OGH 8ObA28/02d

OGH8ObA28/02d7.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Robert Hauser in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helmut P*****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, wegen EUR 9.592,81 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2001, GZ 7 Ra 164/01v, 7 Ra 165/01s-22, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. März 2001, GZ 38 Cga 170/00p-15, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,99 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Revisionswerber vermag keine neuen Gesichtspunkte aufzuzeigen, die nicht schon vom Berufungsgericht zutreffend und ausführlich behandelt worden wären.

Der Kläger hat durch tätliche Ehrverletzungen (zwei Schläge gegen einen Arbeitskollegen, ohne dass diese durch besondere Umstände entschuldbar gewesen wären) den Entlassungsgrund der groben Ehrenbeleidigung iSd § 82 lit g GewO gesetzt (zu den tätlichen Ehrenbeleidigungen 9 ObA 31/92; Kuderna Entlassungsrecht2 139). Bereits das OLG Linz (13 Ra 63/93 = Arb 11.129) hat zutreffend dargelegt, dass Beschimpfungen bei richtigem Verständnis der Wertigkeit der Rechtsgüter keine derart gravierende oder gar zwingende Herausforderung darstellen, dass dem Beschimpften gleichsam nichts anderes übrig bleibt, als mit Tätlichkeiten zu reagieren. Grobe Beschimpfungen gingen im Übrigen dem tätlichen Vorfall nicht voran; der Angegriffene hatte dem Kläger lediglich den “Vogel" gezeigt, weil er mit seinem Fahrzeug eine noch nicht fertige Rampe beschädigt hatte, und sich mit den Worten “du bist mir zu primitiv" in keine weiteren verbalen Auseinandersetzungen mit dem Kläger einlassen wollen. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers rechtfertigt ein grober Umgangston im Betrieb keine tätlichen Ehrverletzungen.

Das Berufungsgericht hat auch zutreffend im Detail dargelegt, dass zum Zeitpunkt, zu dem der Kläger zwecks Vermeidung einer Entlassung selbst kündigte, eine Entlassung nicht verfristet gewesen wäre. Der Arbeitgeber hat vor Ausspruch der Entlassung zumindest zu versuchen - unter Beiziehung des betroffenen Arbeitnehmers - den Sachverhalt aufzuklären (Arb 9.238 uva). Der hiefür zuständige Personalchef stellte, nach dem er vom Vorfall erfahren hatte, den Kläger sofort dienstfrei und gab ihm am Folgetag Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Besprechung verzögerte sich nur deshalb um einige Tage, weil der Kläger einen Tag Urlaub genommen hatte und sodann die Osterfeiertage arbeitsfrei waren; unter diesen besonderen Umständen ist das Gespräch, in dem man dem Kläger Gelegenheit gab, selbst zu kündigen, anstatt entlassen zu werden, nicht verspätet erfolgt (Arb 6.144, 9.606; JBl 1981, 161 uva).

Dem Kläger wurde vor seiner Kündigung auch ausreichend Zeit zur Überlegung und Beratung mit dem Betriebsrat und der Arbeiterkammer gegeben, sodass von einer Überrumpelung, einem wesentlichen Irrtum oder einer Täuschung über die Frage, ob er einen Entlassungstatbestand gesetzt hatte bzw ob die Entlassung noch rechtzeitig ausgesprochen werden konnte, nicht die Rede sein kann; somit scheidet ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum oder Zwang bei Ausspruch seiner Selbstkündigung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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