OGH 2Ob72/94(2Ob1127/94)

OGH2Ob72/94(2Ob1127/94)7.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto G*****, vertreten durch Dr.Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V***** der *****unternehmen Österreichs, ***** vertreten durch DDr.Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 10,000.000 sA, 1. infolge außerordentlicher Revision beider Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. Juli 1994, GZ 13 R 206/93-52, und 2. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom selben Datum, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26.Mai 1993, GZ 29 Cg 723/91-40, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien werden zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Beantwortung der außerordentlichen Revision wird abgewiesen (§ 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO).

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 11.5.1989 ereignete sich in Österreich ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger durch den Lenker eines in Deutschland zugelassenen PKWs schwer verletzt wurde. Das Alleinverschulden dieses Lenkers ist unbestritten.

Der Kläger begehrt Zahlung von Schmerzengeld in der Höhe von S 2,000.000; weiters den Ersatz von Kredit-, Anwalts- und Krankenhauskosten sowie von Verdienstentgang aus selbständiger und aus unselbständiger Erwerbstätigkeit und führte hiezu aus, er sei aufgrund der Verletzungen an einer erfolgreichen Verwertung seiner Erfindung, einem "F*****" gehindert worden. Er habe für dieses Raumteilungssystem Lizenzen und Patente in Kanada, den USA und Deutschland erlangt; es seien Vertragsabschlüsse mit mehreren Firmen, ua ein Lizenzvertrag mit der G***** beabsichtigt gewesen. Durch den Verkehrsunfall seien sämtliche Pläne und Verdienstmöglichkeiten des Klägers zunichte gemacht worden, weshalb dafür eine Abgeltung in der Höhe von S 9,720.061 (insgesamt S 13,300.000) abzüglich bereits erhaltener S 700.000 begehrt würden. Der Kläger schränkte sein Begehren auf Zahlung von zuletzt S 10.000.000 ein.

Die beklagte Partei stellte die Haftung für die Unfallschäden außer Streit, bestritt jedoch insbesondere das geltend gemachte Schmerzengeld sowie die Forderung aus der vereitelten Möglichkeit mit der Verwertung eines Patentes. Der vom Kläger vorgelegte "letter of intent" sei lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung und für den Beweis zu erwartender Einkünfte nicht relevant. Im Rahmen des Verdienstentganges könne nur positiver Schaden geltend gemacht werden; die vom Kläger in Aussicht gestellte Verwertung seiner Patente und Lizenzen seien keine künftigen, sicher zu erwartenden Einkünfte. Dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, andere Personen mit einer Verwertung des Patentes zu betrauen. Bei Bemessung des Verdienstentganges sei zu berücksichtigen, daß der dem Kläger von seinem Dienstgeber zur Verfügung gestellte PKW nicht als Einkommensbestandteil zu werten sei, da dieser in überwiegendem und sogar ausschließlichem Interesse des Dienstgebers eingesetzt worden sei. Eine Haftung für die Kosten kanadischer Anwälte komme nicht in Betracht, weil der Kläger in Österreich rechtsfreundlich vertreten gewesen sei. Die beklagte Partei habe am 16.8.1989 S 300.000 und am 7.12.1989 S 200.000 sowie am 8.3.1990 weitere S 200.000, insgesamt also S 700.000, geleistet. Da der Kläger die beklagte Partei nicht unter Ankündigung einer Kreditaufnahme zur Schadenersatzleistung aufgefordert habe, könne er keine Kreditkosten begehren.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 417.658,60 statt und wies das Mehrbegehren von S 9,582.341,40 ab. Es ging dabei von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Kläger ist Erfinder eines neuartigen Raumteilungssystems namens "F*****". Dafür erlangte er Lizenzen und Patente in Kanada, den USA und Deutschland. Das System wurde in mehreren Projekten installiert. Es gab mehrere Firmen, die an einer wirtschaftlichen Verwertung dieses Patentes interessiert waren. Der Kläger stand 1 1/2 Jahre in Verhandlung mit der Firma G*****. Ein Angebot dieser Firma vom 27.7.1988 wurde vom Kläger nicht angenommen. Am 3.3.1989 unterzeichnete er einen "letter of intent" mit der G*****, in dem der Abschluß eines Lizenzvertrages bis zum 15.4.1989 in Aussicht gestellt wurde. Aufgrund dieser Absichtserklärung erhielt der Kläger einen Vorschuß von kanadischen Dollar 25.000. Auf Basis dieses "letter of intent" wurde am 14.3.1989 ein Vertragsentwurf erstellt, der bis auf den Vertragsbeginn und die Vertragsdauer alle wesentlichen Vertragsbestandteile enthielt. In diesem Lizenzvertrag verpflichtete sich der Kläger als Lizenzgeber, sich während der Laufzeit des Vertrages dem Lizenznehmer für verschiedene Leistungen persönlich zu Verfügung zu stellen. Im Mai 1989 reiste der Kläger nach Österreich, um hier und anschließend in Deutschland bei einer Messe Verwertungsmöglichkeiten für seine Patente zu finden.

