OGH 4Ob141/97g

OGH4Ob141/97g13.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Alfred Lind und Dr.Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei M***** AG, ***** vertreten durch Dr.Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S

307.860 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 26.Februar 1997, GZ 6 R 22/97w-25, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Dezember 1996, GZ 21 Cg 234/95v-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 307.860 sA. Sie betreibe in einem der Beklagten gehörenden Haus ein Kaffeehaus und einen vor diesem Geschäftslokal auf öffentlichem Grund gelegenen Gastgarten. Ende September 1992 habe die Beklagte mit der Eingerüstung der Straßenfassade dieses Hauses begonnen und unmittelbar vor dem Eingang zum Geschäftslokal der Klägerin einen Kran und eine Schuttmulde aufgestellt und sodann mit Dachausbauarbeiten begonnen. Dadurch sei erheblicher Lärm und Staub entstanden. Diese Immissionen gingen über das ortsübliche Ausmaß hinaus und bedingten einen Umsatzrückgang der Klägerin. Dafür hafte die Beklagte nach den Bestimmungen des ABGB und anderen Rechtsgründen.

Die Beklagte erhob unter Hinweis auf § 49 Abs 2 Z 5 JN und eine Gerichtsstandvereinbarung die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit und die der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil der geltend gemachte Anspruch - wenn das auch nicht aus den Prozeßbehauptungen erkennbar sei - aus § 8 Abs 2 Z 2 MRG abgeleitet werde. Solche Ansprüche gehörten nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG in das Außerstreitverfahren.

Im ersten Rechtsgang sprach das Erstgericht mit Beschluß vom 14. Februar 1996, ON 9, seine sachliche Unzuständigkeit aus. Die Sache gehöre vor das Bezirksgericht Graz, das im Außerstreitverfahren zu entscheiden haben werde.

Das Rekursgericht hob mit seiner Entscheidung vom 25.März 1996, ON 14, diesen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges an das Erstgericht zurück. Behaupte die Klägerin - wie hier -, daß die Vermieterin aufgrund von (zulässigen) Dachbodenausbauarbeiten (= Arbeiten im Sinne des § 8 Abs 2 und 3 MRG) in ihr Mietrecht eingegriffen habe, so sei für die Durchsetzung der hieraus entstehenden Entschädigungsansprüche nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG ausschließlich das Außerstreitverfahren vorgesehen. Es fehlten aber Feststellungen darüber, ob der Mietgegenstand nicht unter § 1 Abs 4 und 5 MRG falle, sodaß § 8 MRG nicht anzuwenden wäre. Bei Verneinung der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges komme eine Überweisung nach § 44 JN nicht in Betracht, weil zunächst die Schlichtungsstelle anzurufen wäre. Erst im Falle der Bejahung der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges werde über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten zu entscheiden sein.

Auch im zweiten Rechtsgang erklärte das Erstgericht seine "sachliche Unzuständigkeit" (abermals ohne die Klage zurückzuweisen). Aus seinen Feststellungen über das Haus der Beklagten, in welchem die Klägerin ihr Geschäftslokal benützt, folgerte der Erstrichter rechtlich, daß der Mietgegenstand nicht den Bestimmungen des § 1 Abs 4 und 5 MRG unterliege. Die festgestellten Arbeiten fielen unter § 8 Abs 2 und 3 MRG, sodaß der geltend gemachte Anspruch in das Außerstreitverfahren gehöre.

Das Rekursgericht verwarf die "Unzuständigkeitseinrede" der Beklagten und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Erhebe der Beklagte die Unzuständigkeitseinrede, so sei die Zuständigkeit nicht aufgrund der Angaben in der Klage zu beurteilen, sondern zu prüfen, ob diese Angaben richtig seien. Dabei seien das Vorbringen beider Streitteile und die Verhandlungsergebnisse zu berücksichtigen. Danach gingen die die Entschädigungsansprüche der Klägerin rechtfertigenden Immissionen (auch) von Dachausbauarbeiten in den ebenfalls im Eigentum der Beklagten stehenden benachbarten Häusern aus, sodaß die Klägerin auch Ausgleichsansprüche nach § 364a ABGB geltend mache. In Ansehung dieser und der aus der Minderbenützbarkeit des nicht von der Klägerin gemieteten, sondern auf öffentlichem Grund errichteten Gastgartens abgeleiteten Ansprüche sei entgegen der Meinung des Erstrichters der streitige Rechtsweg zulässig und damit die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichtes begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Beklagten erhobene "außerordentliche Revisionsrekurs" ist unzulässig:

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit richtet, ist er jedenfalls unzulässig. Nach § 45 JN sind nämlich nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen das Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar. Dieser Rechtsmittelausschluß gilt auch dann, wenn die Zuständigkeitsentscheidung von der zweiten Instanz gefällt wurde (EvBl 1986/113; JBl 1987, 792 [Fink]; 7 Ob 53/97p uva = RIS Justiz RS0046328).

In diesem Umfang war daher das Rechtsmittel als absolut unzulässig zurückzuweisen.

Die angefochtene Entscheidung ist entgegen den Rechtsmittelausführungen eindeutig dahin zu verstehen, daß alle von der Beklagten erhobenen Prozeßeinreden - also auch die Einrede der Unzulässigkeit des Prozeßweges - verworfen wurden. Das ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses völlig zweifelsfrei, wird doch dort ausdrücklich ausgesprochen, daß der streitige Rechtsweg zulässig sei (S. 118). Der Erstrichter hatte in seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht, daß er die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für berechtigt hält. Es trifft daher nicht zu, daß die Vorinstanzen über diese Einrede entgegen dem im ersten Rechtsgang vom Rekursgericht erteilten Auftrag gar nicht entschieden hätten. Die Frage, welche Rechtsfolgen mit der Nichtbeachtung der Bindungswirkung des § 499 Abs 2 ZPO verbunden sind, ist daher hier nicht von Bedeutung.

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß für den geltend gemachten Anspruch der streitige Rechtsweg zulässig sei, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach für die Frage, in welchem Verfahren ein Anspruch zu erheben ist, der Inhalt des Begehrens und die dazu aufgestellten Behauptungen maßgeblich sind, nicht aber etwa die Einwendungen des Gegners (SZ 54/129; SZ 60/18; SZ 63/135; RZ 1992/93 uva). Die Klägerin hat aber noch im Verfahren erster Instanz eindeutig klargestellt, daß sie keinen Entschädigungsanspruch nach § 8 MRG, welcher nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG in das Außerstreitverfahren verwiesen ist, geltend mache (S. 17), sondern Ausgleichsansprüche nach § 364a ABGB erhebe (S. 18).

Soweit sich also der Revisionsrekurs im Ergebnis gegen die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges richtet, war er mangels des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte