OGH 1Ob146/00b

OGH1Ob146/00b25.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus K*****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 343.635,83 S sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2000, GZ 14 R 14/00g-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. November 1999, GZ 33 Cg 28/96x-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Antrag der klagenden Partei auf Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften wird zurückgewiesen.

II. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.350 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Ihm wurde am 11. 8. 1994 in einem Zwangsversteigerungsverfahren eine Liegenschaft in Osttirol - vorbehaltlich der Genehmigung durch die Tiroler Grundverkehrsbehörde gemäß § 19 Abs 1 TGVG 1993 - zugeschlagen. Im Antrag auf Genehmigung des Zuschlags brachte der Kläger vor, der Eigentumserwerb diene nicht der Errichtung eines Freizeitwohnsitzes in Österreich, er plane vielmehr die Verlegung seines Wohnsitzes nach Österreich und wolle sich auf der ihm zugeschlagenen Liegenschaft - einem Baugrundstück - über eine schon bestehende Gesellschaft m. b. H kaufmännisch betätigen, was nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (im Folgenden kurz: EU) von großem wirtschaftlichen Interesse sein werde.

Mit Bescheid vom 18. 11. 1994 versagte die Grundverkehrsbehörde erster Instanz dem Rechtserwerb durch den Kläger die Zustimmung. Die Voraussetzungen des § 13 TGVG 1993 seien nicht erfüllt. Fraglich sei, "ob nicht durch den Rechtserwerb ein Freizeitwohnsitz geschaffen" werde, was den gesetzlichen Zielsetzungen zuwiderlaufe. Die Pflicht zur Gleichbehandlung bestimmter Ausländer nach dem EWR-Vertrag sei auf den Anlassfall noch nicht anzuwenden.

Die Landesgrundverkehrskommission gab der Berufung des Klägers mit Bescheid vom 12. 6. 1995 - nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens - nicht Folge. Der Kläger hatte sich im Rechtsmittel auf die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit nach Gemeinschaftsrecht und auf seine Erklärung, die zugeschlagene Liegenschaft nicht als Freizeitwohnsitz nutzen zu wollen, gestützt. Nach Ansicht der Behörde war § 3 TGVG 1993 seit dem 1. 1. 1995 anzuwenden. Danach seien die Staatsbürger anderer Mitgliedstaaten der EU Inländern gleichgestellt, soweit sich ein Rechtserwerb auf die Ausübung einer der Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts beziehe. Für den Nachweis dieser Voraussetzung trage ein EU-Ausländer die Beweislast. Einem Rechtserwerb sei daher nach § 14 Abs 1 TGVG 19993 die Genehmigung zu versagen, wenn der EU-Ausländer nicht glaubhaft gemacht habe, eine Liegenschaft nicht als Freitzeitwohnsitz ersteigert zu haben. Dem Antragsteller sei der erforderliche Nachweis nicht gelungen. Somit sei nicht erwiesen, dass der Rechtserwerb in der Tat einer unternehmerischen Tätigkeit im Inland in Ausübung der Niederlassungsfreiheit dienen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde des Klägers gegen den Bescheid der Grundverkehrsbehörde zweiter Instanz mit Erkenntnis vom 10. 5. 1996 als unbegründet ab. Der Verfassungsgerichtshof hob deren Bescheid dagegen mit Erkenntnis vom 25. 2. 1997 aufgrund einer Beschwerde des Klägers auf, weil er bereits mit Erkenntnis vom 10. 12. 1996 ausgesprochen habe, dass das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 (im Folgenden kurz: TGVG 1993) mangels einer regionalen oder sonst geeigneten Differenzierung in dessen § 14 Abs 1 und 2, wodurch in überschießender Weise in das Grundrecht der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs eingegriffen worden sei, verfassungswidrig gewesen sei. Im Zeitpunkt des letzteren Erkenntnisses war an die Stelle des TGVG 1993 mit Wirkung vom 1. 10. 1996 schon das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 getreten.

