OGH 9ObA77/01s

OGH9ObA77/01s5.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Dr. Anton Wladar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Stefan R*****, Wachorgan, ***** vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei ***** C***** & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen S 66.525 brutto sA (Revisionsinteresse S 55.881 brutto), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Jänner 2001, GZ 12 Ra 246/00h-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 9. März 2000, GZ 17 Cga 161/99f-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird zum Teil Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der unangefochtenen Teile insgesamt zu lauten haben:

"Die Klageforderung besteht mit S 7.983 brutto samt 8,5 % Zinsen seit 6.3.1998 zu Recht.

Die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung von S 12.500 besteht bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht.

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 66.525 brutto samt 8,5 % Zinsen seit 6.3.1998 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 31.699,44 (darin S 5.283,24 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 9.471,76 (darin S 1.578,63 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, ein begünstigter Behinderter iS des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), war bei der Beklagten ab 1. 1. 1991 als Wachorgan beschäftigt. Mit Schreiben der Beklagten vom 3. 2. 1995 wurde der Kläger "bis auf weiteres" vom Dienst suspendiert; am 6. 6. 1995 wurde er entlassen. Im daraufhin vom Kläger gegen die Beklagte angestrengten Feststellungsprozess wurde auf Grund der am 9. 8. 1996 zugestellten Berufungsentscheidung vom 9. 7. 1996, die unbekämpft blieb, rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 6. 6. 1995 hinaus besteht. Der Kläger wurde von der Beklagten zu keinen weiteren Arbeitsleistungen mehr herangezogen. Am 13. 9. 1996 beantragte die Beklagte vielmehr beim Bundessozialamt für Oberösterreich die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 5. 6. 1997 stattgegeben. Der vom Kläger dagegen erhobenen Berufung gab die Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales keine Folge. Daraufhin sprach die Beklagte am 19. 2. 1998 die Kündigung des Klägers mit 5. 3. 1998 aus. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 25. 8. 1998 den Bescheid der Berufungskommission auf, die jedoch ihrerseits der Berufung des Klägers auch im zweiten Rechtsgang mit Bescheid vom 18. 2. 1999 neuerlich nicht Folge gab.

Die dagegen abermals vom Kläger an den Verwaltungsgerichtshof

erhobene Beschwerde blieb schließlich erfolglos; der Kläger wurde mit

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. 9. 1999 verpflichtet,

der Beklagten als mitbeteiligter Partei Aufwendungen in der Höhe von

S 12.500 binnen zwei Wochen zu ersetzen. Die Zustellung an den

Klagevertreter erfolgte am 20. 10. 1999. In einem weiteren Vorprozess

zwischen den Parteien wies der Oberste Gerichtshof das

Feststellungsbegehren des Klägers, dass das Arbeitsverhältnis

zwischen den Parteien über den 5. 3. 1998 hinaus bis 22. 6. 1999

aufrecht bestehe, ab (8 ObA 7/00p = DRdA 2000/21 [Strasser]).

Der Kläger, der aus dem Urlaubsjahr (= Kalenderjahr) 1993 noch einen

offenen Resturlaub von 12 Arbeitstagen hatte, konsumierte in den folgenden Jahren bis zur Kündigung zum 5. 3. 1998 keinen Urlaub (auf Grund ausdrücklicher Vereinbarung). Sein jährlicher Urlaubsanspruch betrug 27 Arbeitstage. Anlässlich der Kündigung zum 5. 3. 1998 zahlte ihm die Beklagte eine Urlaubsentschädigung von S 63.864 brutto für 72 Arbeitstage (auf der Grundlage einer der Höhe nach unstrittigen Urlaubsentschädigung von S 887 brutto pro Tag). In den Zeiträumen vom 29. 1. bis 4. 2. 1995, 9. 6. bis 19. 12. 1995, 28. 9. bis 3. 10. 1996 und 19. 2. bis 5. 3. 1998 befand sich der Kläger im Krankenstand.

Die Beklagte räumte dem Kläger zur Begleichung ihrer Gegenforderungen von insgesamt S 299.157,73 (darin enthalten auch S 12.500 Aufwendungen der Beklagten als mitbeteiligter Partei auf Grund der VwGH-Beschwerde des Klägers) eine Frist bis 14. 3. 2000 bei sonstiger Klage- bzw Exekutionsführung ein. Schluss der Verhandlung erster Instanz war im vorliegenden Verfahren der 9. 3. 2000.

