OGH 9ObA209/00a

OGH9ObA209/00a18.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Peter Scherz und MR Mag. Dorit Tschögele als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Herbert H*****, derzeit ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Leopold S***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,032.400,23 brutto und Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert S 100.000,--), über den Rekurs (Rekursinteresse S 763.538,23) der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. April 2000, GZ 11 Ra 88/00s-46, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Oktober 1999, GZ 16 Cga 129/98s-33, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird, soweit er sich auf die Ansprüche auf Kündigungsentschädigung (S 368.862,-- sA) und anteilige Sonderzahlungen für die Monate Jänner bis Juni 1998 (S 40.385,-- sA) bezieht, aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst mit Teilurteil wie folgt zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 33.654,17 brutto samt 8,5 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 1. 7. 1998 zu zahlen.

Hingegen wird das weitere Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 375.592,83, nämlich S 368.862 an Kündigungsentschädigung und S 6.730,83 an anteiligen Sonderzahlungen, samt 8,5 % Zinsen seit 1. 7. 1998 zu zahlen, abgewiesen.

Im Übrigen, d.i. hinsichtlich eines Betrages von S 254.291,23 sA und der Ausstellung eines Dienstzeugnisses, wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, welcher begünstigter Behinderter im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes ist, war vom 1. 6. 1991 bis zum 30. 6. 1998 bei der beklagten Partei beschäftigt. Er war zuletzt seit 6. 4. 1998 in Krankenstand. Mit Fax vom 30. 6. 1998 erklärte er den vorzeitigen Austritt. Ihm wurde von der beklagten Partei ein Dienstzeugnis vom 1. 7. 1998 mit folgendem Inhalt übermittelt:

"Dienstzeugnis. Herr Herbert H*****, geboren am ..., wohnhaft in ..., war in unserer Firma vom 1. Juni 1991 bis 30. Juni 1998 als Buchhalter beschäftigt. Sein Aufgabengebiet beinhaltete im Wesentlichen: Buchhaltung, Lohnverrechnung, Personalwesen und allgemeine Bürotätigkeiten. Herr H***** hat die ihm übertragenen Aufgaben erfüllt und scheidet nun aus unserer Firma aus. Wir danken Herrn H***** für seine Mitarbeit in unserer Firma".

Im gegenständlichen Rechtsstreit begehrte der Kläger zunächst die Zahlung eines Betrages von S 1,032.400,23 brutto sA (und zwar:

Abfertigung in Höhe von 9 Monatsentgelten a S 61.477,--, zusammen S 553.293,--; Kündigungsentschädigung in Höhe von 6 Monatsentgelten a S 61.477,--, zusammen S 368.862,--; aliquote Sonderzahlungen für 1. 1. bis 30. 6. 1998 auf Grund des "Kollektivvertrages für die Angestellten der Sägeindustrie" und _ 16 AngG, nämlich S 40.385 x 2 :

12 x 6, zusammen S 40.385; sowie Urlaubsentschädigung für 25 Arbeitstage S 69.869,23) sowie die Ausstellung eines Dienstzeugnisses, wonach er vom 1. 6. 1991 bis 31. 5. 1994 als Buchhalter und Lohnverrechner mit den Agenden des gesamten Rechnungswesens beschäftigt gewesen und mit Wirkung vom 1. 6. 1994 zum Leiter des Rechnungswesens bestellt worden sei, was auch die Leitung der Personalabteilung beinhaltet habe.

Er sei am 30. 6. 1998 berechtigt ausgetreten, weil er die Arbeit ohne Schaden für seine Gesundheit nicht mehr habe fortsetzen können und ein Arbeitsantritt am 1. 7. 1998 eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zur Folge gehabt hätte; die Zuweisung eines vertragsgemäßen Ersatzarbeitsplatzes sei nicht in Frage gekommen (_ 26 Z 1 AngG). Die Beklagte habe aber auch ihre Fürsorgepflichten und somit wesentliche Vertragsbestimmungen verletzt (_ 26 Z 2, gleichzeitig auch Z 3), indem sie den Kläger trotz dessen Arbeitsüberlastung zur Ableistung arbeitszeitrechtlich verbotener Überstunden angehalten habe. Weiters liege auch der Austrittsgrund des _ 26 Z 4 AngG vor, weil die Geschäftsführung der beklagten Partei die guten Sitten durch Beschimpfungen des Klägers und Ausübung von Psychoterror verletzt habe. So sei seit Jänner 1998 systematisch versucht worden, den Kläger zu provozieren und zu einer freiwilligen Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu veranlassen, um einer anderen Mitarbeiterin die Stelle des Klägers verschaffen zu können.

