OGH 8Ob253/99k

OGH8Ob253/99k11.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** regGenmbH, ***** vertreten durch Hausberger, Moritz, Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wider die beklagte Partei Domitius M*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 5,081.179,-- sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Juli 1999, GZ 1 R 255/98d-100, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Juli 1998, GZ 12 Cg 2/94b-89, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil sowie das Ersturteil, das in Ansehung der Abweisung eines Mehrbegehrens von S 50,90 samt 6 % Zinsen seit 6. 1. 1994 als unangefochten ebenso unberührt bleibt wie in seinem den ehemaligen Erstbeklagten Martin M***** betreffenden klagsstattgebenden Teil, wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin schloss mit dem bereits rechtskräftig zur Zahlung des noch aushaftenden Kreditbetrages verurteilten Bruder (ehemals Erstbeklagter) des Beklagten (ehemals Zweitbeklagter) am 17. 7. 1990 einen Kreditvertrag über S 9,500.000 samt Nebengebühren mit einer Laufzeit bis 31. 12. 1991. Mit Vertrag vom 16. 7. 1990 übernahm der Beklagte hinsichtlich dieses Kredits die Haftung als Bürge und Zahler im Sinn des § 1357 ABGB. Sowohl Kreditnehmer als auch Bürge fertigten einen Blankowechsel. Als Verwendungszweck des Kredites war angegeben "Ankauf einer Liegenschaft".

Im Jahre 1989 hatte der ehemals Erstbeklagte (im Folgenden: Kreditnehmer) von einem Bekannten von der Gelegenheit erfahren, in Frankreich eine Liegenschaft im Ausmaß von 110 ha, bestehend aus Äckern, Wiesen, Wald, einem See sowie einem Bauernhaus und Stallungen zu einem Quadratmeterpreis von DEM 1,-- zu kaufen. Für den Kaufentschluss war ausschlaggebend, dass Baugenehmigungen für die Errichtung von Hotels, Sportanlagen, Wohnanlagen und Lagerhallen vorhanden waren, weshalb der Kreditnehmer der Ansicht war, das Grundstück binnen kurzer Zeit mit einem erheblichen Gewinn weiterverkaufen zu können. Am 14. 12. 1989 schloss der Kreditnehmer in Frankreich vor einem französischen Notar eine schriftliche Vereinbarung (genannt "Verkaufszusicherung"), in der ihm die französischen Liegenschaftseigentümer den Verkauf der Liegenschaft zu einem Preis von FF 4,135.000 zuzüglich Notar- und Staatsgebühren sowie Vermittlungsprovision zusicherten. Gleichzeitig verpflichtete sich der Kreditnehmer, am Tag der Unterfertigung der Verkaufszusage eine Anzahlung in der Höhe von FF 462.541 zu leisten.

Der Kreditnehmer verfügte über keine Eigenmittel zum Ankauf dieser Liegenschaft, sondern hatte vielmehr bei der Klägerin, seiner Hausbank, offene Kreditverbindlichkeiten in der Höhe von ca S 2,500.000. Er wandte sich an den damaligen Geschäftsleiter der Klägerin und Betreuer der Kreditgeschäfte, um eine Finanzierung seines beabsichtigten Liegenschaftsankaufs zu erreichen. Er setzte den Geschäftsleiter in Kenntnis, dass er nach Ankauf der Liegenschaft diese binnen kurzer Zeit gewinnbringend weiterverkaufen wolle. Er legte auch die Übersetzung der schriftlichen Verkaufszusicherung vom 14. 12. 1989 vor. Der Geschäftsleiter der Klägerin, der mit Immobiliengeschäften im Ausland keine Erfahrung hatte, bestärkte den Kreditnehmer in seinem Vorhaben und erklärte ihm, dass dies für ihn das Geschäft seines Lebens sei.

Der Kreditnehmer stellte am 21. 3. 1990 einen Scheck über den Betrag von FF 3,782.086 (= S 8,002.187,01) aus und übergab ihn dem französischen Notar, um eine Kaufpreisteilzahlung zu leisten. Der Scheck war im Zeitpunkt der Ausstellung nicht gedeckt und wurde von der Klägerin damals nicht eingelöst, weil noch keine Kreditvereinbarung zwischen ihr und dem Kreditnehmer zustande gekommen war.

Der Geschäftsleiter der Klägerin überlegte in der Folge zunächst eine Sicherstellung des einzuräumenden Kredits in Form einer Bankgarantie durch eine französische Bank, die in der Weise gestaltet sein sollte, dass die französische Bank gegenüber der Klägerin die Haftung als Bürgin und Zahlerin über den Betrag von S 12 Mio übernimmt und ihrerseits eine Hypothek im ersten Rang auf der Kaufliegenschaft eingeräumt erhält. Auch eine Hypothek auf der Liegenschaft zu Gunsten der Klägerin wurde in Erwägung gezogen. Da der Kreditnehmer und der Geschäftsleiter der Klägerin jedoch davon ausgingen, dass die Liegenschaft sogleich nach dem Ankauf wieder weiterverkauft werden könne, bemühte sich der Geschäftsleiter der Klägerin in der Folge nicht mehr um die Einräumung dieser ursprünglich ins Auge gefassten Sicherheiten.

Als der Weiterverkauf der Liegenschaft innerhalb einer vom Geschäftsleiter der Klägerin gesetzten Frist nicht realisiert werden konnte, verlangte dieser - noch vor Erteilung der Kreditzusage - eine Sicherheit in Form einer Bürgschaft durch den Beklagten.

Der Kreditnehmer informierte daraufhin den Beklagten von der beabsichtigten Liegenschaftstransaktion und brachte ihm auch die Äußerung des Geschäftsleiters der Klägerin zur Kenntnis, dass dies das Geschäft des Lebens sei. Er bot dem Beklagten für den Fall des Gelingens des Geschäfts als Entlohnung für die Übernahme der Bürgschaft einen Betrag von DEM 100.000 an.

