OGH 6Ob237/02z

OGH6Ob237/02z23.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Oswald K*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwältegesellschaft mbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Gerhard W*****, und 2. K***** Verlags Gesellschaft mbH & Co KG, ***** beide vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Widerrufs ehrverletzender Äußerungen und Feststellung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Juni 2002, GZ 3 R 30/02g-9, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Dezember 2001, GZ 19 Cg 168/01d-5, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

I. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Teilbegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, es zu unterlassen, die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, dass der Kläger ein eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit badender Dampfplauderer sei, abgewiesen und insoweit das Urteil des Erstgerichtes teilweise wieder hergestellt wird.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten wird der Endentscheidung vorbehalten.

II. Insoweit die Revision darüber hinaus die Abweisung aller übrigen Klagebegehren anstrebt, wird sie zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte ist Redakteur der zweitbeklagten Medieninhaberin einer Tageszeitung. In der Tagesausgabe vom 29. 8. 2000 erschien ein vom Erstbeklagten verfasster Artikel über das Buch "Mein Protokoll" des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit Michael S*****, dem der Kläger als Leiter der Österreichischen Staatspolizei unterstellt war. Das Buch behandelt verschiedene spektakuläre Ereignisse aus der Dienstzeit des Autors, auch solche, bei denen der Kläger eine Rolle spielte. Der Artikel der Beklagten mit dem Titel "Ein Staatspolizist erpresst Klestil" war mit mehreren Fotos illustriert. Der Begleittext zu einem Foto des Klägers lautete:

"Oswald K*****, Spitzname 'Der schöne Ossi'. Laut S***** als Stapo-Chef chronisch erfolglos, dafür aber immer wieder von Gerüchten umrankt. Heute ist er Leiter der EDV-Abteilung". Die Einleitungspassage des Artikels hatte folgenden Text: "Ein Staatspolizist, der den Bundespräsidenten beschützen sollte, Klestil aber mit dessen Privatleben erpresst. Ein, wie S***** schreibt, 'eitler Dampfplauderer' als Stapo-Chef. Seltsame Lauschangriffe und Anschläge rund um Waffengeschäfte und Parteifinanzierungen. Lesen Sie weitere exklusive Auszüge aus dem Enthüllungsbuch von Österreichs größtem Geheimnisträger". Anschließend folgt im Artikel die Wiedergabe der Schilderungen des Buchautors über Aktivitäten eines Staatspolizisten im Zusammenhang mit einem Verhältnis des Bundespräsidenten mit einer Mitarbeiterin. Diese Passage endete mit der Feststellung, dass der Staatspolizist aus dem Dienst habe ausscheiden müssen. Danach enthielt der Artikel folgenden Text:

