OGH 6Ob249/01p

OGH6Ob249/01p20.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr ua Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Österreichischer Rundfunk, Würzburggase 30, 1136 Wien, vertreten durch Dr. Gottfried Korn ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Widerrufs rufschädigender Äußerungen, Schadenersatz und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. Juni 2001, GZ 1 R 64/01s-35, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8. Jänner 2001, GZ 10 Cg 34/99a-31, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 29.169,94 S (darin 4.861,66 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie. Er nahm am 2. 12. 1993 an einer Patientin einen Facelifting-Eingriff vor. Bei der Nachbehandlung kam es zu Komplikationen. Eine zunächst harmlose Entzündung weitete sich zu einer eitrigen Phlegmone aus, die weitere Operationen erforderlich machte. Die Patientin brachte eine Schadenersatzklage gegen den Arzt ein. Der vom Gericht bestellte Gutachter stellte schwere Behandlungsfehler des Klägers fest. Der Sachverständige wurde in der Folge des Amtes enthoben und ein anderer Sachverständiger bestellt. Auch dieser kam zunächst zum Schluss, dass dem Kläger postoperative Behandlungsfehler vorzuwerfen seien. In einer Fernsehsendung der Serie "Konflikte" des Beklagten wurde am 3. 5. 1997 über den Fall der Patientin berichet. Es wurde der Name des Klägers genannt und sein Foto gezeigt. Der Kläger war zur Sendung geladen worden, aber nicht anwesend, wohl aber sein Rechtsvertreter. Die Patientin schilderte ihre Leidensgeschichte. Ihr ebenfalls anwesender Rechtsvertreter erwähnte den Erstgutachter und dessen im Schadenersatzprozess geäußerte Ansicht über das Vorliegen von Behandlungsfehlern. Auch der Rechtsvertreter des Klägers kam zu Wort und behauptete, dass sich die Infektion durch Fehler der Patientin ausgeweitet habe. Am 3. 4. 1999 kam der Fall der Patientin in einer weiteren Fernsehsendung nochmals zur Sprache. Anlass war die bevorstehende rechtskräftige Beendigung des Schadenersatzprozesses zu Gunsten der Patientin. Es wurden Ausschnitte aus der ersten Sendung vom 3. 5. 1997 gezeigt. Der Sprecher des Beklagten sprach von einem "Ostergeschenk" für die Patientin. Im Schadenersatzprozess wurde mit einem Teil- und Zwischenurteil rechtskräftig festgestellt, dass das Leistungsbegehren der Patientin von 448.553,30 S dem Grunde nach zu Recht bestehe und dass der Arzt für alle künftig auftretenden oder bekannt werdenden Schäden hafte, die ihre Ursache im ärztlichen Fehlverhalten des Beklagten nach der am 2. 12. 1993 durchgeführten "Facelifting-Operation" haben.

Mit seiner am 21. 4. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger vom Beklagten (und von der Patientin, deren Verfahren in der Folge an ein anderes Gericht überwiesen wurde) 1. die Unterlassung der Verbreitung des Verdachts und/oder der Behauptung, der Kläger habe während des Facelifting-Eingriffes bzw dessen Nachbehandlung an der Patientin einen ärztlichen Kunstfehler begangen (und zu diesem Punkt hilfsweise die Unterlassung der öffentlichen Verbreitung des Bildnisses des Klägers mit der damit verbundenen Verdächtigung und/oder Behauptung); 2. die Zahlung von 1,883.010,20 S; 3. die Feststellung, dass der Beklagte für alle künftig auftretenden oder bekannt werdenden Schäden hafte, die ihre Ursache in den Fernsehsendungen vom 3. 5. 1997 und vom 3. 4. 1999 haben und aus der rechtswidrigen Verbreitung des schon angeführten Verdachts und/oder der Behauptung über einen Kunstfehler oder einen Nachbehandlungsfehler stammen und 4. den öffentlichen Widerruf des zu