Der Kläger begehrte nach Einschränkung seines Klagebegehrens zuletzt S 66.525 brutto sA an restlicher Urlaubsentschädigung (147 Arbeitstage [hievon 12 Arbeitstage aus 1993, 5 x 27 Arbeitstage aus den Jahren 1994 bis 1998] a S 887 brutto, abzüglich bereits bezahlter S 63.864 brutto für 72 Arbeitstage). Der Urlaubsanspruch sei infolge seiner Krankenstände nicht verjährt. Die Gegenforderungen der Beklagten seien noch nicht fällig, weil ihm eine Zahlungsfrist bis 14. 3. 2000 eingeräumt worden sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Urlaubsanspruch des Klägers verjährt und verfristet sei. Der Kläger habe aber ohnehin keinen offenen Urlaub mehr, weil ihm die Dienstfreistellung ausreichende Erholungsmöglichkeiten geboten habe. Im Übrigen wendete die Beklagte gegen die Klageforderung aufrechnungsweise (der Höhe nach unstrittige) Gegenforderungen von S 163.048,93 und S 123.608,80 (Leistung und Kosten aus einem Vorprozess; § 61 ASGG) sowie S 12.500 (Aufwendungen der Beklagten als mitbeteiligte Partei auf Grund der VwGH-Beschwerde des Klägers) ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 7.983 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von S 58.542 brutto sA ab. Unter Zugrundelegung der getroffenen Tatsachenfeststellungen vertrat es die Rechtsauffassung, dass die Parteien während der Dienstfreistellung des Klägers keine Urlaubsvereinbarung getroffen haben. Die Urlaubsansprüche des Klägers aus den Jahren 1993 bis 1995 seien verjährt; von den noch nicht verjährten Urlaubsansprüchen des Klägers aus den Jahren 1996 bis 1998 im Ausmaß von insgesamt 81 Urlaubstagen seien bereits 72 Tage von der Beklagten durch Gewährung einer Urlaubsentschädigung in der Höhe von S 63.864 brutto abgegolten worden; es verbleibe sohin nur mehr ein offener Betrag von S 7.983 brutto sA. Die Gegenforderungen der Beklagten seien zufolge Vorliegens einer reinen Stundung bei Schluss der Verhandlung noch nicht fällig und daher auch nicht aufrechenbar gewesen.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge, änderte jedoch infolge Berufung der Beklagten das Ersturteil im Sinne der vollständigen Abweisung des Klagebegehrens von S 66.525 brutto sA ab. Die am 3. 2. 1995 ausgesprochene Dienstfreistellung des Klägers habe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 5. 3. 1998 gegolten. Die Beklagte habe damit zu erkennen gegeben, dass die Erfordernisse des Betriebes jede vom Kläger gewünschte Urlaubsvereinbarung ermöglicht hätten. Zwar habe die tatsächliche Kündigungsfrist des Klägers nur zwei Wochen betragen; zwischen der Antragstellung auf Zustimmung zur Kündigung (13. 9. 1996) und dem Ausspruch der Kündigung (19. 2. 1998) seien aber 17 Monate gelegen, in denen die Beklagte ausschließlich die Kündigung des Klägers betrieben habe. Hierin sei das schlüssige Anbot beliebiger Urlaubsvereinbarungen an den Kläger enthalten gewesen. Es wäre daher allein an ihm gelegen, seinen restlichen Urlaub zu konsumieren. Berücksichtige man, dass von den nicht verjährten 81 Arbeitstagen ohnehin bereits 72 Tage von der Beklagten abgegolten worden seien, könne die Zumutbarkeit des Verbrauches der restlichen 9 Arbeitstage nicht in Zweifel gezogen werden. Dem Kläger gebühre daher keine weitere Urlaubsentschädigung mehr. Er habe das Urlaubsanbot der Beklagten im Wege tatsächlicher Entsprechung nach § 864 ABGB angenommen. Die ordentliche Revision sei gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob in einer mindestens dreimonatigen Dienstfreistellung nach Einleitung des Kündigungsverfahrens beim Bundessozialamt gegenüber einem begünstigten Behinderten das unbefristete Anbot zum Abschluss von Urlaubsvereinbarungen enthalten sei.