"Das hätte S***** sich, wenn man sein Buch zwischen den Zeilen liest, wohl auch von Oswald K***** gewünscht. Der 'schöne Ossi', wie er intern bezeichnet wird, avancierte unter L***** mit 33 Jahren zum jüngsten Stapo-Chef der Republik, nachdem er zuvor die Einsatztruppe zur Bekämpfung des Terrorismus geleitet hatte. Der politisch tiefrote K***** war es, der in den Anfangsjahren die Briefbomben-Ermittlungen in die falsche Richtung gelenkt hatte, was zum unseligen ersten Bomben-Prozess führte. Mit der totalen Blamage für das Innenministerium und den Freisprüchen der drei Verdächtigen. S***** wirft K***** vor, stets ein 'eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit badender Dampfplauderer' gewesen zu sein und keinen einzigen nennenswerten Erfolg gelandet zu haben. Im Gegenteil, K***** hätten immer Gerüchte um hochsuspekte Methoden umrankt. Als etwa Stasi-Oberspion Markus 'Mischa' W***** sich 1991 nach der Flucht aus der DDR den österreichischen Behörden stellte, wurde er im Büro eines Wiener SPÖ-Anwaltes von Stapo-Chef K***** verhört. Kurz darauf tauchten die streng geheimen Protokolle in einer deutschen Illustrierten auf. 'Innerhalb des Innenministeriums hat das Gerücht kursiert, dass Oswald K***** Journalisten mit Infos über die Einvernahmen des W***** versorgt haben soll' schreibt S*****. Ein Verdacht, der sich niemals völlig entkräften ließ. Ebenso wie S***** Vermutung, dass K***** 1995 bei einem illegalen Lauschangriff im Parlament mitgemischt haben könnte. Hauptdarsteller waren damals SP-Bundesgeschäftsführer Peter M***** und VP-Wehrsprecher Hermann K*****. Geplaudert wurde über den milliardenschweren Ankauf von Hubschraubern für das Bundesheer und um Provisionsmillionen, die schwarz in die Parteikassen der beiden Großparteien sickern sollten. Geflossen wäre das Geld angeblich über Graf Alfons M*****, Ehemann der VP-Umweltministerin Maria R*****, vor allem aber auch Konsulent eines britischen Helicopter-Lieferanten. Wenig später tauchte der Mitschnitt des Gesprächs in der Öffentlichkeit auf. Heute weiß man - nach einer anonymen Anzeige aus eigenen Innenministeriums-Reihen - dass M***** mit amerikanischer Abhör-Technik ausgestattet war, um die ÖVP aufs politische Glatteis zu führen. Und dass zumindest ein Beamter aus K***** Umfeld an der Falle mitgewirkt hatte. Ein Attentat als Fahndungsmittel? Nicht minder alarmierend waren Drohanrufe und Drohbriefe gegen den Grafen und ein heimtückischer Anschlag auf seinen Mercedes, dessen Reifen aufgeschlitzt und Radmuttern gelockert wurden. S*****: 'Ich meine dazu ganz wertfrei: Diese Maßnahmen hätten natürlich auch dazu dienen können, den Grafen lückenlos zu überwachen, ihn quasi auszuspionieren.' Wenn es also darum ging, schnüffelnde Staatsschützer unter dem Vorwand des Personenschutzes in die Nähe des Grafen zu bringen müssten sie 'bei den Drohanrufen, Drohbriefen und Manipulationen am Auto auch die Hände im Spiel gehabt haben'. K*****, der als Chef einer anscheinend außer Rand und Band geratenen Stapo untragbar geworden war, ist jedenfalls nach oben gefallen. Heute leitet er die EDV-Abteilung des Innenministeriums. In der alle Drähte zusammenlaufen".

Der Kläger begehrt die Unterlassung folgender Behauptungen und/oder deren Verbreitung:

a) der Kläger sei ein eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit badender Dampfplauderer und habe keinen einzigen nennenswerten Erfolg gelandet;

b) über den Kläger kursiere innerhalb des Innenministeriums das Gerücht, dass er Journalisten mit Infos über die Einvernahmen des W***** versorgt haben soll;

c) der Kläger habe bei einem illegalen Lauschangriff im Parlament mitgemischt;

d) der Kläger habe die Durchführung eines Attentats als Fahndungsmittel geduldet.

Der Kläger begehrt ferner die Feststellung, dass die Beklagten ihm für die durch die bekämpften Äußerungen in Zukunft entstehenden Schäden haften und ferner die Verurteilung der Zweitbeklagten zum Widerruf der oben angeführten Behauptungen. Durch die wahrheitswidrigen Äußerungen werde das Ansehen des Klägers als hoher Beamter des Innenministeriums und sein berufliches und privates Fortkommen gefährdet. Der Kläger habe keine Journalisteninformationen weitergegeben, an keinem illegalen Lauschangriff im Parlament mitgemischt und keine rechtswidrigen Methoden als Fahndungsmittel angeordnet oder geduldet. Er habe in seiner Amtszeit beachtliche Erfolge erzielt. Die Beklagten hätten vor der Veröffentlichung den Kläger niemals zu den Vorwürfen befragt. Es sei die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt worden.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren und brachten im Wesentlichen vor, dass es sich beim bekämpften Artikel um eine Präsentation eines Buches des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit gehandelt habe. Alle Äußerungen stammten vom Buchautor. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse an den geschilderten Vorgängen. Insoweit den Behauptungen ein Tatsachenkern innewohne, seien sie richtig. Die vom Kläger behaupteten Erfolge stünden in keinem Verhältnis zu den zahlreichen Misserfolgen, insbesondere im Zusammenhang mit der Briefbombenserie. Die Beklagten hätten vor Erscheinen des Artikels das Einverständnis des Buchautors zur Veröffentlichung in der gewählten Form eingeholt. Das erste bekämpfte Zitat bestehe aus Wertungen. Das vierte Zitat betreffe den Kläger nicht persönlich. Die Beklagten treffe kein Verschulden, daher seien Widerrufs- und Schadenersatzansprüche ausgeschlossen. Dem Feststellungsbegehren fehle das rechtliche Interesse. Allenfalls sei schon eine Leistungsklage möglich. Der Erstbeklagte sei nicht mehr bei der Zweitbeklagten beschäftigt und auch nicht mehr Journalist. Es fehle die Wiederholungsgefahr.

