Spruch:
Der Revision wird stattgegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Kommanditgesellschaft betreibt seit 1959 in ***** industriemäßig die Erzeugung von unbeschichteten und melamin-harzbeschichteten Spanplatten. Für die Betriebsanlage bestanden von Anfang an gewerbebehördliche Genehmigungsbescheide. Der Produktionsbetrieb der Klägerin ist mit der Emission von Luftschadstoffen verbunden. Im Jahr 1982 wurden 400 bis 500 Tonnen Schwefeldioxyd, 168 Tonnen Formaldehyd und 360 Tonnen Holzstaub emittiert.
Die Klägerin beabsichtigte 1991 in ***** (Niederösterreich) ein Werk zur Erzeugung von Faserplatten zu errichten. Sie leistete für die geplante Betriebsansiedlung Öffentlichkeitsarbeit und organisierte am 26.6.1991 in einem Gasthof in ***** eine sogenannte "Podiumsdiskussion". Diese fand unter großer Publikumsbeteiligung statt. Auf dem Podium waren Diskussionsteilnehmer der Bürgermeister der Marktgemeinde *****, ein Universitätsprofessor, zwei weitere Professoren und ein Prokurist der Klägerin. Im Verlaufe der Publikumsdiskussion meldete sich auch der Beklagte vor dem versammelten Publikum zu Wort.
Mit ihrer am 18.9.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten für schuldig zu erkennen, die unwahre und ehrenrührige Behauptung "K***** hat seinen Aufstieg mit der Gesundheit der Anrainer erkauft" oder Äußerungen inhaltsgleicher Art ab sofort zu unterlassen und die zitierte Äußerung gegenüber dem Abt des Stiftes ***** und gegenüber dem Bürgermeister der Marktgemeinde ***** zu widerrufen sowie diese Äußerung auch öffentlich zu widerrufen und den Widerruf auf Kosten des Beklagten in einer periodischen Druckschrift zu veröffentlichen. Die Äußerung des Beklagten habe zu einer starken Verunsicherung der Bewohner von ***** geführt und die Realisierung des Projektes in Frage gestellt. Der Beklagte habe den Vorwurf wider besseres Wissen, zumindest jedoch grob fahrlässig öffentlich erhoben. Er habe wissen müssen, daß die Gesundheit der Anrainer des ***** Werkes nicht gefährdet gewesen sei. Der Klägerin werde ein gesetzwidriges Vorgehen vorgeworfen. Durch die unwahren Äußerungen des Beklagten sei der wirtschaftliche Ruf der Klägerin grob verletzt worden. Eine Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil der Beklagte politisch aktiv und als "Anrainervertreter" tätig sei.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte im wesentlichen ein, daß er in seinem Diskussionsbeitrag auf Presseberichte ***** Tageszeitungen Bezug genommen und die Bürger von ***** über die durch das Werk der Klägerin verursachten enormen Luftschadstoffemissionen informiert habe. Er habe wortwörtlich geäußert: "Der Aufstieg der Firma K***** in ***** ist mit der schwersten Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anrainerinnen und Anrainer erkauft". Seine Aussage sei wahr. Es bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, daß zwischen den Schadstoffemissionen aus dem Werk der Klägerin und Erkrankungen, Gesundheitsbeeinträchtigungen und gesundheitlichen Unannehmlichkeiten von Anrainern ein Zusammenhang bestehe.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und wies unangefochten das Widerrufsbegehren und das Begehren auf Veröffentlichung des Widerrufs ab. Es stellte fest, daß der Beklagte im Verlaufe seines Diskussionsbeitrages wörtlich geäußert habe:
"K***** hat seinen Aufstieg mit der Gesundheit der Anrainer erkauft". Diese Äußerung habe einen Einfluß auf die Willensbildung des teilnehmenden Publikums im Hinblick auf die von der Klägerin geplante Betriebsansiedlung gehabt. Der Beklagte sei bei seiner Äußerung von ihm zugänglich gewesenen Informationen über Schadstoffemissionsdaten sowie von einem Gutachten der Landessanitätsdirektion ***** ausgegangen, das zum Schluß gekommen sei, daß die Schadstoffe "langfristig aufgrund des Standes der Wissenschaft eine Gesundheitsgefährdung erwarten" ließen, was auch für den Fall des Nichterreichens von Grenzwerten für einzelne Schadstoffe gelte. Ob durch Schadstoffemissionen aus dem Betrieb des Werkes der Klägerin seit 1959 bis zur Äußerung des Beklagten am 26.Juni 1991 die Gesundheit von Anrainern dieses Werkes geschädigt wurde, sei nicht feststellbar.
