Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagte war für die Klägerin in der Zeit vom 1. 6. 1997 bis zur einvernehmlichen Auflösung am 3. 2. 1998 als Handelsvertreterin tätig. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses führte die Beklagte für die Klägerin Werbeveranstaltungen durch.
Die Klägerin begehrt S 104.122.61 sA als vereinbarte Konventionalstrafe, hilfsweise aus dem Titel des Schadenersatzes, mit der Begründung, dass die Beklagte in den letzten Wochen vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses in treuwidriger Weise verschiedene Veranstalter veranlasst habe, zumindest 12 bereits vereinbarte Termine für Werbeveranstaltungen wieder zu stornieren, um die Termine in der Folge für einen Wettbewerber der Klägerin durchzuführen. Im Handelsvertretervertrag sei für jedes Zuwiderhandeln des Handelsvertreters eine Konventionalstrafe von S 10.000 vereinbart worden. Der Klagebetrag resultiere aus dem Betrag von S 120.000 abzüglich der der Beklagten aus verschiedenen Geschäftsfällen noch zustehenden Beträge von S 14.670 und S 1.207,39. Der tatsächliche Schaden der Klägerin sei noch höher als die bisher geltend gemachte Konventionalstrafe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt, in treuwidriger Weise Veranstalter veranlasst zu haben, bereits vereinbarte Termine wieder zu stornieren. Die Stornierungen seien von den jeweiligen Gastgebern nicht auf Anraten der Beklagten, sondern freiwillig erfolgt. Es sei auch keine Konventionalstrafe vereinbart worden; hilfsweise werde deren richterliche Ermäßigung begehrt. Der Beklagten stehe auf Grund der Abrechnung vom 8. 6. 1998 noch ein Betrag von S 37.614,39 zu, der als Gegenforderung aufrechnungsweise eingewendet werde.
Das Erstgericht stellte das Bestehen der Klageforderung mit S 10.000, sowie der Gegenforderung mit S 15.877,39 fest und wies das Klagebegehren ab. Dabei ging es davon aus, dass die Beklagte nur bei einem einzigen Vorfall vom 2. 2. 1998 ihre vertragliche Treupflicht verletzt habe, sodass der Klägerin nur eine Konventionalstrafe von S 10.000 gebühre. Dem stünden die unstrittigen Provisionsansprüche der Beklagten von zumindest 15.877,39 gegenüber.
Das Berufungsgericht hob über Berufung der Klägerin das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig. Der Aufhebung liege vor allem zugrunde, dass das Erstgericht in unzulässiger vorgreifender Beweiswürdigung die Vernehmung von 12 von der Klägerin beantragten Zeugen zur Stornierung der Termine unterlassen habe. Eine Behandlung der Beweis- und Tatsachenrüge der Klägerin in der Berufung sei daher vorerst nicht möglich. Im Übrigen vertrat es die Rechtsansicht, dass die Beklagte nicht gegen den Handelsvertretervertrag verstoßen habe, weil sie nicht für einen Mitbewerber des Geschäftsherrn tätig geworden sei; mangels austauschbarer Produkte bestehe kein Konkurrenzverhältnis. Die Klägerin habe sich jedoch auch allgemein auf den Titel des Schadenersatzes (Verletzung der Pflichten eines Handelsvertreters gemäß § 5 HVertrG 1993) gestützt. Dabei sei zu beachten, dass der Handelsvertreter auch im nachvertraglichen Bereich verpflichtet sei, Schädigungen des Geschäftsherrn durch Abspenstigmachen von Kunden zu unterlassen. Hiezu fehle allerdings eine oberstgerichtliche Rechtsprechung.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen begehrt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht zulässig.