Der Kläger replizierte, dass die Zitate nicht korrekt seien. Es handle sich nicht um eine objektive Buchbesprechung, weil nur für den Kläger negative Auszüge aus dem Buch veröffentlicht worden seien. Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, dass der Artikel schon vor Erscheinen des Buches "Mein Protokoll" veröffentlicht worden sei. Vor der Veröffentlichung habe der Autor des Buches den Artikel korrigiert und mit dem Vermerk "Einverstanden" abgezeichnet. Der Kläger sei nunmehr Leiter der EDV-Abteilung des Innenministeriums. Schon 1994 sei er im Zusammenhang mit der von ihm gegründeten Antiterrorgruppe im Mittelpunkt kritischer Presseberichte gestanden. 1995 sei in Printmedien eingehend und kritisch über den Kläger und die von ihm geleitete Behörde im Zusammenhang mit einer Abhöraffäre und der Fahndung nach dem Briefbombenattentäter sowie über Differenzen mit dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit berichtet worden. Dem bekämpften Artikel sei ein Manuskript des Buches zu Grunde gelegen. Die erschienene Endfassung habe im Wesentlichen nur geringfügige sprachliche Änderungen aufgewiesen. Der zweite Absatz der Seite 48 des Manuskripts sei allerdings in der erschienenen Fassung nicht enthalten.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stellte das Erstgericht noch fest, dass der Artikel eine Zusammenfassung der Äußerungen des Buchautors in einem bevorstehenden Buch dargestellt habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Weiterverbreitung von Äußerungen Dritter im Interesse der Öffentlichkeit wegen der Wichtigkeit des Themas gerechtfertigt sein könne. Voraussetzung sei eine korrekte Wiedergabe der Äußerung des Dritten, ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung und der Umstand, dass der Betroffene keine Möglichkeit haben dürfe, gegen den Urheber der zitierten Äußerung vorzugehen. Beim auszugsweisen Vorabdruck eines Buches in Artikelform handle es sich um die Wiedergabe des vorgesehenen Inhalts. Die Zusammenfassung des Inhalts des Manuskripts durch den Erstbeklagten habe der Buchautor ausdrücklich genehmigt. Die konkrete Fassung des Artikels sei dem Buchautor zuzurechnen. Nach der Gestaltung des Artikels gewinne der Leser den Eindruck, dass sein Inhalt vom Autor gedeckt und nicht die eigene Ansicht des Redakteurs sei. Die Vorveröffentlichung von zusammengefassten Manuskriptteilen sei wegen der Stellung des Autors, der Aktualität und der öffentlichen Bedeutung des Inhalts durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und erließ das beantragte Unterlassungsgebot hinsichtlich der Behauptung, der Kläger sei ein eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit badender Dampfplauderer. Es bestätigte ferner die Abweisung des Feststellungsbegehrens sowie die Abweisung des Widerrufsbegehrens, die Zweitbeklagte habe die oben angeführte Behauptung als unwahr zu widerrufen. Hinsichtlich aller übrigen Ansprüche hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht auf.