Das Erstgericht beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß sowohl die Rufgefährdung nach § 1330 Abs.2 ABGB als auch das Recht auf Ehre nach Abs.1 leg. cit. absolute Rechte seien. Die Art des Schutzes der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes müsse im wesentlichen gleich sein. Die Tatsachenbehauptung des Beklagten sei in objektiver Hinsicht eine Ehrenbeleidigung, weil sie unterstelle, daß die Klägerin ihre Unternehmensziele bewußt und zweckgerichtet unter Einsatz des Mittels der Gesundheitsschädigung der Anrainer ihrer Betriebsstätte in ***** verfolge. Der Klägerin komme "Rechtssubjektivität" schon deshalb zu, weil ihre Interessen von jenen der beiden persönlich haftenden Gesellschafter nicht unterschieden werden könnten. Der Klägerin stehe ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch zu.
Wiederholungsgefahr sei schon deshalb gegeben, weil der Beklagte auf seinem Standpunkt beharre, die beanstandete Tatsachenbehauptung sei nicht rechtswidrig. Da der Unterlassungsanspruch der Klägerin schon nach § 1330 Abs.1 ABGB bestehe, treffe den Beklagten die Beweislast über die Richtigkeit seiner Behauptung und das Fehlen der Vorwerfbarkeit der unrichtigen Verbreitung. Während dem Beklagten der Wahrheitsbeweis mißlungen sei, sei es ihm andererseits gelungen, nachzuweisen, daß er wenigstens ausreichende Anhaltspunkte für die Wahrheit der von ihm verbreiteten Tatsachen gehabt habe. Ein Verschulden des Beklagten liege nicht vor, sodaß das Begehren auf Widerruf und dessen Veröffentlichung abzuweisen gewesen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht statt. Es beurteilte das erstinstanzliche Verfahren als mängelfrei und die erstinstanzliche Beweiswürdigung für zutreffend. Zu den übernommenen Feststellungen führte es in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, daß der Schutz nach § 1330 ABGB nicht bloß auf die strafgesetzlichen Tatbestände beschränkt sei. Eine Ehrenbeleidigung liege schon bei jedem der Ehre eines anderen nahetretenden Verhalten vor. Wenn eine Rufschädigung gleichzeitig eine Ehrenbeleidigung sei, habe der Betroffene nur die Verbreitung der Tatsachen zu beweisen. Die Richtigkeit der Tatsache müsse der Täter beweisen. Aktiv legitimiert sei der von den ehrenrührigen, kreditschädigenden Behauptungen Betroffene. Dies könne auch eine juristische Person sein.
Die Äußerung des Beklagten sei eine objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung. Sie sei rufschädigend und darüber hinaus auch ehrenbeleidigend. Auch wenn der Beklagte in einem zehn- bis fünfzehnminütigen Diskussionsbeitrag verschiedenste, allenfalls sogar berechtigte Argumente gegen die Anlage der Klägerin vorgebracht haben sollte, sei die konkrete Äußerung für einen unbefangenen Beteiligten nur so zu verstehen, daß die Klägerin die Erweiterung des Unternehmens ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Anrainer betrieben und damit die Anrainer vorsätzlich gesundheitlich geschädigt oder eine solche Schädigung zumindest in Kauf genommen habe. Der Beklagte habe der Klägerin sogar ein strafgesetzwidriges Verhalten (§§ 180 ff StGB) unterstellt. Daß seine Behauptung wahr sei, habe der Beklagte nicht bewiesen. Die Äußerung des Beklagten sei auch als rechtswidrig zu beurteilen. Auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, seine Meinung einschließlich kritischer Stellungnahmen frei zu äußern, könne sich der Beklagte nur berufen, wenn er innerhalb der gesetzlichen Schranken geblieben wäre. Selbst wenn man zugestehe, daß die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Anrainern durch die Emissionen aus dem Unternehmen der Klägerin beeinträchtigt worden seien, und anerkenne, daß auch massive Kritik zulässig sein müsse, rechtfertigte dies noch nicht das Verbreiten unwahrer Tatsachenbehauptungen. Solche Äußerungen seien weder im Rahmen einer Interessenabwägung noch durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Wiederholungsgefahr sei schon deshalb anzunehmen, weil der Beklagte seine Handlung im Prozeß verteidige und weiterhin ein Recht zu seinem Verhalten behaupte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, daß die Entscheidung der Vorinstanzen abgeändert werde, daß auch das Unterlassungsbegehren abgewiesen werde.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise wird beantragt, der Revision nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem Grund zulässig, weil die Vorinstanzen von der oberstgerichtlichen Judikatur abgewichen sind, daß rufschädigende Tatsachenbehauptungen nicht isoliert betrachtet werden dürften und es auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung ankomme.
Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs.2 ABGB sind Umstände, Ereignisse und Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt. Werturteile sind dagegen rein subjektive, einer objektiven Überprüfbarkeit entzogene Aussagen. Wertende Äußerungen können allerdings als konkludente Tatsachenbehauptungen § 1330 ABGB unterliegen, wenn dem subjektiven Werturteil entnommen werden kann, daß es von bestimmten Tatsachen ausgeht. Bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder bloß eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der Äußerung an (MR 1995, 16; MR 1994, 111 - "Nazijournalismus").
Das Berufungsgericht hat die beanstandete Äußerung des Beklagten ohne den Zusammenhang, in dem sie fiel, nach dem äußersten Wortsinn als Vorwurf einer vorsätzlichen Gesundheitsschädigung im Sinne des Strafrechtes qualifiziert, also eine ehrenbeleidigende Rufschädigung der Klägerin im Sinne des § 1330 Abs.1 und 2 ABGB angenommen. Ob der unbefangene Teilnehmer der Publikumsdiskussion die Äußerung des Beklagten tatsächlich so verstehen mußte oder auch nur konnte, kann ohne weitere Feststellungen über den Verlauf der "Podiumsdiskussion", also ohne Kenntnis über den wesentlichen Inhalt der vor der Äußerung des Beklagten bereits erfolgten Diskussionsbeiträge sowie über den Inhalt der Rede des Beklagten selbst (der nach den Parteibehauptungen über zehn Minuten gesprochen haben soll), nicht beurteilt werden. Es ist zwar durchaus denkbar, daß nach dem Gesamtzusammenhang, in dem die Äußerung fiel, der Beklagte der Klägerin tatsächlich vorwarf, die Expansion des Unternehmens betrieben und in Kauf genommen zu haben, daß damit eine Gesundheitsschädigung der Anrainer des Werkes verbunden gewesen sei. Wenn allerdings der Diskussionsbeitrag des Beklagten (oder derjenige eines anderen Teilnehmers der Diskussion) Ausführungen über die Art, den Umfang und die Steigerung der Schadstoffemissionen des Werkes der Klägerin und über den Einfluß solcher Emissionen auf die Anrainer enthalten hätte und allenfalls vom Beklagten auf Sachverständigenmeinungen und Zeitungsberichte konkret hingewiesen worden sein sollte, könnte sich ein ganz anderer Gesamteindruck der Äußerungen des Beklagten ergeben, nämlich derjenige, daß der Beklagte lediglich auf eine drohende Gesundheitsgefährdung für Anrainer eines Unternehmens hingewiesen hatte, das (zumindest nach den festgestellten Emissionswerten für das Jahr 1982) tatsächlich als Großemittent von Luftschadstoffen bezeichnet werden könnte. Der wertenden Äußerung des Beklagten käme dann eine ganz andere Bedeutung zu als bei isolierter Betrachtung. Das Verfahren ist aus dem dargelegten Grund noch nicht spruchreif. Es werden Feststellungen über den wesentlichen Inhalt des Diskussionsbeitrages des Beklagten aber auch der übrigen Teilnehmer an der Veranstaltung, insoweit sich diese mit dem Thema der Gefährdung und (oder) der Schädigung von Anrainern durch die Emissionen von Luftschadstoffen befaßten, zu treffen sein.
Juristische Personen genießen den Schutz des § 1330 ABGB (ÖBl 1992, 233; MR 1993, 57). Daß dies auch für eine parteifähige Kommanditgesellschaft gilt, ist im Revisionsverfahren unstrittig und nach den zur Schutzwürdigkeit von juristischen Personen entwickelten Grundsätzen zu bejahen.