1. schon angeführten Verdachts bzw der Behauptung als unwahr (zu diesem Punkt hilfsweise die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung des Spruchs über das Unterlassungsbegehren). Der Kläger sei seit 20 Jahren ein erfolgreicher und anerkannter Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie und Primararzt einer Privatklinik. In der Fernsehsendung vom 3. 5. 1997 sei wahrheitswidrig über einen Kunstfehler des Klägers bei der Operation berichtet worden. Eine nach der Operation aufgetretene Infektion sei in der Sendung dramatisiert und übertrieben durch Verwendung von Worten wie "Notoperation", "Qualen" und "elf Nachoperationen" dargestellt worden. Der Rechtsvertreter der Patientin habe behauptet, dass ein Sachverständigengutachten vorliege, das einen Behandlungsfehler des Klägers bestätige. Es sei unerwähnt geblieben, dass der Gutachter zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung seines Amtes bereits enthoben gewesen sei. Zum Sendungszeitpunkt habe es kein den Kläger belastendes Gutachten gegeben. Bei der Sendung habe es sich um eine Aufzeichnung gehandelt. Im rechtskräftig beendeten Schadenersatzprozess sei ausdrücklich festgestellt worden, dass dem Kläger weder ein operativer Kunstfehler noch eine fehlerhafte postoperative Behandlung vorzuwerfen sei. Der Kläger sei lediglich wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt worden. Dennoch seien ihm in der Fernsehsendung gröbste Behandlungsfehler vorgeworfen worden. Aus dem Gerichtsakt sei falsch zitiert worden. Die Fernsehsendung habe zur Folge gehabt, dass in einer Zeitschrift über den Kläger verbreitet worden sei, ihm würden immer wieder Kunstfehler nachgesagt. Der Beklagte habe gegen das im Rundfunkgesetz normierte Objektivitätsgebot verstoßen und eine ausgewogene Berichterstattung vermissen lassen. Er habe einen nicht bestehenden Verdacht "herbeigeredet" und grundlos die Identität des Klägers durch dessen Namensnennung und Veröffentlichung seines Bildnisses offengelegt. In der zweiten Sendung vom 3. 4. 1999 sei tendenziös über den Kläger und das anhängige Gerichtsverfahren berichtet worden. Es sei der falsche Eindruck erweckt worden, der Kläger habe nichts zur Schadensgutmachung unternommen. Durch die rechtswidrigen Ehrenbeleidigungen, Rufschädigungen und die Bildnisveröffentlichung sei dem Kläger ein Schaden entstanden, der 3 Mio S übersteige. Im Bereich der Gesichtsoperationen habe der Kläger empfindliche Einbußen erlitten. Anstelle von früher 12 bis 14 Gesichtsoperationen pro Jahr habe er nach den Sendungen nur mehr zwei Facelifting-Operationen durchgeführt. Im ersten Jahr nach den Sendungen sei durch den Operationsausfall ein Schaden von 894.997 S eingetreten, im zweiten Jahr von 588.012,60 S. Zur Aufklärung von Patienten und Kollegen habe der Kläger 558.557,10 S aufwenden müssen. Durch die mediale Aufmerksamkeit des Falles sei es notwendig geworden, dass die Gattin des Klägers ärztlich behandelt habe werden müssen. Hiefür stünden 200.000 S zu. Die Klageansprüche gründeten sich auf § 1330 ABGB und § 78 UrhG.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren und brachte im Wesentlichen vor, dass schon früher Beschwerden gegen den Kläger bekannt geworden seien. Es sei schon 1995 und 1996 in Fernsehsendungen über Fälle seiner Patientinnen berichtet worden. Zu diesen Sendungen sei der Kläger trotz Einladungen nicht erschienen. Damals sei auf die Nennung seines Namens verzichtet worden. Auch zur Sendung vom 3. 5. 1997 sei er schriftlich eingeladen worden. Er habe aber nur seinen Rechtsvertreter entsandt. Dieser habe zu den erhobenen Vorwürfen ausführlich Stellung nehmen können. Der im Schadenersatzprozess zunächst bestellte Gutachter habe seine Meinung über einen Behandlungsfehler des Klägers aufrecht erhalten. Dieser sei mittlerweile rechtskräftig zu Schadenersatzleistungen an die Patientin verurteilt worden. Der Kläger habe in zahlreichen Zeitungsinterviews und Fernsehauftritten in der Öffentlichkeit auf seine Arbeit als Schönheitschirurg aufmerksam gemacht. Die Sendungen des Beklagten stellten ein Meinungsforum dar. Vorwürfe und Behauptungen der Gäste seien als Zitate im Wesentlichen kommentarlos wiedergegeben worden. An der Berichterstattung über die plastische und ästhetische Chirurgie bestehe ein Berichtsinteresse. Die behaupteten Umsatzeinbußen seien nicht auf die Sendungen des Beklagten zurückzuführen.

Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab. Von seinen Feststellungen ist über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch Folgendes als wesentlich hervorzuheben:

Die Patientin des Klägers sei vor dem Eingriff zwar über allgemeine Risken einer Facelifting-Operation aufgeklärt worden, es stehe aber nicht fest, wie umfassend die Aufklärung gewesen sei, insbesondere ob der Kläger auch konkret über das Risiko einer lebensbedrohenden eitrigen Infektion (Phlegmone) aufgeklärt habe. Die Operationn sei sach- und fachgerecht durchgeführt worden. Eine harmlose postoperative Entzündung habe sich - unter Umständen durch ein bakterielles Milieu auf Grund des Hundes der Patientin - zu einer gefährlichen bakteriellen eitrigen Infektion ausgeweitet. Am 15. 12. 1993 sei eine Revisionsoperation durchgeführt worden, weitere Eingriffe seien am 20. 12. 1993 und am 24. 12. 1993 erfolgt. Durch die Eingriffe sei es zu einer ausgedehnten Vernarbung in der rechten Gesichts- und Halsregion mit einer auffälligen Verziehung des rechten Mundwinkels gekommen. Zur Korrektur des entstellenden Defekts seien weitere kosmetische Operationen erforderlich geworden. Damit sei zwar eine Verbesserung, nicht aber eine gänzliche Korrektur erreicht worden. Bei entsprechender Aufklärung auch über die Möglichkeit einer bakteriellen eitrigen Infektion hätte sich die Patientin einer Operation nicht unterzogen. Im Schadenersatzprozess sei festgestellt worden, dass eine entsprechende Aufklärung durch den Kläger nicht stattgefunden habe. Er sei mit rechtskräftigem Urteil vom 19. 6. 1998 zu Schadenersatzleistungen verurteilt worden. In diesem Verfahren habe der zunächst bestellte Sachverständige in seinen Gutachten vom Februar und Mai 1995 und einer Stellungnahme vom 16. 9. 1996 geäußert, dass dem Kläger schwere Behandlungsfehler unterlaufen seien. Wegen Differenzen mit dem Prozessrichter sei dieser Gutachter enthoben worden. Der dann bestellte zweite Sachverständige habe zunächst ebenfalls postoperative Behandlungsfehler festgestellt, wovon die Beteiligten der Fernsehsendung im Mai 1997 ausgehen hätten müssen. Erst in der Tagsatzung vom 9. 3. 1998 habe er sein Gutachten dahin berichtigt, dass dem Kläger kein Behandlungsfehler unterlaufen sei und dass ein bei der Patientin vorgelegenes Operationsrisiko zu Komplikationen geführt habe. In der Fernsehsendung des Beklagten vom 3. 5. 1997 sei es zu einer Auseinandersetzung über den Fall der Patientin gekommen. Die Patientin habe "subjektiv gefärbt" die Ereignisse geschildert. Ihr Rechtsvertreter habe von einem Behandlungsfehler des Klägers gesprochen. Das zweite Gutachten sei von ihm nicht erwähnt worden. Der Rechtsvertreter des Klägers habe dessen Standpunkt wiedergegeben und die Infektion auf Fehler der Patientin zurückgeführt. Ein weiterer Gast, der Präsident der Gesellschaft für plastische Chirurgie, habe Aufklärung im Rahmen der Gesellschaft versprochen. Es sei über die Operation und die dann aufgetretene postoperative Infektion berichtet worden. Die langwierige und mit Schmerzen verbundene Nachbehandlung sei dargestellt worden. In der Sendung sei ausführlich und objektiv über den Fall diskutiert worden. Die Vorwürfe, dass der Kläger bei der Behandlung Fehler begangen habe, seien wahr. Der Verdacht habe zum Zeitpunkt der Ausstrahlung bestanden. Zu der zweiten Sendung vom 3. 4. 1999, in welcher der Fall nochmals zur Sprache kam, seien die Beteiligten und ihre Vertreter nicht geladen worden. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass keine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB vorliege. Es fehle aber auch an der Anspruchsgrundlage einer Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB. Am 3. 5. 1997 habe der Verdacht eines ärztlichen Kunstfehlers des Klägers bestanden. Der Beklagte habe daher den Wahrheitsbeweis erbracht. Es stehe fest, dass der Kläger seine Aufklärungspflicht verletzt habe. Damit könne der Kläger seine Ansprüche auf § 1330 ABGB nicht stützen. Im Übrigen sei der Beklagte nicht passiv legitimiert. Er habe lediglich die subjektiven Meinungen der Beteiligten verbreitet. Die von Diskussionsteilnehmern geäußerte Kritik am Verhalten des Klägers müsse sich der Beklagte nicht zurechnen lassen. Von einer tendenziösen Berichterstattung könne keine Rede sein. Auch die Bildnisveröffentlichung sei zulässig gewesen. Der im § 78 Abs 1 UrhG verwendete Begriff der "berechtigten Interessen" lasse einen weiten Spielraum offen. Es sei auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen. Es seien die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Der Kläger sei eine im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeit. Er fördere dies durch eigene Aktivitäten. Es sei gerechtfertigt, dass der Berichterstattung über die Schönheitschirurgie ein breiter Raum gewidmet werde. Es bestehe ein öffentliches Informationsinteresse. Hier überwiege das Interesse der Öffentlichkeit auch an der Kenntnis der Person des Klägers. Das Publikum ziehe einer bloßen Wortberichterstattung die bildliche Darstellung des Geschilderten vor. Da die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe sich als wahr erwiesen hätten, liege ein Veröffentlichungsinteresse vor. Die auf Schadenersatzrecht gestützten Begehren seien mangels Verschuldens des Beklagten abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass die festgestellte Verletzung der Aufklärungspflicht als ein im Rahmen der Behandlung begangener Fehler des Klägers aufzufassen sei. Zum Zeitpunkt der ersten Sendung habe auf Grund der entsprechenden Ausführungen eines Gerichtssachverständigen der Verdacht eines Behandlungsfehlers bestanden. Auch wenn zum Zeitpunkt der zweiten Sendung das rechtskräftige Urteil im Schadenersatzprozess bereits vorgelegen sei, in dem dem Kläger eine sach- und fachgerechte Operation attestiert worden sei, umfasse die festgestellte Verletzung der Aufklärungspflicht jedenfalls auch den Vorwurf eines Behandlungsfehlers. Ein Angriff auf das absolute Recht der Ehre oder des wirtschaftlichen Rufs sei nur Indiz für die Rechtswidrigkeit. Es könne aber auch ein Rechtfertigungsgrund vorliegen. Es sei eine umfassende Interessenabwägung geboten. Hier komme ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 6 Abs 2 Z 2 lit b und Z 4 Mediengesetz (MedienG) in Betracht. Es seien im überwiegenden Interesse der Öffentlichkeit die Äußerungen Dritter wiedergegeben worden. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei gegenüber dem Rechtsgut der Ehre überwiegend. Die Presse treffe nur die Pflicht zur Wahrhaftigkeit, nicht aber zur objektiven Wahrheit. Sie müsse nur die journalistische Sorgfaltspflicht einhalten. Den Kläger treffe die Beweislast über die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptungen. Behauptungen seien schon als wahr anzusehen, wenn ihr sachlicher Kern richtig sei. Auf unwesentliche Details komme es nicht an. Das Erstgericht habe von im Kern wahren Tatsachenbehauptungen ausgehen können. Dem Beklagten seien die verbreiteten Äußerungen nach der sogenannten "Zitatenjudikatur" nicht zuzurechnen. Das Verhalten des Beklagten sei nicht rechtswidrig gewesen.

