OGH 7Ob125/00h

OGH7Ob125/00h14.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Andrea P*****, 2. Wilhelm K*****, und 3. Dietmar B*****, sämtliche vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Irmtraud B*****, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in Rankweil, wegen Feststellung, Beseitigung und Unterlassung (Gesamtstreitwert S 127.002,--) infolge der Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 22. Februar 2000, GZ 3 R 30/00k-28, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 24. November 1999, GZ 7 C 317/99z-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 9.328,80 (hierin enthalten S 1.554,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung der dort genannten Rechtsfragen abhängt. Als solche formulierte das Berufungsgericht, dass zur Frage, "ob durch die fallweise Nutzung von Parkplätzen für die Dauer von ca einem Jahr eine offenkundige Dienstbarkeit des Parkens entsteht, - soweit ersichtlich - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt". Diese Rechtsfrage ist jedoch schon deshalb nicht für den vorliegenden Rechtsstreit präjudiziell (RIS-Justiz RS0088931), weil nach der auch von den Revisionswerbern nicht in Abrede gestellten ständigen Rechtsprechung selbst nicht verbücherte, aber offenkundige Servituten von einem Ersteher (wie der beklagten Partei hier) bei einer Zwangsversteigerung nur dann zu übernehmen sind, wenn sie bereits ersessen sind (RIS-Justiz RS0003064) - wovon aber bei einer bloß "fallweisen Nutzung für die Dauer von ca einem Jahr" selbstredend nicht ausgegangen werden kann, wobei die Revisionswerber im Verfahren erster Instanz bis Schluss der Verhandlung das Vorliegen der Voraussetzungen einer Dienstbarkeitsersitzung selbst nicht einmal behauptet haben (und nach den zeitlichen Abläufen der einzelnen Liegenschaftserwerbe, ausgehend vom vormaligen Alleineigentümer Josef T*****, wohl auch gar nicht ernsthaft behaupten hätten können). Auf diese Rechtsfrage wird im Übrigen auch in der Revision nicht eingegangen, sondern vielmehr als - einzige - Rechtsfrage formuliert, dass es "keine (eindeutige) Rechtsprechung gibt, unter welchen Umständen der Ersteher einer Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren nicht verbücherte (und vormals auch nicht verbücherungsfähige [gemeint im Sinne des durch Art V der GBNov 1997 BGBl I 1997/30 aufgehobenen RGBl 1905/33 für das Land Vorarlberg]) Lasten [iS von Dienstbarkeiten] zu übernehmen hat". Auch dies trifft jedoch nicht zu, weil der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat (RIS-Justiz RS0003056), dass der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren nicht verbücherte und auch in den Versteigerungsbedingungen nicht erwähnte (wovon hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen iVm dem zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Zwangsversteigerungsakt auszugehen ist) selbst offenkundige Dienstbarkeiten, wenn überhaupt, so jedenfalls nur nach Maßgabe ihres durch den Begründungsakt (vollendete Ersitzung; Schaffung der Offenkundigkeit; nicht hingegen durch bloßen obligatorischen Vertrag) geschaffenen Ranges oder in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hat, wobei offenkundige, aber nicht verbücherte Servituten vom Ersteher auch nur dann zu übernehmen sind, wenn sie in den Versteigerungsbedingungen enthalten und bis zur Versteigerung klageweise durchgesetzt werden (8 Ob 2170/96t) - beides ist hier nicht der Fall -, oder zumindest nach ihrem Rang zu übernehmen gewesen wären, also im Meistbot Deckung gefunden hätten (1 Ob 416/97a; 6 Ob 79/98f). Auch dies trifft hier nicht zu. Nicht verbücherte, jedoch offenkundige Servituten, die aufgrund ihres Ranges im Meistbot keine Deckung finden - wovon nach den Feststellungen der Vorinstanzen auszugehen ist -, sind vom Ersteher jedoch in keinem Falle zu übernehmen (§ 150 Abs 1 EO; 6 Ob 80/98b mwN ebenfalls im Zusammenhang mit einer behaupteten Dienstbarkeit des Abstellens von Fahrzeugen). Der Umfang der vom Ersteher zu übernehmenden Dienstbarkeiten (dinglichen Lasten) wird ausschließlich durch die Versteigerungsbedingungen (§§ 145, 146 EO) bestimmt (RIS-Justiz RS0013795, RS0002949; zuletzt 2 Ob 212/98k, 9 Ob 336/98x, 1 Ob 221/99b), wobei es dann auch nicht auf die Kenntnis des Erstehers vom Bestehen bloß obligatorischer Rechte - wie dies die Revisionswerber nunmehr betonen - ankommt, wenn die Versteigerungsbedingungen dazu schweigen (RIS-Justiz RS0002893; zuletzt 1 Ob 221/99b); lediglich im Falle eines dolosen und daher sittenwidrigen Zusammenwirkens zwischen dem Verpflichteten und dem Ersteher mit dem Ziel, einen nur obligatorisch Berechtigten um seine Rechte zu bringen, könnte unter Umständen anderes gelten (8 Ob 547/93 = JBl 1994, 613), wovon hier aber ebenfalls nicht ausgegangen werden kann und es auch diesbezüglich bereits an einem entsprechenden konkretisierten Sachvorbringen in erster Instanz mangelte.

Aus dem angeschlossenen Exekutionsakt in der Zwangsversteigerungssache (5 E 1929/97x des Bezirksgerichtes Feldkirch) ist zu entnehmen, dass die strittige Parkplatzfläche im allgemeinen Miteigentum aller Wohnungseigentümer stand, also keine Zuordnung von Teilflächen zum Wohnungseigentum, sondern bloßes ideelles Miteigentum vorlag. Ohne entsprechende Benützungsregelung kann zwar jeder Miteigentümer derartige Flächen insoweit in Anspruch nehmen, als er dadurch andere Miteigentümer hievon nicht ausschließt (vgl Egglmeier in Schwimann, ABGB2 Rz 1 ff zu § 833); ein Miteigentümer kann durch Vertrag oder Ersitzung (mit der Rechtswirkung des Ausschlusses aller übrigen Miteigentümer von einer bestimmten Fläche) auch eine Servitut erwerben (Kiendl-Wendner in Schwimann, aaO Rz 4 zu § 473). Davon kann jedoch nach den für den Obersten Gerichtshof maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht ausgegangen werden. Wenn überhaupt, dann lag im vorliegenden Fall eine vom ersten Liegenschaftseigentümer T***** verfügte und hernach von seinen Rechtsnachfolgern (faktisch) eingehaltene Gebrauchsregelung obligatorischer Natur vor, welche ihrerseits einer Ersitzung entgegenstand, sodass sich auch unter diesem - im Übrigen in der Revision auch gar nicht näher herausgearbeiteten - rechtlichen Aspekt die Frage einer Übernahme einer (solchen) Servitut durch die Ersteherin nicht stellt.

Das Berufungsgericht hat sich an die wiedergegebene Rechtsprechung gehalten. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt demnach nicht vor. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO konnte sich die Zurückweisung der Revision auf die Ausführung der wiedergegebenen Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Kläger aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO ausdrücklich hingewiesen.

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