Der Beklagte hatte zunächst Bedenken, ob die Transaktion funktionieren würde. Gemeinsam mit dem Kreditnehmer begab er sich am 16. 7. 1990 zum Geschäftsleiter der Klägerin, wo über die Angelegenheit gesprochen wurde. In Gegenwart des Geschäftsleiters der Klägerin äußerte der Beklagte noch einmal Bedenken hinsichtlich des Erfolgs des in Aussicht genommenen Liegenschaftsgeschäfts. Diese Bedenken wurden vom Geschäftsleiter der Klägerin und dem Kreditnehmer mit dem Argument zerstreut, der Kreditnehmer könne die Liegenschaft in ein bis zwei Monaten zu einem Preis von 30 bis 40 Mio S weiterverkaufen. Davon waren sowohl der Geschäftsleiter der Klägerin als auch der Kreditnehmer subjektiv überzeugt. Der Geschäftsleiter der Klägerin war überdies der Ansicht, die Kaufliegenschaft habe im Hinblick auf ihre Größe jedenfalls den Wert des Kaufpreises von S 9,500.000. Ob der Geschäftsleiter der Klägerin dem Beklagten erklärte, er müsse die Unterschrift nur pro forma leisten, es könne ihm ohnehin nichts passieren, weil er die Liegenschaft als Sicherheit habe, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Schließlich erklärte sich der Beklagte zur Übernahme der Bürgschaft bereit. Der Kreditnehmer unterfertigte daraufhin an diesem Tag, also am 16. 7. 1990, den von der Klägerin am 17. 7. 1990 angenommenen Kreditvertrag über S 9,500.000; der Beklagte den Bürgschaftsvertrag. An Konditionen wurden ein kontokorrentmäßig zu verrechnender Zinsfuß in der Höhe von 10,75 % p.a., Verzugszinsen in Höhe von 14,75 % p.a., eine Kreditprovision in Höhe von 1/8 % pro Monat sowie eine Überziehungsprovision von 4 % p.a. (vom Überziehungsbetrag) mit einer vierteljährlichen Verrechnung im Nachhinein vereinbart.

Der Beklagte unterfertigte den Bürgschaftsvertrag, ohne ihn zu lesen. Im Vertrag wurde deutlich auf die Höhe der kreditierten Summe sowie den Zinssatz hingewiesen. Der Vertrag enthielt die Erklärung, dass der Beklagte zur Sicherstellung aller Forderungen des Kreditgebers einschließlich Zinsen, Spesen und sonstigen Nebengebühren, die aus diesem Schuldverhältnis entstanden sind und in Hinkunft entstehen werden, die Haftung als Bürge und Zahler im Sinn des § 1357 ABGB zur ungeteilten Hand übernimmt. Weiters verpflichtete sich der Beklagte, zur Sicherstellung aller dem Kreditgeber aus dem Schuldverhältnis gegen den Kreditnehmer bereits zustehenden und künftig entstehenden wie immer gearteten Forderungen und Ansprüchen als Bürgen für den Akzeptanten einen Blankowechsel zu unterfertigen, wobei die Klägerin als Kreditgeberin berechtigt sein sollte, jederzeit ohne Angabe von Gründen diesen Blankowechsel als Rektawechsel in allen seinen Teilen nach Belieben auszustellen und die Wechselsumme einzusetzen, die den gesamten Forderungen und Ansprüchen des Kreditgebers aus dem Schuldverhältnis gegenüber dem Kreditnehmer im Zeitpunkt der Ausstellung entspricht. Die Bürgschaft sollte zeitlich nicht begrenzt sein und in voller Höhe bis zur Beendigung der Geschäftsverbindungen mit dem Hauptschuldner bzw bis zur völligen Bezahlung der Forderung bestehen bleiben. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob der Geschäftsleiter der Klägerin abweichend vom schriftlichen Bürgschaftsvertrag mündlich zugesichert habe, dass der Beklagte als Bürge nur für den Kreditbetrag von S 9,500.000, nicht aber für Zinsen und Nebengebühren hafte. Jedenfalls wurde aber zwischen dem Geschäftsleiter der Klägerin, dem Kreditnehmer und dem Beklagten über die für den Kredit zu entrichtenden Zinsen, Verzugszinsen sowie sonstige Entgelte nicht gesprochen. Dem Kreditnehmer war jedoch klar, dass Zinsen anfallen würden.

Im Hinblick auf den beabsichtigten raschen Liegenschaftsverkauf wurde zwischen dem Kreditnehmer und der Klägerin eine Laufzeit des Kredits lediglich bis 31. 12. 1991 vereinbart. Eine treuhändige Auszahlung des Kreditbetrags an den mit der Abwicklung des Liegenschaftsgeschäfts betrauten französischen Notar, um zu erreichen, dass die Kreditsumme tatsächlich für den Ankauf der Liegenschaft durch den Kreditnehmer verwendet werde, wurde weder im Kreditvertrag noch im Bürgschaftsvertrag vorgesehen.

Nach Abschluss des Kreditvertrages löste die Klägerin am 17. 7. 1990 den vom Kreditnehmer ausgestellten Scheck über den Betrag von FF 3,782.086 (= S 8,002.187,01), der sich in Händen des französischen Notars befand, ein. Die widmungsgemäße Verwendung dieses Geldbetrages zum Ankauf der Liegenschaft durch den Kreditnehmer wurde von der Klägerin nicht überwacht.

Am 21. 8. 1990 wurde über das Grundstück in Frankreich ein Kaufvertrag abgeschlossen, wobei als Käufer nicht der Kreditnehmer, sondern seine Ehegattin angeführt wurde, die nunmehr seit 1. 10. 1990 bücherliche Eigentümerin des Kaufobjektes ist. Gleichzeitig mit dem Kaufvertrag erteilte die Käuferin dem Kreditnehmer schriftlich eine umfassende Vollmacht bezüglich aller Handlungen der Verwaltung der Geschäftsführung, der Veräußerung und der Belastung der Liegenschaft. Der Grund dafür, dass nicht der Kreditnehmer, sondern seine Gattin die Liegenschaft erwarb, lag darin, dass diese als deutsche Staatsangehörige nach französischem Recht ohne jegliche Voraussetzungen als Immobilienhändlerin in das Gewerberegister eingetragen werden konnte und dass sie in dieser Eigenschaft, in der sie den Kaufvertrag dann auch abschloss, steuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen konnte, die dem Kreditnehmer nicht zugestanden wären. Der Kreditnehmer setzte die Klägerin nie davon in Kenntnis, dass die Liegenschaft von seiner Frau gekauft wurde. Er übermittelte der Klägerin auch den Kaufvertrag nicht.

Nach Ankauf der Liegenschaft durch seine Frau setzte der Kreditnehmer intensive Bemühungen zum Weiterverkauf, wobei er auch einige konkrete Interessenten hatte, wovon er jeweils die Klägerin Kenntnis setzte. Es gelang ihm jedoch weder bis zum Ende der vereinbarten Kreditlaufzeit noch in weiterer Folge, den Weiterverkauf zu bewerkstelligen.