Gegen die Berufungsentscheidung, soweit damit ein Teilbetrag von S

55.881 brutto sA abgewiesen wurde, richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht das Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung unrichtig beurteilt hat; sie ist auch teilweise berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass der Zeitpunkt des Urlaubsantritts zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebs und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers vereinbart werden muss. Diese Vereinbarung hat so zu erfolgen, dass der Urlaub möglichst bis zum Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verbraucht werden kann (§ 4 Abs 1 UrlG). Die gesetzliche Notwendigkeit, eine solche Vereinbarung zu treffen, schließt die Annahme eines einseitigen Gestaltungsrechts des Arbeitgebers, etwa in der Form, dass er dem Arbeitnehmer den konkreten Urlaubsverbrauch und dessen zeitliche Lagerung vorschreibt, oder eines Gestaltungsrechts des Arbeitnehmers, etwa in der Form einer Erklärung, den Urlaub anzutreten, aus. Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, den Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Dauer anzutreten, ist darin nur ein Anbot zum Abschluss einer Vereinbarung iSd § 4 Abs 1 UrlG zu erblicken; das Gleiche gilt für ein derartiges Verlangen des Arbeitnehmers. Der Abschluss der Urlaubsvereinbarung bedarf sohin der übereinstimmenden Willenserklärung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Beginn (Antritt) und Ende (Dauer) des Urlaubs (Kuderna, Urlaubsrecht**2 § 4 Rz 1 ff und 7; Cerny, Urlaubsrecht7 § 4 Erl 1; Arb 10.196 ua).

Die Urlaubsvereinbarung ist an keine Form gebunden. Sie kann schriftlich oder mündlich, aber auch schlüssig zustande kommen (Kuderna aaO § 4 Rz 5; Cerny aaO § 4 Erl 1; ZAS 1996/19 [Vogt]; RIS-Justiz RS0053087). Entscheidend für die Annahme einer schlüssigen Zustimmung ist, dass für den Erklärungsempfänger kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln bestehen darf, dass der Erklärende eine Willenserklärung in einer bestimmten Richtung abgegeben hat (§ 863 ABGB; Schwimann/Apathy, ABGB**2 V § 863 Rz 1 ff). Dies ist jedoch bei einem Stillschweigen des Arbeitnehmers auf die bloß als Anregung aufzufassende, nicht näher bestimmte Aufforderung, den Urlaub zu verbrauchen, nicht der Fall (Kuderna aaO § 4 Rz 5).

Damit der Urlaub während des Arbeitsverhältnisses verbraucht werden kann, ist also zunächst der Abschluss einer gültigen Urlaubsvereinbarung iSd § 4 Abs 1 UrlG notwendig. Dies gilt auch für die Festlegung des Urlaubsverbrauchs während der Kündigungsfrist; auch in diesem Fall ist eine Vereinbarung erforderlich (Cerny aaO § 4 Erl 14; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht8 502; Arb 10.332). Eine derartige Vereinbarung im Sinne einer übereinstimmenden Willenserklärung der Parteien - sei es ausdrücklich oder schlüssig - kann allerdings den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnommen werden. Einseitige Freistellungen des Arbeitnehmers von der Arbeit können eine sonst fehlende Urlaubsvereinbarung nicht ersetzen (vgl Cerny aaO § 9 Erl 1; Dusak, ZAS 1985, 54 [56]). Richtig ist aber in diesem Zusammenhang, dass nach ständiger Rechtsprechung in einer Dienstfreistellung während einer Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten das unbefristete Anbot des Arbeitgebers zum Abschluss von Urlaubsvereinbarungen nach Belieben des Arbeitnehmers enthalten ist. Dies begründet eine Option für den Arbeitnehmer, auf Grund der er durch einseitige Erklärung, auch im Sinne einer stillen Annahme gemäß § 864 ABGB, dem Antrag des Arbeitgebers auch bloß tatsächlich entsprechen kann (ZAS 1996/18 [Vogt] = DRdA 1996/23 [Kerschner]; ZAS 1996/19 [Vogt]; Arb 11.733). Das Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung wird damit bei einer bestimmten Ausgangslage - stets abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls - zumindest erleichtert.