Der Kläger beantragte den Zuspruch von 343.635,83 S sA und brachte vor, die vom Verwaltungsgerichtshof gebilligte Versagung der Genehmigung des Eigentumserwerbs an der ihm im Zwangsversteigerungsverfahren zugeschlagenen Liegenschaft durch die Tiroler Grundverkehrsbehörde widerspreche der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit sowie dem allgemeinen Diskriminierungsverbot nach Art 6 EGV (jetzt Art 12 EG). Eine solche Maßnahme gefährde auch die Verwirklichung des Vertrags in dessen Art 5 EGV (nunmehr Art 10 EG), bezögen sich doch die grundverkehrsrechtlichen Übergangsregelungen nach Art 70 des österreichischen EU-Beitrittsvertrags bloß auf "Zweitwohnungen". Er habe indes beabsichtigt, auf der zugeschlagenen Liegenschaft den "Hauptwohnsitz" und ein "Büro" zur Entfaltung geschäftlicher Tätigkeit einzurichten. Das habe er im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde erklärt. Der ihm dort auferlegte Beweis, dass die erworbene Liegenschaft nicht als Freizeitwohnsitz dienen werde, "wie groß" sein Unternehmen sei, wie der Erwerb finanziert werde, "welche Struktur" sein Unternehmen habe "etc", sei diskriminierend gewesen, weil er Inländern nicht abverlangt werde. Die beklagte Partei habe für den auf die Verletzung von Gemeinschaftsrecht durch die Grundverkehrsbehörde gestützten Ersatzanspruch auf der Grundlage des Art 23 Abs 1 B-VG nach gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsgrundsätzen einzustehen. Der geltend gemachte Ersatzanspruch bestehe auch deshalb zu Recht, weil der Grundverkehrsbehörde und dem Verwaltungsgerichtshof "aufgrund des massiven Verstoßes gegen europarechtliche Bestimmungen ... eine offensichtlich willkürliche Nichtvorlage" gemeinschaftsrechtlicher Streitfragen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden kurz: EuGH) im Vorabentscheidungsverfahren zur Last falle. Jedenfalls der Verwaltungsgerichtshof, dessen Erkenntnisse im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr anfechtbar seien, wäre nach Art 177 EGV (nunmehr Art 234 EG) zur Anrufung des EuGH verpflichtet gewesen. Der Vermögensschaden des Klägers ergebe sich aus frustrierten Auslagen und Kosten für die Wohnung und das Büro in Deutschland, aus Verwaltungskosten, die er als einstweiliger Verwalter der zugeschlagenen Liegenschaft habe begleichen müssen, aus einem Mietzinsentgang und aus unbeglichenen Kosten der Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde und vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die beklagte Partei wendete ein, sie sei nicht passiv legitimiert, weil Angelegenheiten des Grundverkehrs in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache seien. Überdies sei in dem als Klagegrund herangezogenen grundverkehrsbehördlichen Verfahren Gemeinschaftsrecht nicht verletzt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren - nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH - ab. Seiner Ansicht nach sind die materiellrechtlichen Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes weder auf ein Fehlverhalten des Gesetzgebers noch auf "Akte des Verwaltungsgerichtshofs" als Grenzorgan der Vollziehung anzuwenden; der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch sei jedoch nach den prozessualen Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes geltend zu machen, "was sich insbesondere auf die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Durchsetzung eines solchen Anspruchs" beziehe. Die innerstaatliche Rechtsordnung sei so auszulegen, dass "dem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruch verholfen" werde. Nicht beizutreten sei einer "bisweilen in der Lehre vertretenen Auffassung, dass derartige Ansprüche unter den Art 137 B-VG" fielen. Die beklagte Partei sei allerdings nicht passiv legitimiert, habe doch der EuGH in der Vorabentscheidung ausgesprochen, "ein bundesstaatlich aufgebauter Mitgliedstaat" könne "seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch dann erfüllen, wenn nicht der Gesamtstaat den Ersatz der einem Einzelnen durch eine gemeinschaftsrechtswidrige innerstaatliche Maßnahmen entstandenen Schäden" sicherstelle. Somit sei aber die Haftungsfrage nach der innerstaatlichen Kompetenzaufteilung zu klären. Das Grundverkehrsrecht sei in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Das als Klagegrund behauptete Verhalten der Tiroler Grundverkehrsbehörde sei somit nicht dem Bund, sondern nur dem Land Tirol zuzurechnen. Demzufolge könne für den eingeklagten Ersatzanspruch nur das Land Tirol haften, sei es doch jene Gebietskörperschaft, "von der die behaupteten rechtswidrigen Akte oder Handlungen ausgegangen" seien. Daran könne auch die weitere Klagebehauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe die Einholung einer Vorabentscheidung rechtswidrig unterlassen, nichts ändern. Das vom Verwaltungsgerichtshof angewendete TGVG 1993 sei nach Ansicht des EuGH nicht gemeinschaftsrechtswidrig gewesen, wenn es - nach Ansicht der nationalen Instanzen - am 1. 1. 1995 dem österreichischen Rechtsbestand angehört habe. Das sei unzweifelhaft zu bejahen, weil es erst mit Wirksamkeit vom 1. 10. 1996 durch das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 abgelöst worden sei. Der Verfassungsgerichtshof habe erst am 10. 12. 1996 die seinerzeitige Verfassungswidrigkeit des TGVG 1993 ausgesprochen. Diese Feststellung wirke - mangels anderslautenden Ausspruchs - nicht zurück. Wäre ein Vorabentscheidungsverfahren schon vom Verwaltungsgerichtshof eingeleitet worden, so hätte ihm der EuGH nicht anders als dem erkennenden Gericht "geantwortet". Daraus sei für einen Staatshaftungsanspruch gegen den Bund nichts zu gewinnen, sodass gar nicht erst beurteilt werden müsse, ob einem Staatshaftungsanspruch auch Entscheidungen bzw Unterlassungen eines österreichischen Höchstgerichts als Grundlage dienen könnten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Nach seiner Ansicht ist ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch zu bejahen. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gebiete es, ihm zuwiderlaufende nationale Rechtsvorschriften nicht anzuwenden und Schäden aus der Anwendung solcher Regelungen auszugleichen. Es handle sich dabei um Maßnahmen nach Art 10 EG. Der Ersatzanspruch des Einzelnen wegen Verletzung von Gemeinschaftsrecht gründe sich unmittelbar auf dieses Recht und sei nach herrschender Ansicht "vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen". Allgemein anerkannt sei auch, dass ein solcher Anspruch nach den "Zuständigkeitsnormen" und den "sonstigen rein verfahrensrechtlichen Vorschriften" des Amtshaftungsgesetzes geltend zu machen sei. Das unterstelle auch der Kläger. Der Anspruchsinhalt werde dagegen durch Gemeinschaftsrecht nicht näher bestimmt, sondern folge aus dessen Wesen als Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung. Danach bestehe jedoch schon "ein in sich geschlossenes System der Staatshaftung". Der Schaden müsse durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung von Normen des Gemeinschaftsrechts, die dem Einzelnen Rechte gewähren, verursacht worden sein. Ein solche Rechtsverletzung müsse als Haftungsvoraussetzung nicht vom EuGH festgestellt worden sein. Die Haftung erstrecke sich auf jedes dem Staat zurechenbare Verhalten, so auch auf die Gesetzgebung. Demnach sei etwa die Nichtumsetzung einer Richtlinie oder "die Erlassung oder Belassung" von nationalen, unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Normen haftungsbegründend. Ein solcher Anspruch sei an sich verschuldensunabhängig. Den Mitgliedstaaten bleibe es überlassen, "objektive und subjektive Gesichtspunkte des Verschuldensbegriffes in die Beurteilung der hinreichenden Qualifikation" der Verletzung von Gemeinschaftsrecht einzubeziehen. Ein Mitverschulden des Geschädigten könne anspruchsmindernd wirken. Der Ersatzumfang müsse dem erlittenen Schaden angemessen sein und habe so "die effektive Wiederherstellung der Vermögenssituation des Geschädigten zu gewährleisten".