Die Mitarbeiter der Klägerin stellten auf Grund der Informationen des Kreditnehmers über den bevorstehenden Verkauf den Kredit nicht am 31. 12. 1991 zur Rückzahlung fällig. Vielmehr wollte die Klägerin eine Verlängerung des ursprünglichen Kreditvertrags mit dem Kreditnehmer vereinbaren. Zu diesem Zweck wurde einerseits ein neuer Kreditvertrag über den Kreditbetrag von S 9,500.000 (samt Zinsen und Nebengebühren) mit einer Laufzeit bis zum 31. 12. 1993 zur Unterfertigung vorbereitet und andererseits ein weiterer Kreditvertrag über den Betrag von S 4 Mio zur Abdeckung der seit 17. 7. 1990 aufgelaufenen Zinsen. Auf diese Weise sollten dem Kreditnehmer Verzugszinsen erspart werden. Korrespondierend dazu wurden von der Klägerin auch Entwürfe zu Bürgschaftsverträgen über die Bürgschaftssummen von S 9,500.000 und S 4,000.000 (jeweils zuzüglich Zinsen und Nebengebühren) konzipiert. Der Kreditnehmer unterfertigte diese neuen Kreditverträge am 22. 10. 1992. Der Beklagte unterschrieb nur den Vertrag hinsichtlich des verbürgten Betrages von S 9,500.000 sA, nicht aber jenen über S 4 Mio. Die Verweigerung seiner Unterschrift begründete er damit, dass er nach dem ursprünglichen Bürgschaftsvertrag nur für die Summe von S 9,500.000 hafte, nicht jedoch für darüber hinausgehende Beträge. Durch die vom Kreditnehmer unterfertigten Verträge vom 22. 10. 1992 sollte nach dem Willen der Klägerin und des Kreditnehmers nicht ein neues Vertragsverhältnis begründet werden, sondern es sollte der ursprüngliche Kredit - wenn auch zu geänderten Nebenbedingungen - verlängert werden. Da der Beklagte nicht beide Bürgschaftsverträge unterfertigte, nahm die Klägerin die vom Kreditnehmer gezeichneten Kreditverträge nicht an.

Die intensiven Bemühungen des Kreditnehmers, das Grundstück in Frankreich weiter zu verkaufen, dauerten auch im Jahr 1993 an, wobei er etliche konkrete Kaufinteressenten akquirieren konnte. Mit der Aussicht auf einen unmittelbar bevorstehenden Kaufvertragsabschluss stellte die Klägerin den dem Kreditnehmer eingeräumten Kredit auch weiterhin nicht fällig. Sie forderte ihn mit Schreiben vom 5. 7. 1993 allerdings auf, bis 9. 7. 1993 einen Kaufvertrag vorzulegen oder zur Besicherung der Kontoüberziehung diverse Unterlagen beizubringen, widrigenfalls die gesamte offene Forderung fällig gestellt werde. Dieses Schreiben erging in Kopie zur Kenntnisnahme an den Beklagten. Der Kreditnehmer stellte der Klägerin die von ihr geforderten Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist nicht zur Verfügung, kündigte aber neuerlich den unmittelbar bevorstehenden Kaufvertragsabschluss an. Es wurde ihm daher ein Aufschub bis 21. 10. 1993 zugestanden. Mit Schreiben vom 19. 11. 1993 forderte die Klägerin den Kreditnehmer auf, den zwischenzeitlich ausstehenden Saldo von S 15,131.360,80 bis zum 28. 11. 1993 abzudecken. Auch dieses Schreiben erging in Kopie an den Beklagten. Mit Schreiben vom 29. 11. 1993, das der Beklagte ebenfalls in Kopie erhielt, setzte die Klägerin dem Kreditnehmer eine Frist bis 10. 12. 1993, welche mit einem weiteren Schreiben bis 21. 12. 1993 verlängert wurde. Als keine Zahlung eintraf, vervollständigte die Klägerin die von den beiden Brüdern unterfertigten Wechselblankette am 30. 12. 1993 auf die Wechselsumme von S 15,898.437, zahlbar am 31. 12. 1993.

Die Wechselsumme setzt sich zusammen aus den von der Klägerin zur Auszahlung gebrachten Kreditbeträgen von S 963.833,39, S 350.000, S 106.000 und S 8,002.187,01 zuzüglich Kreditzinsen, Kreditprovision, Spesen und Verzugszinsen. Bis 31. 12. 1991 wurden Überziehungs- bzw Verzugszinsen nicht in Rechnung gestellt. Ab dem 1. 1. 1992, nach dem Ende der vereinbarten Kreditlaufzeit, verrechnete die Klägerin kontokorrentmäßig neben den Kreditzinsen von 10,75 % auch Überziehungszinsen von 4 % zuzüglich Kreditprovision und Spesen, sodass sich per 31. 12. 1993 ein - vertragsgemäß errechneter - Saldo in Höhe der Wechselsumme ergibt.

Der Kreditnehmer war bis 30. 9. 1993 als Holzhändler selbständig erwerbstätig. Nach einem Autounfall konnte er seinen Beruf nicht mehr ausüben und bezieht ab diesem Zeitpunkt eine Pension in der Höhe von S 1.669.

Gegen den Geschäftsleiter der Klägerin wurde auf Grund einer Sachverhaltsdarstellung des Bundesministers für Finanzen vom 15. 6. 1993 wegen des Verdachtes, dass er bei Kreditgewährungen seine Befugnisse überschritten, nicht die gebotene Sorgfalt angewendet und Kredite ohne die erforderliche Zustimmung der Verwaltungsorgane gewährt habe, ein Strafverfahren eingeleitet, wobei allerdings die hier strittige Kreditgewährung nicht Verfahrensgegenstand war. Das Strafverfahren wurde nach Durchführung von Erhebungen gemäß § 90 StPO eingestellt.

Auf Grund der von der Klägerin am 4. 1 1994 beim Erstgericht eingebrachten Wechselmandatsklage erließ das Erstgericht einen Wechselzahlungsauftrag über S 15,898.437 sA gegen den Kreditnehmer und den Beklagten. Nach Erhebung von Einwendungen schränkte die Klägerin auf Grund von Zahlungen des Kreditnehmers am 5. 1. 1994 von S 1,317.258 und des Beklagten am 4. 3. 1994 von S 9,500.000 ihr Begehren auf S 5,081.229,90 sA ein.

Die Klägerin brachte vor, die Haftung des Beklagten als Bürge und Zahler sei nicht mit dem Kapitalsbetrag begrenzt worden, sondern erstrecke sich auch auf Zinsen und Nebengebühren. Die Klägerin sei ihren Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten umfassend nachgekommen. Sie habe sich intensiv darum bemüht, den Liegenschaftskauf in Frankreich ordnungsgemäß abzuwickeln, wobei letztlich der Kreditbetrag auch tatsächlich für den Ankauf der Liegenschaft verwendet worden sei. In der Folge hätten sich die spekulativen Gewinnabsichten des Kreditnehmers und des Beklagten nicht realisieren lassen, was jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehe. Der Beklagte habe ohne jegliches Zutun der Klägerin den Blankowechsel nicht - wie vereinbart - als Wechselbürge, sondern als Bezogener unterfertigt. Die Klägerin habe den Wechsel daher weder unrichtig noch im Widerspruch zur Wechselerklärung komplettiert. Die Fälligkeit des Kreditbetrages sei mit 31. 12. 1991 eingetreten. Zum Abschluss neuer Kreditverträge sei es nicht gekommen.

