OGH 3Ob526/83

OGH3Ob526/8325.5.1983

SZ 56/81

Normen

ABGB §1299
ABGB §1368
KWG §23
ABGB §1299
ABGB §1368
KWG §23

 

Spruch:

Die Bank ist dem Dritten, der ein Pfand zur Besicherung eines Kredites bestellt, in der Regel nicht zur Aufklärung über die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers verpflichtet

OGH 25. 5. 1983, 3 Ob 526/83 (OLG Innsbruck 2 R 236/82; LG Feldkirch 2 Cg 162/82)

Text

Der Zweitbeklagte war Eigentümer der Liegenschaft EZ 1350 KG D. Mit Kaufvertrag vom 2. 6. 1980 verkaufte er diese Liegenschaft um den Kaufpreis von 700 000 S an den Erstbeklagten. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes D vom 4. 6. 1980 wurde im Grundbuch die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung dieser Liegenschaft mit Rechtswirksamkeit bis 3. 6. 1981 angemerkt. Der Rangordnungsbescheid wurde Notar Dr. S zugestellt, der den Kaufvertrag zwischen den beiden Beklagten errichtet hatte und durchführen sollte.

Mit Kreditvertrag vom 24. 6. 1980 räumte die klagende Partei dem Erstbeklagten einen Barkredit von 1.3 Mio. S mit einer Laufzeit bis zum 30. 6. 1981 ein. Zur Sicherstellung aller Ansprüche aus diesem Kreditvertrag bis zum Höchstbetrag von 1 560 000 S räumte der Zweitbeklagte der klagenden Partei mit Pfandbestellungsurkunde vom 16./22. 7. 1980 das Pfandrecht auf der genannten Liegenschaft EZ 1350 KG D ein und erteilte die ausdrückliche Einwilligung, daß auf Grund dieser Urkunde ohne weiteres Einvernehmen mit ihm jederzeit das Pfandrecht einverleibt werden könne. Dieses Pfandrecht wurde tatsächlich nicht einverleibt. Mit Beschluß des BG Dornbirn vom 25. 7. 1980 wurde im Grundbuch die Rangordnung für die beabsichtigte Eintragung eines Pfandrechtes für einen Kredithöchstbetrag von 1 560 000 S mit der Rechtswirksamkeit bis 24. 7. 1981 angemerkt. Die einzige Ausfertigung dieses Beschlusses wurde der klagenden Partei ausgefolgt.

Der Kaufvertrag zwischen den beiden Beklagten wurde von der Grundverkehrsbehörde nicht genehmigt.

Mit Notariatsakt vom 1. 6. 1981 schenkte der Zweitbeklagte die Liegenschaft EZ 1350 KG D seiner Ehefrau und bewirkte unter Ausnützung des von Notar Dr. S zurückgestellten Rangordnungsbescheides vom 4. 6. 1980 am 2. 6. 1981 im Range dieses Bescheides die Einverleibung des Eigentumsrechtes für seine Ehefrau, wobei gleichzeitig die Rangordnung des Pfandrechtes für einen Kredithöchstbetrag von 1 560 000 S gelöscht wurde. Die klagende Partei konnte daher ihren Rangordnungsbescheid nicht mehr ausnützen. Die hatte dem Erstbeklagten den Kreditbetrag von 1.3 Mio. S am 17. 7. 1980 zugezählt.

