OGH 8Ob232/99x

OGH8Ob232/99x9.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf S*****, vertreten durch Mag. Erich Hochauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Maria S*****, vertreten durch Dr. Walter Anzböck und Dr. Joachim Brait, Rechtsanwälte in Tulln, wegen S 314.500,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. April 1999, GZ 45 R 741/98y-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 9. Juli 1998, GZ 3 C 8/98s-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.121,-- (darin S 3.353,50 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 27.740,-- (darin S 2.415,-- USt und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Erstgerichts vom 17. 12. 1997, rechtskräftig seit 5. 2. 1998 aus gleichteiligem Verschulden gemäß § 49 EheG geschieden. Im Zuge dieses Scheidungsverfahrens wurden zwischen den Rechtsvertretern der Parteien umfangreiche Vergleichsgespräche geführt. In der mündlichen Verhandlung vom 9. 7. 1997 (ON 14 des Scheidungsakts) kamen die Parteien vorerst überein, dass zur Ermittlung des Verkehrswerts der ehelichen Eigentumswohnung samt derzeitiger Ausstattung ein Sachverständigengutachten eingeholt werden solle, wobei sie sich auf einen bestimmten Sachverständigen einigten und sich verpflichteten dessen Gebühren je zur Hälfte zu bezahlen. Anschließend ist wie folgt protokolliert:

"Die Parteien vereinbaren im Sinn einer vergleichsweisen Gesamtregelung aller gegenseitigen Ansprüche folgende Regelung:

Die eheliche Eigentumswohnung verbleibt im Alleineigentum des Beklagten, der Verkehrswert der Wohnung nach Abzug der bestehenden Hypothekardarlehen wird zwischen den Parteien im Verhältnis 50 : 50 geteilt.

Die Klägerin bezahlt dem Beklagten einen Pauschalbetrag von S 500.000,--, der mit einem allfälligen Anspruch aus der Ehewohnung aufzurechnen ist.

Beide Parteien werden die jeweils andere Partei aus der Mithaftung für persönliche Verbindlichkeiten und Verbindlichkeiten aus deren jeweiligen Unternehmen entlassen. Die Klägerin kann ihre persönlichen Sachen und Dokumente aus der Ehewohnung im Beisein des Beklagten abholen. Der Beklagte kann seinerseits von den Geschäftsräumlichkeiten der Klägerin seine persönlichen Sachen und Dokumente im Beisein der Klägerin abholen. Im Übrigen wird keine Partei von der anderen Ansprüche stellen. Der PKW VW-Golf verbleibt dem Beklagten allein, der auch die Schulden daraus übernimmt. Erst nach jeweiliger Haftungsentlassung und Vorliegen des Gutachtens über den Verkehrswert der ehelichen Wohnung wird im obigen Sinn ein Generalvergleich im Zuge einer einvernehmlichen Ehescheidung gemäß § 55a EheG unter wechselseitigem Unterhaltsverzicht unter allen Umständen geschlossen.

Beide Parteien werden einen Kostenvorschuss von je S 7.000,-- binnen 14 Tagen erlegen. Beide Parteien ersuchen das Gericht im gegenständlichen Verfahren das erwähnte Sachverständigengutachten einzuholen. Beide Parteien ersuchen um möglichst rasche Gutachtenserstattung im Interesse einer möglichst baldigen Klärung."

Am 19. 8. 1997 langte das Gutachten des Sachverständigen bei Gericht ein, aus welchem sich ein Verkehrswert der ehelichen Eigentumswohnung samt Wohnungseinrichtung von S 1,871.000,-- ergab. Mit an die Klagevertreterin gerichteten Schreiben vom 12. 9. 1997 (Beil 1) nahm der Beklagtenvertreter auf den festgestellten Verkehrswert Bezug und führte aus:

"Unter Berücksichtigung der Belastungen von S 1,5 Mio bleibt sohin

ein aufzuteilender Erlös von S 371.000,--, wobei die Hälfte dieses

Betrages, nämlich S 185.000,-- von jenen S 500.000,-- in Abzug zu

bringen sind, die meine Mandantin grundsätzlich an Herrn ...........