Nicht "völlig geklärt" sei die Umsetzung der Staatshaftung im österreichischen Amtshaftungsrecht. Doch dürfe das nationale Haftungsrecht "die Erlangung der Entschädigung nicht praktisch unmöglich" machen "oder übermäßig" erschweren. Die Anspruchsvoraussetzungen dürften "nicht ungünstiger" als für vergleichbare Ansprüche nach innerstaatlichem Recht sein. Somit seien Art 23 B-VG und das Amtshaftungsgesetz "durch eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung an die Erfordernisse der europarechtlichen Staatshaftung anzupassen". Soweit das durch Gesetzesauslegung nicht erreichbar sei, müsse ein solcher Anspruch "ungeachtet entgegenstehender Bestimmungen" des Amtshaftungsgesetzes dennoch "durchsetzbar sein". Die Haftungszurechnung nach dem Amtshaftungsgesetz beruhe auf der bundesstaatlichen Gliederung des Gesamtstaats. Der Landesgesetzgeber sei ein Organ, dessen "Aktionen den Aufgaben des Staates" zuzurechnen seien. Allerdings sei strittig, ob für legislatives Unrecht eines Landesgesetzgebers der Bund, das Land oder beide Gebietskörperschaften zu haften hätten. Nach der Vorabentscheidung des EuGH verpflichte das Gemeinschaftsrecht die Migliedstaaten nicht, "die Aufteilung der Zuständigkeit und die (wohl: der) Haftung auf die öffentlichen Körperschaften in ihrem Gebiet zu ändern". Vielmehr genüge es, den Rechtsschutz im Grundsätzlichen effektiv zu gewährleisten. Demnach könne - so der EuGH - "ein bundesstaatlich aufgebauter Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch erfüllen ..., wenn nicht der Gesamtstaat den Ersatz der einem Einzelnen durch gemeinschaftsrechtswidrige innerstaatliche Maßnahmen entstandenen Schäden" leiste. Daraus sei - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht ableitbar, dass jedenfalls (auch) "eine Haftung des Bundes für legislatives Landesunrecht" bestehen müsse. Die Vorabentscheidung trage statt dessen den Schluss, "dass ein Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch dann erfüllen" könne, "wenn er dafür Sorge" trage, "dass an seiner Stelle andere Gebietskörperschaften für gemeinschaftsrechtswidrige Handlungen" einzustehen hätten. Der EuGH habe nur nicht ausgesprochen, dass "ausschließlich das Land Tirol hinsichtlich der Ansprüche" des Klägers passiv legitimiert sei, habe doch der EuGH nicht über die konkrete Ausgestaltung des österreichischen Staatshaftungsrechts, sondern nur darüber erkannt, "ob eine bloße Passivlegitimation des Gliedstaates gemeinschaftsrechtswidrig wäre". Diese Frage hätte gar nicht eindeutiger als im Urteil des EuGH verneint werden können. Die Passivlegitimation bloß nach dem "Zurechnungszusammenhang zwischen Organhandeln und Rechtsträgerschaft" zu klären, werde vor allem durch Art 23d Abs 5 B-VG gestützt. Danach habe der Bund für Versäumnisse der Länder bei den in deren Wirkungsbereich erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen Integration erst einzustehen, wenn solche Versäumnisse durch ein Gericht im Rahmen der Europäischen Union gegenüber Österreich festgestellt worden sei. Somit verbleibe die "Primärverantwortung für die Einhaltung der europarechtlichen Vorgaben" im Bereich der Landesgesetzgebung bei den Ländern. Demgemäß hafteten nur die Länder für legislatives Unrecht kraft ihrer Gesetzgebungskompetenz, was "per se nach der vorliegenden Vorabentscheidung nicht gemeinschaftsrechtswidrig" sei.