Soweit nicht im ASGG abweichende Bestimmungen enthalten sind, gelten die Bestimmungen der ZPO über das Rechtsmittelverfahren auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen (§ 2 Abs 1 ASGG; Kuderna, ASGG2 262). Die hier maßgebliche Vorschrift des § 519 Abs 2 ZPO bindet den Ausspruch der Zulässigkeit des Rekurses in einem Fall des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO an die Voraussetzungen des § 502 ZPO, an dessen Stelle in Arbeits- und Sozialrechtssachen der § 46 Abs 1 ASGG tritt (§ 46 Abs 2 ASGG). Danach hat in Verfahren, die - wie im vorliegenden Fall - nicht dem § 46 Abs 3 ASGG unterliegen (§ 45 Abs 3 ASGG), ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nur zu erfolgen, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 46 Abs 1 ASGG). Die Anfechtung der berufungsgerichtlichen Entscheidung ist nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer in diesem Sinn erheblichen Rechtsfrage geltend macht (JBl 1992, 794). Aus Anlass des Rekurses hat der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht in jeder Richtung zu überprüfen und dabei auch die in der Rekursbeantwortung vorgebrachten rechtlichen Argumente zu beachten. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden (§ 508a ZPO) und nicht auf jene Rechtsfragen beschränkt, die das Berufungsgericht zur Begründung seines Ausspruches angeführt hat (RIS-Justiz RS0048272). Hat das Berufungsgericht mit Recht ausgesprochen, dass der Rekurs zulässig sei, macht das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, dann ist der Rekurs trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 3 vor § 502).
Dies hat umso mehr zu gelten, wenn schon das Berufungsgericht keine für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage aufzeigt. Die Rekurswerberin bestreitet selbst ausdrücklich die Begründung der Zulassung des Rekurses durch das Berufungsgericht und bekräftigt im Rekurs nochmals ausdrücklich, dass sie das Klagebegehren auf Pflichtenverletzungen der Beklagten während des noch aufrechten Vertragsverhältnisses stütze; auf die nachvertraglichen Pflichten des Handelsvertreters komme es daher nicht an. Davon abgesehen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass entgegen der Begründung des Berufungsgerichtes ohnehin eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Pflichten eines Handelsvertreters im nachvertraglichen Bereich vorliegt (vgl JBl 1992, 451 mwN; EvBl 1998/104; 4 Ob 2080/96b).
Soweit die Rekurswerberin damit argumentiert, dass ihr Rekurs - ungeachtet der verfehlten Begründung der Zulassung durch das Berufungsgericht - dennoch zulässig sei, weil das Berufungsgericht eine Bestimmung des gegenständlichen Handelsvertretervertrages, der für bestimmte Pflichtenverletzungen eine Konventionalstrafe vorsehe, unrichtig ausgelegt habe, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Dass die Beklagte schon während des aufrechten Vertrages zwischen den Parteien für einen Wettbewerber der Klägerin tätig geworden oder sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt oder dieses sonst unterstützt habe, wurde bisher nicht behauptet. Im Übrigen handelt es sich aber bei der Frage, ob die im Handelsvertretervertrag gebrauchten Begriffe "Wettbewerber" oder "Konkurrenzunternehmen" eher eng (vgl Arb 11.130; DRdA 1992, 53; 9 ObA 8/00t; RIS-Justiz RS0027854, RS0027870) oder weit (vgl Wiltschek, UWG6 E 114 ff zu § 1;
WBl 1991, 13 ua) auszulegen sind, um eine Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall, der in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung als erhebliche Rechtsfrage zukommt (Kodek aaO Rz 5 zu § 502;
RIS-Justiz RS0042936, RS0101811 ua). Ob auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG, sofern nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgegriffen werden muss (RIS-Justiz RS0112106).
Soweit das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargelegten Richtung noch nicht genügend bzw infolge unzulässiger vorgreifender Beweiswürdigung des Erstgerichtes noch nicht abschließend geklärt ist, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (Kodek aaO Rz 5 zu § 519; RIS-Justiz RS0042179).
Mit ihrem Vorbringen macht die Rekurswerberin sohin insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG geltend. Der Rekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen hat. Die Rekursbeantwortung war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig (2 Ob 22/94; 1 Ob 2303/96z ua).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)