OGH 7Nd514/01

OGH7Nd514/0118.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H. *****, vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei R***** OHG, vertreten durch die Geschäftsführer Pascal P***** oder Klaus Sch*****, beide *****, Deutschland, wegen Feststellung (Streitinteresse S 200.000,--), infolge Anrufung des Obersten Gerichtshofes nach § 28 JN den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Ordinationsantrag wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit der am 25. 9. 2001 vom Landesgericht Salzburg überreichten Klage begehrt die klagende Partei festzustellen, dass ihr die beklagte Partei für alle Schäden und Ansprüche, die der klagenden Partei im Zusammenhang mit dem Transport von Stahlbändern von Lienz (Österreich) nach Sersheim (Deutschland) gemäß Ladeauftrag (Transportauftrag) vom 27. 9. 2000 entstanden sind oder noch entstehen werden, haftet, wobei die beklagte Partei die klagende Partei insbesondere hinsichtlich aller Ansprüche schad- und klaglos zu halten hat, die ihr gegenüber in diesem Zusammenhang bisher erhoben wurden oder noch erhoben werden. Eventualiter wird ein Zahlungsbegehren über S 134.696,82 sA gestellt.

Zur Begründung brachte die Klägerin vor, von der beklagten Partei am 27. 9. 2000 mit dem wie vor umschriebenen Transport einer sohin grenzüberschreitenden Lieferung von Österreich nach Deutschland beauftragt worden zu sein, wobei sich die Klägerin als Frächterin der Firma V***** GmbH bedient habe und das Transportgut total beschädigt worden sei. Hierüber behänge bereits zwischen diesem Frächter und der klagenden Partei ein Schadenersatzprozess beim Bezirksgericht Neumarkt. Die Beklagte habe die Klägerin hiefür mit einem bei Bezahlung anderer Forderungen in Abzug gebrachten Betrag von S 134.696,82 in Haftung genommen. Ursache für den Transportschaden seien jedoch mangelhafte Verpackung und fehlerhafte Verladung gewesen, sodass der Frächter Haftungsbefreiung gemäß Art 17 Abs 4 lit b und c CMR behaupte. Für den Fall, dass die Klägerin im zitierten Verfahren gegen den Frächter nicht obsiege, wäre ihr die Beklagte regresspflichtig, welche sich jedoch weigere, ihre Haftung anzuerkennen oder eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben. Die Klägerin habe sohin ein rechtliches Interesse an der Feststellung deren Haftung dem Grunde nach; das Eventualbegehren entspreche dem angeführten Abzugsbetrag.

Die Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichtes begründete die Klägerin mit § 88 Abs 1 JN sowie Art 31 CMR; lediglich für den Fall, dass das angerufene Gericht diese Zuständigkeitsgründe verneinen sollte, stellte die Klägerin überdies den Antrag, der Oberste Gerichtshof wolle nach § 28 JN den Beschluss fassen, das Landesgericht Salzburg zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen.

Das Erstgericht hat den Akt sogleich dem Obersten Gerichtshof "zur Entscheidung über den Ordinationsantrag der klagenden Partei" vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag ist - jedenfalls derzeit - nicht berechtigt.

Ungeachtet der grundsätzlich zu bejahenden inländischen Jurisdiktion, weil nach den Behauptungen in der Klage der Ort der Übernahme des (später beschädigten Transport-)Gutes in Österreich, sohin einem Vertragsstaat der CMR, lag, welches Abkommen gemäß Art 57 EuGVÜ letzterem vorgeht (2 Nd 511/00; 3 Nd 517/00; 10 Nd 513/00; 7 Nd 504/01), sowie ungeachtet einer genauen topografischen Eingrenzung des Ortes des Schadenseintrittes im In- oder Ausland beim vorliegenden Transport über die Staatsgrenzen (vgl hiezu 4 Nd 503/99), ist negative Voraussetzung jeder Ordination das Fehlen eines inländischen Gerichtsstandes, was vom Antragsteller zu behaupten ist (Matscher in Fasching I2 Rz 157 zu § 28 JN; Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 und 8 zu § 28 JN; 3 Nd 517/00) - ein solcher wurde hier jedoch unter primärer Berufung auf § 88 Abs 1 JN (Erfüllungsort) gerade behauptet. Darüber hinaus fehlt auch jedwede Bescheinigung der Voraussetzungen des Art 31 Z 1 lit b CMR: In § 28 Abs 4 letzter Satz JN wird zwar (für bürgerliche Rechtssachen) nur für die Fälle der Z 2 und 3 des Abs 1 eine Bescheinigung der Voraussetzungen für eine Ordination nach diesen Bestimmungen verlangt, was aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach (und in Übereinstimmung mit dem Schrifttum: Mayr, aaO Rz 8; Matscher, aaO Rz 157) ausgeführt hat (3 Nd 517/00; 7 Nd 504/01) - als Redaktionsversehen zu beurteilen ist, weil er sonst nicht in der Lage wäre, seine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung durchzuführen (Matscher, aaO). Ein derartiger Mangel ist hiebei auch nicht verbesserungsfähig (3 Nd 508/00; 3 Nd 517/00; 7 Nd 504/01; 10 Nd 510/01). Letztlich hat aber die Klägerin - wie bereits einleitend bei Wiedergabe ihres Klagevorbringens ausgeführt - ihren Ordinationsantrag ohnedies ausdrücklich nur für den Fall der Verneinung der Zuständigkeit des angerufenen Prozessgerichtes gestellt (zur Zulässigkeit eines solches Eventualantrages siehe 4 Ob 32/97b und 2 Nd 515/99): Ist aber bereits ein inländisches Gericht angerufen worden, so kann daher erst dann ordiniert werden, wenn dieses Gericht seine Zuständigkeit rechtskräftig verneint hat (Mayr, aaO Rz 2; Matscher, aaO Rz 172; RIS-Justiz RS0046443).

Da nach der hier maßgeblichen Aktenlage das vom Kläger - primär und ausdrücklich unter Hinweis auf § 88 Abs 1 JN - angerufene Erstgericht bislang seine (örtliche) Zuständigkeit nicht rechtskräftig verneint - ja hierüber bislang überhaupt noch nicht beschlussmäßig entschieden (3 Nd 6/99) - hat, liegen somit schon deshalb die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN nicht vor (2 Nd 515/99; 10 Nd 502/00), weshalb spruchgemäß zu entscheiden war (3 Nd 509/99; 10 Nd 502/00).

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