Der Beklagte wendete dagegen ein, er habe nur auf Grund ausdrücklicher Zusicherung des Geschäftsleiters der Klägerin, es könne nichts "passieren", weil ohnedies ein entsprechender Wert mit dem Darlehensbetrag angekauft werde, die Bürgschaft übernommen. Abweichend vom schriftlichen Inhalt des Bürgschaftsvertrags sei vereinbart worden, dass sich die Bürgschaft lediglich auf den Hauptsachenbetrag von S 9,500.000 beziehe und nicht etwa auch auf allfällige weitere Nebengebühren. Die Klägerin habe die sie treffenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie nicht rechtliche Vorsorge dafür getroffen habe, dass der zugezählte Darlehensbetrag tatsächlich für den dem Bürgen zugesicherten Zweck verwendet werde, nämlich zum Ankauf der Liegenschaft durch den Kreditnehmer. Auf Grund der Tatsache, dass die Liegenschaft sodann von der Gattin des Kreditnehmers gekauft wurde, sei dem Beklagten der zugesicherte reale Haftungsfonds entzogen worden. Einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber werde dieser Schade in der Höhe des Klagebegehrens aufrechnungsweise eingewendet. Die Bürgschaftsvereinbarung werde wegen Irreführung, Wegfall der Geschäftsgrundlage, gröblicher Benachteiligung, Sittenwidrigkeit sowie aus jedem anderen erdenklichen Rechtsgrund angefochten. Der Blankowechsel sei widmungswidrig ausgefüllt worden, weil der Beklagte als Bezogener eingesetzt worden sei. Der in den Wechsel eingesetzte Betrag sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe auch dafür einzustehen, dass sie den Kredit gegenüber dem Hauptschuldner nicht bereits mit 31. 12. 1991 fällig gestellt und dadurch die Rückgriffsrechte des Beklagten geschmälert habe. Ende 1991 sei der Kreditnehmer nämlich noch berufstätig gewesen und habe über Vermögen verfügt, was im Jahre 1994 nicht mehr der Fall gewesen sei. Durch den neuen Kreditvertrag vom 22. 10. 1992 sei eine Novation eingetreten, sodass die Bürgschaftserklärung mangels Akzessorietät nicht mehr wirksam sei. Durch das Verhalten der Klägerin sei der Beklagte über einen wesentlichen Umstand, nämlich darüber, dass der Kreditbetrag für den Ankauf der Liegenschaft durch den Kreditnehmer verwendet wird, in Irrtum geführt worden. Der Beklagte sei auf Grund seines Einkommens in keiner Weise in der Lage, den von der Klägerin geforderten Betrag jemals zu bezahlen. Der bezahlte Teilbetrag stamme nicht ausschließlich von ihm, sondern größtenteils von Familienangehörigen. In Anbetracht des Umstandes, dass der Beklagte kein maßgebliches Interesse am Erwerb der Liegenschaft gehabt habe und die Bürgschaftserklärung zum einen aus Gefälligkeit und zum anderen deshalb abgegeben habe, weil das Risiko durch den Geschäftsleiter der Klägerin verharmlost worden sei, sei die übernommene Bürgschaft sittenwidrig. Selbst wenn man dies nicht annehmen wolle, müsse im Sinn der Bestimmung des § 25d KSchG die Verpflichtung des Beklagten im Rahmen des richterlichen Mäßigungsrechts auf Grund der Teilnichtigkeit des Bürgschaftsvertrags jedenfalls insoweit reduziert werden, als der Beklagte unter Berücksichtigung der bisher geleisteten Zahlungen für keine weiteren Verbindlichkeiten mehr hafte.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag sowohl hinsichtlich des Kreditnehmers als auch des Beklagten mit einem Betrag von S 5,081.179 sA aufrecht und erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung schuldig. Es wies ein Mehrbegehren von S 50,90 sA ab. Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass die Klägerin als reiner Finanzierer nicht verpflichtet gewesen sei, den möglichen Erfolg der beabsichtigten Liegenschaftsspekulation zu prüfen. Eine Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten liege daher nicht vor. Der Blankowechsel sei auch nicht widmungswidrig vervollständigt worden und sei der Einwand des Beklagten, seine Bürgschaft habe sich lediglich auf den Kapitalsbetrag bezogen, nicht berechtigt. Auch Sittenwidrigkeit im Sinne der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichshofs liege nicht vor. Der Beklagte habe ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Eingehen der Bürgschaft gehabt, weil ihm hiefür eine Entlohnung von DEM 100.000 zugesagt worden sei. Es sei auch nicht zum Abschluss neuer Kreditverträge gekommen, die zudem ohnedies nur der Verlängerung des ursprünglichen Kredites hätten dienen sollen. Auch der Höhe nach sei der Wechsel nicht vereinbarungswidrig komplettiert worden, ein geringfügiger Rechenfehler der Klägerin sei zu berichtigen und das Klagebegehren insoweit abzuweisen gewesen. Die Mäßigung der Verbindlichkeiten des Beklagten im Sinn des § 25d KSchG komme deshalb nicht in Betracht, weil die Gesetzesstelle auf das vorliegende Bürgschaftsverhältnis keine Anwendung finde. Auch habe die Klägerin keine Obliegenheitsverletzung im Sinn des § 1364 ABGB begangen, sei doch das Zuwarten bis zur versprochenen Realisierung des Verkaufsgeschäfts auch im Interesse des Bürgen gelegen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses nur vom Beklagten bekämpfte Urteil dahin ab, dass es den Wechselzahlungsauftrag aufhob und das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen führte das Berufungsgericht zur Rechtsrüge aus, dass auslösendes Element der vom Obersten Gerichtshof entwickelten Rechtsprechung der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaftsverträgen Familienangehöriger die Übernahme einer Haftung sei, die in keinem Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit des Haftenden stehe. Der zwischen der Klägerin und dem Beklagten abgeschlossene Bürgschaftsvertrag sei inhaltlich schon wegen der Höhe des Hauptsachenbetrags, "der für einen 'Normalsterblichen' und auch für einen Gastwirt überdurchschnittlich hoch" sei, zu missbilligen. Dazu komme noch, dass die Nebengebühren des Vertrages in ca dreieinhalb Jahren immerhin über S 5 Mio und sohin mehr als 50 % des Kreditbetrages ausmachten. Letztlich dürfe nicht übersehen werden, dass zwar keine hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners vorgelegen sei, dieser jedoch bei Aufnahme eines nahezu 10-Millionen-Kredits immerhin bereits mit rund 2,5 Mio bei seiner Hausbank "in der Kreide" gestanden sei. Dem Beklagten habe zwar nicht jegliches Eigeninteresse an dem Kredit gefehlt, allerdings sei ihm die Entlohnung in Höhe von DEM 100.000 nicht bedingungslos, sondern lediglich für den Fall angeboten worden, dass das Geschäft gut gehen werde. Die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass das Risiko durch den Bankangestellten, dessen Verhalten der Klägerin zuzurechnen sei, tatsächlich in gravierender Weise verharmlost worden sei. Dessen Behauptungen seien durch nichts belegt gewesen, sondern seien lediglich Vermutungen oder einem Wunschdenken entsprungen. Wäre dem Beklagten aber die umgehende Weiterverkaufsmöglichkeit zu einem drei- bis vierfachen Kaufpreis nicht in rosigsten Farben geschildert worden, "sei stark zu bezweifeln", dass der Beklagte auf Grund der bei ihm gegebenen Bedenken den Bürgschaftsvertrag überhaupt unterfertigt hätte. Der Beklagte habe sich aber auch in einer gewissen Zwangslage befunden, weil ohne Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung der Kreditnehmer unverrichteter Dinge nach Hause hätte fahren müssen, obwohl er gegenüber dem Liegenschaftsverkäufer bereits vertragliche Verpflichtungen eingegangen war und einen ungedeckten Scheck ausgestellt hatte. All diese Umstände seien auch dem Angestellten der Klägerin bekannt gewesen, weshalb die vom Zweitbeklagten abgegebene Bürgschaftserklärung wegen Sittenwidrigkeit zumindest teilunwirksam sei. In Ansehung des vom Beklagten bezahlten Betrages von S 9,5 Mio sei dagegen von der Gültigkeit der Bürgschaftserklärung auszugehen, zumal der Beklagte den genannten Betrag ohne Einschränkung und bedingungslos bezahlt habe.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, weil insbesondere eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Teilnichtigkeit von Bürgschaftsverträgen Familienangehöriger nicht besteht. Es kommt ihr auch im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Es ist ständige Rechtsprechung, dass die Übernahme einer Wechselbürgschaft dann auch eine Haftung nach bürgerlichem Recht begründen kann, wenn dies von den Parteien vereinbart wird (SZ 53/75; ÖBA 1992, 74; SZ 70/182). Die von der Klägerin vorformulierte und vom Beklagten unterfertigte Bürgschaftserklärung betont nach ihrem klaren Wortlaut die Übernahme der Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB, welche "wechselmäßig unterlegt", somit durch Fertigung eines Wechsels besichert werden soll. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass der Beklagte sowohl die Bürgschaft nach bürgerlichem Recht als auch eine Wechselbürgschaft übernommen hat, sodass ihm auch die sich aus bürgerlichem Bürgschaftsrecht ergebenden Einwendungen zustehen. Gleiches gilt auch für die sogenannte "verkleidete Bürgschaft", bei welcher der Bürge die Bürgschaftsverpflichtung durch Leistung seiner Unterschrift als Bezogener im Wege des Wechselakzepts eingeht (SZ 50/52; SZ 59/193; SZ 66/125; Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 6 zu § 1346), wie dies hier trotz der Vereinbarung, den Wechsel als Bürge zu fertigen, offenbar irrtümlich geschehen ist. Wurde der Beklagte vereinbarungswidrig von dem den Blankowechsel komplettierenden Kläger anstatt als Wechselbürge als Bezogener eingesetzt, so ändert das inhaltlich nichts an seiner Haftung dem Wechselgläubiger gegenüber. Der Umstand, dass dem Beklagten im Falle einer Zahlung als Bezogener nicht das Rückgriffsrecht im Sinn des Art 32 Abs 3 WG zusteht, spielt im Verhältnis zum Wechselgläubiger keine Rolle (SZ 57/48; ÖBA 1999, 65; ÖBA 1999, 1029; 8 Ob 307/99a ua). Durch die Tatsache des Akzepts des Beklagten als Bezogener wurde somit seine Rechtsstellung im Verfahren nicht in relevanter Weise berührt und kann auch keine Rede davon sein, die Klägerin wäre verhalten gewesen, anstatt der wechselmäßigen Haftung des Beklagten die Haftung auf Grund der zivilrechtlichen Bürgschaftserklärung in Anspruch zu nehmen.

