseinschränkung im Bereich beider Hände und beider Schulter- und Ellbogengelenke vor, im Fall 10 ObS 2396/96t (SSV-NF 10/131) eine Atrophie der Arme. Es wurde daher in der Rechtsprechung in diesen Fällen immer auf den Grund des Unvermögens, sich selbst vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt, abgestellt. In keinem Fall wurde ausgesprochen, dass beispielsweise internistische Leiden wie Atemnot oder cardiale Erkrankungen eine "praktische" Gebrauchsunfähigkeit der oberen Extremitäten bewirken und damit gemäß § 4a Abs 3 BPGG eine Einstufung in die Pflegegeldstufe 5 nach sich ziehen würden. Vielmehr wurde immer auf die unmittelbare Gebrauchsunfähigkeit der oberen Extremitäten abgestellt. Auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 4a Abs 3 BPGG die beschriebene Wortfolge (und nicht etwa die Wortfolge "wenn zum Transfer in und aus dem Rollstuhl die Hilfe einer anderen Person notwendig ist") verwendet hat, ist zu schließen, dass es ihm tatsächlich auf eine unmittelbare und nicht bloß mittelbare Beeinträchtigung der oberen Extremitäten ankam (vgl 10 ObS 356/02d). Der Umstand, dass der Klägerin aus anderen Leidenszuständen (extreme Adipositas und Beeinträchtigung des Steh- und Gehvermögens durch schmerzende degenerative Veränderungen im Bereich der unteren Extremitäten) der selbständige Transfer in und aus dem Rollstuhl nicht möglich bzw nicht zumutbar ist, rechtfertigt somit nicht mehr eine diagnosebezogene Einstufung nach § 4a Abs 1 und 3 BPGG. Damit haben aber die objektiven Grundlagen, welche seinerzeit zur Zuerkennung des Pflegegeldes der Stufe 1 aufgrund diagnosebezogener Mindesteinstufung geführt haben, eine wesentliche Änderung erfahren, welche eine Neubemessung des Pflegegeldes nach § 9 Abs 4 BPGG rechtfertigt. Diese für eine Neubemessung des Pflegegeldes erforderliche wesentliche Änderung der tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnisse ist bereits aus den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen abzuleiten, sodass die von der Revisionswerberin im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Cerebralparese gerügten sekundären Feststellungsmängel nicht mehr entscheidungswesentlich sind. Denn selbst wenn im Vorverfahren zu Unrecht vom Vorliegen einer Cerebralparese ausgegangen worden sein sollte und dies zu Unrecht auch dem vorliegenden Verfahren zugrundegelegt worden wäre, würden die Voraussetzungen für die Herabsetzung des Pflegegeldes dennoch vorliegen, da jedenfalls feststeht, dass sich bezüglich der Einsatzfähigkeit der oberen Exetremitäten eine wesentliche Änderung (Besserung) ergeben hat. Dass der Klägerin im Hinblick auf den festgestellten Pflegebedarf von insgesamt 170 Stunden monatlich auch bei einer funktionsbezogenen Beurteilung kein höheres Pflegegeld als jenes der Stufe 4 gebührt (vgl § 4 Abs 2 BPGG), wird auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen. Die Vorinstanzen haben daher das inhaltlich auf Gewährung eines Pflegegeldes in einer die Stufe 4 übersteigenden Höhe ab 1. 8. 2001 gerichtete Klagebegehren zu Recht abgewiesen. Es waren somit die Urteile der Vorinstanzen mit der aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an die Klägerin nach Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
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