Der Ansicht des Klägers, schon der Verwaltungsgerichtshof hätte bei Nachprüfung der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde ein Vorabentscheidungsverfahren einleiten müssen, sei zu erwidern, dass dieser Gerichtshof über die Anwendung des TGVG 1993 zu erkennen gehabt und der EuGH ohnehin ausgesprochen habe, dass "die Beitrittsakte einer Regelung über den Erwerb von Grundstücken, wie der des Tiroler Grundverkehrsgesetzes aus 1993 nicht" entgegenstünden, es sei denn, diese Regelung sei am 1. 1. 1995 nicht Teil des geltenden Rechts gewesen. Die ins Treffen geführte "Anlassfallwirkung" trage den Standpunkt des Klägers - Staatshaftung des Bundes wegen einer Unterlassung des Verwaltungsgerichtshofs - nicht. Habe der Verfassungsgerichtshof nach Art 140 Abs 4 B-VG ausgesprochen, ein Gesetz sei verfassungswidrig gewesen, so gelte die Anlassfallbegünstigung nicht für die "Individual(bescheid)beschwerde". Keinesfalls könne aber aufgrund der "Anlassfallregelung ... gesagt werden, dass das TGVG 1993 nicht 'als Teil der am 1. 1. 1995 bestehenden innerstaatlichen Rechtsordnung der Republik Österreich anzusehen'" sei. Das aufgehobene Gesetz gelte weiter, auch wenn es auf den Anlassfall nicht mehr anzuwenden sei. Dass durch diese "Ergreiferprämie" die "europarechtliche Immunisierung durch den Vorbehalt in der Beitrittsakte wegfallen" solle, sei nicht einsehbar. Mit der gemeinschaftsrechtlichen Dimension habe sich auch der Verfassungsgerichtshof nicht befasst. Der Ausspruch der Verfassungswidrigkeit sei "wegen überschießender Regelung, nicht wegen gemeinschaftsrechtlicher Bedenken" erfolgt. Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts im Vorabentscheidungsverfahren habe Art 70 der Beitrittsakte eine Haftungsbefreiung für den österreichischen Staat bezweckt, soweit er innerhalb des ihm zugestandenen Zeitraums mit Gemeinschaftsrecht unvereinbare Rechtsvorschriften aufrecht erhalte. Danach hätten die Vertragsparteien der Beitrittsakte (auch) die vorläufige Beibehaltung des TGVG 1993 gewiss nicht von der Einhaltung der Bestimmungen der österreichischen Verfassung abhängig machen wollen. Die Ausnahmeregelung betreffe vielmehr nur die Vereinbarkeit der beibehaltenen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht. Somit sei aber das TGVG 1993 geltendes Recht im Sinne der Übergangsregelung, obgleich im Verhältnis zum Kläger wegen der Anlassfallwirkung so getan werden müsse, als hätte die als verfassungswidrig erkannte Norm schon im Zeitpunkt der Verwirklichung des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Sachverhalts nicht mehr der Rechtsordnung angehört. Vom EuGH sei diese Passage in den Schlussanträgen des Generalanwalts zwar nicht übernommen worden, er sei ihr aber auch nicht entgegengetreten und habe die Klärung dieser Frage der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit vorbehalten. Die allein den Kläger begünstigende Anlassfallwirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs nach innerstaatlichem Recht habe daher das TGVG 1993 nicht zur gemeinschaftsrechtswidrigen Norm im Sinne der erörterten Übergangsregelung der Beitrittsakte gemacht. Somit sei aber die Ansicht des Klägers unzutreffend, der im Zwangsversteigerungsverfahren erteilte Zuschlag wäre schließlich genehmigt worden, wenn der EuGH schon vom Verwaltungsgerichtshof angerufen worden wäre. Es stelle sich daher gar nicht die Frage, ob der Bund trotz § 2 Abs 3 AHG für eine gemeinschaftsrechtswidrige Unterlassung des Verwaltungsgerichtshofs einzustehen habe.

Die ordentliche Revision sei in Ermangelung einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Passivlegitimation eines Landes für den auf ein Landesgesetz gestützten Staatshaftungsanspruch, aber auch wegen der Frage nach der staatshaftungsrechtlichen Bedeutung des § 2 Abs 3 AHG zulässig.

Die Revision ist wegen des Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur streitentscheidenden Frage - ob die Haftung beim gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch einer bestimmten Gebietskörperschaft bzw. welcher sie zuzurechnen sei - zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Antrag auf Einleitung eines weiteren Vorabentscheidungsverfahrens.

Der Kläger beantragte "die Einleitung eines neuen Vorabentscheidungsverfahrens", weil das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung auf "eine unzulässige und nicht zwingend nachvollziehbare Interpretation" des Urteils des EuGH vom 1. 6. 1999 (C-302/97 Konle) gestützt habe.

Verfahrensparteien sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht berechtigt, die Einholung einer Vorabentscheidung gemäß Art 234 EG (früher Art 177 EGV) zu beantragen. Ein solcher Antrag ist deshalb zurückzuweisen (SZ 70/262; SZ 69/6; SZ 68/89 uva).

II. Zur Sachentscheidung.

1. Der erkennende Senat hat zuletzt in der Entscheidung 1 Ob 50/99f (= EvBl 1999/179 = RdW 1999, 655) unter Berufung auf Vorjudikatur und Stimmen im Schrifttum ausgesprochen, der Oberste Gerichtshof habe die Unzulässigkeit des Rechtswegs als Mangel einer absoluten Prozessvoraussetzung gemäß § 240 Abs 3 ZPO auch von Amts wegen wahrzunehmen, wenn die Vorinstanzen auf die Zulässigkeitsfrage weder im Spruch noch in den Gründen ihrer Entscheidungen eingegangen seien, hätten sie doch dann eine den Obersten Gerichtshof gemäß § 42 Abs 3 JN bindende Entscheidung nicht getroffen. Diese Ansicht, an der festzuhalten ist, wurde auch in der Entscheidung 2 Ob 353/99x fortgeschrieben.

1. 1. Im Anlassfall bejahten die Vorinstanzen die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ausdrücklich und übereinstimmend in den Entscheidungsgründen ihrer Urteile. Nach den voranstehenden Erwägungen liegt somit eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung nach § 42 Abs 3 JN über die erörterte absolute Prozessvoraussetzung vor. Nicht zu folgen ist der Ansicht Faschings (in Fasching2 I Einl Rz 163 unter Berufung auf Fasching1 I 273 f) und Ballons (in Fasching2 I § 42 JN Rz 19, 24), die Bindungswirkung gemäß § 42 Abs 3 JN setze die ausdrückliche Bejahung der maßgebenden Prozessvoraussetzung im Spruch eines Beschlusses voraus, weil Gründe allein weder der Rechtskraft fähig seien noch eine solche Bindungswirkung entfalten könnten. Dieser Auffassung trat der Oberste Gerichtshof zuletzt in der Entscheidung 4 Ob 293/98m (= MietSlg 50.696) unter Berufung auf die gegenteilige (jüngere) Rechtsprechung ausdrücklich entgegen. Diese Rechtsprechung steht überdies im Einklang mit den Entscheidungen der verstärkten Senate des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 612/95 (= SZ 68/195) und 1 Ob 2123/96d (= SZ 70/60), aus denen sich gleichfalls ableiten lässt, dass ein den Obersten Gerichtshof bindender Ausspruch auch in der (ausdrücklichen) Verneinung eines Nichtigkeitsgrunds in den Entscheidungsgründen zu erblicken ist.

Somit kann aber die Frage, ob Staatshaftungsansprüche, die auf die Verletzung von Gemeinschaftsrecht gestützt wurden, im ordentlichen streitigen Rechtsweg oder allenfalls doch vor dem Verfassungsgerichtshof nach Art 137 B-VG geltend zu machen sind, nicht mehr erörtert werden.