Wenn - wie hier - die kreditschädigende Tatsachenbehauptung auch ehrenbeleidigend ist (die Äußerung enthält zumindest den Vorwurf unehrenhaften Verhaltens), hat der Verletzte nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen, der Beklagte als Täter aber die Wahrheit der Tatsachenbehauptung (MR 1995, 16 mwN) sowie die fehlende Vorwerfbarkeit, also den Mangel der Rechtswidrigkeit. Das Erstgericht hat zur Gesundheitsschädigung von Anrainern eine Negativfeststellung getroffen. Daraus kann aber noch nicht abgeleitet werden, daß der Beklagte den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis auf jeden Fall nicht erbracht hätte. Gegenstand des Wahrheitsbeweises ist nicht nur der vollständige Beweis der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung, es genügt der Beweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns (ÖBl 1990, 18). Eine Äußerung ist noch grundsätzlich als richtig anzusehen, wenn sie nur in unwesentlichen Details nicht der Wahrheit entspricht (Korn/Neumayr, Persönlichkeitsschutz 66 mwN). Mit der vom Berufungsgericht anläßlich der Begründung der Mängelrüge als ohnehin festgestellt angesehenen, langfristig zu erwartenden Gesundheitsgefährdung (gemeint wohl: von Anrainern des Werkes) könnte der Beklagte die Richtigkeit des Tatsachenkerns seiner Behauptung (wie sie nach dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen ist) nachgewiesen haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes hat das Erstgericht die erwähnte Feststellung über eine Gesundheitsgefährdung aber nicht getroffen, sondern nur die Meinung eines Sachverständigen (der seinerseits wieder auf einen anderen Sachverständigen verwies) wiedergegeben und keine eigenen Feststellungen getroffen (S.10 f in ON 42). Im zweiten Rechtsgang werden daher auch zu diesem Thema die erforderlichen Feststellungen zu treffen sein.
Mit der Erbringung des Wahrheitsbeweises könnte der Beklagte nur die Abweisung der auf Rufschädigung nach § 1330 Abs.2 ABGB gestützten Klage erreichen. Gegen die in der Äußerung enthaltene Ehrenbeleidigung nach § 1330 Abs.1 ABGB kann er nur die fehlende Vorwerfbarkeit, also den Mangel der Rechtswidrigkeit ins Treffen führen. Die Rechtswidrigkeit kann nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden. Dabei müssen den Interessen am absolut geschützten Gut der Ehre die Interessen des Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden (SZ 64/36). Bei der Interessenabwägung kommt es auf die Art des eingeschränkten Rechts, die Schwere des Eingriffs, die Verhältnismäßigkeit am verfolgten Recht, den Grad der Schutzwürdigkeit dieses Interesses, aber auch auf den Zweck der Meinungsäußerung an (SZ 61/210; Korn/Neumayr aaO 60). Auf diese Kriterien wird bei der Abgrenzung zwischen ehrenbeleidigender Rufschädigung einerseits und zulässiger Kritik und Werturteil andererseits Bedacht zu nehmen sein. Dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 MRK; Art. 13 StGG) kommt in einer demokratischer Gesellschaft ein hoher Stellenwert zu. Es ist jedermann eingeräumt. Es ist daher auch die Meinung von Außenseitern, Querdenkern oder sogar Dilettanten zu respektieren (EvBl 1993/173). Solange bei wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden, kann auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig sein (vgl. EGMR in MR 1986, 4, 11; MR 1989, 15). Jedenfalls wird bei der vorzunehmenden Interessenabwägung auch zu beachten sein, daß die Äußerung in einer sogenannten "Podiumsdiskussion" fiel, bei welcher schon a priori mit gegensätzlichen Standpunkten nicht nur von Experten, sondern auch der teilnehmenden Laien zu rechnen war. Sinn einer solchen Veranstaltung ist ua auch die Verbreiterung des Kenntnisstandes über das gegebene Thema durch Darstellung kontroversieller Standpunkte, also durch die Ausübung der Meinungsfreiheit in concreto.
Der Revision des Beklagten war stattzugeben. Die Urteile der Vorinstanzen waren zur Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinn aufzuheben.
Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist das Verfahren nicht schon deshalb im Sinne einer Abweisung der Klage spruchreif, weil die Wiederholungsgefahr weggefallen wäre. In dieser Frage ist es entscheidend, daß der Beklagte auf seinem Prozeßstandpunkt beharrt, seine Äußerung also nicht für rechtswidrig hält. In einem solchen Fall ist ein Wegfall der für die Stattgebung des Unterlassungsbegehrens erforderlichen Wiederholungsgefahr stets zu verneinen (ÖBl 1994, 82).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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