OGH 7Ob71/00t

OGH7Ob71/00t26.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 9. Jänner 1997 verstorbenen Roman M*****, über den Revisionsrekurs des erbl. Sohnes Christian M*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 3. Februar 1999 (richtig 2000), GZ 15 R 13/2000p-67, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 2. Dezember 1999, GZ 1 A 6/97y-58, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zur Aktenlage im Detail auf die Ausführungen im Beschluss zur GZ 7 Ob 115/99h verwiesen werden. Hier genügt der Hinweis, dass (derzeit) von der Wirksamkeit des Erbvertrages vom 16. 11. 1995 auszugehen ist, in dem die Ehegatten Roman und Elisabeth M***** ua ihren Sohn Christian M***** zum Alleinerben berufen und weiters bestimmt haben, dass hinsichtlich des Liegenschaftsbesitzes in E*****, K*****, eine fideikommissarische Substitution iSd § 608 ABGB zu Gunsten Jasmin K*****, geboren am 4. 8. 1984, angeordnet werde. Roman M***** (im Folgenden Erblasser) ist am 9. 1. 1997 verstorben. Seine Witwe erklärte mit Schriftsatz vom 31. 3. 1997, auf die Abgabe einer Erbserklärung zu verzichten. Die vom erblasserischen Sohn Christian M***** auf Grund des Gesetzes zum gesamten Nachlass abgegebene unbedingte Erbserklärung wurde zu Gericht angenommen und der Erbsrechtsausweis auf Grund der Aktenlage für ausgewiesen gehalten.

Die Anträge des erblasserischen Sohnes, das Verlassenschaftsverfahren auf schriftlichem Weg durchzuführen und ihm das Erbe seines Vaters sofort einzuantworten, wurden rechtskräftig abgewiesen. In der Vorentscheidung 7 Ob 155/99h wurde ua ausgeführt, dass von der Gültigkeit des Erbvertrages bzw der darin enthaltenen fideikommissarischen Substitution ausgehend sich im Hinblick auf die Minderjährigkeit der Begünstigten Jasmin K*****, die Notwendigkeit einer gemäß § 160 AußStrG von Amts wegen vorzunehmenden Sicherstellung des privilegierten Nachlegats ergebe. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Erbe die Ungültigkeit des Nachvermächtnisses behauptet, sei für die Sicherstellung der privilegierten Legate so lange zu sorgen, solange nicht die Unwirksamkeit des Vermächtnisses feststehe. Die strittige Frage der Anordnung eines Nachvermächtnisses könne nur auf dem Rechtsweg geklärt werden. Um eine solche Klärung herbeizuführen, habe das Verlassenschaftsgericht die Beteiligten iSd §§ 125 ff AußStrG unter Verteilung der Parteirollen und unter Fristsetzung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies gelte auch dann, wenn strittig sei, ob überhaupt ein Nachlegat angeordnet wurde. Die Sicherstellung des vorliegenden Vermächtnisses bedeute somit keine endgültige und rechtskräftige Feststellung dieses Anspruchs. Vor der Sicherstellung dürfe aber die Einantwortung nicht erfolgen.

Bezugnehmend auf diesen Beschluss des Obersten Gerichtshofes hat das Erstgericht im Grundbuch ***** E***** bei der betreffenden Einlagezahl beim Eigentumsrecht des Erblassers die Anmerkung der fideikommissarischen Substitution zu Gunsten der mj. Jasmin K***** angeordnet.

Das Rekursgericht gab dem vom erblasserischen Sohn Christian M***** dagegen erhobenen Rechtsmittel keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die angefochtene Entscheidung stelle einen Grundbuchsbeschluss dar, für den gemäß § 123 Abs 1 GBG eine 30-tägige Rekursfrist gelte, weshalb der Rekurs rechtzeitig sei. Der Rekurswerber sei als einziger Erbansprecher durch die Anmerkung der fideikommissarischen Substitution in seinem bücherlichen Interessensstand betroffen und daher rekurslegitimiert. Es sei im Fall der Einantwortung nach Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens davon auszugehen, dass er als Eigentümer der Liegenschaft - sei es mit oder ohne Belastung fideikommissarischer Substitution - eingetragen werde. Er sei durch den Beschluss daher beschwert. Sein - allein beachtlicher - Einwand, seine Rechte als Noterbe würden durch die bekämpfte Anmerkung der fideikommissarischen Substitution verletzt, jede einschränkende Bedingung oder Belastung wäre nur für jenen Teil zulässig, der über den Pflichtteil hinausgehe; sei aber nicht berechtigt:

Fideikommissarische Substitutionen seien grundsätzlich im Grundbuch, im Eigentumsblatt bei dem Recht des Vorerben anzumerken. Da die Sicherstellung so lange dauere, als nicht die Unwirksamkeit des Vermächtnisses feststehe, habe das Erstgericht zu Recht keine Befristung in die Verbücherungsanordnung aufgenommen. Beim derzeitigen Verfahrensstand seien die sich aus der Noterbenstellung des Rekurswerbers ergebenden Rechte (noch) nicht maßgeblich. Die Frage, ob der Pflichtteilsanspruch nach § 774 ABGB oder nach § 775 ABGB zu überlassen sei, sei jedenfalls im Prozessweg geltend zu machen. Der Anfechtungsanspruch sei dabei gegen die aus der fideikommissarischen Substitution Berechtigte und nicht gegen den Nachlass zu verfolgen.