(Kläger) zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche bezahlen würde, was sohin

eine Zahlungsverpflichtungs von S 314.500,-- für meine Mandantin

ergäbe......

Im Hinblick darauf, dass die nächste mündliche Streitverhandlung

.......... schon am 8. 10. 1997 stattfindet und bis dahin eine

Globallösung erzielt werden sollte, würde ich um eine baldige

Rückantwort ersuchen.... ".

Mit Antwortschreiben vom 22. 9. 1997 (Beil 2) teilte die damalige Vertreterin des Klägers mit, "dass anlässlich der Verhandlung am 8. 10. 1997 die einvernehmliche Scheidung stattfinden kann, sofern der Betrag von S 314.500,-- mittels Barscheck mitgebracht wird."

Mit Schreiben vom 30. 9. 1997 (Beil 3) verwies der Beklagtenvertreter auf die Tatsache, dass seine Mandantin den Betrag nicht in kurzem Wege finanzieren könne und es ihr allenfalls möglich wäre, am Tag der Scheidung einen Betrag von S 100.000,--, Anfang Dezember 1997 weitere S 100.000,-- und den Restbetrag per Ende Jänner 1998 bereitzustellen.

In der Folge wurden die beiderseitigen Haftungsentlassungen, wie am 9. 7. 1997 vereinbart, durchgeführt.

Mit Schreiben vom 3. 11. 1997 (Beil 4) teilte der Beklagtenvertreter der Klagevertreterin mit, dass der Kläger die Beklagte beim Finanzamt angezeigt habe, weshalb die Beklagte zu keiner Zahlung an den Kläger mehr bereit sei. Im Scheidungsverfahren erklärte die dort klagende Ehefrau keinen Vergleich mehr zu wünschen und keine Vergleichsgespräche mehr zu führen, weil der dort beklagte Ehemann gegen sie bei verschiedenen Behörden Anzeigen erstattet und zudem ehewidrige Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen habe. In der Verhandlung vom 17. 12. 1997 (ON 25 des Scheidungsaktes) schränkten die Parteien ihr Vorbringen auf gegenseitiges liebloses Verhalten ein, schlossen einen Vergleich, wonach sie gegenseitig auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage oder unverschuldeter Not auf Unterhalt verzichteten und erklärten nach Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG als gleichteiligen Verschulden Rechtsmittelverzicht.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte zur Zahlung des Betrages von S 314.500,-- sA schuldig und wies ein Zinsenmehrbegehren (rechtskräftig) ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und darüber hinaus weiters fest, dass der Kläger auf Grund der am 9. 7. 1997 geschlossenen Vereinbarung davon ausgegangen sei, den dort festgelegten Pauschalbetrag auf einmal zu bekommen, wenn die Ehescheidung erfolge. Das Verhältnis zwischen den Parteien des Scheidungsverfahrens sei gespannt gewesen. Grundsätzlich sei eine Verständigung nur über die jeweiligen Anwälte erfolgt. Es sei daher nicht anzunehmen, dass zu dieser Zeit die Parteien selbst neben der schriftlichen Vereinbarung vom 9. 7. 1997 noch mündliche Vereinbarungen getroffen haben. Beide Parteien haben die zitierte Vereinbarung für verbindlich erachtet.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung im Sinn des § 97 Abs 2 EheG rechtswirksam sei. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, dass die Parteien in der Verhandlung vom 9. 7. 1997 einen verbindlichen Vertrag zur Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Ansprüche im Sinn eines Generalvergleichs unter den Bedingungen geschlossen haben, dass die Ehe im Einvernehmen geschieden werde, wechselseitiger Unterhaltsverzicht sowie die beiderseitige Entlassung aus der Mithaftung für Kredite erfolge. Zur endgültigen Ausformulierung eines ziffernmäßig bestimmten und damit unmittelbar vollstreckbaren gerichtlichen Vergleichs sei lediglich nur noch der gemäß der Vereinbarung festgelegte Ausgleichsbetrag mittels Gerichtsgutachtens zu ermitteln gewesen. Sämtliche Bedingungen seien zwischenzeitig erfüllt worden. Nach welcher Gesetzesstelle die Scheidung schlussendlich erfolgte, könne für die Beurteilung des Willens der Parteien nicht maßgeblich sein, zumal ohnedies beiderseitiger Unterhaltsverzicht vorliege. Hinsichtlich der Fälligkeit des Ausgleichsbetrags sei mangels anderslautender Vereinbarung gemäß § 904 ABGB davon auszugehen, dass diese sofort mit Erfüllung der Bedingungen eintreten solle. Der Umstand, dass die Spannungen zwischen den Parteien nach Vergleichsabschluss zunahmen, könne ebensowenig wie eine allfällige spätere Anzeige bei der Finanzbehörde einen geeigneten Anfechtungstatbestand erfüllen. Auch der nachträgliche Wegfall der Leistungsfähigkeit oder der Leistungswilligkeit stelle keinen tauglichen Vergleichsanfechtungsgrund dar.