Zum Unfall vom 11.5.1989 kam es deshalb, weil der Lenker des in Deutschland zugelassenen PKWs vermutlich infolge Übermüdung mit seinem Kraftfahrzeug auf die linke Fahrbahnseite geriet und dabei frontal mit dem entgegenkommenden PKW des Klägers zusammenstieß. Der Kläger wurde dadurch lebensgefährlich verletzt; er erlitt ein Polytrauma mit Milz-, Zwerchfell- und Dünndarmgekrösezerreißung, eine Lungenquetschung links, eine Schenkelhalsfraktur links, einen Speichenbruch rechts und Beckenfrakturen. Die Milz sowie ein 60 cm langes Stück des Dünndarms mußten im Krankenhaus Schladming operativ entfernt werden. Der Kläger wurde zuerst in der Intensivstation des Krankenhauses Schladming ärztlich versorgt und sodann an die Universitätsklinik Graz überstellt, wo die Intensivbehandlung bis zum 18.6.1989 fortgesetzt wurde. Nach seiner Entlassung aus der Universitätsklinik Graz wurde er nach Toronto, Kanada, überstellt. Dort befand er sich vom 22.6. bis 30.8.1989 in stationärem Krankenhausaufenthalt zur weiteren Behandlung. Nach seiner Entlassung war er nur mit zwei Krücken auf kurze Strecken gehfähig. Er hatte sich über einen längeren Zeitraum hindurch zur weiteren ambulanten Behandlung täglich in ein Krankenhaus zu begeben. Die Krücken wurden bis zum Februar/März 1990 verwendet, dann benützte er noch ein bis zwei Monate Stöcke.

Ab März 1992 bestanden folgende Schäden:

Verschwartungen in der linken Brusthöhle mit funktioneller Einschränkung der Atmung, Verwachsungen in der Bauchhöhle, wobei hier nachhaltige Beschwerden unwahrscheinlich sind. Als Folge des Becken-Lendenwirbelsäuletraumas und der Oberschenkelfraktur links besteht eine beträchtliche Einschränkung der Beweglichkeit des unteren Rumpfes wie auch der unteren Gliedmaßen, die zwar alltägliche Verrichtungen wie Gehen, Sitzen, Stiegensteigen, Spazierengehen usw nicht unmöglich machen, jedoch stärkere Anforderungen und Dauerbelastungen nicht zulassen. Die rechte Hand ist reduziert belastbar im Hinblick auf die eingetretene Handgelenksarthrose, bei längerer Anstrengung können durchaus Beschwerden auftreten. Eine unfallbedingte Behandlung kann auch in Zukunft durchaus notwendig werden, zumindest wird das Osteosynthesematerial aus der linken Hand und dem linken Oberschenkel zu entfernen sein. Eine danach folgende weitere unfallchirurgisch-operative Behandlung ist keinesfalls auszuschließen. Es sind zahlreiche Narben zurückgeblieben. Der Kläger muß bis auf weiteres schmerzstillende Tabletten einnehmen. Im Hinblick auf den Zustand nach der Milzentfernung besteht eine Penicillin-Langzeitmedikation. Der Kläger hatte durch den Unfall 7 Tage sehr starke bzw qualvolle, 4 Wochen starke, 2 Monate mittelstarke und 5 Monate leichte Schmerzen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers besteht mit einem Drittel.