Das ihm ausgestellte Dienstzeugnis sei falsch und lückenhaft, die Formulierungen seien teilweise überflüssig bzw unzulässig.

Die beklagte Partei stellte (unter anderem) zuletzt die Höhe des Bruttogehalts von S 40.385,-- (exklusive Überstunden) außer Streit, beantragte jedoch die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, dass der Austritt des Klägers nicht nur unberechtigt, sondern auch verspätet, nämlich zumindest zweieinhalb Monate nach Bekanntwerden eines allfälligen Austrittsgrundes, erfolgt sei. Nicht die beklagte Partei, sondern der Kläger selbst habe versucht, eine Beendigung des Dienstverhältnisses herbeizuführen, jedoch in diesem Zusammenhang überzogene Forderungen gestellt. Unrichtig sei, dass gegen den Kläger mit "Mobbing" vorgegangen worden sei. Der Kläger sei zwar mit fast allen Mitarbeitern der beklagten Partei nicht ausgekommen, doch sei dies einzig und allein auf seine streitsüchtige Art zurückzuführen, welche sich in Form von Streitigkeiten mit Nachbarn auch in sein Privatleben hinein ausgewirkt habe. Er habe seine Arbeit zuletzt nicht mehr ordnungsgemäß verrichtet und sowohl den Seniorchef als auch dessen Söhne beschimpft und abfällige Bemerkungen über diese Personen gegenüber anderen Mitarbeitern getätigt. Auf Grund der vom Kläger während seines Krankenstandes entfalteten Aktivitäten habe die beklagte Partei zu Recht Zweifel an der Berechtigung seines Krankenstandes gehabt und daher während dieser Zeit mehrmals das Gespräch mit ihm gesucht. Beim Kläger liege nur ein vorübergehendes Krankheitsbild vor, welches sich aus verschiedenen Faktoren zusammensetze und keinesfalls nur aus beruflicher Belastung bestehe. Es sei ihm auch ein anderer Arbeitsplatz mit anderem Umfeld angeboten worden, dazu sei es aber nicht mehr gekommen. Mit 1. 7. 1998 sei der Kläger wieder gesund geschrieben worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise mit einem Betrag von S 377.013,22 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 655.386,98 brutto sA ab. Auch dem Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses wurde teilweise Folge gegeben. In Ergänzung des unstrittigen Sachverhalts traf es folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war im Betrieb der beklagten Partei für die Buchhaltung, die Lohnverrechnung, das Personalwesen und allgemeine Bürotätigkeiten zuständig. Er war Leiter des Rechnungswesens, soweit dieses die Buchhaltung betraf, Warengeschäfte wickelte er aber nicht ab. Er war auch mit der Führung von Einstellungsgesprächen betraut. Im Juli 1994 unterschrieb der damalige Geschäftsführer ein vom Kläger aufgesetztes Dekret, wonach dieser zum Leiter des Rechnungswesens bestellt wurde. De facto war der Kläger allerdings nicht Leiter des Rechnungswesens, da er einerseits weder Warengeschäfte durchführte, andererseits auch die Überprüfung der Exportpapiere nicht in seine Kompetenz fiel. Das Verhältnis des Klägers zu seinen Mitarbeitern war so lange gut, als diese ihre Arbeiten so verrichteten, wie der Kläger es wünschte. Wenn allerdings Mitarbeiter eigene Vorschläge machten und Arbeiten anders ausführten, gab der Kläger diesen Mitarbeitern lautstark zu verstehen, dass sie die Arbeiten so zu verrichten hätten, wie er dies wünsche. Er wollte während der Zeit seiner Beschäftigung im Betrieb der beklagten Partei den Eindruck vermitteln, die wichtigste Person im Unternehmen nach dem Seniorchef zu sein.

