OGH 1Ob2108/96y

OGH1Ob2108/96y26.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margret F*****, vertreten durch Dr.Erich Proksch und Dr.Diethart Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Nancy F*****, vertreten durch Dr.Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen Herausgabe, Duldung und Räumung (Gesamtstreitwert 350.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26.April 1995, GZ 13 R 52/95-15, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Zulassungsbeschwerde der außerordentlichen Revision der Beklagten macht geltend: a) Abweichen von der ständigen Rechtsprechung, wonach die Sondernutzung der einstimmigen Benützungsvereinbarung oder der gerichtlichen Regelung im VaS bedürfe. b) Es sei zweifellos für alle Miteigentümer wichtig, ob die Begründung von WE überhaupt möglich sei oder nicht und wie genau jene Teile eines Bauwerkes aussehen, die einem Miteigentümer zur ausschließlichen Nutzung überlassen werden; hier werde praktisch WE begründet, ohne daß die Voraussetzungen des WEG vorliegen.

Rechtliche Beurteilung

Ad a): Gemäß § 833 erster Satz ABGB kommt der Besitz der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Jeder Miteigentümer kann demnach bei Fehlen einer Gebrauchsordnung die Sache nach Willkür benützen; sein Gebrauchsrecht bezieht sich grundsätzlich auf die gesamte Sache und findet nur im Mitgebrauch der übrigen Teilhaber seine Schranke (stRspr; 1 Ob 556, 557/93; SZ 58/10; EvBl 1980/44 ua; Gamerith in Rummel 2, § 828 ABGB Rz 4, § 833 ABGB Rz 1). Eine Benützungsregelung unter Miteigentümern ist die Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder ihrer körperlichen begrenzten Teile zur ausschließlichen oder gemeinsamen, auf Dauer oder mindestens auf längere Zeit gedachten Benützung an die Teilhaber und die allfällige Festsetzung einer Entgeltleistung für eine ihren Anteil übersteigende Benützung. Eine Benützungsvereinbarung kann auch stillschweigend zustandekommen, weil insbesondere eine jahrelange, unwidersprochen gehandhabte Übung aller Miteigentümer ein schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB darstellt (zuletzt 1 Ob 556, 557/93 mwN). Nach den Feststellungen handelte es sich im übrigen entgegen der vorinstanzlichen rechtlichen Beurteilung gar nicht nur um schlüssige, sondern um ausdrückliche mündliche Zustimmung.

Die Rechtsprechung anerkennt auch die Übertragbarkeit der einem Miteigentümer in einer Benützungsvereinbarung (oder Benützungsregelung im VaS) zugestandenen Sondernutzungsrechte (5 Ob 3/95 = WoBl 1995, 135 [Dirnbacher]; MietSlg 31.075, 30.092 ua). Die zwischen Miteigentümern geschlossene Benützungsvereinbarung begründet nur obligatorische Rechte (SZ 54/163 mwN; Gamerith aaO § 834 ABGB Rz 4; Hofmeister in Schwimann, § 834 ABGB Rz 20) und gilt nur zwischen denjenigen Miteigentümern, die sie getroffen haben. Gesamtrechtsnachfolge wirkt bei der Benützungsvereinbarung wie eine Vertragsübernahme, sofern nicht das Benützungsrecht - als hier weder behauptetes noch festgestelltes - höchstpersönliches Recht begründet war (MietSlg 38.053, 36.066, 32.075 ua; Hofmeister aaO Rz 24). Die Beklagte und Dr.Wawrovsky sind Gesamtrechtsnachfolger und daher jedenfalls durch die Benützungsvereinbarung ihrer Rechtsvorgänger gebunden. Scholze/Dr.Wawrovsky waren nach den Feststellungen einverstanden, sodaß sich die Frage, ob sie vor ihrer Verbücherung in die Zustimmung einzubeziehen waren, gar nicht stellt. Bei Einzelrechtsnachfolge bleibt selbst bei Überbindung der Benützungsvereinbarung (oder der gerichtlichen Benützungsregelung) an den neuen Miteigentümer jeder verbleibende Miteigentümer nur dann gebunden, wenn er dieser Vereinbarung durch Vertragsübernahme schon anläßlich der Benützungsvereinbarung oder auch später ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt (SZ 54/163 ua). Daraus ergibt sich nach den Feststellungen die Bindung der Eheleute Dr.Werner. Das die ursprünglichen und späteren Vertragspartner dies auch wollten, entspricht den Beweisergebnissen: Scholze bzw sein Rechtsnachfolger Dr.Wawrovsky errichteten das Einzelhaus, die Eheleute Dr.Werner erhielten den westlichen Teil des neu errichteten Doppelhauses, der Erblasser das Untergeschoß des östlichen Teils und die Klägerin das Obergeschoß des östlichen Teils des Doppelhauses.

Ob sich die ursprüngliche Benützungsvereinbarung mit dem Recht der Klägerin zur „künftigen“ Benützung der Wohnung im Obergeschoß des östlichen Teils des Doppelhauses erst auf die Zeit nach der Begründung von WE beziehen (so die a.o. Revision) und nach Beendigung des Mietverhältnisses mit der dortigen Benützungsregelung weitergelten (so die Vorinstanzen) oder ob sie nicht weiterwirken sollte (so die a.o. Revision), betrifft wegen gänzlich einzelfallbezogener Vertragsauslegung keine erhebliche Rechtsfrage.

Ad b): Fragen des WE stellen sich beim vorliegenden Begehren und Klagevorbringen nicht.

c) Im übrigen: Der Einwand der Nichtigkeit geht deshalb fehl, weil die zweite Instanz in ihrer Berufungsentscheidung diesen Nichtigkeitseinwand zwar nicht im Spruch, wohl aber in den Gründen (ON 15 AS 179) verworfen hat; daher ist die weitere Bekämpfung in der außerordentlichen Revision nicht mehr zulässig (EFSlg 64.136 f; 6 Ob 581/93 uva). Bei Prüfung der Frage, ob eine Benützungsregelung im Verfahren außer Streitsachen erfolgen kann, ist stets von den Behauptungen des Antragstellers auszugehen; verlangt dieser eine rechtsgestaltende Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache, dann hat der Außerstreitrichter zu entscheiden; verlangt er hingegen die Zuhaltung einer Vereinbarung oder - wie hier - die Beseitigung einer eigenmächtigen widerrechtlichen Maßnahme des anderen Miteigentümers, dann muß er diesen Anspruch mit Klage im streitigen Verfahren geltend machen (MietSlg 36.720; 8 Ob 513/95)

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