Das Gericht zweiter Instanz änderte mit dem angefochtenen Urteil diese Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die von den Parteien im Scheidungsverfahren getroffene Vereinbarung sei als Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB zu qualifizieren, weil die Parteien eine endgültige verbindliche Regelung einem Generalvergleich im Zuge einer einvernehmlichen Ehescheidung vorbehalten hätten. Aus dem Vorvertrag sei dem Kläger kein Anspruch erwachsen, die erst in der Folge ermittelten Leistungen zu begehren. Darüber hinaus mangele es dem Vertrag auch an Bestimmtheit, weil die Höhe einer allfälligen Leistung der dort klagenden Ehefrau in keiner Weise festgestanden sei. Ein perfekter Vertrag auf Grund dessen die Beklagte zur Zahlung des Klagsbetrages verpflichtet wäre, läge nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie darzustellen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Es kommt ihr auch Berechtigung zu.

Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Auslegungsregel des § 914 ABGB auch für den gerichtlichen Vergleich. Dieser ist so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (SZ 41/55; RZ 1977/14; 8 Ob 609/85; 3 Ob 2/98k u.a.). Das bedeutet, dass nicht der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung allein maßgebend ist, sondern der Wille beider Parteien erforscht werden muss. Allerdings braucht nicht der subjektive unerkennbare Parteiwille ergründet zu werden, sondern ist herauszufinden, wie der andere Teil der Erklärung verstehen musste. Unter der gemäß § 914 ABGB zu erforschenden "Absicht der Parteien" ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden zu verstehen. Es ist dabei das gesamte Verhalten der Vertragsteile, das sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigen Tun oder Nichttun zusammensetzen kann, zu berücksichtigen (SZ 62/9; SZ 62/46; JBl 1991, 642; 4 Ob 296/97a; u.a.).