Anfang Februar 1998 wurde Monika E***** bei der beklagten Partei eingestellt. Sie sollte die Buchhaltung für ein Werk in Amstetten erledigen und im normalen Geschäftsalltag mithelfen. Außerdem sollte ihre Einstellung bewirken, dass die Überstunden - so auch die des Klägers - im Büro abgebaut werden. Der Kläger war mit der Einstellung dieser Mitarbeiterin nicht einverstanden und warf ihr vor, ein Spitzel der Familie S***** (= Geschäftsführer-Gesellschafter) zu sein. Er ging davon aus, dass ihm diese Mitarbeiterin nach einer Einarbeitungszeit "vor die Nase gesetzt werden sollte". Der Kläger teilte daraufhin dieser Mitarbeiterin keine Arbeit zu und verhinderte auch, dass sie von anderer Seite Arbeit erhielt, sodass sie nicht ausgelastet war. Am 3. 4. 1998 kam es im Büro zu einer Besprechung. Dabei fragte der Geschäftsführer, wie die immer noch anfallenden Überstunden wegzubekommen seien. Er wies insbesondere darauf hin, dass E***** eigentlich deswegen eingestellt worden sei. Der Kläger fühlte sich durch diese Äußerung des Geschäftsführers angegriffen und weigerte sich in der Folge, auf seine Überstunden zu verzichten.Es entwickelte sich eine hitzige Diskussion mit dem Geschäftsführer, in dessen Zuge der Kläger auch darauf hinwies, dass er in den Krankenstand gehen werde. Tatsächlich befand er sich dann vom 6. 4. bis 30. 6. 1998 im Krankenstand. Während dieses Krankenstandes entwickelte sich ein reger Schriftverkehr zwischen dem Kläger und der beklagten Partei, wobei vor allem der Kläger einen mit zunehmender Dauer des Krankenstandes und mit zunehmender Anzahl der Schreiben bzw Faxe immer raueren Ton anschlug. Die Beklagte forderte den Kläger im Zuge dieses Schriftverkehrs auch auf, entsprechende weitere Bestätigungen über seinen Krankenstand vorzulegen. Der Kläger übermittelte daraufhin mehrmals Bestätigungen, aus denen hervorging, dass er sich noch im Krankenstand befinde. Am 25. 4. 1998 suchte der Seniorchef Leopold S***** den Kläger in dessen Wohnung auf, nachdem er zuvor mit ihm telefoniert hatte. Bei diesem Besuch sprachen die Beiden über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnises. Der Kläger wollte eine Auflösung seines Dienstverhältnisses zum 30. 9. 1998 unter Anrechnung von 15 Vordienstjahren hinsichtlich Abfertigung und Urlaub. Leopold S***** sen. gab zur Antwort, dass er diesen Vorschlag noch mit seinen Söhnen besprechen müsse. Eine Einigung über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses kam bei diesem Gespräch nicht zustande.