Das Berufungsgericht sprach hinsichtlich der urteilsmäßig erledigten Ansprüche aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es sprach nicht aus, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei.

Revisionsgegenstand ist allein das vom Berufungsgericht mit Teilurteil verfügte Unterlassungsgebot. Dazu führte das Berufungsgericht im Wesentlichen Folgendes aus:

Ein korrektes Zitat könne nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung gerechtfertigt sein. Voraussetzung hiefür sei es, dass eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten und keine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten vorliege. Die Frage der Identifikation sei danach zu beurteilen, wie die Aussagen von einem zumindest nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Leser bei ungezwungener Auslegung verstanden werden. Im vorliegenden Fall habe der Erstbeklagte durch mehrere Formulierungen den Eindruck erweckt, sich mit den Vorwürfen zu identifizieren. Belege für diese Ansicht seien folgende Formulierungen im Artikel:

"Das hätte S***** sich, wenn man sein Buch zwischen den Zeilen liest, wohl auch von Oswald K***** gewünscht." Vor diesem Zitat finde sich ein Absatz, der offen lasse, ob es sich um Auszüge aus dem Buch oder die Zusatzinformation der Zeitung an ihre Leser handle. Die Formulierung sei zumindest missverständlich. Auch eine weitere Formulierung (zum Thema einer anonymen Anzeige und der Abhöraffäre) lasse den Leser im Unklaren, ob es sich um einen Auszug aus dem Buch handle oder um eine Formulierung des Redakteurs, der Behauptungen im Buch bestätige und verstärke. Auch bei der Äußerung "K*****, der als Chef einer anscheinend außer Rand und Band geratenen Stapo untragbar geworden war, ist jedenfalls nach oben gefallen. Heute leitet er die EDV-Abteilung des Innenministeriums. In der alle Drähte zusammenlaufen" sei eine Zuordnung zum Buchautor oder zum Erstbeklagten nicht möglich. Schließlich finde sich die Zwischenüberschrift im Artikel "Ein Attentat als Fahndungsmittel?" im Buchtext nicht.

Die bekämpfte zweite Behauptung des Klagebegehrens gehe zwar auf eine Passage des Manuskripts des Buchautors zurück, finde sich aber nicht in der endgültigen Buchversion. Schließlich werde im Artikel in einem Kleintext der Eindruck erweckt, dass aus einem schon erschienenen Buch zitiert worden sei. Damit sei endgültig klar, dass sich der Artikelverfasser keiner wertfreien Zitate bedient habe und Buchpassagen nicht wertneutral "zusammengefasst" habe. Das Fehlen des Zitatcharakters könne auch nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der Erstbeklagte vor Veröffentlichung des Artikels diesen durch den Buchautor gegenzeichnen habe lassen.

Es sei nunmehr zu prüfen, ob die Rechtswidrigkeit der Behauptung nach einer umfassenden Interessenabwägung gegeben sei. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung könne ein Rechtfertigungsgrund vorliegen, wenn die Veröffentlichung wahr sei oder ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung bestehe und auch bei Aufwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt hinreichende Gründe vorgelegen seien, die Behauptung für wahr zu halten. Zum Wahrheitsbeweis der Tatsachenbehauptungen sei eine Verfahrensergänzung erforderlich. Dies betreffe aber nicht die Bezeichnung des Klägers als "eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichung badender Dampfplauderer". Dabei handle es sich ausschließlich um eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB, bei der ein Wahrheitsbeweis nicht möglich sei. Bei hohen Beamten bestehe im Gegensatz etwa zu Politikern kein eingeschränkter Persönlichkeitsschutz.

Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragen die Beklagten, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde, hilfsweise die Abweisung des Teilbegehrens, dem das Berufungsgericht stattgegeben hat. Hilfsweise wird ferner ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes teilweise zulässig. Insoweit die Revisionswerber nicht nur die teilweise Klagestattgebung durch das Berufungsgericht bekämpfen und die Abweisung aller Klagebegehren anstreben, ist die Revision unzulässig.

