OGH 10Ob309/02t

OGH10Ob309/02t10.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1. Johann H*****, und 2. Waltraud H***** beide *****, beide vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach und Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen die beklagte Partei Dr. Heinz O*****, vertreten durch Mag. Günther Eybl, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen EUR 21.801,85 sA (Revisionsstreitwert EUR 17.441,48 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. April 2002, GZ 3 R 34/02v-22, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, liegt gegenständlich ein mehrseitiges Treuhandverhältnis vor, bei welchem der Treuhänder, hier der Beklagte, in mehrere Richtungen Interessen zu wahren hat (ecolex 1991, 682; EvBl 1980/162 ua). Der Treuhänder ist jedem der Treugeber gegenüber obligatorisch verpflichtet, das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers auszuüben. Er hat die - gegensätzlichen - Interessen aller Treugeber bestmöglich zu wahren (JBl 1997, 519; SZ 68/23; ÖBA 1993, 991 ua). Zu den Hauptpflichten des Treuhänders zählt daher die Pflicht zur Interessenwahrung für den oder die Auftraggeber nach dessen oder deren Weisungen und die Pflicht zur eingehenden Aufklärung und Information. So wie der Treuhänder einer nachträglich erteilten Weisung, die nur von einem Treugeber ausgeht, sachlich ungerechtfertigt ist und den anderen Treugeber belastet, nicht nachkommen darf (JBl 1984, 85 mwN ua; RIS-Justiz RS0010417), darf er auch keine Erhöhung des Risikos für einen oder mehrere Treugeber herbeiführen (EvBl 1999/196 mwN ua). Bei Auftreten eines Konfliktes zwischen seinen Treugebern darf der Treuhänder den strittigen Betrag bei Gericht erlegen, wenn unklar bzw bei zumutbarer Prüfung nicht zu klären ist, ob die Ausfolgungsbedingungen erfüllt sind (7 Ob 272/01b mwN; RIS-Justiz RS0010415).

Auf das Vertragsverhältnis Treugeber-Treunehmer sind die Bestimmungen der §§ 1002 ff ABGB entsprechend anzuwenden. Der Inhalt der Treuhandschaft richtet sich nach der getroffenen Vereinbarung und der Parteienabsicht, wobei dem Zweck des Rechtsgeschäfts erhebliche Bedeutung zukommt (JBl 1997, 244 mwN ua). Nach allgemeiner Auffassung besteht der Zweck der Einschaltung des Treuhänders regelmäßig darin, dass dieser eine Zug um Zug-Abwicklung unter den Parteien ersetzt. Der Treuhänder nimmt daher für beide Teile die Zug um Zug-Einrede wahr (7 Ob 55/00i ua). Im konkreten Fall verfolgte die Treuhandabwicklung den Sicherungszweck, dass den vom Treuhänder freigegebenen Beträgen bereits erbrachte Bauleistungen als Sachwert gegenüberstehen sollten. Es wurde daher die Sicherung der Käufer in der durchaus üblichen Weise so vereinbart, dass der Treuhänder nur nach Baufortschritt auszahlen dürfe.

Auch wenn im vorliegenden Fall nach dem Inhalt der vom Beklagten verfassten Treuhandvereinbarung keine bestimmte Form für den Nachweis des Baufortschrittes vereinbart war (das am 1. 1. 1997 in Kraft getretene Bauträgervertragsgesetz - BTVG BGBl I 1997/7 ist unbestritten auf den vorliegenden Sachverhalt noch nicht anzuwenden), so ist doch den Vorinstanzen darin beizupflichten, dass die Beteiligten in der Folge in Form der von den Käufern unterfertigten Bestätigungen über den Baufortschritt einvernehmlich eine Vorgangsweise gewählt hatten, derzufolge der Bedingungseintritt an die entsprechende Erklärung der Kläger bzw ihres Sohnes gebunden war. Dadurch wurde das gegenseitige Einvernehmen der Treugeber für den Treuhänder in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dokumentiert. Von dieser einvernehmlichen Vorgangsweise ist die S & W B*****-GmbH bei der dritten Bauetappe einseitig abgegangen und hat den Baufortschritt durch eine sachverständige Feststellung belegt, aus der eine Einbeziehung der Kläger bzw deren Sohnes nicht ersichtlich war. Die Vorinstanzen haben dazu die Auffassung vertreten, es wäre unter diesen Umständen Aufgabe eines umsichtigen, um allseitige Interessenswahrung bedachten Treuhänders gewesen, eine Äußerung der Kläger bzw deren Sohnes wegen der möglichen Beeinträchtigung ihrer Interessen über den Eintritt der Auszahlungsbedingung einzuholen. Hätte aber der Beklagte diese Äußerung eingeholt, wären ihm die von den Klägern und ihrem Sohn behaupteten und in einem Sachverständigengutachten dokumentierten gravierenden Mängel bekannt geworden und es hätten die im Sachverständigengutachten auch ermittelten Mängelbehebungskosten bei einem bemühten Treuhänder jedenfalls so massive Zweifel an der gesicherten wertmäßigen Äquivalenz auslösen müssen, dass die Kaufpreiszahlungen für die dritte Bauetappe nicht ohne weitere Klärung der Sachlage hätten freigegegeben werden dürfen.

Bei der Frage, ob ein Rechtsanwalt bei der Abwicklung einer mehrseitigen Treuhand seiner hohen Sorgfaltspflicht (§ 1299 ABGB) nachgekommen ist, handelt es sich stets um einen Einzelfall, da es immer auf die jeweilige konkrete Vereinbarung und Vertragssituation ankommt (RIS-Justiz RS0107573). Auch die Frage, ob ein solcher Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar, es sei denn, es läge infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor (10 Ob 40/00f ua).

Den Ausführungen des Beklagten in seiner Zulassungsbeschwerde ist daher zusammenfassend entgegenzuhalten, dass von einem bloß spärlichen Vorliegen oberstgerichtlicher Judikatur zu den auch hier zu lösenden Treuhandfragen nicht die Rede sein kann (vgl auch 7 Ob 272/01b) und es sich hier um einen Einzelfall handelt, dem keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zuerkannt werden kann, weil sich die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der beklagte Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt habe, im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hält.

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