Bereits am 27. 4. 1998 teilte der Kläger der Beklagten schriftlich einen neuen Vorschlag mit, nämlich das Arbeitsverhältnis zum 31. 12. 1998 unter Anrechnung von 18 Vordienstjahren einvernehmlich aufzulösen. Auch dieser Vorschlag wurde von der beklagten Partei nicht angenommen. Nachdem der Kläger von der Chefärztin der Gebietskrankenkasse für die Zeit ab 1. 7. 1998 wieder gesund geschrieben war, erklärte er mit Fax vom 30. 6. 1998 seinen vorzeitigen Austritt. Bereits mit Schreiben vom 14. 4. 1998 hatte die beklagte Partei dem Kläger mitgeteilt, dass sie nach dem Ende dessen Krankenstandes eine Umstrukturierung vornehmen wolle und ihn daher ersuche, sich nach Ende des Krankenstandes entweder beim Geschäftsführer Franz S***** oder Leopold S***** zu melden, um über seinen neuen Arbeitsplatz im Büro zu sprechen. Grund des Krankenstandes des Klägers war ein Burn-out-Syndrom. Daran litt der Kläger schon seit Jahren; Anfang April 1998 kam es im Zusammenhang damit zu einem Ausbruch in Gestalt eines Nervenzusammenbruchs. Die Ursache für den Erschöpfungszustand war einerseits die Situation am Arbeitsplatz, andererseits auch die belastende Situation im Wohnblock des Klägers, wo es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihm und seinen Nachbarn gekommen war. Wenn der Kläger am 1. 7. 1998 seine Arbeit wieder aufgenommen hätte, hätte dies das Risiko eines Rückfalls erhöht. Daran hätte auch die Versetzung des Klägers in eine andere Abteilung nichts geändert. Obwohl der Kläger formell per 1. 7. 1998 gesund geschrieben war, war er zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitsfähig.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht den Austrittsgrund des _ 26 Z 1 AngG für gegeben. Bei einer weiteren Ausübung von Arbeiten für die beklagte Partei sei eine Verschlechterung des psychischen Zustandes des Klägers zu erwarten gewesen, somit habe eine Gefährdung seiner Gesundheit als Dauerzustand bestanden. Treffe den Arbeitgeber das alleinige Verschulden am vorzeitigen Austritt, so behalte der Arbeitnehmer seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, welcher bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung seitens des Arbeitgebers hätte verstreichen müssen. Da der Kläger begünstigter Behinderter sei, sei als Kündigungsfrist gemäß _ 21 AngG eine solche von sechs Monaten heranzuziehen (DRdA 1993, 466). Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger bereits Anfang Mai 1998, also zwei Monate vor der tatsächlichen Austrittserklärung, in der Lage gewesen sein, den Austritt zu erklären und ihn überdies ein Mitverschulden insoweit treffe, als er durch seine streit- und herrschsüchtige Art zur Verschlechterung des belastenden Arbeitsklimas beigetragen und sich auch im Privatleben in Streitigkeiten habe verwickeln lassen, welche ebenfalls zum Ausbruch des Erschöpfungszustandes beigetragen hätten. Gemäß _ 32 AngG sei daher eine Verschuldensteilung zwischen Kläger und beklagter Partei vorzunehmen, wobei ein Ersatz nach freiem Ermessen des Gerichtes gebühre. Der Kläger habe Anspruch auf Zahlung von drei Monatsentgelten Abfertigung (S 141.512,50), drei Monatsentgelten Kündigungsentschädigung (S 141.512,50), anteiligen Sonderzahlungen von S 40.385 und Urlaubsentschädigung von 25 Arbeitstagen in der Höhe von S 53.603,22. Diesen Berechnungen sei ein Grundgehalt von S 40.385 zuzüglich eines Deputats von S 55 monatlich, zusammen S 40.440, unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen von S 47.170,83, monatlich zugrunde zu legen.

Das von der Beklagten ausgestellte Dienstzeugnis sei unvollständig gewesen, weil darin die Funktion eines Leiters des Rechnungswesens sowie die Tätigkeit der Führung von Einstellungsgesprächen nicht aufschienen. Im Übrigen enthalte das Dienstzeugnis aber keine unzulässigen Formulierungen, welche in der Lage wären, dem Kläger die Erlangung einer neuen Stelle zu erschweren.

Dieses Urteil erwuchs hinsichtlich der Abweisung eines Betrages von S

368.862 brutto sA (Teil-Abfertigung in Höhe von sechs Monatsentgelten) in Rechtskraft.

Mit dem angefochenen Beschluss hob das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts in seinem klagestattgebenden Teil sowie bezüglich der Abweisung eines Teilbetrages von S 286.525 brutto auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück.

Es vertrat die Rechtsauffassung, dass dem Kläger, dessen diesbezügliche Beweis- und Mängelrügen verworfen worden waren, der Beweis für das Vorliegen der Austrittsgründe nach _ 26 Z 2 bis 4 AngG nicht gelungen sei. Weder sei hervorgekommen, dass die beklagte Partei wesentliche Vertragspflichtverletzungen (_ 26 Z 2 AngG) begangen habe, noch könne ein Verstoß gegen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers (_ 26 Z 3 AngG) erkannt werden. Abgesehen davon, dass allfällige Verstöße gegen den Dienstvertrag oder das Arbeitszeitgesetz nicht konkretisiert worden seien, könne sich der Kläger nicht darauf berufen, unzulässigerweise zur Leistung von Überstunden verhalten worden zu sein, zumal sogar eine weitere Mitarbeiterin zum Abbau von Überstunden eingestellt worden sei, der Kläger sich aber geweigert habe, eigene Überstunden aufzugeben und die neue Arbeitskraft dafür verstärkt einzusetzen. Weiters sei es dem Kläger auch nicht gelungen, die von ihm behaupteten "Mobbing"-Vorwürfe zu erhärten. Wohl habe das Erstgericht Feststellungen über eine Überprüfung des privaten Computers des Klägers unterlassen, doch könne darin weder eine Schikane ersehen werden, noch sei die Tatsachenrüge diesbezüglich überzeugend. Darüber hinaus liege in den Äußerungen der Geschäftsführung der Beklagten keinerlei Beschimpfung des Klägers oder Ausübung unzulässigen psychischen Drucks, von sich aus das Arbeitsverhältnis zu lösen. Die vom Erstgericht angestellten Erwägungen hinsichtlich eines Mitverschuldens im Sinne des _ 32 AngG hätten für die weiteren Betrachtungen schon deshalb auf sich zu beruhen, weil ein derartiger Einwand von der beklagten Partei nie erhoben worden sei.

Es bleibe daher nur noch der Austrittsgrund nach _ 26 Z 1 AngG zu prüfen, wobei, soferne die Voraussetzungen hiefür zuträfen, keine Verspätung anzunehmen sei. Sowohl Arbeitsunfähigkeit als auch Gesundheitsgefährdung bildeten nur dann einen Austrittsgrund, wenn es sich dabei um einen Dauerzustand handle. Für eine solche Beurteilung seien aber die vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen noch unzureichend. Obgleich der Kläger am 1. 7. 1998 noch nicht arbeitsfähig gewesen sei, sei daraus noch keine verlässliche Prognose auf einen länger andauernden Zustand abzuleiten, welcher dem im _ 139 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum entspreche.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, dass dem Kläger zusätzlich zu den vom Erstgericht zuerkannten S 377.013,22 sA weitere S 286.525 brutto sA zugesprochen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der im _ 26 Z 2 bis 4 AngG genannten Austrittsgründe zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (_ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Rekurswerbers entgegenzuhalten:

Der Kläger vermeint eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin zu erkennen, dass dieses - ohne ausdrückliche Rüge der beklagten Partei - ein zum Austritt des Klägers berechtigendes schuldhaftes Verhalten der Organe der beklagten Partei im Sinne des _ 26 Z 2 bis 4 AngG verneint habe. Ein solcher Mangel wurde geprüft, er liegt nicht vor. Der Kläger übersieht nämlich, dass im Ersturteil wohl davon die Rede ist, dass der Kläger im Falle seines durch den Arbeitgeber verschuldeten Austritts Anspruch auf Kündigungsentschädigung habe, das Urteil aber jedwede Feststellungen vermissen lässt, aus denen auf ein solches Verschulden geschlossen werden könnte. Mangels einer solchen Konkretisierung war die beklagte Partei daher auch nicht verhalten, über die generelle Bestreitung der Berechtigung des Austritts hinaus konkretes Gegenvorbringen zu erstatten. Soweit im Zusammenhang mit dem Vorliegen dieser Austrittsgründe von der beklagten Partei Verfahrensmängel und unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht wurden, hat das Berufungsgericht dies - für den Obersten Gerichtshof unüberprüfbar - verneint. Soweit der Kläger den Vorwurf aufrecht erhält, der Arbeitgeber habe ihn durch Vertrags- und Fürsorgepflichtverletzungen zum Austritt berechtigt, mangelt es diesbezüglich, wie vom Berufungsgericht schon zutreffend erkannt, an entsprechenden Feststellungen. Insbesondere ist nicht hervorgekommen, dass dem Arbeitgeber bekannt war, dass der Kläger etwa ein unzulässiges Ausmaß an Überstunden leistete. Festgestellt wurde vielmehr, dass der Kläger durch sein eigenes unkooperatives Verhalten gegenüber einer Mitarbeiterin den Abbau auch eigener Überstunden verhindert hat. Für die Annahme des Austrittsgrundes des _ 26 Z 4 AngG finden sich in den vom Berufungsgericht überprüften und für unbedenklich befundenen Feststellungen überhaupt keine Anhaltspunkte.

Nach dem klaren Wortlaut des _ 29 Abs 1 AngG behält der Angestellte, wenn den Arbeitgeber ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritt des Angestellten trifft, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Arbeitgeber hätte verstreichen müssen. Ein nur auf _ 26 Z 1 AngG gestützter Austritt vermag somit mangels eines dem Arbeitgeber zurechenbaren Verschuldens einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0028605 = 4 Ob 79/61, Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, AngG7 657 ff). Die Rechtssache erweist sich somit insoweit als entscheidungsreif, als ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung nicht zusteht. Da im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse das Verbot der reformatio in peius nicht gilt, konnte dieser Umstand anlässlich des nur von der klagenden Partei erhobenen Rekurses wahrgenommen werden. Der darauf entfallende Teilbetrag von S 368.862 sA war somit abzuweisen.