Mit der am 29. 1. 1982 eingebrachten Klage behauptete die klagende Partei, der Erstbeklagte schulde aus dem gewährten Kredit 1 624 027.86 S. Der Zweitbeklagte habe durch seine Vorgangsweise verhindert, daß der von ihm abgeschlossene Pfandvertrag zugehalten werden könne. Er habe es unterlassen, der klagenden Partei binnen drei Tagen die Besitzveränderung zur Kenntnis zu bringen, was mit ihm ausdrücklich vereinbart worden sei. Es treffe nicht zu, daß zwischen der klagenden Partei und dem Zweitbeklagten vereinbart worden sei, daß die Pfandbestellung nur für den Fall der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages mit dem Erstbeklagten erfolge. Den Schenkungsvertrag habe der Zweitbeklagte nur deshalb abgeschlossen, um die klagende Partei zu benachteiligen. Der klagenden Partei fehle daher jetzt eine Sicherheit für den Kredit, da der Erstbeklagte überschuldet sei und der Kreditbetrag von ihm nicht eingebracht werden könne. Der Zweitbeklagte sei daher verpflichtet, der klagenden Partei aus dem Titel des Schadenersatzes den Betrag von 1 560 000 S samt 15.75% Zinsen seit 1.2. 1982 zu ersetzen. Daß der Erstbeklagte überschuldet sei, sei der klagenden Partei im Zeitpunkt der Kreditgewährung nicht bekannt gewesen. Da die Liegenschaft EZ 1350 KG D lastenfrei gewesen sei, habe für die klagende Partei auch kein Anlaß bestanden, an der fehlenden Sicherheit zu zweifeln, da der Wert der Liegenschaft laut einem Schätzungsgutachten vom 23. 6. 1980 2.1 Mio. S betragen habe. Die klagende Partei begehrte von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand 1 560 000 S samt 15.75% Zinsen seit 1. 2. 1982. Dem Erstbeklagten wurde die Klage bisher nicht zugestellt.

Der Zweitbeklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete ein, an den Pfandbestellungsvertrag nicht gebunden zu sein, weil Bedingung und Geschäftsgrundlage hiefür die Genehmigung des Kaufvertrages mit dem Erstbeklagten gewesen sei. Der Schenkungsvertrag vom 1. 6. 1981 sei nicht zwecks Benachteiligung der klagenden Partei abgeschlossen worden. Der Zweitbeklagte sei aber auch deshalb nicht schadenersatzpflichtig, weil die klagende Partei ihn nicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erstbeklagten aufgeklärt habe. Hätte nämlich die klagende Partei den Zweitbeklagten entsprechend gewarnt, hätte er die Pfandbestellungsurkunde nie unterfertigt. Der klagenden Partei sei der Schuldenstand des Erstbeklagten bekannt gewesen, sie hätte ihn aber zumindest kennen müssen, wenn sie entsprechende Erhebungen (Einsicht im Grundbuch, Erhebung bei der Exekutionsabteilung, Anfrage beim Verein Kreditreform) durchgeführt hätte. Eine Haftung des Zweitbeklagten sei auch deshalb nicht gegeben, weil der Wert der Liegenschaft EZ 1350 KG D weit unter der Klagsforderung liege. Daß die klagende Partei wegen der Uneinbringlichkeit beim Erstbeklagten einen Schaden von 1.3 Mio. S erlitten habe, stellte der Zweitbeklagte außer Streit.

Das Erstgericht verurteilte den Zweitbeklagten zur Zahlung von 1 560 000 S und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von 15.75% Zinsen aus diesem Betrag seit 1. 2. 1982 ab.