Aufgrund der Unfallsfolgen war es dem Kläger bis Ende 1989 unmöglich, einen allfälligen Lizenznehmer bei der Verwertung der Patente persönlich zu unterstützen. Dadurch ist der Vertrag mit der Firma G***** 1989 nicht zustandegekommen. Durch die danach eingetretene Rezession in der Bauwirtschaft bestand weder für die G***** noch für andere frühere Interessenten ein weiteres Interesse am "F*****".

Der Kläger war auch als leitender Angestellter bei der Firma MI ***** mit einem Jahresgehalt von brutto S 464.640 beschäftigt. Er verlor aufgrund des Verkehrsunfalls seine Arbeit. Zusätzlich stellte der Dienstgeber dem Kläger einen geleasten PKW zur Verfügung, für den er einen Betrag von monatlich kanadischen Dollar 375,39 zu bezahlen hatte. Im Jahre 1991 hatte der Kläger von seinem Dienstgeber kanadische Dollar 24.000 als Vorschußzahlung erhalten, die dieser zurückzuerstatten hat.

Für die Besprechung der Durchsetzung der aus dem Verkehrsunfall resultierenden Ansprüche sowie für die weitere Tätigkeit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung stellte eine kanadische Antwaltskanzlei dem Kläger S 26.660 in Rechnung. Für die zum Zweck der Patentverwertung geplante Reise nach Österreich entstanden dem Kläger Kosten für Flug, Versicherung und Mietwagen in der höhe von kanadischen Dollar 930.36. Er hatte für seine Bemühungen, in den USA, Kanada und Deutschland Patente zu erlangen, Kosten in der Höhe von kandaischen Dollar 8.229,09 zu tragen.

Nach dem Unfall geriet der Kläger in finanzielle Schwierigkeiten und nahm Hypothekarkredite auf. Für die erforderliche Schätzung seines Hauses mußte er kanadische Dollar 267,50 bezahlen. Im Zusammenhang mit dem drohenden Versteigerungsverfahren entstanden dem Kläger weitere Rechtsanwaltskosten in der Höhe von kanadischen Dollar 4.474,90. Am 19.6.1989 forderte der Kläger die beklagte Partei zur Zahlung von Schmerzengeld sowie zu weiteren Schadenersatzzahlungen auf. Er erhielt am 16.8.1989 S 300.000, am 7.12.1989 S 200.000 und am 8.3.1990 weitere S 200.000, wovon S 350.000 als Schmerzengeld gewidmet waren.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Verkehrsunfall vom Lenker des in Deutschland zugelassenen Fahrzeuges leicht fahrlässig verursacht worden sei. Die beklagte Parte hafte dem Kläger nur für positiven Schaden. Der zwischen dem Kläger und der Firma G***** am 3.3.1989 abgeschlossene "letter of intent" sei nicht als bindende Absichtserklärung zu werten und stelle daher kein selbständiges Vermögensgut dar. Der Kläger habe dadurch keine rechtlich gesicherte Position, Gewinn zu erzielen, erlangt; das Nichtzustandekommen des Lizenzvertrages zwischen dem Kläger und der Firma G***** sowie der damit zusammenhängende Verdienstentgang stelle keinen positiven Schaden dar. Dem Kläger stehe aufgrund seines Jahresgehaltes von S

464.640 Ersatz des Verdienstentganges in der Höhe von S 524.122 zu, weil es ihm durch die Minderung der Erwerbsfähigkeit und das Alter unmöglich geworden sei, eine neue Beschäftigung zu finden. Auch der von der Firma zur Verfügung gestellte PKW sei als Einkommen zu werten. Der daraus entstandene Verlust sei in der Höhe von S 78.000 entstanden. An Schmerzengeld stehe dem Kläger ein Betrag von S 500.000 zu; darüberhinaus seien ihm die Reisekosten in der Höhe von S 9.303,60 zu ersetzen. Die Anwaltskosten von S 26.660 seien Prozeßkosten, die in der Kostennote zu verzeichnen gewesen wären. Die Aufwendungen zur Erlangung der Patente in den USA; Kanada und Deutschland in der Höhe von S 79.426 seien nicht zu ersetzen, weil die versuchte Patentverwertung einerseits aufgrund der Wirtschaftsrezession erfolglos gewesen sei, andererseits der Kläger einen Bauingenieur einschulen hätte können, der an seiner Stelle die Verwertung betreibe. Auch die Kreditkosten könnten nicht mit dem Verkehrsunfall in Zusammenhang gebracht werden, da die Zahlungen der beklagten Partei den Verdienstentgang bei weitem überstiegen haben. Auf die dem Kläger gebührenden Leistungen (S 602.122 Verdienstentgang, S 500.000 Schmerzengeld, S 9.303,60 Reisekosten, S

4.258 und S 1.975 weitere Krankenhauskosten) habe die beklagte Partei S 700.000 geleistet, weshalb ihm der Betrag von S 417.658,60 zuzusprechen sei.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und verpflichtete die beklagte Partei zur Bezahlung lediglich eines Betrages von S 356.355 samt 4 % Zinsen seit 19.6.1989 und wies ein Mehrbegehren von S 1,640.729,60 ab. Es ließ hinsichtlich dieses Teilurteils die ordentliche Revision nicht zu.

Im übrigen gab es der Berufung des Klägers Folge, hob das Urteil hinsichtlich seiner Entscheidung über einen Betrag von S 8,002,915,40 auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurück.

Zur Berufung der beklagten Partei führte es aus, daß das Erstgericht den Beweisergebnissen folgend, zutreffend nur eine Zahlung des Dienstgebers in der Höhe von kanadischen Dollar 24.000 im Jahre 1991 berücksichtigt habe. Bei dem dem Kläger zur Verfügung gestellten PKW sei gemäß § 273 ZPO nur ein Drittel des Betrages von S 78.000 (sohin S 26.000) dem privaten Bereich zuzurechnen. Auch die Gesamtausmessung des Schmerzengeldes sei zutreffend. Maßgeblich hiefür sei der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz, doch seien bereits erhaltene Beträge entsprechend aufzuwerten. Auch bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ändere sich nichts an der vorgenommenen Bemessung. Frustrierte Aufwendungen in der Höhe von S 9.303,60 seien nicht zuzusprechen, weil es sich dabei um Aufwendungen gehandelt habe, die auch ohne den Unfall aufgelaufen wären.

Im übrigen teilte es die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, daß der Unfall auf leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen sei. Die Übermüdung des Lenkers des in Deutschland zugelassenen PKWs begründe nur bei Hinzutreten eines weiteren Gefahrensmomentes grobe Fahrlässigkeit. Solche Gefahrenmomente seien nicht feststellbar gewesen. Bei leichter Fahrlässigkeit sei nur der positive Schaden und nicht der entgangene Gewinn zu ersetzen. Dabei komme es darauf an, ob die entgangene Erwerbschance im Zeitpunkt ihrer Vernichtung ein gegenwärtiger, selbständiger Vermögenswert gewesen sei. Ein solcher sei gleichfalls anzunehmen, wenn der Geschädigte dazu eine rechtlich gesicherte Position hatte. Einer solchen gleichzusetzen sei auch eine hohe Wahrscheinlichkeit für erzielbare Verdienste. Bei Beurteilung des vom Kläger vorgelegten "letter of intent" sei zu berücksichtigen, daß dieser zwar noch nicht als vertragserzeugende Erklärung angesehen werde, doch aufgrund der Umstände des Einzelfalles ein Bindungswille dann angenommen werden könne, wenn bereits Hauptleistungen ausgetauscht worden seien. Dies sei der Fall gewesen, weil auf den vorgesehenen Kaufpreis bereits eine Anzahlung von kanadischen Dollar 25.000 geleistet worden sei. Der im "letter of intent" vorgesehene Lizenzvertrag sei auch ausgearbeitet worden und habe alle wesentlichen Vertragsbestimmungen mit Ausnahme von Vertragsbeginn und Vertragsdauer enthalten. Bereits aus diesen Umständen sowie einer Reihe weiterer Urkunden ergebe sich ein weitgehender Bindungswille der Parteien sowie eine hohe Wahrscheinlichkeit des Vertragsabschlusses. Hiezu seien im fortgesetzten Verfahren weitere Feststellungen nötig. Zu prüfen sei bei Bejahung eines positiven Schadens auch die Frage der Aktivlegitimation, weil vom Erstgericht zwar festgestellt worden sei, daß der Kläger den "letter of intent" unterschrieben und die Anzahlung erhalten habe, doch ergebe sich aus den Urkunden, daß eine GC International, die erst eingetragen werden sollte, Vertragspartner im Lizenzvertrag sein sollte. Der Kläger habe dazu ausgeführt, daß er zum Abschluß des Lizenzvertrages diese Gesellschaft gegründet hätte und Präsident dieser Firma gewesen wäre. Es bedürfe dazu noch weiterer Feststellungen. Zu prüfen werde insbesondere sein, welchen Verdienst der Kläger bei ungestörtem Ablauf der Geschäftsbeziehungen, nämlich Abschluß des Lizenzvertrages mit der zu gründenden CG International, erzielt hätte, dh, in welcher Weise und in welchem Umfang ihm aufgrund seiner Stellung in dieser Gesellschaft Mittel zugeflossen wären. Das Erstgericht werde daher auf eine Präzisierung und Vervollständigung des Klagsvorbringens zu dringen haben.

Schließlich lasse sich aus den Feststellungen nicht mit Sicherheit entnehmen, in welchem Umfang Kreditmittel zur Abdeckung des Einkommensverlustes aus selbständiger und aus unselbständiger Arbeit aufgewendet worden seien. Insbesondere könnten die Teilzahlungen von S 300.000 und zweimal je S 200.000 nicht verläßlich den Schmerzengeld- bzw Verdienstentgangforderungen zugeordnet werden. Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht im fortgesetzten Verfahren Feststellungen über den Inhalt des "letter of intent" sowie alle weiteren Vorgänge nach dessen Unterzeichnung, insbesondere über die Ausarbeitung des Lizenzvertrages, Leistung der Anzahlung, Abschlußbereitschaft der G*****, Gründe für die Nichtunterzeichnung des Lizenzvertrages und die Ersatzforderungen der G***** aufgrund der Nichtunterzeichnung auf. Im Falle der Bejahung eines positiven Schadens sei dessen Höhe allenfalls unter Heranziehung des § 273 ZPO zu ermitteln. Schließlich seien Feststellungen über die Stellung des Klägers in der zu gründenden GC International allenfalls auch über die rechtliche und wirtschaftliche Strukturierung einer solchen Gesellschaft zu treffen, um ermitteln zu können, welche Beträge aus den festgestellten Verdiensten dem Kläger zugeflossen wären. Schließlich seien auch Feststellungen zu den Kreditaufnahmen in Koordination mit den Schadenersatzansprüchen des Klägers zu treffen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht, jedoch den Rekurs gegen die aufhebende Entscheidung zu. Bei der Abgrenzung zwischen positivem Schaden und entgangenem Gewinn handle es sich um eine erhebliche Rechtsfrage.

Beide Parteien fechten das Teilurteil mit außerordentlicher Revision an. Die Beklagte bekämpft überdies den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentlichen Revisionen gegen das Teilurteil sind nicht zulässig.

Zur außerordentlich Revision des Klägers:

Der Revisionswerber vermißt Rechtsprechung zur Frage des Aufwandes für das Leasingfahrzeug, der frustrierten Reiseaufwendungen sowie der frustrierten Kosten zur Erreichung von Patenten in den USA, Kanada und Deutschland und erachtet schließlich das Schmerzengeld als unangemessen niedrig.

In keinem Fall liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Die frustrierten Reisekosten, die anläßlich des Besuches des Klägers in Österreich aufgelaufen sind, kann er schon deshalb nicht ersetzt erhalten, weil diese auch ohne den Unfall aufgelaufen wären.

Nicht gefolgt werden kann dem Kläger auch in der Frage, daß er an einer Verwertung der Patente in den USA, Kanada und Deutschland infolge seiner Verletzung verhindert gewesen wäre. Das Beweisverfahren hat diesbezüglich nur den Umstand zutage gebracht, daß bei Abschluß eines bestimmten Lizenzvertrages seine persönliche Anwesenheit erforderlich war. Für eine anderweitige Verwertung der Patente ist dies nicht unter Beweis gestellt worden. Es kann daher auch hier nicht gesagt werden, daß diese frustrierten Aufwendungen nur unfallsbedingt aufgelaufen sind.

Schließlich haben die Vorinstanzen im Rahmen des ihnen eingeräumten Ermessens auch das Schmerzengeld angemessen zugesprochen. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf seine unfallsbedingte Erwerbsunfähigkeit verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß dies lediglich im Rahmen des Verdienstentgangzuspruches, nicht aber bei Bemessung des Schmerzengeldes zu berücksichtigen ist.

Zur außerordentlichen Revision der beklagten Partei:

Als erhebliche Rechtsfrage wird die Schmerzengeldbemessung angeführt. Hiezu kann auf die Ausführungen zur außerordentlichen Revision des Klägers verwiesen werden. Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz abgestellt. Auch eine Aufwertung der geleisteten Teilzahlungen könnte zu keinem anderen Ergebnis führen (vgl ZVR 1977/214; JBl 1976, 315).

Zum Rekurs der beklagten Partei:

Die Rekurswerberin meint, daß die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung unzulässig gewesen sei, weil das Berufungsgericht die wesentlichen Feststellungen selbst treffen hätte können und durch die Aufhebung und Zurückverweisung dem Kläger unzulässig die Gelegenheit geboten werde, ergänzendes Vorbringen nachzutragen.

Zutreffend verweist die Revisionswerberin zwar darauf, daß das Berufungsgericht seit der ZVR 1983 die Pflicht hat, grundsätzlich selbst das Verfahren zu ergänzen und durch Urteil in der Sache zu erkennen; im allgemeinen ist also die Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht zwingend (SZ 58/59). Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn das erstinstanzliche Verfahren im Sinn des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO derart mangelhaft war, daß eine ergänzende Erörterung des Sachverhaltes notwendig ist (SZ 59/134). Das Berufungsgericht ist auch dann nicht zur Ergänzung verpflichtet, wenn der Umfang des Prozeßstoffes und die Erweiterung des Verfahrens noch nicht abzusehen sind (RZ 1992/40).

Nach der vom Obersten Gerichtshof gebilligten Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes besteht in diesem Fall gegen die Zurückweisung des Verfahrens an die erste Instanz kein Einwand, weil eine ergänzende Erörterung des Sachverhaltes notwendig ist.

In der Sache selbst führt die Rekurswerberin aus, daß dem Kläger aus dem gegenständlichen "letter of intent" keine abgesicherte rechtliche Position, einen Gewinn zu erzielen, erwachsen sei, dieser Anspruch daher im konkreten Fall als nicht ersetzbarer entgangener Gewinn zu qualifizieren sei.

