OGH 10Ob40/00f

OGH10Ob40/00f5.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl G*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Johannes Ehrenhöfer und Dr. Wilhelm Häusler, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Wolfgang E*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. Georg Kampas, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Heidi B*****, Rechtsanwältin, *****, vertreten durch MMMag. DDDr. Dieter G. Kindel und MMag. Dr. Klaus H. Kindel, Rechtsanwälte in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Karl Engelhart ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 3,500.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. November 1999, GZ 17 R 204/99s-105, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Der Revisionswerber stützt die Zulassungsbeschwerde ausschließlich auf das (angebliche) Abweichen des Berufungsgerichtes von der ständigen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre bezüglich der Schadensbeurteilung bei Vernichtung einer Erwerbschance. Richtig ist, dass der Entgang einer bestimmten Gewinnmöglichkeit dann nicht mehr bloß als Entgang von Gewinn im Sinne der §§ 1293, 1323, 1324 ABGB, sondern bereits als positiver Schaden gilt, wenn das Bestehen der Gewinnmöglichkeit im Verkehr bereits als selbständiger Wert angesehen wird; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn jemand eine rechtlich gesicherte Position hat, den Gewinn zu erzielen (Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 2/37 ff; EvBl 1983/72; SZ 52/187; SZ 68/189; SZ 68/191; 2 Ob 72/94; RIS-Justiz RS0030082, RS0032927). Richtig ist auch der Hinweis des Revisionswerbers, dass im Falle der Veräußerung einer Sache zu einem höheren Preis als dem gemeinen Wert und deren fahrlässiger Beschädigung vor der Übergabe an den Käufer auch die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem gemeinen Wert der Sache positiver Schaden ist (Koziol aaO Rz 2/54 mwN).

Eine erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechts im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird damit jedoch nicht aufgezeigt. Zum einen missversteht der Revisionswerber offenbar die Ausführungen des Berufungsgerichtes, zum anderen kommt es auf die Frage gar nicht an. Richtig ist, dass dem Kläger aufgrund des Kaufvertrages vom 7. 3. 1994 bereits eine rechtlich gesicherte Position zukam, verlieh ihm dieser Kaufvertrag doch bereits einen konkreten Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises gegen die Verkäuferin (JBl 1992, 392; 1 Ob 272/99b). An dieser Position hat sich jedoch nichts, insbesondere auch nicht durch die behauptete Treuhandpflichtverletzung der Beklagten geändert, zumal der Kläger einer Aufhebung des Kaufvertrages gerade nicht zustimmte, sodass ihm seine restliche Kaufpreisforderung gegen die Käuferin und damit seine rechtlich gesicherte Position auf Zahlung eines höheren Preises als des gemeinen Wertes erhalten blieb. Der Kläger erhielt im Übrigen im Rahmen der bisherigen Abwicklung des Kaufvertrages ohnehin genau jenen Teil des Kaufpreises, der direkt an ihn fließen sollte; der Rest sollte an die Käuferin als Darlehen hingegeben werden.

Der Begriff der Treuhand ist im österreichischen Recht nicht geregelt, sein Inhalt wird allgemein von der Lehre bestimmt und richtet sich im Einzelnen nach den Parteienvereinbarungen (RIS-Justiz RS0010444). Auch eine mehrseitige Treuhand ist möglich. Rechtsanwälte dürfen Treuhandmandate bei widersprechenden Interessen mehrerer Parteien annehmen (RIS-Justiz RS0010415). Bei einem mehrseitigen Treuhandverhältnis hat der Treuhänder die - gegensätzlichen - Interessen aller Treugeber bestmöglich zu wahren (RdW 1990, 375 = AnwBl 1991/3651; RIS-Justiz RS0107334). Bei der Frage, ob ein Rechtsanwalt bei der Abwicklung einer mehrseitigen Treuhandschaft seiner hohen Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, handelt es sich um einen Einzelfall, da es immer auf die jeweilige konkrete Vereinbarung und die konkreten Umstände ankommt (JBl 1962, 152). Der Auslegung einzelner Bestimmungen eines Treuhandvertrages kommt im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar, es sei denn, es läge infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor (RIS-Justiz RS0107573).

Auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Frage der Verletzung einer Treuhandpflicht der Beklagten braucht aber gar nicht näher eingegangen werden; darauf kommt es nämlich letztlich bei Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruches nicht an, weil vom Berufungsgericht die Verursachung eines Schadens des Klägers durch die Beklagte verneint wurde. Dass dem Berufungsgericht dabei eine unvertretbare, im Interesse der Rechtssicherheit jedenfalls wahrzunehmende Verkennung der Rechtslage unterlaufen wäre, die ungeachtet der Einzelfallbezogenheit die Zulässigkeit der Revision begründen könnte, wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt. Er ist daher nur noch ergänzend darauf zu verweisen, dass er seinerzeit in Kenntnis aller Umstände die Beklagte sogar ausdrücklich aufgefordert hat, die Verbücherung durchzuführen; er kann sich daher nicht dadurch beschwert erachten, dass nach der zur Einverleibung der Käuferin führenden Verbücherung deren Kreditgeberin auf der den Kaufgegenstand bildenden Liegenschaft hypothekarisch sichergestellt wurde.

Stichworte