Im vorliegenden Fall ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die besondere Konstellation der Dienstfreistellung während einer mindestens dreimonatigen Kündigungsfrist gar nicht vorliegt. Die Dienstfreistellung erfolgte bereits lange vor einer wirksamen Beendigungserklärung des Arbeitgebers; die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar; die Dienstfreistellung erfolgte auch nur "bis auf weiteres"; die Kündigungsfrist betrug auch nicht mindestens drei Monate.

Davon abgesehen unterliegt aber die vom Berufungsgericht angenommene "stille Annahme" gemäß § 864 ABGB gewissen Voraussetzungen und ist nicht ohne weiteres eine automatische Folge einer vom Arbeitgeber einseitig verfügten Dienstfreistellung des Arbeitnehmers. Allgemein gilt für die stille Annahme, dass der Vertrag zustandekommt, wenn eine ausdrückliche (aber auch schlüssige) Erklärung der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist, aber dem Antrag innerhalb der hiefür bestimmten oder den Umständen angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist (§ 864 ABGB). Die stille Annahme erfolgt durch eine nicht empfangsbedürftige Willensbetätigung und erübrigt eine dem Antragsteller zugehende ausdrückliche oder schlüssige Willenserklärung des Oblaten. Bloßes Stillschweigen gilt allerdings nicht als stille Annahme iSd § 864 ABGB. Als Willensbetätigung setzt die stille Annahme neben der Annahmehandlung (Betätigung) auch einen wirklichen Annahmewillen des Oblaten voraus (P. Bydlinski, JBl 1983, 169 [176]; Schwimann/Apathy, ABGB**2 V § 864 Rz 1 ff, 5; Kerschner in DRdA 1996/23, 303).

Beides ist jedoch im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen. Eine faktische Annahmehandlung iSd § 864 ABGB ersetzt eine Willenserklärung nur dann, wenn sie sich als nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte übliche Reaktion auf ein vorliegendes Anbot darstellt (RIS-Justiz RS0081743). Der Kläger hat aber kein derartiges Verhalten gesetzt, das als Reaktion auf das Anbot auf Abschluss einer Urlaubsvereinbarung gewertet werden kann, geschweige denn den subjektiven Willen gehabt, Urlaub verbrauchen zu wollen. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Vertragsschlusses nach § 864 ABGB sind daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht gegeben. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichtes, die eigentlicher Anlass für die Zulassung der Revision waren, dass nämlich eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob in einer mindestens dreimonatigen Dienstfreistellung nach Einleitung des Kündigungsverfahrens beim Bundessozialamt gegenüber einem begünstigten Behinderten das unbefristete Anbot zum Abschluss von Urlaubsvereinbarungen enthalten sei, braucht daher gar nicht mehr eingegangen werden. Selbst wenn ein derartiges Anbot vorläge, wäre es - nach den Feststellungen - vom Kläger nicht angenommen worden. Der lediglich "bis auf weiteres" vom Dienst entbundene Kläger hat weder einen Urlaub willentlich verbraucht noch ist je eine Urlaubsvereinbarung der Parteien ausdrücklich oder schlüssig oder durch Willensbetätigung zustandegekommen.