Es traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen: Der von der klagenden Partei dem Erstbeklagten eingeräumte Kredit haftet per 30. 9. 1982 mit 1 566 765.90 S aus und ist beim Erstbeklagten wegen seiner Zahlungsunfähigkeit uneinbringlich. Den Notariatsakt vom 1. 6. 1981 schloß der Zweitbeklagte deshalb ab, um zu verhindern, daß die klagende Partei auf die Liegenschaft auf Grund der Pfandbestellungsurkunde greifen könne. Vor Einräumung des Kredites an den Erstbeklagten war die klagende Partei mit ihm nicht in Geschäftsverbindung. Die klagende Partei überprüfte vor der Kreditgewährung nur den Grundbuchsstand bezüglich einer im Eigentum des Erstbeklagten stehenden Liegenschaft EZ 1064 KG L, wo eine Hypothek von 245 000 S und eine Anmerkung für ein beabsichtigtes Pfandrecht von 2.4 Mio. S aufschienen. Am 7. 1. 1981 holte die klagende Partei ein Gutachten ein, das einen Wert dieser Liegenschaft von 5.6 Mio. S auswies. Die klagende Partei ließ sich auf dieser Liegenschaft ein Pfandrecht einverleiben, kam aber bei der späteren Versteigerung, die einen Erlös von 2 750 000 S ergab, nicht mehr zum Zuge. Eine weitere Liegenschaft des Erstbeklagten in EZ 216 KG S war mit Hypotheken von 1 650 000 S belastet. Von anhängigen Exekutionen gegen den Erstbeklagten war der klagenden Partei nichts bekannt, sie führte aber dazu keine weiteren Nachforschungen, weil der Kredit durch die Liegenschaft des Zweitbeklagten hinreichend abgesichert schien. Aus einem von der klagenden Partei vor der Krediteinräumung eingeholten Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. Ulrich E ergab sich ein Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1350 KG D per 23. 6. 1980 in Höhe von 2.1 Mio. S. Erhebungen über die persönlichen Verhältnisse des Erstbeklagten ergaben, daß dieser als Lehrer 20 000 S monatlich verdiene und einen Pony-Reitstall mit 10 bis 15 Ponys betreibe, der eine gute Einnahmsquelle sei. Bei Einräumung des Kredites an den Erstbeklagten war der klagenden Partei bekannt, daß dieser mit dem Kreditbetrag ua. den Kauf der Liegenschaft EZ 1350 KG D vom Zweitbeklagten finanzieren wollte. Ob dieser Kaufvertrag grundverkehrsbehördlich genehmigt sei oder nicht, hat die klagende Partei nicht geprüft, maßgebend für sie war, daß die Liegenschaft EZ 1350 KG D ausreichende Deckung bot. Gespräche zwischen der klagenden Partei und dem Zweitbeklagten fanden vor Abschluß der einzelnen Verträge nicht statt, sondern der Zweitbeklagte unterfertigte die Urkunden ohne mündliche Verhandlungen mit der klagenden Partei.

In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Auffassung, daß die klagende Partei keine weiteren Erkündigungen pflegen mußte und den Zweitbeklagten mangels Kenntnis von der schlechten wirtschaftlichen Situation des Erstbeklagten auch nicht warnen habe müssen. Das einzige, was man der klagenden Partei vorwerfen könne, sei, daß sie sich nicht in den Besitz des Rangordnungsbescheides für die beabsichtigte Veräußerung gesetzt habe. Der Zweitbeklagte habe aber diesen Umstand nicht ausnützen dürfen und sei daher für den bei der klagenden Partei entstandenen Schaden voll verantwortlich. Der Schaden der klagenden Partei betrage mehr als 1 560 000 S, weshalb der Zweitbeklagte diese Summe ersetzen müsse. Für mehr hafte er nicht, weil er nur bis zu diesem Höchstbetrag ein Pfandrecht zugesagt habe.

Infolge Berufung der klagenden Partei und des Zweitbeklagten hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Das Berufungsgericht war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß der Zweitbeklagte durch die anläßlich der Schenkung der Liegenschaft an seine Ehefrau veranlaßte Löschung der angemerkten Rangordnung des Pfandrechtes für einen Kredithöchstbetrag von 1 560 000 S mit Rechtswirksamkeit bis 24. 7. 1981 rechtswidrig und schuldhaft die Zuhaltung des mit der klagenden Partei abgeschlossenen Pfandvertrages vereitelt habe und daher schadenersatzpflichtig sei. Es fehle aber bisher an einer hinreichenden Feststellung über den Wert der Liegenschaft EZ 1350 KG D, der bei einer zwangsweisen oder freiwilligen Verwertung im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz erzielt werden hätte können. Da der Zweitbeklagte nur mit dem Wert dieser Liegenschaft gehaftet hätte, wenn er sich vertragsgetreu verhalten hätte, könne der Schaden der klagenden Partei keinesfalls höher als dieser Wert sein. Daß ein Privatgutachten einen Wert von 2.1 Mio. S ausweise, könne eine genaue Feststellung des Wertes nicht ersetzen, wobei immerhin zu berücksichtigen sei, daß der Kaufpreis laut Kaufvertrag vom 2. 6. 1980 nur 700 000 S betragen habe. Im Hinblick auf die vom Erstgericht vernachlässigten Beweisanträge des Zweitbeklagten liege ein Verfahrensmangel vor.

Unzureichend seien auch die Feststellungen des Erstgerichtes zum Mitschuldeinwand des Zweitbeklagten. Der Zweitbeklagte habe zwar nicht geltend gemacht, daß die klagende Partei den Rangordnungsbescheid über die beabsichtigte Veräußerung nicht sichergestellt habe; wohl aber erhebe er den Vorwurf, die klagende Partei habe die Kreditwürdigkeit des Erstbeklagten nicht hinreichend geprüft und den Zweitbeklagten diesbezüglich nicht belehrt. Nach der österreichischen Bankpraxis werde ein Kreditvertrag immer nur nach positivem Verlauf der Prüfung der Kreditwürdigkeit des künftigen Kreditnehmers abgeschlossen. Die klagende Partei habe mit dem Zweitbeklagten überhaupt keine Verhandlungen gepflogen, sodaß sie hier allenfalls durch Schweigen eine allenfalls bankübliche Aufklärungspflicht verletzt haben könnte. Was hier branchenüblich sei, müsse durch das Gutachten eines Banksachverständigen geklärt werden.

Hinsichtlich der Zinsforderung müsse geklärt werden, wann der Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegenüber dem Zweitbeklagten fällig geworden sei, da von diesem Tag an auch Verzugszinsen gebühren könnten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Berechtigt sind die Rekursausführungen in bezug auf die Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichtes zum Eigenverschulden bzw. Mitverschulden der klagenden Partei. Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei mit dem Zweitbeklagten einen Pfandbestellungsvertrag (Pfandversprechen, Verpfändungsvertrag) abgeschlossen. So wie die Bank nicht verpflichtet ist, einen Bürgen vor dem Abschluß eines Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären (Schinnerer - Avancini, Bankverträge[3] II 159), ist es auch nicht üblich, daß die Bank demjenigen, der ein Pfand beistellt, Auskünfte über die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers erteilt (Schinnerer - Avancini aaO II 179). Es ist grundsätzlich nicht Sache einer Kreditunternehmung, einem ihrer Kunden, der mit einem anderen Kunden Geschäfte abschließt, die ein Risiko enthalten, Mitteilungen über die Vermögensverhältnisse des letzteren zu machen (Schinnerer - Avancini aaO I 22). Der Zweitbeklagte mußte zwar einerseits aus dem Verlangen der klagenden Partei, daß er als Dritter für den Kredit des Erstbeklagten ein Pfand bestelle, noch nicht schließen, daß die klagende Partei dem Erstbeklagten kein Vertrauen entgegenbringe oder daß dessen Kreditwürdigkeit beeinträchtigt sei (Schinnerer - Avancini aaO II 179), er durfte aber andererseits nicht erwarten, daß ihn die Bank über die wirtschaftliche Situation des Erstbeklagten aufklären werde oder daß sie diese in einer Weise prüfen werde, daß ihm aus der Pfandbestellung kein Risiko entstehen konnte.

Eine dem Zweitbeklagten vorschwebende Warnpflicht der Bank wird nur dann ausnahmsweise und mit entsprechenden Vorbehalten angenommen, wenn die Bank schon Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch zB eines Kreditnehmers hat, diesem wegen der von einem Dritten geleisteten Sicherheit aber trotzdem noch einen Kredit gewährt (Canaris, Großkommentar HGB[3] III/3, 61 Rdz. 110; Schinnerer - Avancini aaO I, 22). Daß der klagenden Partei die Zahlungsunfähigkeit des Erstbeklagten oder dessen unmittelbar bervorstehender wirtschaftlicher Ruin bekannt gewesen seien, hat der Zweitbeklagte aber bisher nicht eingewendet; nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen spricht nichts dafür, daß die klagende Partei von der Zahlungsunfähigkeit ihres Kreditnehmers ausgegangen wäre.

Es war daher ausschließlich Sache des Zweitbeklagten selbst, sich zu überlegen, inwieweit er für die den Kaufpreis übrigens weit übersteigende Kreditsumme dann haften müsse, wenn es nicht zur Durchführung des Verkaufes der als Pfand versprochenen Liegenschaft an den Erstbeklagten kommen werde. Der Zweitbeklagte ist damit bis zum Wert der Liegenschaften voll schadenersatzpflichtig, ohne daß es zu einem allfälligen Verschulden der klagenden Partei im Zusammenhang mit der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Erstbeklagten noch ergänzender Feststellungen bedarf.

Mit dieser Einschränkung verbleibt es bei den Ergänzungsaufträgen des Berufungsgerichtes.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte