OGH 1Ob59/00h

OGH1Ob59/00h25.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gustav W***** Gesellschaft mbH in Liquidation, *****vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 22 Mio S sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Jänner 2000, GZ 3 R 225/99z-30, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 4. März 1991 verfügte die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde die Stilllegung von fünf in der Spritzlackiererei der klagenden Partei befindlichen Anlagen, weil die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung fehle. Die klagende Partei kam dem behördlichen Schließungsauftrag nicht nach; am 19. April 1991 wurde die Schließung der Anlagen behördlich vollzogen.

Mit Klage vom 13. Juli 1992 begehrte die klagende Partei vom beklagten Rechtsträger aus dem Titel der Amtshaftung Zahlung von 22 Mio S sA als Schadenersatz für den durch die rechtswidrige Sperre der Spritzlackiererei seit März 1991 eingetretenen Umsatzverlust, für durch notwendige Kündigungen ausgelöste Abfertigungsleistungen und für den Wert der von einem ungarischen Lohngerber infolge des sperrebedingten Scheiterns einer Abnahmeverpflichtung zurückbehaltenen Waren. Der Betrieb der geschlossenen Anlagen sei durch eine von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde erteilte Betriebsanlagengenehmigung vom 17. Februar 1971 gedeckt gewesen.

Maßgeblich für die Beurteilung der von den Vorinstanzen angenommenen Anspruchsverjährung wegen nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung (und damit der Klageabweisung) ist folgender zeitliche Ablauf: In der Verhandlungstagsatzung vom 24. Februar 1993 unterbrach der Erstrichter den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Beendigung dreier näher genannter Verwaltungsstrafverfahren und sprach aus, dass das Verfahren in der Hauptsache nach rechtskräftiger Entscheidung in den Verwaltungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen sei. Am 19. April 1994 wurde über das Vermögen der klagenden Partei der Konkurs eröffnet. Am 28. November 1995 wurde das letzte der im Unterbrechungsbeschluss genannten Verwaltungsverfahren mit Zustellung des entsprechenden VwGH-Erkenntnisses beendet. Am 20. Dezember 1996 langte der Antrag des Masseverwalters auf Verfahrensfortsetzung vom 18. Dezember 1996 beim Erstgericht ein; am 14. März 1997 trat zufolge Nichtbesuchs der danach ausgeschriebenen Verhandlungstagsatzung Ruhen des Verfahrens ein. Nach der Aufhebung des Konkurses am 1. Dezember 1998 beantragte die klagende Partei am 16. Februar 1999 (neuerlich) die Verfahrensfortsetzung und war in der Verhandlungstagsatzung vom 1. April 1999 mit dem Verjährungseinwand der beklagten Partei konfrontiert.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

Rechtliche Beurteilung

Die zutreffenden Rechtsausführungen der zweiten Instanz über den Beginn der Verjährungsfrist (spätestens am 14. Dezember 1991 mit dem Zugang zweier näher bezeichneter VwGH-Erkenntnisse am 6. und 13. Dezember 1991) sowie die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährungsfrist werden im Rechtsmittel nicht in Zweifel gezogen. Dass hier die Verjährungsregeln des § 6 AHG zur Anwendung kommen und auch im Amtshaftungsverfahren, soweit § 6 AHG keine besondere Regelungen enthält, die allgemeinen Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten und daher auch die Hemmungs- und Unterbrechungsgründe der §§ 1494 ff ABGB (1 Ob 155/97v = SZ 71/5; 1 Ob 373/98d; RIS-Justiz RS0109755) anzuwenden sind, ist unstrittig.

Die klagende Partei hat erst mehr als 20 Monate nach Ablauf der gesetzlichen dreimonatigen Ruhensfrist (14. Juni 1997) mit Schriftsatz vom 16. Februar 1999 die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens beantragt und keine stichhältigen Gründe für das Zuwarten ins Treffen geführt, sondern in Erwiderung des auf nicht gehörige Verfahrensfortsetzung gestützten Verjährungseinwands der beklagten Partei lediglich vorgebracht (ON 16 AS 90), während des laufenden Konkursverfahrens habe die Verjährung nicht eintreten können. Indes hatte die Konkurseröffnung über das Vermögen der klagenden Partei für die Verjährung der von ihr bereits gerichtlich geltend gemachten Forderungen keine weitere Unterbrechungswirkung (6 Ob 683/87, insoweit nicht veröffentlicht in MietSlg 39.710; RIS-Justiz RS0034628). Daran bestand im Verfahren auch kein Zweifel, hat doch der Masseverwalter in Wahrnehmung seiner aus § 81 Abs 1 KO resultierenden Pflichten den vorliegenden Aktivprozess über die zur Konkursmasse gehörigen Schadenersatzforderungen gegen den beklagten Rechtsträger gemäß § 7 Abs 2 KO aufgenommen und dessen Fortsetzung beantragt; allerdings trat wegen Nichtbesuchs der Tagsatzung vom 14. März 1997 Ruhen des Verfahrens ein. Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruchs nach Ablauf der dreimonatigen Ruhensfrist noch hingenommen werden kann oder eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei es nicht auf die Dauer, sondern auf die Gründe der Untätigkeit ankommt. Für die Unterlassung der zur Fortsetzung des Verfahrens notwendigen Schritte müssen stichhältige (triftige) Gründe gegeben sein (stRspr, zuletzt 7 Ob 154/99v mwN; Mader in Schwimann2, § 1497 ABGB Rz 27 ff). Stichhältige Gründe - die im Verhältnis zwischen den Prozessparteien liegen müssen (stRspr: EvBl 1972/201, SZ 58/112 uva; RIS-Justiz RS0034867) - etwa außergerichtliche Vergleichsverhandlungen, hat die insoweit behauptungs- und beweispflichtige (stRspr, zuletzt 7 Ob 154/99v; RIS-Justiz RS0034704) klagende Partei nie vorgetragen.

Fehlt es aber an der gehörigen Fortsetzung des Verfahrens iSd § 1497 ABGB, so nützt das Belangen während der Verjährungsfrist nichts, weil die Verjährung gar nicht unterbrochen wurde (Mader aaO Rz 24 mwN).

Ob das Gericht nach der Zustellung des VwGH-Erkenntnisses am 28. November 1995 zur amtswegigen Verfahrensfortsetzung verpflichtet gewesen wäre und der Fortsetzungsantrag des Masseverwalters noch eine gehörige Verfahrensfortsetzung über die am 13. Juli 1992 eingebrachte Klage darstellt, was das Erstgericht verneinte, kann daher dahingestellt bleiben.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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