Zunächst unterscheidet das Schadenersatzrecht des ABGB zwischen dem positiven (wirklichen) Schaden und dem entgangenen Gewinn. Bei leichter Fahrlässigkeit ist nur der positive Schaden zu ersetzen, bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlicher Schädigung kann der Verletzte "volle Genugtuung", also auch den Ersatz des entgangenen Gewinns verlangen (vgl § 1323 f ABGB).

Lehre und Rechtsprechung verweisen darauf, daß die Abgrenzung zwischen positivem Schaden und entgangenem Gewinn im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten kann (SZ 29/43; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 16 f; Koziol/ Welser I10, 444). Ein positiver Schaden liegt jedenfalls dann vor, wenn der Geschädigte eine rechtlich gesicherte Position, den Gewinn zu erzielen, hat. In diesem Fall wird das Bestehen der Gewinnmöglichkeit als selbständiger Wert angesehen (vgl SZ 57/173; EvBl 1983/72; SZ 53/146; SZ 65/13; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 16; Reischauer in Rummel2 ABGB Rz 8 zu § 1293). Nach der neueren Rechtsprechung bedarf es aber einer rechtlich gesicherten Erwerbsmöglichkeit dann nicht, wenn der Verdienst mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Dieser Verdienst ist wertungsmäßig einer rechtlich gesicherten Erwerbsmöglichkeit gleichzustellen (vgl JBl 1993, 399). Maßgebend ist daher, ob die Gewinnmöglichkeit im Verkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann (Koziol/Welser aaO). Daß dieses Kriterium der hohen Wahrscheinlichkeit nur auf den Verdienstentgang in einem Geschäftsbetrieb eingeschränkt werden muß, trifft nicht zu. Es kann auch außerhalb einer gewerbsmäßigen Betätigung im weiteren Sinne zum Tragen kommen (Reischauer aaO).

Das Berufungsgericht hat Feststellungen darüber für erforderlich erachtete, inwieweit die oben geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Verdienstmöglichkeit gegeben war. Dem kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.

Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Ausführungen Lutters (Der "letter of intent", 91 ff) verwiesen. Danach wird der Begriff "letter of intent" im geschriebenen angloamerikanischen Recht nicht verwendet. Der "letter of intent" ist jedoch ein Element im Rahmen von Vertragsverhandlungen und daher ein Instrument des Vertragsrechtes. Er wird als erster Schritt im Verlauf eines geplanten Vertragsabschlusses mit der Absicht erstellt, den bisherigen Abschnitt der Vertragsverhandlungen zu beenden, an dem gemeinsam Erreichten festzuhalten und von den noch offenen, also noch klärenden Aspekten abzugrenzen. Er wird daher nach dieser Intention nicht als vertragserzeugende Erklärung angesehen, sondern enthält die Vermutung dafür, daß kein bindendes Angebot bezüglich des intendierten Hauptvertrages vorliegt. Diese Wertung könne sich allerdings dann ändern, wenn von den Vertragsparteien bereits bestimmte Leistungen erbracht worden seien. Es komme im Einzelfall darauf an, ob eine Einigung über alle wesentlichen Punkte und Bindungswille der Parteien vorgelegen sei.

Soweit daher das Berufungsgericht Feststellungen in diesem Zusammenhang für erforderlich erachtet, um prüfen zu können, ob ein derartiger Bindungswille der Parteien vorgelegen sei, ist dem nicht entgegenzutreten.

Dies trifft auch für die gewünschten Feststellungen hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion bei Durchführung des beabsichtigten Lizenzvertrages zu. Sollte der Lizenzvertrag mit einer erst zu gründenden Firma GC International abgeschlossen werden, deren Eigentümer der Kläger und seine Ehegattin sein sollten, wird tatsächlich zu klären sein, welche Ansprüche der Kläger gegenüber der Firma gehabt hätte. Der Ansicht, daß der Kläger durch das Dazwischenschalten einer Kapitalgesellschaft nur mittelbar geschädigt wäre, kann nicht gefolgt werden, wenn man davon ausgeht, daß Eigentümer dieser Gesellschaft er und seine Ehegattin sein sollten.

Dem Rekurs war daher einn Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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