Für das Zustandekommen eines Vertrages ist gemäß § 861 ABGB die Einigung der Vertragsteile über den Vertragsinhalt und die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlusswillens erforderlich. Eine Einigung der Parteien über den Vertragsinhalt ist (erst) dann anzunehmen, wenn über sämtliche Vertragsbestimmungen Einigkeit besteht (SZ 54/112, SZ 68/178, 7 Ob 67/99z u.a.). Die Regel des § 884 ABGB wonach bei Formvorbehalt für einen Vertrag vermutet wird, dass die Parteien vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen, wird durch die Bestimmung des § 885 ABGB durchbrochen. Ist danach zwar noch nicht die förmliche Urkunde aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien unterfertigt worden (Punktation), so begründet auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten welche darin ausgedrückt sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist daher dann kein Vorvertrag anzunehmen, wenn die abgeschlossene schriftliche Vereinbarung alle wesentlichen Vertragsmerkmale enthält und nichts in der Vereinbarung darauf hinweist, dass die Parteien erst künftig den Vertrag abschließen wollen (JBl 1968, 531; MietSlg 20.104; JBl 1975, 161; SZ 47/148; SZ 53/19; SZ 66/85; 6 Ob 227/99x u.a.). Bei Konsensualverträgen ist nach Lehre und Rechtsprechung (SZ 53/19; SZ 59/87; SZ 70/197 u.a.; Reischauer in Rummel ABGB2 § 936 Rz 1; Binder in Schwimann ABGB2 § 936 Rz 7) im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Pareien bloß einen Vorvertrag und nicht schon den Hauptvertrag schließen wollten. Diese Zweifelsregel gilt nur dann nicht, wenn aus den Umständen eindeutig zu erschließen ist, dass die Parteien dennoch einen Vorvertrag wollten, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn wesentliche Fragen des Hauptvertrages noch ungeklärt sind (SZ 70/197 mwH).

Entgegen der vom Berufungsgericht offenbar vertretenen Rechtsansicht stellt die Tatsache, dass die Parteien die Ermittlung des Wertes der Eigentumswohnung einem von ihnen einverständlichen benannten Sachverständigen überließen, die Bestimmtheit der Vereinbarung nicht in Frage. Gemäß § 1056 ABGB können Käufer und Verkäufer die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten Person überlassen. Der Kaufvertrag wird nur dann als nicht geschlossen angesehen, wenn der Preis von dieser Person in dem bedungenen Zeitraume nicht festgesetzt wird oder, falls kein Zeitraum vereinbart war, ein Teil vor der Bestimmung des Preises zurücktritt. Nach herrschender Auffassung kann ungeachtet fehlender gesetzlicher Bestimmung die Festlegung der Gegenleistung für eine Leistung nicht nur beim Kauf, sondern bei jeden Rechtsgeschäft im Sinne des § 1056 ABGB einem Dritten übertragen werden (SZ 56/32; NZ 1986, 207; JBl 1987, 803; SZ 64/92; JBl 1994, 252; 5 Ob 348/97f u.a.).

Es ist ebenso gesicherte Rechtsprechung, dass bei bewiesenem Konsens an die Bestimmtheitserfordernisse keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, soll doch nicht eine Einigung durch den der zur Leistung nicht mehr bereit ist unter Hinweis auf den Mangel der Preisfestsetzung ihrer Bedeutung beraubt werden (3 Ob 584/82; SZ 60/178; 5 Ob 282/98a). Auch der Tatsache, dass Zahlungsmodalitäten nicht vereinbart wurden, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu, weil es Sache der vertretenen Parteien gewesen wäre, einen diesbezüglichen Wunsch in die Vereinbarung einfließen zu lassen und - wie sich aus § 904 ABGB ergibt - das Fehlen entsprechender Abreden, dass Zustandekommen eines sonst perfekten Vertrages nicht zu verhindern vermag.

Dass zwischen den Parteien ein Konsens zustandekam, kann nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht zweifelhaft sein, ist dies doch bereits der Präambel der Vereinbarung ("....... vereinbaren die Parteien im Sinn einer vergleichsweisen Gesamtregelung aller gegenseitigen Ansprüche folgende Regelung") klar zu entnehmen. Die Vereinbarung selbst regelt alle zwischen den Parteien offenen Fragen mit ausreichender Bestimmtheit. Der letzte Satz ("Erst nach jeweiliger Haftungsentlassung und Vorliegen des Gutachtens über den Verkehrswert der ehelichen Wohnung wird im obigen Sinn ein Generalvergleich im Zuge einer einvernehmlichen Ehescheidung gemäß § 55a EheG unter wechselseitigem Unterhaltsverzicht unter allen Umständen geschlossen") wurde vom Erstgericht zutreffend als Bedingung für die Rechtswirksamkeit des Vertrages nicht jedoch als zwingendes Indiz dafür angesehen, die Parteien hätten lediglich einen Vorvertrag abschließen wollen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes erachteten die Parteien die abgeschlossene Vereinbarung als verbindlich und liegt es gerade im Wesen der Punktation im Sinn des § 885 ABGB, dass über den abgeschlossenen Vertrag nach dem Parteiwillen noch eine förmliche Urkunde (hier: Generalvergleich) errichtet werden soll, die die Punktation als bloßes Konzept des Vertrages (Aufsatz) zu ersetzen hat (EvBl 1958/381; SZ 50/163; SZ 70/197; 5 Ob 96/99z).