2. Es entspricht herrschender Lehre, dass das Amtshaftungsgesetz auf gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche auch im Falle legislativen Unrechts als Klagegrund mangels einer gesetzlichen Regelung über die näheren Voraussetzungen seiner Geltendmachung - im Programm der amtierenden Bundesregierung wird die "Schaffung eines Verfahrens für Staatshaftungsansprüche in Umsetzung der Judikatur des EuGH" angekündigt (Dossi, Geltendmachung der EU-Staatshaftung in Österreich: die Praxis in einem System unvollständiger Rechtsgrundlagen, ecolex 2000, 337, 342 FN 12) - analog anzuwenden ist, soweit seine prozessualen und materiellen Bestimmungen nicht Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts widersprechen (Dossi, ecolex 2000, 340; Funk, Staatshaftung auf der Grundlage von Gemeinschaftsrecht, ecolex 1997, 553, 555 f; Längle, Der Staatshaftungsanspruch [1999] 125 ff, 140 ff; Rebhahn, Staatshaftung nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft, JBl 1996, 749, 759 [aM zur Haftung für legislatives Unrecht ders, Staatshaftung bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht und Umsetzung in Österreich, in Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat (1999) 149, 172 ff]; Lengauer, Haftung eines Mitgliedstaates für die Verletzung von EG-Recht, EvBl 1997, 81, 85 ff; Schoisswohl, Grundlagen des Rechtswidrigkeitsurteils in der Staatshaftung wegen Gemeinschaftsrechtsverletzung, ecolex 2000, 332, 336 f). Fehlt es an einer nationalen gesetzlichen Regelung zur Umsetzung der Staatshaftung wegen Verletzung von Gemeinschaftsrecht, so dient dieses als unmittelbar anwendbare materiellrechtliche Anspruchsgrundlage (Budischowsky, Staatshaftung und Förderalismus, ecolex 1998, 740, 741; Fruhmann, Aus der Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Union, ÖJZ 1996, 401, 411 f; Rebhahn, JBl 1996, 759; ders, Staatshaftung bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht 169, 172).

Strittig ist, wer für den Schaden aus einem gemeinschaftsrechtswidrigen Landesgesetz einzustehen hat. Manche Autoren sind der Ansicht, für den Schaden aus legislativem Unrecht eines Landesgesetzgebers hafte nur die Republik Österreich, weil solche Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nur ihr als Mitgliedstaat der EU zuzurechnen seien (Budischowsky, ecolex 1998, 740 f; ders, Die Umsetzung von EU-Normen in den Ländern, ÖJZ 1998, 881, 892; so trotz undeutlicher Formulierung offenkundig auch Schärf, Staatshaftung und Föderalismus, ecolex 1997, 547, 548 f). In der Lehre wird jedoch überwiegend die Gegenposition vertreten: Bei analoger Anwendung der Zurechnungsregel des § 1 Abs 1 AHG auf legislatives Unrecht kommt es darauf an, ob das Gemeinschaftsrecht entweder durch den Bundes- oder durch den Landesgesetzgeber verletzt wurde (Rebhahn, JBl 1996, 759; ders, Staatshaftung bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht 170 f, 178; Vcelouch, Gerichtskompetenz und EU [1996] 213 f; schließlich wohl auch idS Längle aaO 129 f; im Ergebnis ebenso bei allein aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteter Begründung Klagian, Die Staatshaftung nach Gemeinschaftsrecht, ZfRV 1997, 6, 21 f; eine solche Begründungsvariante im Lichte des Amtshaftungsgesetzes als Möglichkeit einräumend Budischowsky, ÖJZ 1998, 892 FN 116).

Der erkennende Senat tritt der Ansicht bei, dass für den Schaden aus einem gemeinschaftsrechtswidrigen Landesgesetz in Analogie zu § 1 Abs 1 AHG nur das betroffene Land und nicht auch der Bund einzustehen habe. Dieses auch durch § 1 Abs 3 AHG gestützte Ergebnis steht im Einklang mit gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen, erkannte doch der EuGH (1. 6. 1999 C-302/97 Konle) im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens über die Frage, "ob ein bundesstaatlich aufgebauter Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nur erfüllt, wenn der Gesamtstaat den Ersatz der dem einzelnen durch gemeinschaftsrechtswidrige innerstaatliche Maßnahmen entstandenen Schäden sicherstellt", zu Recht:

"Ein bundesstaatlich aufgebauter Mitgliedstaat kann seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch dann erfüllen, wenn nicht der Gesamtstaat den Ersatz der einem einzelnen durch gemeinschaftsrechtswidrige innerstaatliche Maßnahmen entstandenen Schäden sicherstellt."