Rechtliche Beurteilung

Zur Begründung der Zulassung des Revisionsrekurses führte das Rekursgericht aus, ob die bücherliche Sicherstellungsanordnung nach § 160 AußStrG als Grundbuchsbeschluss zu qualifzieren sei und ob einem einzig in Frage kommenden erbserklärten Erben dagegen eine Beschwer zukomme, habe der Oberste Gerichtshof noch nicht beantwortet. Auch im Hinblick auf die Beteiligtenstellung der mj. Jasmin K***** sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.

Der Revisionsrekurs des erbserklärten (Allein-)Erben ist aus den Erwägungen des Rekursgerichtes zulässig, aber nicht berechtigt. Zutreffend hat das Rekursgericht zunächst erkannt, dass eine zur Sicherstellung iSd § 160 AußStrG vom Verlassenschaftsgericht amtswegig vorgenommene grundbücherliche Anmerkung einer fideikommissarischen Substitution - wie etwa auch die Verbücherungsanordnung des Abhandlungsgerichtes gemäß § 177 AußStrG (RIS-Justiz RS0008343) - einen Grundbuchsbeschluss darstellt, für dessen Anfechtbarkeit die Bestimmungen der §§ 122 ff GBG maßgebend sind (vgl etwa 7 Ob 682/89 = NZ 1990, 101).

Die Frage der Legitimation zur Erhebung des Rekurses gegen einen im Grundbuchsverfahren ergangenen Beschluss ist in Ermangelung einer besonderen Regelung im Grundbuchsgesetz nach § 9 AußStrG zu beurteilen (vgl 5 Ob 17/84 = NZ 1985/33 [GBSlg] mwN, uva). Neben dem Vorliegen der Beschwer ist in Grundbuchsachen noch Voraussetzung der Rekurslegitimation, dass der Rekurswerber durch den angefochtenen Beschluss in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein kann, dass seine bücherlichen Rechte durch die bekämpfte Eintragung belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (EvBl 1978/124; NZ 1982, 188 uva). Darüber hinaus steht der Rekurs in einem vom Amts wegen durchzuführenden Verfahren allenfalls auch den Personen zu, deren verbücherungsfähige Rechte das Grundbuchsgericht bei der Anordnung bücherlicher Eintragungen von Amts wegen zu berücksichtigen hat (5 Ob 3/81; 5 Ob 17/84). Demnach steht, wie dies der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 4 Ob 130/98s formulierte, in Grundbuchsachen das Rekursrecht "jedem Beteiligten zu, dessen grundbücherliche Rechte bzw dessen Interessenssphäre durch eine Verfügung beeinträchtigt werden können" (SZ 43/102; SZ 56/18; SZ 69/195). Da die Interessen des Revisionsrekurswerbers als alleinigem Erbansprecher durch die gegenständliche Anmerkung beeinträchtigt werden, ist seine Legitimation zur Erhebung des Rekurses bzw des Revisionsrekurses zu bejahen.

Seine Einwände sind aber nicht berechtigt. Soweit ohnehin nur jene Argumente wiederholt werden, die bereits zu 7 Ob 115/99h als nicht stichhältig verworfen wurden, genügt es, auf die betreffenden Ausführungen zu verweisen.

Der - sich auf die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in 7 Ob 115/99h, zur Klärung des strittigen Nachvermächtnisses seien die Beteiligten iSd §§ 125 ff AußStrG unter Verteilung der Parteirollen und unter Fristsetzung auf dem Rechtsweg zu verweisen, beziehende - Einwand, es gebe im vorliegenden Fall gar keine "widersprechenden Beteiligten", steht mit der Aktenlage nicht im Einklang. Eine Erklärung der mj. Nachlegatarin, auf ihre Rechte aus dem gegenständlichen Erbvertrag ganz oder teilweise zu verzichten, ist nicht aktenkundig bzw liegt offenbar nicht vor.

Unberechtigt ist schließlich auch die Kritik des Revisionsrekurses an der Auffassung des Rekursgerichtes, derzeit seien die sich aus seiner Noterbenstellung ergebenden Rechte noch nicht maßgeblich. Zwar ist der Hinweis des Revisionsrekurswerbers auf seine Rechte als Noterbe grundsätzlich berechtigt und daher zu beachten. Gilt doch eine fideikommissarische Substition nur für das den Pflichtteil übersteigende Vermögen (Dittrich/Tades, ABGB35 § 774 E 7 mwN). Auch wenn man im Hinblick darauf, dass die gegenständliche Liegenschaft den wesentlichen Teil des Nachlasses bildet, davon ausgeht, dass der Pflichtteilsanspruch des Revisionsrekurswerbers, der zufolge der Erbsentschlagung seiner Mutter die Hälfte des gesamten Nachlasses umfasst, von der fideikommissarischen Substitution tangiert wird, lässt sich daraus aber nicht zwingend herleiten, dass die fideikommissarische Substitution insoweit (in Ansehung des § 774 ABGB) "sowieso ungültig" wäre.