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Klagestattgebung hinsichtlich des ersten Teils des Unterlassungsbegehrens laut P 1. lit a der Klagebegehren. In den übrigen Punkten hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes teilweise unangefochten bestätigt und teilweise zur Verfahrensergänzung aufgehoben, ohne auszusprechen, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Dieser Teil der Berufungsentscheidung ist der Anfechtung entzogen und nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Die Revision (richtig: Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes) ist in diesem Punkt unzulässig (§ 519 Abs 1 ZPO).

II. In prozessualer Hinsicht ist vorauszuschicken: Der Kläger begehrte die Unterlassung der Behauptung, dass er "ein eitler, sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit badender Dampfplauderer sei und keinen einzigen nennenswerten Erfolg gelandet habe". Das Berufungsgericht hat mit seinem Teilurteil dieses Unterlassungsbegehren geteilt und nur den ersten Teil der Behauptung (nur dieser war im Artikel unter Anführungszeichen gesetzt) verboten, zum zweiten Teil die Verfahrensergänzung zur Feststellung der Wahrheit der Behauptung angeordnet. Es hat damit das Klagebegehren dahin ausgelegt, dass der Kläger zwei voneinander trennbare Unterlassungsbegehren stellte. Diese Auslegung blieb unbekämpft, sodass sich die ansonsten nötige Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zur Klarstellung des Teilbegehrens erübrigt. Bestünde nämlich der Kläger auf den Zusammenhang aller im P 1. lit a des Klagebegehrens enthaltenen Teiläußerungen, hinge die Rechtfertigung des Werturteils ("Dampfplauderer") von der sachlichen Richtigkeit des zu Grunde liegenden Tatsachensubstrates (hat keinen Erfolg gelandet) ab, soferne diese Behauptung nicht ebenfalls als unüberprüfbares Werturteil betrachtet wird, wovon das Berufungsgericht aber nicht ausging.

III. Im Revisionsverfahren ist nicht weiter strittig, dass die Weiterverbreitung ehrverletzender und rufschädigender Äußerungen Dritter nach der sogenannten "Zitatenjudikatur" wegen des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein kann. Die medienrechtliche Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG, die für Medieninhaber einen Rechtfertigungsgrund normiert, wenn eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung und ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der zitierten Äußerung vorliegen, ist auch bei den auf § 1330 ABGB gestützten Unterlassungsansprüchen zu beachten (SZ 68/136; SZ 69/113 uva). Das Berufungsgericht hat im Einklang mit dieser Judikatur ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bejaht, das sich aus der bedeutsamen Stellung des zitierten Buchautors, dem ehemals höchsten Polizeibeamten der Republik und der Wichtigkeit des Themas (Kritik an einem hohen, leitenden Polizeibeamten) ergibt (vgl dazu 6 Ob 322/98s = MR 1999, 81).

IV. Zur Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten:

1. Grundsätzlich kann nur ein neutrales Zitat gerechtfertigt sein. Der Rechtfertigungsgrund setzt das Fehlen einer Identifikation voraus (RIS-Justiz RS0111733). Wenn sich der Verbreiter mit der Meinung des Zitierten identifiziert, liegt in Wahrheit eine eigene Meinungsäußerung des Zitierenden vor, die der Beurteilung nach § 1330 ABGB zu unterziehen ist.

2. Ob eine Identifikation zu bejahen ist, hängt von der Art der Verbreitung, also davon ab, wie der angesprochene Adressatenkreis (hier der unbefangene Zeitungsleser) die Aussagen auslegt. Es kommt auf die konkreten Formulierungen an (6 Ob 12/00h; 6 Ob 95/01s; 6 Ob 114/01k). Nicht entscheidend ist die nach außen nicht erkennbare Einstellung des Verbreiters zum Inhalt der zitierten fremden Äußerung.