Die soeben erörterte Lösung der Frage nach der Passivlegitimation ist nach der innerstaatlichen Rechtsordnung auf dem Boden der Analogie zum Amtshaftungsgesetz deshalb geboten, weil die Haftung nur Rechtsträger belasten kann, denen das schädigende Verhalten entweder nach funktionellen oder nach organisatorischen Kriterien zuzurechnen ist. Damit wird überdies gewährleistet, dass nicht die "Zuständigkeit ohne Verantwortung begünstigt" wird (siehe dazu Rebhahn, Staatshaftung bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht 178).

Durch das Urteil des EuGH vom 1. 6. 1999 zur Frage der Übereinstimmung eines derartigen Haftungsregimes mit dem Gemeinschaftsrecht ist der im Schrifttum mitunter vertretenen Ansicht, nach Gemeinschaftsrecht hafte nur der Bund für den durch ein gemeinschaftsrechtswidriges Landesgesetz im Vermögen eines Normunterworfenen verursachten Schaden (Budischowsky, ecolex 1998, 740 f; ders, ÖJZ 1998, 392) oder die alleinige Haftung des betroffenen Landes lasse sich nicht auf eine Analogie zum Amtshaftungsgesetz vor dem Hintergrund der innerstaatlichen Kompetenzverteilung, sondern nur auf gemeinschaftsrechtliche Grundsätze stützen (Klagian, ZfRV 1997, 21 FN 187), der Boden entzogen.

2. 1. Der Kläger führt gegen das unter 2. erzielte Ergebnis vor allem ins Treffen, die Ansicht des Berufungsgerichts, dass ein Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch dann erfülle, wenn "'an seiner Stelle' andere Gebietskörperschaften für gemeinschaftsrechtswidrige Handlungen zu haften" hätten, sei "nicht nachvollziehbar"; eine solche Auslegung des Urteils des EuGH vom 1. 6. 1999 sei "nicht zwingend". Darauf erwiderte bereits das Berufungsgericht zutreffend, der EuGH hätte die maßgebende Frage gar nicht "eindeutiger" beantworten können. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt in der alleinigen Haftung des Landes Tirol für den Schaden aus einem allenfalls gemeinschaftsrechtswidrigen Landesgesetz gerade keine "unzulässige Einschränkung des Rechtsschutzes". Es wurde auch gar nicht behauptet, das Land Tirol sei außerstande, den auf gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten des Gesetzgebers gestützten Ersatzanspruch zu erfüllen und damit im Sinne der Ausführungen des EuGH auch "sicherzustellen". Der Einwand, das Amtshaftungsgesetz enthalte keine Ersatzregelung für Schäden aus legislativem Unrecht, lässt die nach der voranstehenden Begründung gebotene analoge Anwendung dieses Gesetzes außer Acht.

3. Der Kläger hält im Revisionsverfahren auch daran fest, die Haftung des Bundes für den geltend gemachten Ersatzanspruch sei (auch) deshalb zu bejahen, weil der Verwaltungsgerichtshof im grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsverfahren die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH als letztinstanzliches Kontrollorgan unterlassen habe. Eine solche Frage stellt sich aber, wie sogleich näher zu begründen sein wird, in Wahrheit gar nicht:

Der EuGH erkannte in seinem Urteil vom 1. 6. 1999 u. a. auch zu Recht:

"Die Artikel 56 EG (früher Artikel 73b) und 70 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge stehen

- einer Regelung über den Erwerb von Grundstücken wie der des Tiroler Grundverkehrsgesetzes von 1993 nicht entgegen, es sei denn, dass diese Regelung nicht als Teil der am 1. Jänner 1995 bestehenden innerstaatlichen Rechtsordnung der Republik Österreich anzusehen ist;

- einer Regelung wie der des Tiroler Grundverkehrsgesetzes von 1996 entgegen."

Der Verfassungsgerichtshof sprach dagegen erst mit Erkenntnis vom 10. 12. 1996 (G 84/96 ua) aus, dass das TGVG 1993 LGBl 82 verfassungswidrig war (siehe dazu die Kundmachung des Landeshauptmanns von Tirol LGBl 1997/4). Somit hatte der Verwaltungsgerichtshof seinem auf das grundverkehrsbehördliche Genehmigungsverfahren bezogenen Erkenntnis vom 10. 5. 1996 (Zl. 95/02/0306) noch das TGVG 1993 zugrunde zu legen. Der Verfassungsgerichtshof führte schließlich im Erkenntnis vom 25. 2. 1997 (auch) über die Bescheidbeschwerde des Klägers (B 1329/95 ua) unter III. der Entscheidungsgründe u. a. aus:

"Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte."

