OGH 9Ob336/98x

OGH9Ob336/98x20.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Elisabeth R*****, Private, ***** 2. Richard G*****, Privater, *****1030 Wien, 3. Georg G*****, Privater, ***** 4. Dr. Anna B*****, Private, ***** 5. Elisabeth Z*****, Private, ***** 6. Gabriele P*****, Private, ***** 7. Peter M*****, Privater, ***** Antragsgegner 1) 2) 4) 5) und 7) vertreten durch Dr. Alexander Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Benützungsregelung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 21. Oktober 1998, GZ 45 R 406/98h-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. April 1998, GZ 5 Nc 53/98f-6, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird auch in seinem bestätigenden Teil aufgehoben und dem Erstgericht die Entscheidung über den Antrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrt als Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 793 Grundbuch L*****, Haus *****, die gerichtliche Benützungsregelung im außerstreitigen Verfahren. Sie behauptet, aufgrund des erteilten Zuschlages im Zwangsversteigerungsverfahren 50 E 288/94v des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien Eigentümerin von 8646/12147-Anteilen an dieser Liegenschaft geworden zu sein. Sie habe aufgrund der Versteigerungsbedingungen keine Rechte und Pflichten des verpflichteten Vormiteigentümers übernommen. Die Antragsgegner benützten unentgeltlich und ohne Berechtigung, ohne Bestand von Mietverträgen bestimmte Wohnungen auf dieser Liegenschaft, während der Antragstellerin kein Benützungsrecht zukomme. Diese unentgeltliche Benützung der Wohnungen durch die Antragsgegner sei für die Miteigentümergemeinschaft grob nachteilig. Die Antragstellerin strebe die Räumung der von den anderen Miteigentümern benützten Wohnungen an, um die Wohnungen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung an Dritte in Bestand geben zu können, damit entsprechende Erträgnisse allen Miteigentümern entsprechend ihren Anteilen zufließen.

Sie stellte folgende Anträge:

1. die Benützung der Liegenschaft derart zu regeln, daß die Miteigentümer dieser Liegenschaft die in diesem Haus befindlichen Räumlichkeiten (darunter insbesondere auch die Wohnungen) nicht selbst benützen, sondern diese Räumlichkeiten marktgerecht vermietet werden; zu diesem Zwecke werden die Antragsgegner schuldig erkannt und verhalten, die im Antrag bestimmt bezeichneten Wohnungen binnen 14 Tagen nach Rechtskraft dieser Entscheidung geräumt an die Hausverwaltung zu übergeben.

2. Als Eventualantrag zu 1. wird beantragt, daß die Antragsgegner schuldig erkannt werden, jeweils für die Benützung der zu 1. angeführten Wohnungen einen mit dem Stichtag dieser Antragstellung gerichtlich festzusetzenden Mietzins, der dem Richtwertgesetz in der geltenden Fassung entspricht, an die Miteigentümergemeinschaft zu Handen der Hausverwaltung zu zahlen.

Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze zurück.

Aufgrund des Vorbringens, daß keine Mietverträge bestünden, fehle jede Rechtsgrundlage für das zweite Eventualbegehren, die Gegner zur Zahlung eines Mietzinses zu verhalten. Die Gegner dürften nach Maßgabe ihres Miteigentumsanteiles die Liegenschaft benützen und hätten auch die anteilsmäßigen Bewirtschaftungskosten zu tragen. Für die Nutzung der auch ihnen gehörigen Liegenschaft hätten sie hingegen nichts zu leisten, falls nicht im Rahmen einer Benützungsregelung eine anteilige Nutzung ausgeschlossen sei und die Gegner jeweils mehr nutzten, als ihrem Anteil entspreche. Dies werde jedoch nicht behauptet. Aus dem Zwangsversteigerungsverfahren ergebe sich, daß im Haus auf der Liegenschaft wesentlich mehr Wohnungen nutzbar seien als im Antrag bezeichnet. Durch den Außerstreitrichter könne nur eine Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache erfolgen. Eine Umdeutung oder Verbesserung des Antrages, der ausdrücklich auf eine Benützungsregelung abziele, aber dann dem streitigen Verfahren vorbehaltene Räumungsanträge stelle, komme ebenso nicht in Frage wie eine Überweisung ins streitige Verfahren. Es fehle jegliche Grundlage dafür, daß die Antragstellerin mit Klage habe vorgehen wollen.

Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluß in bezug auf den Hauptantrag und hob ihn hinsichtlich des Eventualantrages zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes in Ansehung des bestätigenden Teiles S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß auch hinsichtlich des Hauptantrages aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensdurchführung und Entscheidung in der Sache aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht Grundsätze der Rechtsprechung über die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens hinsichtlich Fragen der Benützungsregelung nicht beachtet hat. Der Rekurs ist auch berechtigt.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Rechtssache im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu behandeln ist, ist ausschließlich der Inhalt des Begehrens und des Vorbringens des Antragstellers maßgebend (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 40a JN; MietSlg 34.706/18, 37.493/15; 41/25; SZ 68/169; 4 Ob 2227/96w, 4 Ob 141/97g, 5 Ob 497/97t). Bei dem Begehren auf Benützungsregelung handelt es sich um eine antragsbedürftige (MietSlg 46.042) Regelungsstreitigkeit, bei der das Gericht nicht einmal immer an das Begehren des Antragstellers gebunden ist, sondern eine billige Lösung für alle Beteiligten finden soll (5 Ob 47/97s). Die Benützungsregelung ist nämlich eine von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (5 Ob 2219/96a mwN).

Die Benützungsregelung zwischen Miteigentümern ist die Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile zur ausschließlichen oder gemeinsamen auf Dauer oder längere Zeit gedachten Benützung an die Teilhaber und die allfällige Festlegung einer Entgeltleistung für eine ihren Anteil überschreitende Benützung (Jensik, Miteigentum, Wohnungseigentum 19; 1 Ob 556, 557/93; 4 Ob 2227/96w ua). Für die Rechtsdurchsetzung und die Abwehr von Rechtswidrigkeiten ist das streitige Verfahren bestimmt. Nur die rechtsgestaltende Mitwirkung des Gerichtes bei der Willensbildung einer Gemeinschaft hat im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen (Jensik aaO 19; EvBl 1962/470; MietSlg 34.652). Für Streitigkeiten aus einer bindenden Vereinbarung ist stets der Rechtsweg zulässig (SZ 37/45; MietSlg 34.652; 45.037; 6 Ob 63/98b).

Die Antragstellerin brachte unter anderem vor, daß sie den durch Zuschlag erworbenen ideellen Miteigentumsanteil unbelastet erworben habe. Allfällige Rechte und Pflichten des Voreigentümers seien nach den entscheidenden Versteigerungsbedingungen nicht auf sie übergegangen. Damit brachte sie aber mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß keine Regelung zwischen Miteigentümern über die Benützung der Liegenschaft bestehe, die sie durch den Eigentumserwerb übernommen hätte. Eine allenfalls bisher entstandene faktische, konkludente oder ausdrückliche obligatorische Benützungsregelung bindet die Antragstellerin daher nicht. Eine solche Regelung wäre durch die mangelnde Vertragsüberbindung in Verbindung mit dem Antrag, die Benützungsverhältnisse zu regeln, beendet und stünde einer Neuregelung durch den Außerstreitrichter nicht im Wege (MietSlg 41.032; WoBl 1994/12; 5 Ob 1592/93; 1 Ob 2108/96y; 1 Ob 2342/96k; 5 Ob 2219/96a; 4 Ob 62/97i; 1 Ob 83/98g). Der Ersteher übernimmt nur die ihm in den Versteigerungsbedingungen überbundenen Lasten. Nur die Versteigerungsbedingungen sind dafür maßgebend, welche Lasten der Ersteher und in welcher Form zu übernehmen hat (SZ 50/61, 50/120; 65/161).

Mangels einer nach den allein entscheidenden Behauptungen der Antragstellerin vorliegenden bindenden Benützungsregelung spricht nichts gegen die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens, in der die Benützung der im gemeinsamen Eigentum stehenden Liegenschaft geregelt werden soll. Zur materiellen Berechtigung des Anspruches kann derzeit nicht Stellung genommen werden.

Auch der im Antrag begehrte Leistungsbefehl ist im Außerstreitverfahren nicht unzulässig. Der rechtsgestaltende Ausspruch des Außerstreitrichters kann nämlich auch mit einem vollstreckbaren Leistungsbefehl, etwa zur Räumung eines Liegenschaftsanteiles, verbunden werden (Jensik aaO 20), wenn aufgrund der neu gestalteten Rechtslage ein Teil der Miteigentümer im Rahmen des gestellten Sachantrages Leistungen zu erbringen hat (EvBl 1959/201; MietSlg 38.058; 1 Ob 292/71; 7 Ob 638/76; 6 Ob 675/89).

Die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens für das Hauptbegehren ist daher gegeben.

Da die Entscheidung über den Eventualantrag erst von der Abweisung des Hauptbegehrens abhängig ist, berührt der nur den Eventualantrag betreffende Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes die vorherige Entscheidung über das Hauptbegehren ebenso nicht wie eine während des Verfahrens erfolgte Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft (4 Ob 2227/96w).

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