3. Aus einer kommentarlosen Wiedergabe der fremden Äußerung kann noch nicht auf eine Identifikation des Verbreiters geschlossen werden. Dieser muss nicht eigens betonen, dass er die Meinung des Zitierten (beispielsweise eines Interviewpartners oder eines Leserbriefschreibers) nicht teilt. Wenn er einen Kommentar abgibt, ist dieser auszulegen. Eine Identifikation kann nicht nur bei einer ausdrücklich erklärten Zustimmung zum veröffentlichten Vorwurf des Dritten bejaht werden, sie kann sich auch schlüssig ergeben, etwa dadurch, dass sich der Verbreiter dem Angriff des Zitierten gegen einen Gegner anschließt und selbst den Rücktritt des Angegriffenen von seinem Amt fordert (vgl 6 Ob 222/99m).

V. Das Berufungsgericht hat aus verschiedenen Formulierungen des Zeitungsartikels, in dem aus dem Buch nur teilweise wörtlich zitiert wurde, eine Identifikation der Beklagten mit dem Buchautor abgeleitet, im Wesentlichen aus dem Umstand, dass bei mehreren den Kläger betreffenden Passagen für den Leser offen geblieben sei, ob es sich um einen Buchauszug oder um Informationen der Beklagten handle.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Auch in der Frage der Identifikation des Redakteurs mit der Meinung des Buchautors ist der in Ehrenbeleidungssachen maßgebliche Auslegungsgrundsatz zu beachten, dass die bekämpfte Äußerung nach dem Gesamtzusammenhang, in dem sie fiel, zu beurteilen ist (RS0031883). Die vom Berufungsgericht angenommenen Missverständnisse beruhen auf der gewählten Form einer stark verkürzten Wiedergabe des Buchinhalts mit nur teilweise wörtlichen Zitaten und einer im Übrigen vom Redakteur formulierten, zusammenfassenden Wiedergabe von Meinungen des Buchautors. Missverständnisse des Publikums könnten generell nur dadurch ausgeschlossen werden, dass ausschließlich wörtlich zitiert wird oder das Buch zur Gänze in einer Artikelserie wiedergegeben wird. Bei einer verkürzten Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Buches (hier vor seinem Erscheinen) muss der Inhalt vom Redakteur zusammengefasst werden. Dies liegt in der Natur der Sache und ist grundsätzlich dem Leser auch bekannt. Bei der hier vorliegenden Form der Aufmachung des Artikels mit einer Fülle wörtlicher Zitate liegt für den Durchschnittsleser noch nicht der Verdacht nahe, dass die im Artikel geschilderten Sachverhalte in dem dem Publikum als "Enthüllungsbuch von Österreichs größtem Geheimnisträger" vorgestellten Buch keine Deckung finden. Ein solcher Verdacht, der sich ausschließlich aus der notwendigen Verkürzung des Buchinhalts auf die für den Artikel (die Artikelserie) zur Verfügung gestellten Zeitungsseiten ableitet, ginge über eine bloße Hypothese nicht hinaus und genügt für die Bejahung der Identifikation des Verbreiters mit dem Buchautor nicht. Auch bei einer Buchbesprechung geht der Leser grundsätzlich davon aus, dass der Rezensent die Äußerungen des kommentierten Autors richtig wiedergibt. Der subjektive Kommentar kann sich nur aus den besonderen Formulierungen der Besprechung ergeben. Bei Betrachtung des Artikels der Beklagten im Gesamtzusammenhang ergeben sich nicht die vom Berufungsgericht angenommenen Anhaltspunkte für den Leser, dass der Artikel im Buch nicht enthaltene Sachverhalte oder Werturteile des Buchautors, sondern Meinungen des Redakteurs wiedergebe. Die gegenteilige Ansicht führte im Ergebnis dazu, dass nur unter Anführungszeichen gesetzte wörtliche Zitate unbedenklich wären, bei einer vom Zitierenden selbst formulierten, inhaltlich richtigen Zusammenfassung der Äußerung eines Dritten aber immer eine Identifikation zu bejahen wäre. Einer solchen Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Das Berufungsgericht hat auch aus einer Zwischenüberschrift "Ein Attentat als Fahndungsmittel", die im Buchtext nicht aufscheine und aus dem Umstand, dass der zweite bekämpfte Vorwurf gegen den Kläger (über ein Gerücht, er habe Journalisten mit Informationen über eine Einvernahme versorgt) nur im Manuskript des Buches, nicht aber in der später veröffentlichten Buchversion aufscheine, auf eine Identifikation geschlossen. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass das angesprochene Publikum den wahren Sachverhalt nur nach dem Lesen auch des Buches erkennen kann, davor und ausschließlich auf Grund des Textes des Artikels aber nicht zur Auffassung gelangt, der Redakteur schließe sich der Meinung des Buchautors an. Im Übrigen hat der Buchautor nach den getroffenen Feststellungen den Artikel genehmigt und es kann aus dem späteren Weglassen einer Passage im erst nach Erscheinen des Artikels veröffentlichten Buch nichts über eine Identifikation der Beklagten abgeleitet werden.