In einem Fall, in dem eine Erblasserin ihre Kinder als Erben und ihre Enkelkinder als Nacherben einsetzte, hat der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 711/87 (= JBl 1988, 373 = NZ 1988, 329 = EFSlg 54.137) ausgesprochen, dass in einem Rechtsstreit zwischen den Erben und den Nacherben zunächst geklärt werden müsste, ob für die Erblasserin die Nacherbeneinsetzung ihrer Enkelkinder oder die Vorerbeneinsetzung ihrer Kinder Vorrang haben sollte. Sollte für die Erblasserin der letztliche erbrechtliche Erwerb durch ihre Enkelkinder (als Nacherben) das vorrangige Anliegen ihrer Gesamtregelung gewesen sein, dann bedeute ein auf § 774 ABGB gestütztes Begehren eines Pflichtteilsberechtigten, die ihn als Vorerben belastende fideikommissarische Substitution (auch nur teilweise) als unwirksam zu behandeln, nicht nur eine einseitige Benachteiligung der Nacherben, sondern vor allem einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Testierfreiheit der Erblasserin, deren Willen bei einer (auch bloß teilweisen) Aufhebung ihrer Anordnungen zu Gunsten der Enkelkinder gerade in der Grundvorstellung ihrer Anordnungen gestört würde. Wenn nämlich die erklärte Absicht der Erblasserin darauf gerichtet gewesen wäre, ihren Kindern keine über die Rechtsstellung eines Vorerben gemäß § 613 ABGB hinausgehende Rechtsstellung einzuräumen, dann dürfte wie bei einer Einsetzung der Enkelkinder unter Belastung mit einem Fruchtgenuss zu Gunsten ihrer jeweiligen pflichtteilsberechtigten Elternteile nicht davon ausgegangen werden, dass die Erblasserin mit ihrer letztwilligen Verfügung zu Gunsten ihrer beiden Kinder eine pflichtteilsabdeckende Zuwendung beabsichtigte, sodass den Pflichtteilsberechtigten nur Geldleistungsansprüche nach § 775 ABGB zustünden und ein Anspruch auf Befreiung von Beschränkungen iSd § 774 ABGB materiell nicht gerechtfertigt sein könnte. Der auf § 774 ABGB gestützte Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten, der unter Beschränkung durch eine fideikommissarische Substitution zum Erben eingesetzt wurde, auf Ungültigerklärung der fideikommissarischen Substitution sei als Anfechtungsanspruch gegen den aus der fideikommissarischen Substitution Berechtigten (und nicht - wie zu 6 Ob 711/87 geschehen - gegen den Nachlass) zu verfolgen.

Der vorliegende Fall weist eine vergleichbare Problematik auf: Für den Fall der auf dem Rechtsweg zwischen dem Revisionsrekurswerber und der mj. Nachlegatarin zu klärenden Gültigkeit des Erbvertrages und damit der gegenständlichen fideikommissarischen Substitution hängt es von dem ebenfalls in einem Rechtsstreit zwischen den Genannten zu klärenden Willen des Erblassers bzw der Parteien des Erbvertrages ab, ob in Ansehung des Pflichtteilsanspruchs des erbl. Sohnes eine (teilweise) Befreiung von der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution iSd § 774 ABGB anzunehmen ist oder die Eltern mit der letztwilligen Verfügung zu Lasten ihres Sohnes eine pflichtteilsabdeckende Zuwendung beabsichtigten, sodass dem pflichtteilsberechtigten nunmehrigen Revisionsrekurswerber nur Geldleistungsansprüche nach § 775 ABGB zustünden. Der Meinung des Rekursgerichtes, bei der grundsätzlich durch Anmerkung der fideikommissarischen Substitution im Eigentumgsblatt beim Recht des Vorerben vorzunehmenden (Dittrich-Angst-Auer, Grundbuchsrecht4 E 41 zu § 10 GBG) Sicherstellung des privilegierten Legats nach § 160 AußStrG könne derzeit die Noterbenstellung des Rekurswerbers noch nicht entsprechend berücksichtigt werden, ist daher beizutreten. Das Rekursgericht hat sich dabei ganz offensichtlich an der erwähnten oberstgerichtlichen Entscheidung orientiert; sein betreffendes, vom Revisionsrekurs bemängeltes Zitat Dittrich-Tades, ABGB35 E 8a zu "§ 447 ABGB", beruht lediglich auf einem Schreibfehler; richtig hat es "§ 774 ABGB" zu lauten.

Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben. Das Erstgericht wird in dem zu 7 Ob 115/99h aufgezeigten Sinne weiter zu verfahren haben.

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