Wird über eine Klagsänderung im Verfahren kein Beschluss gefasst, kann diese mit dem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft werden (Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 Rz 8 zu § 235). Die Mangelhaftigkeit, die der Beklagte darin sieht, dass anlässlich der Einschränkung des Klagsbetrages ein Leistungsbegehren formuliert und dies erst in der Folge wieder in ein Begehren auf Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages berichtigt wurde, hat bereits das Berufungsgericht verneint (S 12 f des Berufungsurteils). Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat, aber in der Revision nicht mehr gerügt werden (JBl 1990, 535; JBl 1998, 643 ua)

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es zwar richtig sei, dass das Hauptschuldverhältnis auf die Bürgschaftsverpflichtung rückwirke, diese müsse mit dem Inhalt der verbürgten Forderung wirtschaftlich übereinstimmen. Habe aber die Erklärung der Parteien, was mit dem Kredit nach seiner Auszahlung geschehen sollte, schon im Grundverhältnis keine auf die Auszahlung der Kreditvaluta maßgebliche Auswirkung gehabt, so könne sie auch die Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren. Das im Geschäftsverhältnis zwischen einer Kreditunternehmung und ihrem Kunden bestehende Vertrauensverhältnis eigener Art könne nicht so weit führen, dass die einen Kredit gewährende Bank auf Grund einer vom Kreditnehmerseite zum Ausdruck gebrachten Verwendungsabsicht die Auszahlung des Kredits von der Sicherstellung der widmungsgemäßen Verwendung abhängig machen müsste, um damit ihr gegenüber nicht zum Ausdruck gebrachte Interessen eines Kreditbürgen zu wahren (RdW 1990, 378). Diese Überlegungen müssen umso mehr in einem Fall gelten, in dem es - wie hier - gar nicht mehr darum ging, einen erst geplanten Kaufvertragsabschluss sicherzustellen, sondern der Zweck der Kreditgewährung darin lag, einen für den Kaufpreisrest bereits begebenen ungedeckten Scheck zu finanzieren. Auch darf nicht übersehen werden, dass alle drei handelnden Personen den vorrangigen Zweck des Geschäfts im Weiterverkauf der Liegenschaft sahen, sodass es Sache des Beklagten gewesen wäre, dessenungeachtet die Übernahme der Bürgschaft an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Auch ist sowohl zur Frage der Besicherung als auch zu jener der Person des Käufers darauf zu verweisen, dass die Liegenschaft bislang noch nicht veräußert werden konnte. Der Beklagte hat im Verfahren keinerlei Behauptungen dahin aufgestellt, inwieweit bei dem von ihm gewünschten Verhalten der Leute der Klägerin sein Schaden tatsächlich gemindert worden wäre und hat den ihm obliegenden Beweis (SZ 52/15, SZ 57/27, JBl 1988, 243, SZ 66/97, 3 Ob 51/98s ua) der Kausaliatät des behaupteten Sorgfaltsverstoßes für den Schadenseintritt nicht erbracht.