Kamen aber keine Urlaubsvereinbarungen zwischen den Parteien zustande, ist zu prüfen, welche Urlaubsansprüche des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch aufrecht waren. Der Urlaubsanspruch verjährt nämlich nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist (§ 4 Abs 5 UrlG); der Lauf der Verjährungsfrist beginnt demnach mit dem Ende des Urlaubsjahres. Nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist kann der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht mehr im Klageweg durchsetzen (Kuderna aaO § 4 Rz 35; Cerny aaO § 4 Erl 27). Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist setzt die objektive Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs voraus (Kuderna aaO § 4 Rz 35). Kann ein Arbeitnehmer infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen Urlaub nicht verbrauchen, dann ist die Verjährung des Urlaubsanspruches nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB (§§ 1494 ff) seit Beginn des Krankenstandes gehemmt. Die Verjährungsfrist kann bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ablaufen (DRdA 2001/1 [Kuderna]). Nicht verbrauchte Urlaube (Urlaubsreste) können so lange auf weitere Urlaubsjahre übertragen werden, als sie nicht verjährt sind. Diese Übertragung ist an keine besonderen Voraussetzungen gebunden (Cerny aaO § 4 Erl 28; Schwarz/Löschnigg aaO 506; Arb 10.334). Werden Restansprüche auf folgende Jahre übertragen, so ist ein im neuen Urlaubsjahr angetretener Urlaub auf den übertragenen anzurechnen, um ein Horten des Urlaubs zu vermeiden (Dusak in ZAS 1985, 54 [60]; Arb 10.334).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Kläger durch mehrere Krankenstände zeitweise daran gehindert, seinen offenen Urlaub zu verbrauchen; dem stehen allerdings krankenstandsfreie Zeiträume gegenüber, in denen ein derartiges Hindernis nicht bestanden hat. Davon, dass der restliche Urlaub aus dem Urlaubsjahr 1993 verjährt ist, geht sogar der Kläger aus. Verjährt sind aber auch seine Urlaubsansprüche aus den Jahren 1994 und 1995. Dazu kann zunächst auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Auf die Überlegungen des Revisionswerbers, ob ein Krankenstand eine Fortlaufs- oder Ablaufhemmung (vgl hiezu DRdA 2001/1 [Kuderna]) bewirkt, kommt es gar nicht an. Selbst im Falle einer Fortlaufshemmung wären die Urlaubsansprüche aus den Jahren bis einschließlich 1995 verjährt. Dem Revisionswerber sei nur ergänzend entgegengehalten, dass er bei seinen Berechnungen dem Irrtum unterliegt, auch solche Krankenstandszeiten als objektiv hindernd heranzuziehen, die schon vor Beginn der Verjährung des jeweiligen Jahresurlaubsanspruches liegen. So entstand beispielsweise der Urlaubsanspruch des Urlaubsjahres 1994 gemäß § 2 Abs 2 UrlG am Beginn des Urlaubsjahres, sohin am 1. 1. 1994. Die Verjährung des Urlaubsanspruches 1994 begann hingegen gemäß § 4 Abs 5 UrlG erst mit dem Ende des Urlaubsjahres, also am 1. 1. 1995 (Cerny aaO § 4 Erl 28). Folglich können aber bei der Prüfung der Hemmung der Verjährung des Urlaubsanspruches 1994 nur Krankenstände, die in die Verjährungsfrist fallen (also ab 1. 1. 1995) als hindernd in Betracht kommen, worauf auch die Revisionsgegnerin zutreffend hinweist. Die Zeit von der Entlassung am 6. 6. 1995 bis zur gerichtlichen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis weiter besteht, stellt entgegen der Ansicht des Revisionswerbers keinen Umstand dar, der den Urlaubsverbrauch - vergleichbar einem Krankenstand - objektiv hindern konnte. Der Revisionswerber lässt nämlich unbeachtet, dass die unbegründete Entlassung eines begünstigten Behinderten nicht wie sonst lediglich Ersatzansprüche begründet, sondern das Arbeitsverhältnis bestehen bleibt, weil sonst die Gefahr bestünde, dass der erweiterte Kündigungsschutz des BEinstG umgangen werden könnte (Ernst/Haller, BEinstG § 8 Erl 103 mwN; Kuderna, Entlassungsrecht**2 43; RIS-Justiz RS0052630).