Die Bildnisveröffentlichung sei zulässig gewesen, auch wenn es sich beim Kläger nicht um eine allgemein bekannte Person des öffentlichen Lebens handle. Auch hier sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Ein Bildbericht über einen erweislich wahren Sachverhalt sei auch dann zulässig, wenn er für den Betroffenen nachteilig, bloßstellend oder herabsetzend wirke. Wenn die Textberichterstattung im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB zulässig sei, könne für die Bildberichterstattung nichts anderes gelten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass den Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Mit der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte die Zurückweisung der Revision als unzulässig, hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Zur Rechtsfrage, ob und wie weit ein auf § 1330 ABGB gestützter Schadenersatzanspruch mit der Unvollständigkeit eines Zitates aus einer Gerichtsentscheidung begründet werden kann, liegt noch keine gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung vor. Eine zweite erhebliche Rechtsfrage liegt in der Frage des Umfangs des für die Auslegung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung maßgeblichen Gesamtzusammenhangs. Dazu ist auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Bedacht zu nehmen. Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber geht davon aus, dass ihm Behandlungsfehler vorgeworfen wurden, worunter die Mehrheit des angesprochenen Fernsehpublikums Operationsfehler verstehe, die dem Kläger aber nicht unterlaufen seien. Schwerpunkt der Revision ist die Fernsehsendung vom 3. 4. 1999 (die in der Revision weiters angeführte dritte Fernsehsendung vom 8. 8. 1998 ist nicht Gegenstand der Urteilsbegehren; zu ihrem Inhalt und der Bedeutung für die Beurteilung der beiden anderen Sendungen führt die Revision nichts aus). In dieser habe der Kläger keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme erhalten. Es sei der Eindruck erweckt worden, der Kläger habe während der Operation oder der Nachbehandlung fehlerhaft gehandelt. Er sei im Schadenersatzprozess aber nur wegen mangelhafter Risikoaufklärung verurteilt worden. Der Beklagte habe eine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Er hätte darauf hinweisen müssen, dass das Gericht festgestellt habe, dass dem Kläger kein Operationsfehler und kein Fehler bei der Nachbehandlung anzulasten sei. Zu diesem Revisionsvorbringen ist Folgendes auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Fernsehsendung vom 3. 5. 1997 als Haftungsgrundlage:

Die Haftung des Medieninhabers für rufschädigende Äußerungen Dritter, die einem Massenmedium im Rahmen eines sogenannten Meinungsforums verbreitet werden, kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bei Vorliegen von Rechtfertigungsgründen verneint werden (bei nicht identifizierender Verbreitung gemäß § 6 MedienG: SZ 69/113; 6 Ob 291/00p; RS0111733; zur Interessenabwägung: SZ 61/210; RS0031657). § 1330 Abs 2 ABGB setzt die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen voraus. Der dem Täter obliegende Wahrheitsbeweis wird nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung auch schon dann als erbracht angesehen, wenn die Richtigkeit des Tatsachenkerns nachgewiesen wird. Eine Äußerung ist noch grundsätzlich als richtig anzusehen, wenn sie nur in unwesentlichen Details nicht der Wahrheit entspricht (6 Ob 22/95 = RdU 1996, 45; SZ 71/96). Der Revisionswerber erkennt selbst, dass in der ersten Sendung vom 3. 5. 1997 "der Verdacht (eines Behandlungsfehlers) im Raum stand", weil damals ein gerichtlich beeideter Sachverständiger einen ärztlichen Behandlungsfehler attestiert hatte, sodass mit der Ausstrahlung der Äußerungen der Beteiligten kein falscher Sachverhalt verbreitet wurde. Das Publikum wurde über den Verdacht in einem konkreten Fall sowie über die Anhängigkeit eines Schadenersatzprozesses informiert. Darüber durfte berichtet werden. Im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des wirtschaftlichen Rufs einerseits und der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit andererseits darf der Persönlichkeitsschutz nicht zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen der Allgemeinheit führen. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat bei Themen von übergeordneter Bedeutung (beispielsweise zu Umweltfragen: 6 Ob 2300/96w) besonderes Gewicht. Dabei trifft die Presse nur die Pflicht zur Wahrhaftigkeit, nicht aber zur objektiven Wahrheit. Sie muss aber die journalistische Sorgfaltspflicht einhalten (MR 1987, 131; 6 Ob 291/00p = MR 2001, 93 mwN). Nach diesen Grundsätzen sind die Begehren des Klägers nicht schon auf Grund der ersten Fernsehsendung vom 3. 5. 1997 berechtigt. Bei der Beurteilung der Wichtigkeit des behandelten Sachthemas für die Öffentlichkeit ist hier nicht nur das allenfalls fragwürdige Interesse an einem spektakulären Einzelschicksal (Sensationsberichterstattung), sondern das darüber hinausgehende Interesse an Informationen über die Möglichkeiten und Risken der Schönheitschirurgie im Allgemeinen entscheidend. Bei einer isolierten Betrachtung nur der ersten Fernsehsendung schlägt die Interessenabwägung zu Gunsten des Massenmediums aus.