Auch ein Verstoß der Klägerin gegen eine sie in Ansehung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers treffende Aufklärungspflicht ist nicht zu erkennen. Banken sind nur in Ausnahmefällen dazu verpflichtet, Bürgen vor dem Abschluss des Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären (SZ 56/81; SZ 57/70; ÖBA 1993, 61 ua). Es ist diesen vielmehr selbst überlassen, sich entsprechend zu informieren und das finanzielle Risiko einzuschätzen. Dies gilt erst recht, wenn der Bürge in einer besonderen Nahebeziehung zum Schuldner steht und von diesem selbst alle näheren Auskünfte fordern und erlangen kann. In einem solchen Fall darf die Bank die Annahme zu Grunde legen, dass der Bürge gerade im Hinblick auf seine Nahebeziehung zum Einstehen für den Schuldner bereit ist, um von diesem allenfalls schwerwiegende Nachteile abzuwenden. Lediglich, wenn für die Bank erkennbar ist, dass der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorsteht, oder er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein wird, und die Bank damit rechnen muss, dass dem nahen Angehörigen diese Umstände nicht ebenfalls bewusst sind, trifft sie im Rahmen der vorvertraglichen Beziehung eine entsprechende Aufklärungs- und Warnpflicht (ÖBA 1993, 61 ua). Anhaltspunkte dafür, der wirtschaftliche Zusammenbruch des Kreditnehmers wäre im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung unmittelbar bevorgestanden, sind dem Akt nicht zu entnehmen, hat doch der Beklagte selbst vorgebracht, der Kreditnehmer habe bis Ende 1991 noch über Vermögen verfügt, das zur Befriedigung seiner Regressforderungen geeignet gewesen wäre. Auch waren dem Beklagten die Umstände des spekulativen Liegenschaftserwerbs ebenso bekannt, wie die darauf gegründete Erwartung der Finanzierbarkeit des Kredits.

Die Annahme des Beklagten, durch die Fertigung weiterer, allerdings nur die Verlängerung des bestehenden Kreditverhältnisses betreffender Kreditverträge am 22. 10. 1992 durch den Kreditnehmer sei seine ursprüngliche Bürgschaft hinfällig geworden, muss schon an der Feststellung scheitern, dass die Klägerin diese Anträge des Kreditnehmers auf Abschluss von Kreditverträgen nicht angenommen hat und sich daher die Frage einer Novation mangels Willensübereinstimmung gar nicht stellt.

Die Ausführungen des Beklagten zur Zusammensetzung des geltend gemachten Wechselbetrags ignorieren die Feststellungen der Vorinstanzen über Art und Umfang der Verzinsung des Kapitalsbetrags. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Insoweit der Beklagte vermeint, es sei billig, ihn nicht weiter haften zu lassen, als den bereits bezahlten Beträgen entspreche, ist er darauf zu verweisen, dass die ein richterliches Mäßigungsrecht auf Grund Interessenabwägung vorsehende Bestimmung des § 25d KSchG gemäß § 41a Abs 4 KSchG auf Verträge, die vor dem 1. 1. 1997 geschlossen wurden, nicht anzuwenden ist.

Entgegen der vom Beklagten in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht kommt es daher für die Prüfung des Klagebegehrens allein auf den im Verfahren erhobenen Sittenwidrigkeitseinwand an. Diesbezüglich fehlt es aber - wie die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision zutreffend darlegt - an wesentlichen Feststellungen, wie sich aus folgenden rechtlichen Überlegungen ergibt:

Der Oberste Gerichtshof befasste sich mit der Frage der Sittenwidrigkeit riskanter Bürgschaften erstmals in der Entscheidung SZ 68/64. Danach seien die Wertungen der deutschen Rechtsprechung bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit rechtsgeschäftlicher Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger "ohne jedes oder jedenfalls ohne zulängliches Einkommen und Vermögen" auch für den österreichischen Rechtsbereich von Bedeutung, weil das Prinzip der Privatautonomie, das jedermann auch risikoreiche, nur unter besonders günstigen Bedingungen erfüllbare Geschäfte erlaubt, durch die Bestimmung des § 879 ABGB begrenzt werde. Erst die Verbindung der strukturell ungleich größeren Verhandlungsstärke der Gläubigerbank gegenüber einem dem Hauptschuldner gutstehenden Angehörigen, dessen Verpflichtung seine gegenwärtigen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei weitem übersteige, mit weiteren in der Person des gutstehenden Angehörigen liegenden, seine Entscheidungsfreiheit weitgehend beeinträchtigenden und der Gläubigerbank zurechenbaren Umständen könne in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbots - in Ausnahmefällen - die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts wegen Vorliegens eines Ausbeutungstatbestands begründen. Dabei seien demonstrativ folgende für die Sittenwidrigkeitsfrage beachtliche Gesichtspunkte, deren Gesamtwürdigung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen sei, maßgeblich: Grobes Missverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit des Bürgen und seiner Mithaftung, deren konkrete vertragliche Ausgestaltung, hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners, Verharmlosung des Risikos oder der Tragweite der Verpflichtung durch einen Bankmitarbeiter, Überrumplung des Angehörigen durch die Bank, Ausnutzung seiner seelischen Zwangslage infolge seiner gefühlsmäßigen Bindung an den Kreditnehmer oder seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von diesem, geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen, Fehlen dessen wesentlichen Eigeninteresses am Zustandekommen des Vertrages, Sinnlosigkeit der Bürgschaft für die Bank, Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Haftenden auf Seiten des Kreditgebers. Diese Leitentscheidung diente der Rechtsprechung seither als Richtschnur zur Beurteilung der jeweiligen Einzelfälle (ÖBA 1997, 1027; JBl 1998, 36; ecolex 1998, 761; ecolex 1998, 471; ÖBA 1998, 723; ÖBA 1999, 647; 8 Ob 320/99p). Auch die Lehre stimmte dieser Entscheidung im Wesentlichen zu, wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ 71/117 ausführlich darstellte, wobei er zu einzelnen Kritikpunkten eingehend in dem Sinne Stellung nahm, dass sie keinen Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung bilden könnten. Allerdings entwickelte er im genannten Erkenntnis die Rechtsprechungslinie insoweit weiter, als er ausführte, dass jene Grundsätze, die im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern einerseits und Ehepartnern - gleichviel, ob als Ehegatten oder Lebensgefährten - andererseits gelten, sich nicht ohne weiteres auf die Beziehungen erwachsener Geschwister übertragen ließen. Wohnten solche Geschwister räumlich getrennt in voneinander unabhängigen familiären und beruflichen Lebensbereichen, werde eine solche Gestaltung der Lebensumstände gewöhnlich von einer Lockerung persönlicher Kontakte und emotionaler Bindungen begleitet. Deshalb fallen erwachsenen Geschwistern rationale wirtschaftliche Entscheidungen viel leichter als Lebenspartnern, aber auch Kindern, die sich dem Einflussbereich ihrer Eltern noch nicht durch eine Verselbständigung ihrer familiären und beruflichen Existenz entzogen haben. In derartigen Fällen mangle es demzufolge an einer beruflichen Abhängigkeit des Interzedenten vom Kreditnehmer und regelmäßig auch an einer solchen engen gefühlsmäßigen Bindung an Letzteren, die erst die zur Verdünnung der Entscheidungsfreiheit führende seelische Zwangslage schaffen könne. Träfe das einmal nicht zu, hätte der Interzedent jene besonderen Umstände, die trotz der Verselbständigung seiner familiären und beruflichen Lebensbereiche nach wie vor eine Situation verdünnter Entscheidungsfreiheit verständlich machen könnten, zu behaupten und zu beweisen.