Allerdings hat sich das Berufungsgericht auf Grund unrichtiger Rechtsansicht mit der von der Beklagten erhobenen Mängel- und Beweisrüge nicht auseinandergesetzt, sodass nunmehr zu prüfen ist, ob für eine meritorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofes eine ausreichende Tatsachengrundlage besteht. Dies ist aus nachstehenden Erwägungen zu bejahen:

Einen Verfahrensmangel erblickt die Beklagte darin, dass das Erstgericht ihrem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens nicht stattgegeben und ihr somit die Möglichkeit genommen hat, nach Abschluss des Strafverfahrens gegen den Kläger, die Behauptung, dieser habe gegen die Beklagte Anzeige beim Finanzamt erstattet, unter Beweis zu stellen. Aus den Feststellungen des Erstgerichts ergibt sich, dass die genannte Anzeige beim Finanzamt einige Monate nach Abschluss der Vereinbarung im Scheidungsverfahren erstattet worden sein soll. Dies ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz ON 8/AS 20, wonach es "im Anschluss an diese mündliche Streitverhandlung" zu einer Verstimmung gekommen sei, der Kläger habe nichts anderes zu tun gehabt, als gegen seine Gattin unberechtigte Anzeigen zu erstatten. Weiters führt die Beklagte im letzten Absatz ihres Schriftsatzes ON 11 aus, dass "durch die durch den Kläger erfolgten diversen Anzeigen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist" sodass die Beklagte nicht verpflichtet sei, dem Kläger Zahlungen zu leisten. Zwar bringt die Beklagte in ihrer Berufung zur Relevanz der Mangelhaftigkeit nichts vor, doch kann im Lichte des zuletzt zitierten Schriftsatzes davon ausgegangen werden, die Rechtsmittelwerberin beziehe sich mit ihrem Vorbringen zur Mangelhaftigkeit auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Geschäftsgrundlage ist die beim Geschäftsabschluss zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutung erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligten vom Vorhandensein oder dem Eintritt gewisser Umstände auf deren Grundlage sich der Geschäftswille aufbaut (NZ 1980, 37; 5 Ob 796/81; JBl 1987, 390; 8 Ob 1577/93 u.a.). Wie bei Behandlung der Beweisrüge noch darzustellen sein wird, wurde im Verfahren gar nicht behauptet, die Parteien seien bei Vergleichsabschluss davon ausgegangen, der Kläger werde gegen die Beklagte keine Anzeige erstatten. Mangels eines entsprechenden von den Parteien als feststehend zugrundegelegten Sachverhalts kann daher weder vom Wegfall einer typischen Voraussetzung im Sinne der Lehre über die Geschäftsgrundlage noch von einem Irrtum über die Vergleichsgrundlage im Sinn des § 1385 ABGB gesprochen werden (vgl 2 Ob 2/87).

Der gerügten Mangelhaftigkeit kommt daher keine Relevanz zu.