2. Zur Fernsehsendung vom 3. 4. 1999:

Es ist zunächst zu fragen, ob mit dem Nachweis eines ärztlichen Aufklärungsfehlers auch ein Behandlungsfehler zumindest im "Kern" nachgewiesen wurde. Die weitere wesentliche Rechtsfrage liegt darin, ob für die Auslegung des Bedeutungsinhalts der zur Beendigung des Schadenersatzprozesses gegebenen Informationen der Inhalt der ersten Fernsehsendung mit heranzuziehen ist:

3. Der Beklagte hat am 3. 4. 1999 nur aus dem Spruch des rechtskräftig gewordenen Zwischenurteils zitiert, in dem ausdrücklich von einem "ärztlichen Fehlverhalten" des Beklagten die Rede ist (unstrittiger Inhalt der Urteilsausfertigung Beil 11). Bei einer isolierten Betrachtung wäre das Zitat aus der Gerichtsentscheidung nicht als wahrheitswidrig zu beanstanden. Der Revisionswerber erachtet sich dadurch beschwert, dass ein Teil des Publikums unter Behandlungsfehler nur Operationsfehler oder postoperative Behandlungsfehler, nicht aber eine fehlende Risikoaufklärung verstehe. Wenn dies nach dem maßgeblichen Verständnis des sogenannten Durchschnittspublikums (dazu 6 Ob 130/99g uva) so sein sollte, bestünde die Haftungsgrundlage (die falsche Tatsachenbehauptung) in der unvollständigen Zitierung der Gerichtsentscheidung, in deren Entscheidungsgründen ein Operationsfehler oder postoperativer Behandlungsfehler des Arztes ausdrücklich verneint worden war. In einem vergleichbaren Fall (6 Ob 244/98w = RdW 1999, 347) mit ähnlichem Sachverhalt ging es um rufschädigende Tatsachenbehauptungen. In einer zweiten Presseaussendung hatte die dort Beklagte aus einer oberstgerichtlichen Entscheidung zitiert, ohne deren nährere Begründung anzuführen. Der dadurch hervorgerufene falsche Eindruck hätte aber nach Ansicht des Senats ein neues Unterlassungsbegehren erfordert. Die zweite Äußerung könne nicht als Grundlage des gestellten Begehrens herangezogen werden. Es fehle an Parteibehauptungen über die Unvollständigkeit des Zitats als Anspruchsgrundlage und einem auf diese Unterlassung gerichteten besonderen Begehren. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber sein Begehren von Anfang an auf zwei Äußerungen auch in ihrem Zusammenhang gestützt.

4. Zur Frage, ob die Beurteilung des Bedeutungsinhalts nach dem Gesamtzusammenhang beider Sendungen zu erfolgen hat, ist auf die vom Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 2. 5. 2000 (Bergens Tidende, veröffentlicht in MR 2001, 84) einzugehen. In einer Serie von Artikeln hatte eine norwegische Tageszeitung Patientinnen eines Schönheitschirurgen zu Wort kommen lassen. Mehrere Frauen erhoben massive Vorwürfe gegen die Behandlungsmethoden des Arztes. Dieser erhob eine Verleumdungsklage gegen das Medium und machte Schadenersatz wegen Verdienstentgang geltend. Das norwegische Höchstgericht gab ihm Recht. Beim Lesen sei der falsche Eindruck entstanden, dass der Arzt seine Operationen "waghalsig und unbesonnen" durchgeführt habe. Der EGMR hingegen beurteilte die Stattgebung der Schadenersatzklage als Verstoß gegen die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit. Auch wenn dem Arzt kein Mangel an chirurgischen Fähigkeiten anzulasten sei, sei die Kritik an der postoperativen Behandlung berechtigt gewesen. Die Zeitung habe die Kritik der Frauen richtig wiedergegeben. Die Berichterstattung sei ausgewogen gewesen. Der EGMR stellte bei seiner Entscheidung auf eine "Zusammenschau der Artikel" ab.

Auch der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass rufschädigende Tatsachenbehauptungen immer nach dem Zusammenhang der Äußerung und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck zu beurteilen sind (RS0031883). Er schließt sich der Auffassung des EGMR an, dass zeitlich auseinanderfallende, inhaltlich aber miteinander in engem Zusammenhang stehende Äußerungen - wie dies auf eine Serienberichterstattung zutrifft - in ihrer Gesamtheit auszulegen und ihr Bedeutungsinhalt in einer Gesamtschau zu ermitteln ist. Dies führt dazu, dass eine Äußerung, die bei einer isolierten Betrachtung als wahrheitsgemäß beurteilt werden kann, auf Grund eines in der Gesamtschau herbeigeführten anderen Gesamteindrucks als falsche Tatsachenbehauptung qualifiziert werden muss. Bei einer solchen Beurteilung kann nicht mehr von dem zu den verschiedenen Zeitpunkten jeweils angesprochenen Publikum ausgegangen werden. Beurteilungsmaßstab ist ein fiktiver durchschnittlicher Mitteilungsempfänger, dem alle Äußerungen (hier beide Fernsehsendungen) zur Kenntnis gebracht wurden.

5. Eine Gesamtschau beider Fernsehsendungen ergibt kurz zusammengefasst folgendes Bild:

Die Patientin des Schönheitschirurgen gibt im Rahmen einer Fernsehdiskussion einen durchaus drastischen Überblick über ihre Leidensgeschichte. Ihr Rechtsvertreter führt allgemein einen Behandlungsfehler ins Treffen, bezieht sich dabei auf ein schon vorliegendes Gerichtsgutachten, ohne allerdings die ärztlichen Fehler konkret auszuführen. Es wird weder von einem Kunstfehler noch davon gesprochen, ob ein solcher während der Operation oder während der Nachbehandlung erfolgte. Von einem Aufklärungsfehler ist keine Rede. In der zweiten Fernsehsendung wird durch Wiederholung eines kurzen Ausschnitts aus der ersten Sendung nur das Ergebnis des Schadenersatzprozesses zu Gunsten der Patientin bekanntgegeben und dabei der Spruch der Gerichtsentscheidung richtig wiedergegeben, in dem von einem ärztlichen Fehlverhalten die Rede ist.

6. Der Revisionswerber führt für seinen Standpunkt den in der Rechtsprechung wiederholt vertretenen Grundsatz ins Treffen, dass der Täter bei undeutlichen, aber auch unvollständigen Äußerungen die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gegen lassen muss (Ungünstigkeitsprinzip; Unklarheitenregel: MR 1994, 111 mwN; 6 Ob 295/97v = SZ 70/267 uva). In einem gewissen Spannungsverhältnis dazu steht der schon zitierte Rechtssatz, dass der beweispflichtige Beklagte den Wahrheitsbeweis schon durch den Nachweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns erbringen kann. Es kommt dabei auf die jeweils festgestellten Umstände des Einzelfalls an. Das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen hält entgegen der Ansicht des Revisionswerbers einer Prüfung stand:

7. Wenn die vom Beklagten zu vertretende Unklarheit des Zitats aus der Gerichtsentscheidung in der fehlenden Bekanntgabe der Entscheidungsgründe liegt, ist zunächst zu fragen, ob nicht schon die fehlende Aufklärung als Behandlungsfehler im weiteren Sinn verstanden wird, ob also ein Laie, der weder Jurist noch Arzt ist, darunter jeden ärztlichen Fehler versteht. Das Unterlassen der therapeutischen Aufklärung wird in der Rechtsprechung unter Hinweis auf die Lehre zum Arzthaftungsrecht auch als Behandlungsfehler qualifiziert. Der Arzt müsse den Patienten in seinem Heilungsbemühen aufklären und beraten. Die Unterlassung einer solchen Beratung begründe den Vorwurf schlechten Handwerks (10 Ob 24/00b = RdM 2001, 18). Die Haftung des Klägers wurde wegen einer Verletzung der praeoperativen Aufklärungspflicht festgestellt. Ihm wurde aber nach den Feststellungen auch ein Beratungs- oder Aufklärungsfehler dahin angelastet, dass er die Patientin nicht über das eigene notwendige Verhalten nach der Operation und über die in einem Haushalt mit Tieren bestehende erhöhte Infektionsgefahr aufgeklärt hat. Dieser Vorwurf ergibt sich aus den zum Inhalt der Feststellung erklärten Urteilsbegründung im Schadenersatzprozess (Beil 11; vgl auch S 19 f der Berufungsentscheidung Beil 12). Ein Aufklärungsfehler des Arztes über das notwendige eigene Verhalten der Patientin nach der Operation kann im Sinne der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes unter den Begriff "Behandlungsfehler" fallen. Nach dieser Auslegung hätte der Beklagte den vollen Wahrheitsbeweis erbracht. Die Bekanntgabe des Urteilsspruchs im Schadenersatzprozess kann als vollständig angesehen werden. Dies muss hier umso mehr gelten, als in der ersten Fernsehsendung nur allgemein von einem Behandlungsfehler die Rede war, wie sich aus der ausführlichen Wiedergabe der gesprochenen Texte in der Klage selbst ergibt. Da dort der Begriff "Kunstfehler" überhaupt nicht vorkommt und völlig unklar geblieben ist, welches ärztliche Fehlverhalten dem Kläger konkret vorgeworfen wird, ist die zweite Berichterstattung über das Prozessergebnis, auch wenn dort ebenfalls der Arztfehler nicht konkret angeführt wurde, bei der vorzunehmenden Beurteilung nach dem Inhalt beider Sendungen, nicht zu beanstanden, selbst wenn anlässlich der ersten Sendung manche Zuseher einen Operationsfehler oder postoperativen Behandlungsfehler des Arztes vermuteten. Der wesentliche Sinn der ersten Fernsehsendung bestand in der Information der Öffentlichkeit über die Schönheitschirurgie im Allgemeinen und ihre Risken, dargestellt anhand eines konkreten Falls einer Patientin. Im Mittelpunkt dieser Darstellung stand die Frage, ob ein Arztfehler vorlag und die Patientin mit ihren Schadenersatzansprüchen vor Gericht durchdringt. Zumindest im Kern beruhen die verbreiteten Äußerungen auf einem richtigen Sachverhalt. Die in der Unterlassung der Wiedergabe der Entscheidungsgründe liegende Unvollständigkeit ist keine Urteilsgrundlage für die auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützten Ansprüche, bei denen falsche Tatsachenbehauptungen vorliegen müssen. Die vom Kläger angestellten Unterscheidungen zwischen Aufklärungsfehler, Operationsfehler und postoperativen Behandlungsfehlern mögen im Arzthaftungsprozess eine Rolle spielen, im hier zu beurteilenden Verfahren über eine Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB wären sie allenfalls bedeutsam, wenn schon in der ersten Fernsehsendung die Vorwürfe der Patientin konkretisiert worden wären.

