OGH 8ObA221/02m

OGH8ObA221/02m19.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Ing. Wilhelm Sturm in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ismet F*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall, wegen EUR 9.914,72 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. September 2002, GZ 15 Ra 84/02v-16, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Mai 2002, GZ 45 Cga 53/02s-10, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,99 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger relevierte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass das Gericht im Rahmen des Beweisverfahrens hervorgekommene Umstände nur insoweit berücksichtigen darf, als sie im Parteienvorbringen Deckung finden (vgl RIS-Justiz RS0040318 und RS0037972 jeweils mwN). Zu den in der Berufung relevierten Absichten des Personalleiters der Beklagten (Anbot eines neuen Arbeitsverhältnisses), die nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwirklichung des Entlassungsgrundes selbst stehen, hat der Kläger aber gar kein Vorbringen erstattet. Alleine die Behauptung, dass die Entlassung unberechtigt wäre, reicht dazu nicht aus.

Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, dass der Arbeitskollege des Klägers Verletzungen unbestimmten Grades erlitt, wurde in der Berufung bereits im Rahmen der Beweiswürdigung erfolglos bekämpft. Sie ist auch nicht aktenwidrig (vgl § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn der Akteninhalt in einem wesentlichen Punkte unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn das Gericht auf Grund richtig dargestellter Beweisergebnisse zu bestimmten Feststellungen gelangt (vgl RIS-Justiz RS0043324 mwN). Erwägungen der Vorinstanzen, warum ein Sachverhalt als erwiesen angenommen wird, sind der Beweiswürdigung zuzurechnen (vgl RIS-Justiz RS0043347, RS0043383 sowie RS0043367 jeweils mwN; ferner aber auch RIS-Justiz RS0043189 mwN). Hier legte jedenfalls das Berufungsgericht ausführlich dar, wie aus den verschiedenen Zeugenaussagen die festgestellten Verletzungen zu erschließen sind.

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zur Frage des Entlassungsgrundes wegen grober Ehrenbeleidigung nach § 82 lit g GewO zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Es kommt auf das im wesentlichen vom Kläger bekämpfte Vorliegen des Entlassungsgrundes einer Körperverletzung gar nicht an. Soweit nämlich der Kläger releviert, dass der Tatbestand der Körperverletzung nicht erfüllt sei, weil es mangels Schwere der Verletzung an der Strafbarkeit seines Verhaltens gemangelt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieses dann als tätliche Ehrenbeleidigung zu prüfen ist (allgemein zu den tätlichen Ehrenbeleidigungen Kuderna Entlassungsrecht2, 139).

Der Entlassungsgrund der groben Ehrenbeleidigung im Sinne des Entlassungstatbestandes des § 82 lit g GewO 1859 erfordert nun nicht nur eine Verletzungsabsicht in Bezug auf die beleidigte Personen, sondern die Handlung muss auch objektiv geeignet sein, in erheblichem Maße ehrverletzend zu wirken und im konkreten Fall diese Wirkung auch hervorgerufen haben (vgl RIS-Justiz RS0029827 mwN insbesondere zur tätlichen Ehrverletzung 8 ObA 2125/96z sowie zuletzt OGH 7. 3. 2002 8 ObA 28/02d; ferner RIS-Justiz RS0060957 sowie RS0029821). Der Kläger hat jedenfalls ohne dass ein besonderes gravierender Anlass festgestellt werden konnte (Streit um ein Arbeitsmittel - einen Rollcontainer) zuerst mit seinem Fuß in den Genitalbereich des Arbeitskollegen getreten (dieser warf daraufhin eine Arbeitsmappe gegen den Kläger), dann den Arbeitskollegen am Oberarm gepackt, mit einem weiteren Fußtritt die Füße weggeschlagen, sodass der Arbeitskollege zu Sturz kam und schließlich als sich dieser wieder erhob ein drittes Mal so gegen den Arbeitskollegen getreten, dass dieser erneut zu Boden stürzte. Der Kläger releviert nun in diesem Zusammenhang nur, dass einerseits körperliche Attacken keine Ehrenbeleidigungen darstellen könnten und dass es sich jedenfalls nicht um eine schwere Ehrenbeleidigung handle.

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass bereits ausgesprochen wurde, dass Tätlichkeiten wie Ohrfeigen oder das Reißen an den Haaren oder das Nachwerfen von Gegenständen in der Regel als grobe Ehrenbeleidigungen zu qualifizieren sind (vgl RIS-Justiz RS0060957 mwN; RIS-Justiz RS0029821 mwN). Das hat auch für Fußtritte zu gelten. Auch bei einem rauhen Umgangston im Betrieb wird ein solches Verhalten wohl regelmäßig als erhebliche Ehrverletzung zu beurteilen sein (vgl RIS-Justiz RS0029870 mwN). Das Vorliegen der sonstigen Tatbestandvoraussetzungen wird vom Kläger nicht bekämpft. Es ist daher davon auszugehen, dass die Entlassung jedenfalls wegen einer erheblichen Ehrverletzung im Sinne des § 82g GewO 1859 gerechtfertigt war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 2 ASGG, §§ 41, 50 ZPO.

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