Als unrichtige Tatsachenfeststellung bekämpft die Beklagte die Ausführungen im Ersturteil, wonach der Beklagtenvertreter mit seinem Schreiben Blg 1 eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten bestätigt habe. Selbst wenn diese dann wohl auch eine rechtliche Beurteilung enthaltene Feststellung im Sinne der Berufungsausführungen zu verstehen wäre, käme ihr nicht mehr als illustrative Bedeutung zu, weil das Erstgericht ja davon ausging, eine verbindliche Vereinbarung sei bereits in der Verhandlung im Scheidungsverfahren getroffen worden. Insoweit die Beklagte die Feststellung der Anzeigeerstattung bei der Finanzstrafbehörde begehrt, ist sie auf die vorstehenden Ausführungen zur Mängelrüge zu verweisen.

Die Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Beweisrüge zur Bestimmtheit der Ausgleichszahlung betreffen den Bereich der rechtlichen Beurteilung und wurden bereits vorstehend behandelt. Die entscheidungswesentliche Feststellung des Erstgerichtes, dass beide Parteien die im Scheidungsverfahren getroffene Vereinbarung für verbindlich erachteten, bekämpft die Berufung nicht in gesetzgemäßer Weise, weil sie dazu lediglich ausführt, das Erstgericht vergesse "zu erwähnen, dass die Beklagte wörtlich ausgesagt hat, dass die Vereinbarung laut Protokoll vom 9. 7. 1997 im Scheidungsverfahren wohl verbindlich, jedoch nicht endgültig war.....". Damit wird aber nicht dargestellt auf Grund welcher Beweisergebnisse das Erstgericht zu welchen anderen Feststellungen hätte gelangen sollen. Dies wäre hier vor allem deshalb unumgänglich notwendig gewesen, weil die Aussage keineswegs in offenkundigem Widerspruch zu den Feststellungen des Erstgerichtes steht. Der anschließende Hinweis die Vereinbarung sei deshalb nicht endgültig gewesen, "zumal die Zahlungsmodalitäten wie der vereinbarte Geldbetrag von ihr bezahlt werden sollte, noch offen waren....." spricht geradezu gegen den Standpunkt der Berufungswerberin, wurde doch oben bereits dargestellt, dass das Nichterwähnen von Zahlungsbedingungen das Zustandekommen eines Vertrages grundsätzlich nicht verhindern kann. Die weiteren teilweise unangemessen polemischen Ausführungen der Beweisrüge konzentrieren sich darauf, es hätte als erwiesen angenommen werden müssen, die Parteien haben anlässlich des Vergleichsabschlusses mündlich vereinbart, der Kläger werde die Beklagte nicht mehr aufsuchen und keine Anzeige gegen sie erstatten. Dabei übersieht die Beklagte jedoch, dass sie im Verfahren ein derartiges Vorbringen nie in prozessual relevanter Art erstattet hat. Vielmehr ergibt sich aus dem bereits zitierten Parteienvortrag lediglich, dass nach dem Vergleichsabschluss verschiedene Anzeigen erstattet wurden. Die Ausführungen in der Beweisrüge gründen sich ausschließlich auf die Angaben der Beklagten als Partei. Die Ergebnisse der Parteienvernehmung können aber nach ständiger Rechtsprechung Prozessbehauptungen nicht ersetzen (SZ 39/8; JBl 1987, 659; SZ 70/44; 7 Ob 154/99v u.v.a).

Liegt aber somit nach den nicht gesetzgemäß bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes eine verbindliche Vereinbarung (in Form einer Punktation) vor, sind Ansprüche auf deren Zuhaltung im Streitverfahren geltend zu machen. Die in § 97 Abs 2 EheG geregelte Rechtswirksamkeit von Vereinbarungen über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse wird nicht dadurch berührt, dass die Scheidung letztlich nicht nach § 55a EheG, sondern nach § 49 EheG erfolgte (SZ 53/125). Für die im Außerstreitverfahren geltend zu machenden (§§ 229 ff AußStrG) Ansprüche auf Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen gelten die Beschränkungen des § 97 EheG nicht, sodass sie betreffende Vereinbarungen jedenfalls zulässig sind. Auch diese sind im streitigen Rechtsweg durchzusetzen.

Der Revision ist Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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