Teilweise berechtigt ist der Rekurs des Klägers auch insoweit, als das Berufungsgericht überdies hinsichtlich der begehrten Sonderzahlungen für die Zeit vom Jänner bis Juni 1998 mit einer Aufhebung vorgegangen ist, zumal diese Ansprüche von der Berechtigung des Austritts nicht abhängen. Falls nämlich der Angestellte Anspruch auf eine periodische Remuneration oder auf eine andere besondere Entlohnung hat, gebührt sie ihm gemäß _ 16 Abs 1 AngG, wenngleich das Dienstverhältnis vor Fälligkeit des Anspruches gelöst wird, in dem Betrage, der dem Verhältnisse zwischen der Dienstperiode, für die die Entlohnung gewährt wird, und der zurückgelegten Dienstzeit entspricht. Der Kläger kann seine diesbezüglichen Ansprüche auf _ 11 (Weihnachtsremuneration) und _ 12 (Sonderzahlung Urlaubsgeld) des hier anzuwendenden Rahmenkollektivvertrages für die Angestellten in Industrie und Gewerbe stützen. Nach einhelliger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0030306, zuletzt 9 ObA 295/98t) gebühren mangels abweichender Vereinbarung Sonderzahlungen aber nicht für Zeiten, für die keine Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltzahlung besteht, sofern nicht ein Kollektivvertrag oder eine andere, auf das jeweilige Arbeitsverhältnis einwirkende Norm, Gegenteiliges anordnet (8 Ob 264-266/94 = SZ 67/108). Aus dem Fehlen von ausdrücklichen Regelungen über die Aliquotierung oder ungekürzte Weitergewährung von Sonderzahlungen während des entgeltfreien Krankenstandes kann nicht erschlossen werden, dass die Kollektivvertragsparteien ungeachtet der grundsätzlichen Abgeltung auch der Sonderzahlungen durch den Krankengeldbezug die Sonderzahlungen für diesen Zeitraum ungekürzt weitergewähren wollten (RIS-Justiz RS0099990, zuletzt 9 ObA 2132/96m). Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Kläger vom 6. 4. bis 30. 6. 1998 im Krankenstand war. Gemäß _ 8 Abs 1 dritter Satz AngG hatte der Kläger auf Grund eines fünf Jahre übersteigenden Dienstverhältnisses einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von acht Wochen. Bis zum Austritt verblieb demnach noch ein weiterer, von einer Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers nicht umfasster Zeitraum von einem Monat. Daraus folgt, dass der Kläger aliquote Sonderzahlungen nicht für das gesamte erste halbe Jahr des Jahres 1998, sondern nur für fünf Monate anteilig begehren konnte. Ausgehend vom unstrittigen Bruttolohn des Klägers von zuletzt S 40.385 monatlich und einer zweimal jährlich erfolgenden Sonderzahlung verbleibt für die Zeit mit Entgeltzahlungspflicht ein anteiliger Betrag von S 33.654,17, welcher samt Zinsen zuzuerkennen war. Abzuweisen war hingegen der Teilbetrag von S 6.730,83 sA (das mit Teilurteil abzuweisende Klagebegehren ergibt sohin zusammen S 375.592,83).

Das Berufungsgericht geht in seiner nur noch den Austrittsgrund des _ 26 Z 1 AngG betreffenden Aufhebungsentscheidung von gefestigter Rechtsprechung aus, wonach sowohl die Arbeitsunfähigkeit als auch die Gefährdung der Gesundheit des Angestellten bei Fortsetzung einer bestimmten Tätigkeit einen Dauerzustand darstellen müssen (RIS-Justiz RS0028723, zuletzt 9 ObA 113/99d; RIS-Justiz RS0060144, insbesondere ZAS 1994, 133). Zutreffend verweist das Berufungsgericht auch darauf, dass eine Gesundheitsbeeinträchtigung erst dann zum Austritt berechtigt, wenn zu erwarten ist, dass sie über den im _ 139 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum andauern und den Arbeitnehmer an der Ausübung seiner vertraglich vereinbarten Tätigkeit hindern werde (ZAS 1994, 133). Ist aber die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, so kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu _ 519 mwN).

Diese Erwägungen treffen, abgesehen davon, dass der Rekurs diesbezüglich einen Rechtsmittelantrag vermissen lässt, auch auf die Aufhebung betreffend das Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses zu.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf _ 52 ZPO.

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