Die Beklagten haben weder den subjektiv erkennbaren Eindruck erweckt, die abträgliche Meinung des Buchautors über den Kläger zu teilen oder sogar noch zu verstärken, noch dessen Äußerungen objektiv unrichtig wiedergegeben. Die den Revisionsgegenstand bildende, von den Beklagten unter Anführungszeichen gesetzte Äußerung des Buchautors scheint im Buch zwar nicht mit dem gleichen Wortlaut auf, ist aber inhaltlich eine richtige Wiedergabe ("Vielrederei" S 33 des Buches; "Baden in der öffentlichen Aufmerksamkeit" S 123 des Buches). Dass richtig zitiert wurde, hat überdies seine Grundlage in der festgestellten Genehmigung des Artikelinhalts durch den Buchautor selbst. Mit der Vornahme von Korrekturen am Artikelinhalt und dem anschließenden Einverständnis des Autors zur Veröffentlichung des Artikels bekundete er, dass der Redakteur mit seinen Formulierungen den Buchinhalt richtig wiedergibt, wodurch der Artikel selbst zu einem objektiv richtigen Zitat wurde, auch wenn dessen Grundlage nicht das später erschienene Buch, sondern nur ein Manuskript bildete, das nach den getroffenen Feststellungen nur geringfügige sprachliche Änderungen gegenüber der Endfassung aufwies (das weiters festgestellte Weglassen einer Passage des Manuskripts in der Endfassung betrifft nicht den Revisionsgegenstand).

2. Aus den dargelegten Gründen ist der bekämpfte Artikel zumindest im Revisionsgegenstand als korrektes und gerechtfertigtes Zitat zu qualifizieren. Das öffentliche Interesse an der Wiedergabe der Meinung des ehemals höchsten Polizeibeamten über den Leiter der Staatspolizei rechtfertigt die Veröffentlichung. Die durch Art 10 MRK garantierte Meinungsfreiheit und Pressefreiheit bilden nach ständiger Rechtsprechung, insbesondere auch des EGMR, eine wesentliche Grundlage der demokratischen Gesellschaft. Einschränkungen dieser Freiheiten sind nur im engen Rahmen dann möglich, wenn sie als verhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft für notwendig erachtet werden können. Der Pressefreiheit wird nach der Judikatur des EGMR ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt. Im Rahmen der journalistischen Freiheit wird sogar ein "Rückgriff auf einen gewissen Grad an Übertreibung oder sogar Provokation" gestattet (Urteile des EGMR vom 20. 5. 1999, ÖJZ 2000, 232 und vom 26. 2. 2002 [Dichand gegen Österreich], ÖJZ 2002, 464). Im Lichte dieser Entscheidungen ist der bekämpfte, zitierende Artikel nicht zu beanstanden. Dagegen kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Person im Artikel der Beklagten besonders hervorgehoben werde, das Buch selbst sich aber großteils mit anderen Sachverhalten und Personen beschäftige. Zum einen nehmen der Kläger und die Staatspolizei im Buch des Autors durchaus eine gewichtige Rolle ein, zum anderen ist der Artikel der Beklagten nur Teil einer Artikelserie. Schließlich vermag die Wichtigkeit des Themas auch eine nur teilweise Veröffentlichung des Buchinhalts (eines sogenannten "Enthüllungsbuches") zu rechtfertigen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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