Nach § 9 Abs 1 Z 3 UrlG (idF bis 31.12.2000 vor der Aufhebung durch das ARÄG 2000, BGBl I 2000/44) gebührt dem Arbeitnehmer jedenfalls die volle Urlaubsentschädigung, wenn das Arbeitsverhältnis nach Entstehung des Urlaubsanspruchs, jedoch vor Verbrauch des Urlaubs durch Kündigung seitens des Arbeitgebers mit weniger als dreimonatiger Kündigungsfrist beendet wird. Erst im Fall einer Kündigung mit dreimonatiger oder längerer Kündigungsfrist gebührt die Urlaubsentschädigung gemäß Z 4 leg cit nur unter der Voraussetzung, dass der Urlaub während der Kündigungsfrist nicht verbraucht werden konnte oder dem Arbeitnehmer der Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber eindeutig seine Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass dem Arbeitnehmer der Urlaubsverbrauch während einer kürzeren als dreimonatigen Kündigungsfrist keinesfalls zugemutet werden kann. Nur bei einer - hier allerdings nicht vorliegenden - Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten muss geprüft werden, ob der Verbrauch des Urlaubs während der Kündigungsfrist zumutbar ist (Kuderna aaO § 9 Rz 19 f; Cerny aaO § 4 Erl 14, § 9 Erl 4 und 9; Schwarz/Löschnigg aaO 503; Holzner in DRdA 1994/48, 510; ZAS 1991/7 [Pfeil]; Arb 10.000; infas 1999, A 71). Geht man nun davon aus, dass die Beklagte von dem bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses offenen Urlaubsanspruch des Klägers im Ausmaß von 81 Arbeitstagen bereits 72 Tage durch eine Urlaubsentschädigung abgegolten hat, bleiben sohin tatsächlich nur mehr 9 zu entschädigende Tage aus dem Urlaubsjahr 1998 (vgl zur Anrechnung Dusak in ZAS 1985, 54 [60]; Arb 10.334; RIS-Justiz RS0077513), deren Verbrauch innerhalb der unter drei Monaten liegenden Kündigungsfrist nicht zumutbar war.

Ein Verfall von Urlaubsansprüchen kommt außerhalb der Verjährung grundsätzlich nicht in Betracht (Kuderna aaO § 4 Rz 35; Cerny aaO § 4 Erl 27; Arb 10.334; RIS-Justiz RS0077520; vgl hiezu auch Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4 313 f). Der kollektivvertragliche Verfall der Urlaubsentschädigung wurde von der Beklagten, die sich nur auf die Verjährung und Verfristung des "Urlaubsanspruches" stützte (ON 3, AS 17), in erster Instanz nicht eingewendet. Der allfällige Ablauf kollektivvertraglicher Verfallsfristen ist nicht von Amts wegen, sondern nur über entsprechende Einwendung wahrzunehmen (EvBl 1990/45). Der Normzweck einer kollektivvertraglichen Verfallsfrist verlangt nicht, dass der Ablauf solcher Ausschlussfristen von Amts wegen wahrzunehmen ist. Die Ähnlichkeit des Zwecks dieser Normen mit den Bestimmungen über die Verjährung lässt vielmehr eine analoge Anwendung des § 1501 ABGB geboten erscheinen (Arb 10.819). Fraglich ist daher nur noch, ob dem restlichen Urlaubsentschädigungsanspruch des Klägers eine aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten gegenübersteht:

Wie bereits eingangs ausgeführt, wurde der Kläger mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. 9. 1999 verpflichtet, der Beklagten als mitbeteiligter Partei Aufwendungen von S 12.500 binnen 2 Wochen zu ersetzen. Die Zahlung war zufolge der am 20. 10. 1999 erfolgten Zustellung des Erkenntnisses an den Klagevertreter am 3. 11. 1999 fällig. Mit Schreiben vom 29. 2. 2000 wurde jedoch dem Kläger (zusammen mit anderen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten) eine (erst nach dem Schluss der Verhandlung vom 9. 3. 2000 endende) Zahlungsfrist bis 14. 3. 2000 eingeräumt. Durch die Stundung schon fälliger Verbindlichkeiten wird allerdings im Zweifel der objektive Verzug nicht beseitigt; es wird bloß die Geltendmachung, nicht aber die Fälligkeit hinausgeschoben (ÖBA 1990/234; RIS-Justiz RS0031962, RS0033283). Es handelt sich um eine so genannte "reine" Stundung (JBl 1982, 429; JBl 1993, 456; RIS-Justiz RS0017597). Diese steht nach herrschender Auffassung, da sich an der (bereits vorher eingetretenen) Fälligkeit der Forderung der Beklagten, mit der gegen die Forderung des Klägers aufgerechnet werden soll, nichts geändert hat, der Aufrechnung nicht entgegen (§ 1439 ABGB; Rummel in Rummel, ABGB**2 § 1439 Rz 7 mwN; Schwimann/Honsell/Heidinger, ABGB**2 VII § 1439 Rz 12 mwN; RIS-Justiz RS0020225).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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