Im zitierten Erkenntnis wurde (auch) der Fall des Klägers einem solchen Anlassfall gleichgehalten, weil dessen Beschwerde bereits vor dem 28. 11. 1996 (Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zum TGVG 1993) beim Verfassungsgerichtshof eingelangt war. Demnach wurde die Anlassfallwirkung individuell (auch) auf den im grundverkehrsbehördlichen Verfahren verfolgten Genehmigungsanspruch des Klägers erstreckt. Nach Art 140 Abs 7 B-VG ist jedoch das als verfassungswidrig erkannte Gesetz "auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ... weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht". Ein als verfassungswidrig erkanntes Gesetz tritt also durch eine individualisierte Anlassfallwirkung als generelle Rechtsnorm nicht außer Kraft, woraus folgt, dass das TGVG 1993 am 1. 1. 1995 noch "Teil der ... innerstaatlichen Rechtsordnung der Republik Österreich" und daher nach dem Urteil des EuGH vom 1. 6. 1999 aufgrund der Bestimmungen der Beitrittsakte nicht gemeinschaftsrechtswidrig war, weil sich aus den Beitrittsakten selbst nicht ableiten lässt, dass die hier maßgebende Übergangsausnahmeregelung für die Republik Österreich für Fälle der zuvor erläuterten individualisierten Anlassfallwirkung nach Art 140 Abs 7 B-VG nicht gelten soll.

Dieses Ergebnis wurde (auch) von dem im Vorabentscheidungsverfahren zuständigen Generalanwalt in seinen - vom Gerichtshof im Urteil vom 1. 6. 1999 insofern nicht verwerteten - Schlussanträgen in folgender Weise zusammengefasst:

"Die Ausnahmeregelung (Anm: in den Beitrittsakten) dient nur dazu, den österreichischen Staat von der Haftung zu befreien, wenn er in dem ihm zugestandenen Zeitraum die bestehenden Rechtsvorschriften aufrechterhält, obwohl sie mit den gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen unvereinbar sind. Mit dieser Regelung haben die Vertragsparteien der Beitrittsakte die Beibehaltung der bestehenden nationalen Rechtsvorschriften ... gewiss nicht von der Einhaltung der Bestimmungen der österreichischen Verfassung abhängig machen wollen. Die Ausnahmeregelung betrifft lediglich die Vereinbarkeit der beibehaltenen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht. Dies könnte gar nicht anders sein."

Diese Erwägungen belegen, dass die vom Kläger behauptete Unterlassung des Verwaltungsgerichtshofs für den geltend gemachten Schaden gar nicht kausal gewesen sein kann. Somit ist es aber für die Lösung dieses Streitfalls nicht mehr relevant, ob ein Staatshaftungsanspruch auch aus einem gemeinschaftsrechtwidrigen Verhalten österreichischer Höchstgerichte hergeleitet werden kann (so auch Dossi, ecolex 2000, 342 [unter Bezugnahme auf den Fall Konle]) und ob der 1. Senat des Obersten Gerichtshofs als Fachsenat für Amtshaftungssachen und - seit der ab 1. 4. 2000 rückwirkend wirksamen 6. Änderung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2000 - auch für "Rechtssachen, die Fragen der Staatshaftung betreffen", überhaupt dazu berufen sein kann, das Verhalten anderer Senate desselben Gerichtshofs und anderer österreichischer Höchstgerichte auf seine Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen (siehe zu dieser Fragestellung Klagian, ZfRV 1997, 22 f; Rebhahn, JBl 1996, 760; ders, Staatshaftung bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht 185 ff).

3. 1. Nach Ansicht des Klägers ist das TGVG 1993 ihm gegenüber gerade "nicht als Bestandteil der am 1. 1. 1995 in Österreich geltenden Rechtsvorschriften bzw herrschenden Rechtsordnung zu qualifizieren". Er beruft sich dabei nur auf die vom Verfassungsgerichtshof kraft Art 140 Abs 7 B-VG individualisierte Anlassfallwirkung. Dass sich dieses Argument nicht als Stütze für seine Ansicht eignet, wurde unter 3. im einzelnen begründet. Soweit es der Kläger für unzulässig hält, die Schlussanträge des Generalanwalts im Vorabentscheidungsverfahren als Begründungshilfe heranzuziehen, ist ihm zu erwidern, dass das Berufungsgericht dieser Äußerung keine Bindungswirkung zumaß, sondern bei Beurteilung der Rechtslage bloß der in den Schlussanträgen vertretenen Rechtsansicht beitrat.

Abschließend ist noch festzuhalten, dass die vom Kläger gerügte Aktenwidrigkeit nicht vorliegt, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner Begründung bedarf.

4. Nach den voranstehenden Erwägungen ist der Revision nicht Folge zu geben, weil das Berufungsgericht die Abweisung des Klagebegehrens ohne Rechtsirrtum bestätigte. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf § 41 in Verbindung mit § 50 Abs 1 ZPO.

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