OGH 10Ob29/01i

OGH10Ob29/01i20.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Produktions & Handels GmbH, ***** vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Hans A*****, Weinhändler, ***** vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz ua, Rechtsanwälte in Neusiedl am See, und den auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten 1. Hans S*****, 2. Walter S*****, und 3. Gerald S*****, alle vertreten durch Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OEG, Eisenstadt, wegen S 536.806,40 sA, Revisionsinteresse S 380.346,25, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2000, GZ 2 R 99/00v-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei hat den Beklagten mit der Fertigstellung eines Kirschwein-Vorprodukts und der Abfüllung beauftragt. Dafür wurden von der klagenden Partei Zutaten, Flaschen, Etiketten und Kartons beigestellt. Bei der Abfüllung durch die Nebenintervenienten wurde der Kirschwein verunreinigt, wodurch es zu einer Nachgärung gekommen ist.

In der Klage wurde vorgebracht, der entstandene Schaden setze "sich aus den Material- Herstellungs-, Verpackungs- Transport- und Vertriebskosten sowie dem Organisations- sowie Rettungsaufwand und aus entgangenem Gewinn zusammen" und betrage insgesamt S 913.520,-

(ohne USt). Darauf rechnete sich die klagende Partei einen Restwert des schadhaften Kirschweins (S 100.000,--) sowie eine Zahlung der beklagten Partei (S 200.000,--) an.

Die beklagte Partei erhob bereits in der Klagebeantwortung den Einwand, das Klagsvorbringen sei unschlüssig, weil sich in keiner Weise nachvollziehen lasse, wie sich der von der klagenden Partei behauptete Schaden von S 913.520,-- zusammensetze.

Nach Aufforderung durch das Erstgericht, den geltend gemachten Schaden inhaltlich zu konkretisieren, verwies die klagende Partei auf eine dem Gericht vorgelegte Aufstellung (Blg./A), die einen erwarteten "Umsatz" von S 913.520,-- netto aufzeigt. Ergänzend wurde von der klagenden Partei vorgebracht, dass das dem Beklagten zur Verarbeitung gelieferte Vorprodukt S 732.913,-- gekostet habe; diese Summe umfasse die gesamten Entstehungskosten des Teilprodukts inklusive Flaschen, Etiketten etc. Zur Aufschlüsselung hat die klagende Partei wiederum auf die Aufstellung (Blg./A) verwiesen, auf der der Nettobetrag von S 732.913,--, betragsmäßig aufgegliedert in einzelne Positionen wie Lagerkosten, Transportkosten, NPG Aufwand, Etiketten, Kartons, Zucker etc, unter dem Titel "Zwischenabrechnung" aufscheint.

In der Streitverhandlung vom 12. Jänner 2000 hat die klagende Partei ihr Klagebegehren um S 17.500,-- (Position "Konzentrat" laut Blg./A) und S 59.213,60 (Reduktion der Position "Wein 7 % alc. Herstellung" von S 184.299,84 auf S 125.086,24 aufgrund teilweiser Refundierung von Abfüll- bzw Verpackungskosten durch den Beklagten) auf S 536.807,-- sA eingeschränkt.

Während das Erstgericht dem eingeschränkten Klagebegehren mit Ausnahme S 536.806,40 sA stattgab, stellte das Berufungsgericht auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen umfangreichen Feststellungen Berechnungen über die Höhe des der klagenden Partei entstandenen "Aufwands" einschließlich entgangenen Gewinns an und gelangte zu einer Summe von S 533.173,75, die auch die Teibeträge von S 17.500,-- und S 59.213,60 enthält, um die die klagende Partei ihr Begehren im erstinstanzlichen Verfahren eingeschränkt hatte. Nach Abzug des Restwerts des Kirschweins (S 100.000,--) und der Zahlung der beklagten Partei von S 276.713,60 sprach das Berufungsgericht in Abänderung des Ersturteils einen Betrag von S 156.460,15 sA zu.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist es für die Substantiierung eines Schadenersatzanspruchs notwendig, dass nicht nur das rechtswidrige, schuldhafte und kausale Verhalten des Schädigers, sondern auch - neben dem ziffernmäßig bestimmten Begehren - die Art des eingetretenen Schadens behauptet wird (4 Ob 376/84; ArbSlg 10.427). Dabei muss bei Geltendmachung mehrerer Ansprüche in einer Klage jeder einzelne Anspruch ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein (RS0031014/T2). Fehlendes Vorbringen hiezu kann weder durch Verweis auf eine Urkunde (RIS-Justiz RS0017844/T2) noch durch eigene Berechnungen des Gerichts ersetzt werden.

Entscheidend bleibt somit, ob die Schlüssigkeit des Klagsvorbringens gegeben ist. Da dies nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden kann, stellt die Schlüssigkeitsfrage grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar. Nur eine krasse Fehlbeurteilung der Schlüssigkeit durch das Berufungsgericht könnte die Zulässigkeit der Revision begründen (RIS-Justiz RS0037780). Eine solcherart qualifizierte Unrichtigkeit zu Lasten der klagenden Partei haftet dem Berufungsurteil aber nicht an.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch die Frage, ob vom Berufungsgericht sogenannte "überschießende" Feststellungen berückschtigt werden können, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendungen halten, grundsätzlich keine über den vorliegenden Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung hat (3 Ob 127/99v; 4 Ob 190/00w; 7 Ob 185/00g).

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