OGH 6Ob166/02h

OGH6Ob166/02h11.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Christian Erik B*****, geboren am 21. April 1989, und Evert Stefan B*****, geboren am 1. März 1991, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Feldbach als Unterhaltssachwalterin, infolge Vorlage des Revisionsrekurses des Vaters Johannes Cornelius Theodorus B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. März 2001, GZ 1 R 71/01w, 1 R 72/01t-25, womit der Rekurs des Vaters gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Feldbach vom 11. Mai 2000, GZ 4 P 80/00s-2, zurückgewiesen und über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Feldbach vom 22. November 2000, GZ 4 P 80/00s-13, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht trug dem Vater mit einstweiliger Verfügung nach § 382a EO auf, den Minderjährigen ab 1. 4. 2000 eine vorläufigen Unterhalt von monatlich je S 1.450 zu zahlen.

Mit Beschluss vom 22. 11. 2000 verpflichtete das Erstgericht den Vater zu einer endgültigen monatlichen Unterhaltszahlung von S 3.000 für das Kind Christian Erik und von S 2.500 für das Kind Evert Stefan.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters gegen die einstweilige Verfügung zurück und gab dessen Rekurs gegen den Beschluss vom 22. 11. 2000 nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Erstgericht legte die nach Zustellung der Rekursentscheidung eingebrachte Eingabe des Vaters, in der er ausführte, gegen jeden Urteilsspruch in Berufung gehen zu wollen, weil die Korrespondenz in Deutsch geführt werde und ihm unverständlich sei, als "außerordentlichen" Revisionsrekurs unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht jedoch dem Gesetz.

1. §§ 528 Abs 2 Z 1a, 508 Abs 1 ZPO und §§ 14 Abs 3, 14a Abs 1 AußStrG sind im gegenwärtigen Fall in der Fassung vor der Änderung dieser Bestimmungen durch Artikel 94 Z 16 und Z 21, Art 41 Z 2 lit a und Z 3 Erstes-Euroumstellungsgesetz - (2. Euro-JuBeG) BGBl I 2001/98 anzuwenden (Artikel 96 Z 6 dieses Gesetzes; das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz liegt vor dem 31. 12. 2001).

2. Der Anspruch auf Zahlung des laufenden Unterhalts ist mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten (§ 58 Abs 1 JN). Die Unterhaltsansprüche zweier Kinder werden nicht aus dem selben tatsächlichen oder rechtlichen Grund abgeleitet, es handelt sich vielmehr nur um gleichartige, nicht zusammenzurechnende Ansprüche (1 Ob 94/01g; 4 Ob 182/99i; 7 Ob 19/99s ua). Der Wert des Entscheidungsgegenstandes liegt im vorliegenden Fall unter S 260.000.

3. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, richtet sich das Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 382a EO - mit in diesem Stadium unerheblichen Ausnahmen - nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung (SZ 61/219; 3 Ob 197/01v mwN; Kodek in Angst, EO § 382a Rz 9). Demnach gelten auch die Verweisungen in § 402 Abs 4 und § 78 EO.

In Unterhaltssachen nach § 49 Abs 2 Z 2 JN ist im Streitgegenstandsbereich bis zur Grenze von S 260.000 aufgrund der Rechtslage nach der WGN 1997 (BGBl I 1997/140) gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, in welcher der Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt wurde, kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern es ist im Weg des Abänderungsantrags nach § 528 Abs 2a ZPO (hier in Verbindung mit § 78 und § 402 Abs 4 EO) unter sinngemäßer Anwendung des § 508 ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen (3 Ob 197/01v).

4. Nach § 14 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - aus dem Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 3 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

5. Im Hinblick auf diese Rechtslage war die Eingabe des Vaters jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO und des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, §§ 402 Abs 4, 78 EO und § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 528 Abs 2a iVm § 507b Abs 2 ZPO; § 16 Abs 3 Z 2 AußStrG).

6. Hat das Rekursgericht beim einem S 260.000 nicht übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, so ist der Oberste Gerichtshof für die Entscheidung sowohl über die Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses als auch über die Frage dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig, ehe das Rekursgericht nicht über den Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs entschieden hat (§ 528 Abs 2 iVm § 508 Abs 3 und 4 ZPO; § 14a Abs 3 und 4 AußStrG).

7. Der Oberste Gerichtshof ist daher auch nicht befugt, die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels zu prüfen (die Rekursentscheidung wurde dem Vater am 18. 10. 2001 zugestellt; die Eingabe wurde am 18. 12. 2001 zur Post gegeben) und über die Frage seiner Verspätung zu entscheiden (7 Ob 19/99s; 1 Ob 149/00t ua). Eine allfällige Verspätung des Revisionsrekurses, soweit er sich gegen die Bestätigung der erstinstanzlichen endgültigen Unterhaltsfestsetzung richtet, wäre freilich vom Erstgericht nicht aufzugreifen. Die Verspätung eines Revisionsrekurses gegen eine Entscheidung im Streitwertbereich des § 14a AußStrG, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, rechtfertigt nämlich in Anbetracht von § 11 Abs 2 AußStrG nicht die Zurückweisung durch das Gericht erster Instanz, sondern könnte - nach allfälliger Zulassung des Revisionsrekurses durch die zweite Instanz - nur vom Obersten Gerichtshof wahrgenommen werden (1 Ob 99/98k = EFSlg 88.607; 4 Ob 3/02y mwN).

8. Ob die Eingabe den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO und des § 14a Abs 1 AußStrG entspricht oder ob sie einer Verbesserung (hingewiesen sei, dass die Eingabe nicht unterschrieben ist) bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (EFSlg 88.204; 3 Ob 26/01x; 1 Ob 141/00t uva).

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