8. Zur bekämpften Veröffentlichung des Fotos des Klägers in der ersten Fernsehsendung:

Der Revisionswerber wendet sich gegen die durch die Veröffentlichung seines Lichtbildes in der Fernsehsendung erzielte "Prangerwirkung" und führt dazu ganz allgemein berechtigte Interessen im Sinne des § 78 UrhG ins Treffen.

Bei nicht allgemein bekannten Personen des öffentlichen Lebens ist

bei der gemeinsam mit einem Text erfolgten Bildveröffentlichung,

wodurch die Person des Angegriffenen der Öffentlichkeit erst optisch

bekannt gemacht wird, eine Interessenabwägung vorzunehmen. Wenn die

Textberichterstattung im Lichte des § 1330 Abs 2 ABGB zulässig war,

weil mit ihr ein zumindest im Kern wahrer Sachverhalt mitgeteilt

wurde, kann für eine Bildberichterstattung im selben Zusammenhang

nichts anderes gelten, weil auch dadurch kein unrichtiger Eindruck

vermittelt wird. Ein Bildbericht über einen erweislich wahren

Sachverhalt ist auch dann zulässig, wenn er für den Betroffenen

nachteilig, bloßstellend oder herabsetzend wirkt. Beim Schutz der

Ehre geht es immer nur um die "verdiente Ehre". Die

Interessenabwägung im Sinne des § 78 UrhG zwischen dem

Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem

Veröffentlichungsinteresse des Mediums als Ausfluss der freien

Meinungsäußerung fällt zu Gunsten des Mediums aus (4 Ob 142/99g = MR

1999, 215 = SZ 72/97). Dieses Ergebnis wird durch die Judikatur des

EGMR gestützt, welcher der Funktion der Presse in einer demokratischen Gesellschaft einen besonders hohen Stellenwert einräumt und Verbote und Beschränkungen in der Wahl der Darstellungsmittel der Presse nur bei Vorliegen besonderer Gründe mit Art 10 MRK für vereinbar hält. Auf keinen Fall begründe der Bildnisschutz ein absolutes Verbot der Bildveröffentlichung (EGMR vom 11. 1. 2000, MR 2000, 221). Die angeführten Grundsätze müssen auch für ein von einem Medieninhaber veranstaltetes Meinungsforum gelten, bei dem es zu einem Meinungsaustausch von Beteiligten geht, die sich an der Diskussion selbst oder durch ihre Vertreter beteiligen. In einem solchen Fall ist die Veröffentlichung des Bildes eines eingeladenen, aber nicht erschienenen Teilnehmers nicht zu beanstanden. Damit wird nichts anderes als eine (teilweise) visuelle Gleichstellung mit den erschienenen Teilnehmern bewirkt. Nicht die Bildveröffentlichung, sondern die einzelnen Diskussionsbeiträge verursachten die missbilligte "Prangerwirkung", zu deren Entkräftung dem Kläger aber Gelegenheit gegeben worden war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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