Nach Auffassung des erkennenden Senats hat der Beklagte diesen Beweis erbracht, hat er sich doch unter anderem darauf berufen, dass der Geschäftsleiter der Klägerin die Bürgschaftsübernahme ungerechtfertigt verharmlost habe. Dies ist nach den Feststellungen tatsächlich in einem kaum verständlichen Ausmaß geschehen. Bedenkt man, dass der Geschäftsleiter der Klägerin, ohne Erfahrung mit ausländischen Immobiliengeschäften zu haben oder über weitere Erkenntnisse als die Auskünfte des Kreditnehmers zu verfügen, nicht nur den Kreditnehmer in der Annahme der Vorteilhaftigkeit seines Tuns bestärkte, sondern den zögernden Beklagten massiv zur Übernahme der Bürgschaft überredete, musste dieser unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass sein Bruder bereits einen ungedeckten Scheck ausgestellt hatte, in eine besondere Zwangslage kommen. Durch die Äußerungen des Geschäftsleiters der Klägerin konnte nämlich der Eindruck entstehen, der Beklagte wolle seinem Bruder nicht helfen, obwohl er dies ohne wesentliches Risiko tun könnte. Obwohl die Lebensbereiche der beiden Brüder getrennt waren und im Sinne der zitierten Entscheidung SZ 71/117 von einer gelockerten gefühlsmäßigen Bindung auszugehen ist, hätte der Beklagte bei einer Verweigerung der Bürgschaftsübernahme wohl von Seiten des Bankangestellten und im Familienkreis mit dem Vorwurf rechnen müssen, seinen Bruder im Stich gelassen zu haben. Trotz der für sich allein nicht ausreichenden gefühlsmäßigen Bindung zum Hauptschuldner führt daher die unerklärliche Verharmlosung des mit der Haftungsübernahme verbundenen Risikos durch die Bank zur Missbilligung des Zustandekommens des Vertrages wegen verdünnter Willensfreiheit des Bürgen (in diesem Sinn auch 8 Ob 320/99p).

Die für die Inhaltskontrolle rechtserheblichen in der Entscheidung SZ 68/64 demonstrativ aufgezählten Gesichtspunkte bilden ein bewegliches Beurteilungssystem, dessen Anwendung ein Sittenwidrigkeitsurteil dann erlaubt, wenn entsprechende Indikatoren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in allen drei Systemelementen verwirklicht waren und diesen in der Gesamtschau - je nach den Umständen des Einzelfalles - ein erhebliches Gewicht beizumessen ist (SZ 71/117). In Anbetracht des dargestellten Verhaltens des Bankangestellten sowie des unter dem Blickwinkel der Ausstellung eines ungedeckten Schecks jedenfalls nicht bedeutungslosen Umstandes, dass Kreditnehmer und Beklagter Geschwister sind, tritt die Tatsache, dass der Beklagte gar nicht behauptet hat, in geschäftlichen Angelegenheiten besonders unerfahren zu sein, an Bedeutung so weit zurück, dass sie das Sittenwidrigkeitsurteil nicht abzuwenden vermag. Dies gilt auch für die im Falle des Zustandekommens des Geschäfts zugesagte Belohnung von DEM 100.000. Nach den Feststellungen hat der Beklagte ein derartiges Entgelt nicht gefordert und war es auch nicht geeignet, seine Bedenken zu zerstreuen, sondern wurden diese erst durch das Gespräch mit dem Geschäftsleiter der Klägerin verdrängt. Irgend ein Hinweis, dass die versprochene Belohnung ein wesentliches Motiv für die Bürgschaftsübernahme gewesen wäre, kann dem Akt nicht entnommen werden.

Was nun die inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrags betrifft, ist dem Beklagten vorerst zu erwidern, dass die Indikatoren der Sittenwidrigkeit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in allen drei von Graf (ÖBA 1995, 776) herausgearbeiteten Systemelementen (inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrages, Missbilligung der Umstände des Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit sowie Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber) verwirklicht sein müssen. Es kommt daher auf die im Zeitpunkt des Eingehens der Bürgschaft gegebenen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Interzedenten an (SZ 68/64; SZ 71/117; 8 Ob 320/99p ua). Der Oberste Gerichtshof hat insbesondere in seinen Entscheidungen SZ 71/117 und 8 Ob 320/99p klargestellt, dass das Vorliegen eines krassen Missverhältnisess des Haftungsumfanges und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment für die weitere Inhaltskontrolle ist (in diesem Sinne auch Graf, aaO; Rabl, Die Bürgschaft, 62). Die Beurteilung des Verhältnisses zwischen Haftung und Leistungsfähigkeit ist daher nicht Teil des vorher beschriebenen beweglichen Systems und wird durch die Intensität der dort zu berücksichtigenden Faktoren nicht berührt.

Der Oberste Gerichtshof hat schon in seiner Leitentscheidung SZ 68/64 offen gelassen, ob eine Sittenwidrigkeit der dargestellten Art zum gänzlichen Entfall der übernommenen Verpflichtung oder infolge bloßer Teilnichtigkeit nur zu einer Vertragsanpassung und Herabsetzung der Verpflichtung des mithaftenden Familienangehörigen auf ein seiner Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Verpflichtungserklärung nicht unangemessenes Maß führen kann. Auch in den Folgeentscheidungen war dieser Problemkreis nie von rechtserheblicher Bedeutung (vgl etwa ÖBA 1999/805). Zu dieser hier entscheidungswesentlichen Rechtsfrage ist zu erwägen:

Rabl aaO, 80 f kritisiert eine Anlehnung der Inhaltskontrolle von Bürgschaften an das System des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB. Bestimmte vom Obersten Gerichtshof für die Sittenwidrigkeitskontrolle relevant erklärte Kriterien seien beim besten Willen nicht im Grundmuster des Wucherverbots unterzubringen wie zB das "mangelnde Eigeninteresse des Bürgen am Kredit" oder die "Sinnlosigkeit der Haftung" für den Kreditgeber. Ein all zu rasches Festlegen auf einen Teilaspekt der durch die Rechtsordnung vorgesehenen Inhaltskontrolle von Verträgen, der Wucherkontrolle, nehme der Sittenwidrigkeitskontrolle gerade diejenige Elastizität, die es ihr normalerweise ermögliche, auf einen Wandel der Wertungsprinzipien adäquat zu reagieren. Zu dieser Kritik Rabls (auch enthalten in ecolex 1998, 9) hat der Oberste Gerichtshof bereits in SZ 71/117 ausgeführt, dass in der Ausgangsentscheidung ohnehin nur von einer "sinngemäßen Anwendung der Grundsätze des Wucherverbots wegen Vorliegens eines Ausbeutungstatbestands" gesprochen und dort gerade das Erfordernis einer "Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände" als Voraussetzung eines Sittenwidrigkeitsurteils betont werde. Der Oberste Gerichtshof habe sich damit gerade nicht "auf einen Teilaspekt der durch die Rechtsordnung vorgesehenen Inhaltskontrolle von Verträgen" festgelegt, weil er nicht einer schematischen Anwendung des Wuchertatbestands das Wort rede, sondern mit den erörterten Beurteilungskriterien durchaus "auf einen Wandel der Wertungsprinzipien adäquat zu reagieren" vermöge.

Im Lichte dieses Verständnisses sieht sich der erkennende Senat nicht gehindert, vorerst auf die von der Rechtsprechung zu § 879 Abs 1 ABGB herausgearbeiteten Fälle der Teilnichtigkeit zu verweisen. Hiebei wurde jeweils auf den Zweck der Verbotsnorm abgestellt, um beurteilen zu können, ob der Vertrag teilweise gültig oder zur Gänze ungültig sei. Dabei ist der Restgültigkeit möglichst der Vorzug gegeben, wie dies etwa bei verbotenen Ablösen (SZ 63/23), gesetzwidrig überhöhtem Mietzins (SZ 52/170; WoBl 1991/125), unwirksamer Wertsicherungsklausel (JBl 1991, 44) oder übermäßiger Bindungsdauer bei einem Bierbezugsvertrag (SZ 56/144; ÖBl 1993, 220; SZ 66/138) gehandhabt wurde (weitere Nachweise siehe Krejci in Rummel ABGB2 Rz 250 zu § 879; Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 37 zu § 879).

Der wucherische Vertrag ist zwar gemäß § 7 Abs 1 WuchG zur Gänze nichtig, doch wird durch den durch § 35 KSchG angefügten Abs 2 dieser Gesetzesstelle in Ansehung von Darlehens- oder Kreditverträgen - ohne dies ausdrücklich auszusprechen - im Ergebnis bloße Teilnichtigkeit normiert. Der Bewucherte kann die vertraglichen Rückzahlungsfristen in Anspruch nehmen, er schuldet aber nur geminderte Zinsen in der Höhe des doppelten Eskomtzinsfußes (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 35 KSchG; Apathy in Schwimann ABGB2 V Rz 6 zu § 7 WuchG).

Es bestehen somit dogmatisch keine Bedenken auch im Bereich der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaftsverträgen auf die Form der Teilnichtigkeit zurückzugreifen. Auch Rabl aaO 84 befürwortet diese Lösung, weil im Fall der Sittenwidrigkeit wegen wirtschaftlicher Überforderung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit durch die Reduktion zum Durchbruch verholfen werde. Er erkennt allerdings auch das damit verbundene Problem, nämlich dass anders als im Bereich des § 1336 Abs 2 ABGB eindeutige Kriterien zur Beantwortung der Frage, was denn im Regelfall eine angemessene Haftung sei, fehlen. Die Lösung sieht der Autor in dem Rekurs auf den hypothetischen Parteiwillen, der in der Regel darauf abzielen werde, dem Bürgen eine Verpflichtung aufzuerlegen, die er realistischerweise erfüllen kann und die zugleich das Sicherungsinteresse des Gläubigers befriedigt. Dabei komme der Vertragsausgestaltung besondere Bedeutung zu, weshalb man bei der Minderung der Haftung nach § 879 Abs 1 ABGB - wie auch nach § 25d KSchG - alle Umstände und Gestaltungsmöglichkeiten der Haftungsübernahme ins Kalkül zu ziehen habe. Das schließe selbstverständlich nicht aus, dass in krassen Fällen der Überforderung ein völliger Haftungsentfall gerechtfertigt sei.

Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an und hält dazu fest, dass ihm das Herausarbeiten starrer Formeln - wie dies der BGH tut (vgl Rabl aaO 77) - nicht zweckmäßig scheint, zumal der Gesetzgeber durch den - wenngleich auf den hier zu beurteilenden Vertragsabschluss nicht anwendbaren - § 25d KSchG deutlich den Vorrang einer Gesamtschau zu erkennen gegeben hat. Es ist daher ein vernünftiger Interessensausgleich zwischen Gläubiger einerseits und Interzedenten andererseits anzustreben. Weil Bürgschaften im Allgemeinen nach Verzug des Hauptschuldners schlagend werden, ist bei dieser Interessenabwägung neben dem Kapitalbetrag auch die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Zinsbelastung zu berücksichtigen. Ausgehend von dieser Basis ist nun vorerst danach zu fragen, ob die Voraussetzungen für die Gesamtnichtigkeit des Vertrages vorliegen. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn eine Gegenüberstellung des Haftungsumfangs mit der Leistungsfähigkeit die Sinnlosigkeit der Bürgschaft für den Gläubiger ergibt, d.h. dass ein nach wirtschaftlichen Kriterien vernünftig denkender Gläubiger sich mit einer derartigen Sicherstellung jedenfalls nicht begnügt hätte.

Verfügte allerdings der Bürge im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über Vermögen und/oder Einkommen, das seine Gutstehung nicht schlechthin als wertlos erscheinen lässt, kommt eine Beschränkung seiner Verpflichtung im Wege der Teilnichtigkeit in Frage. Hiebei ist vordergründiges Ziel, die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Schuldners zu erhalten und den Eintritt der Insolvenz zu vermeiden (vgl Rabl aaO 73). Der in Anspruch genommene Bürge wird zwar die Verwertung seines Vermögens zu dulden und sein Einkommen zur Schuldtilgung einzusetzen haben, jedoch nur so weit, dass ihm nicht die notwendigen Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen entzogen werden. Umfang und Dauer der Inanspruchnahme wird nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles entschieden werden können, wobei jedoch die im § 25d Abs 2 KSchG genannten Kriterien entsprechende Anhaltspunkte bieten. Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass auch dieser Beurteilung selbstverständlich die eingangs wiedergegebenen von der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien zu Grunde zu legen sind und insbesondere die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Kreditgebers von diesen Faktoren zu prüfen ist.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Beklagten im Zeitpunkt des Eingehens der Bürgschaftsverpflichtung zu treffen und diese nach den oben dargestellten Kriterien in ein Verhältnis zum Haftungsumfang zu setzen haben.

Der Revision ist Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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