OGH 4Ob296/97a

OGH4Ob296/97a28.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Architekt Dipl.Ing.Johann S*****, vertreten durch Dr.Kurt Preiß, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr.Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen S 21,187.736,39 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17.April 1997, GZ 1 R 45/97p-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4.November 1996, GZ 10 Cg 169/94x-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Zwischenurteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 635.871,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 16.920,90 Umsatzsteuer und S 534.346,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Architekt sowie staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker.

Die beklagte Aktiengesellschaft wurde am 3.Mai 1971 gegründet. Der Bund übertrug ihr Planung, Errichtung, Erhaltung, Verwaltung und Finanzierung des als Bundesgebäude zu errichtenden Internationalen Amtssitz- und Konferenzzentrums Wien.

Im Jahre 1968 veranstaltete die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Bauten und Technik, in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien den internationalen Wettbewerb für Architekten zur Planung des "Amtssitzes Internationaler Organisationen und Konferenzzentrums in Wien", an dem sich unter 282 Teilnehmern auch der Kläger beteiligte. Bei der ersten Entscheidung der Jury wurde dem Projekt des Klägers der vierte Platz und der damit verbundene Preis in der Höhe von S 250.000 zugesprochen. Da nach Ansicht der Jury keines der Projekte ausführungsreif war, wurden die vier Preisträger mit Schreiben des Bundesministeriums für Bauten und Technik vom 12. Dezember 1969 aufgefordert, gegen ein Pauschalhonorar von S 400.000 die jeweiligen Projekte zu überarbeiten. Der Kläger kam dieser Aufforderung termingerecht nach und erhielt die Honorarsumme für die dafür erbrachten Leistungen. Dabei handelte es sich um einen Katalog, der das gesamte Projekt - also die Baustufen I bis III in der Form von Texten und Plänen - betraf. Im Mai 1970 reihte eine Gutachtergruppe das Projekt des Klägers an die zweite Stelle und forderte den Kläger auf, bestimmte Abänderungen vorzunehmen. Ein Ministerkomitee lehnte in der Folge den mit dem ersten Preis prämierten Vorschlag ab, wählte das Projekt des Klägers aus und sagte ihm zu, daß er auch mit der Durchführung des Projektes beauftragt werde. Der erste Preisträger wurde mit der Gesamtpreissumme von S 2,300.000 abgefunden, weil er keinen Auftrag erhalten hatte. Im Zeitraum vom 3.Mai bis zum 15.Juli 1971 führte die Beklagte durch ihre damaligen Vorstände Obersenatsrat Dipl.Ing.Franz W*****, Hofrat W***** und Dr.Gerhard P***** die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger zum Abschluß des Architektenvertrages. Zur Finanzierung des Bauvorhabens wurde das IAKW-Finanzierungsgesetz samt Novellen erlassen.

Das Gesamtprojekt war bereits in der Wettbewerbsauslobung in drei Baustufen aufgeteilt, und zwar Baustufe I (Amtssitz für Atombehörde und UNIDO), II (Österreichisches Konferenzzentrum) und III (Erweiterungsmöglichkeiten für noch zu errichtende Gebäude). Für die einzelnen Baustufen sollte dem Kläger jeweils ein gesonderter Auftrag erteilt werden.

Am 15.Juli 1971 kam es zum Abschluß des Architektenvertrages - letztlich - nur über die Baustufe I (Beilage ./K). Am 21.Juli 1980 schloß die Beklagte mit dem Kläger den Architektenvertrag über die Baustufe II (Beilage ./A). Dieser Vertrag gleicht demjenigen über die Baustufe I bis auf unwesentliche Abweichungen. Vor Abschluß des Vertrages Beilage ./A kam es zwischen den Streitteilen nicht mehr zu Vertragsverhandlungen; es handelte sich nur um eine Fortsetzung des schon vorhandenen Vertrages. Vor allem wurde bei Abschluß des Vertrages über die Baustufe II über § 7 des Vertrages (Urheberrecht) nicht mehr verhandelt. Die wesentlichen Vertragsverhandlungen hatten schon vor Abschluß des ersten Architektenvertrages (Beilage ./K) stattgefunden.

Bei der Errichtung der Baustufen I und II wurde auf einen möglichen Ausbau in der Form der Baustufe III insofern Bedacht genommen, als Planung und Ausführung von Küche und Restaurationsbetrieb bereits in größerem Ausmaß erfolgte. Die Vergrößerung des Bereichs der Gastronomie führte zu Mehrarbeiten des Klägers, welche zur Gänze honoriert wurden.

Nach Abschluß der Baustufe II stellte sich heraus, daß die internationalen Organisationen keinen weiteren Raumbedarf hatten. Der Gemeinderat der Stadt Wien widmete darauf mit Beschluß vom 23.Jänner 1992 die zur Verbauung vorgesehene Fläche in Grünland um. Es kam daher weder mit dem Kläger noch mit einem anderen Architekten zu einem Auftrag über die Baustufe III.

Die Leistungen des Klägers für die in Auftrag gegebenen und ausgeführten Architektenarbeiten für die Baustufen I und II wurden mit rund S 290,000.000 honoriert.

Vor Abschluß des Architektenvertrages Beilage ./K waren zwischen den Streitteilen in mehreren Gesprächen alle wesentliche Vertragspunkte erörtert worden, wobei die Beklagte dem Kläger jeweils schriftliche Vertragsentwürfe übergab, die damals als übliche Vertragsmuster im Bautenministerium vorhanden waren. Danach wurden alle einzelnen Vertragsbestimmungen zwischen den Streitteilen mündlich besprochen. In den Verhandlungen legte der Kläger besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der GOA, den Urheberrechtsschutz und die Gewährleistung der Ausführung gemäß den Wettbewerbsbedingungen. Für die Beklagte war neben den urheberrechtlichen Fragen vor allem wesentlich, daß der Kläger einem Abschlag auf die Ansätze der GOA und einer Verringerung seines Büroleistungshonorares zustimme.

In § 3 des - im Rechtsstreit allein noch maßgeblichen - Architektenvertrages Beilage ./A ("Umfang des Vertrages") waren alle drei Baustufen der Wettbewerbsausschreibung enthalten. § 3.3. enthält die konkreten dem Kläger in Auftrag gegebenen Arbeiten durch Auflistung der einzelnen Teilleistungen. Sie betreffen die Baustufe

II.

§ 7 regelt das Urheberrecht. Er hat folgenden Wortlaut:

"7.1. Mit Abschluß dieses Vertrages erwirbt die IAKW die Werknutzungsbewilligung nach Maßgabe des § 15 Abs 4 Urheberrechtsgesetz für das gesamte Projekt gemäß § 2.1 dieses Vertrages.

7.2. Alle übrigen Urheberrechte verbleiben dem Architekten.

7.3. Gelangen die noch nicht planungsgegenständlichen Leistungen der Baustufe III zur Ausführung, werden die diesbezüglichen Architektenleistungen dem Architekten zu den Bedingungen dieses Vertrages übertragen.

7.4 Sollte das vorliegende Vertragsverhältnis nach Maßgabe der Bestimmungen des § 9.2 durch Rücktrittserklärung des Architekten und des § 9.3 oder § 9.4 vorzeitig aufgelöst werden oder ein Vertrag mit dem Architekten über die weitere Planung gemäß § 7.3 nicht zustandekommen, erhält der Architekt als Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung für die in § 3.3.1 und § 3.3.2 nicht enthaltenen Teile des Gesamtprojektes eine Entschädigung im Ausmaß von 15 % des nach den Bestimmungen des § 10 dafür in Betracht kommenden Architektenhonorars.

7.5 Sollte der Architekt ohne sein Verschulden verhindert werden, die in diesem Vertrag gemäß § 3.3.1 und § 3.3.2 in Auftrag gegebenen Leistungen zur Gänze zu erbringen, erhält er für die noch nicht honorierten Teile dieser Leistungen als Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung 15 % des dafür in Betracht kommenden Honorars."

§ 7 des Vertrages wurde aufgrund der Vertragsverhandlungen von der Beklagten formuliert und vom Kläger schließlich in dieser Fassung akzeptiert. Diese Bestimmung geht hauptsächlich auf die Initiative des Klägers zurück, doch hatte auch die Beklagte ein Interesse an ihr. Der Kläger wollte damit vor allem verhindern, daß der Auftrag zur Errichtung seines Projektes einem Dritten erteilt würde, er also "ausgebootet" werde. Überdies lag ihm daran, daß sein Anspruch abgesichert werde. Er wollte damit erreichen, daß das von ihm geplante Projekt in der Folge auch tatsächlich von ihm errichtet werde. Das Interesse der Beklagten an dieser Bestimmung lag darin, eine Sicherheit dafür zu besitzen, daß dann, wenn der Kläger aus welchem Grunde immer, nicht (mehr) in der Lage sein sollte, die im Vertrag übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen, die Beklagte das Bauvorhaben ungehindert durchführen und beenden könne.

Über die Frage, was geschehen sollte, wenn gewisse Baustufen nicht ausgeführt würden, wurde nicht gesprochen. Beispiele, bei welchen die Vertragspunkte des § 7 zum Tragen kämen, wurden nicht erörtert. Unter dem Begriff "Werknutzungsbewilligung" verstanden die Streitteile das Recht der Beklagten, das "Überarbeitungsprojekt 1970" des Klägers nach dessen Plänen auszuführen.

In den Vertragsverhandlungen verlangte die Beklagte einen Nachlaß des Klägers in der Höhe von 12 % auf die Ansätze der GOA; der Kläger gewährte diesen schließlich. Dies fand in § 10 des Vertrages seinen Niederschlag. Hierin werden nur die Baustufen I und II geregelt, nicht jedoch die Baustufe III.

Unter Berufung auf § 7.4 des Architektenvertrages Beilage ./A begehrt der Kläger von der Beklagten als "Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung" der nicht verwirklichten Baustufe III S 21,187.736,39 sA. Nach § 7.1 dieses Vertrages habe die Beklagte die Werknutzungsbewilligung für alle drei Baustufen erlangt. Die vertragliche Regelung des § 7.4 bedeute auch einen Ersatz für das dem Kläger sonst zustehende Entwurfshonorar.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, dem Kläger auch für den Fall Honoraransprüche zuzubilligen, daß bestimmte Teile des Projektes nicht zur Ausführung gelangten und der Kläger deshalb keinen Auftrag erhalte. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Vertrages. § 7.4 des Architektenvertrages habe verhindern sollen, daß der Kläger ausgebootet und ein anderer Architekt mit der Durchführung des Projektes betraut werde. Durch die Bezugnahme auf § 7.3 in § 7.4 sei klargestellt, daß die Ausführung der Baustufe III (durch einen anderen Architekten) Voraussetzung für den Anspruch des Klägers auf 15 % des Architektenhonorars sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf noch folgende (im Berufungsverfahren bekämpfte) Feststellungen:

Bei Verwirklichung der Baustufen I und II wurden keine Arbeiten oder Leistungen aus der Baustufe III "vorgezogen".

Die Leistungen des Klägers für den Wettbewerb waren eine Präsentation des gesamten Projektes und hatten mit den in § 3.3.2 geforderten Leistungen nichts zu tun.

Der Kläger hatte dabei Leistungen erbracht, die über einen Vorentwurf hinausgehen; für einen Vorentwurf fehlte jedoch eine Raumprogrammabstimmung.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Architektenvertrages Beilage ./A war es nicht Absicht der Parteien, dem Kläger ein Honorar für den Fall zuzubilligen, daß die Baustufe III nicht errichtet wird.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß im Hinblick auf die Identität des Vertrages vom 21.Juli 1980, Beilage ./A, mit demjenigen vom 15. Juli 1971, Beilage ./K, und darauf, daß in Ansehung der maßgeblichen Vertragspunkte 1980 keine Vertragsverhandlungen gepflogen worden seien, zum Verständnis und zur Auslegung des Vertrages Beilage ./A auf die im Zuge der seinerzeitigen Vertragsverhandlungen erfolgten Abläufe, Umstände und Fakten zurückzugreifen sei. Beginne man mit der Erforschung des Wortsinnes bei § 7.1, so zeige sich, daß der Kläger der "Beklagten für das gesamte Projekt gemäß § 2.1 dieses Vertrages" eine Werknutzungsbewilligung eingeräumt habe. Der Kläger habe damit die Vervielfältigung gemäß § 15 Abs 4 UrhG gestattet; darunter falle auch das Recht, das Werk nach den Plänen des Architekten auszuführen. Der Kläger habe also der Beklagten dieses Recht zur Ausführung seines Werkes nach seinen Plänen übertragen. Diese Übertragung sei für das gesamte Projekt in der zur Zeit des Vertragsabschlusses vom 15.Juli 1971 vorliegenden Form (also der Pläne der Baustufen I bis III entsprechend der Beilage ./J) erfolgt. Die Übertragung der Werknutzungsbewilligung im Vertrag Beilage ./K sei aber nicht mit deren Abgeltung gleichzusetzen. Nach der Parteienübereinkunft hätte die Werknutzungsbewilligung für alle Baustufen mit Vertragsabschluß übergehen und ein Entgelt für diese Übertragung erst mit dem Auftrag für die jeweilige Baustufe geleistet werden sollen. Diese Auslegung entspreche vollkommen den Intentionen der Parteien. Im Interesse der Beklagten sei es gelegen, die Einheit der Leistung für das gesamte Projekt gewährleistet zu wissen; für den Kläger sei entscheidend gewesen, die Garantie zu erhalten, daß sein Projekt auch tatsächlich ausgeführt werde. Der in § 7.3 gebrauchte Begriff der "planungsgegenständlichen" Arbeiten sei als "vertragsgegenständlich" zu verstehen. Unter Ausführung werde die Umsetzung einer bereits vorhandenen Leistung verstanden. Dem Vertragswortlaut und der Parteienabsicht könne nur entnommen werden, daß die in § 7.4 vorgesehene Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung nur in dem Fall zu leisten sein sollte, daß die Baustufe III errichtet und entgegen § 7.3 der Kläger nicht mit den Architektenleistungen beauftragt werde. Diese Auslegung stehe auch mit der Darstellung des Klägers im Einklang, wonach es sein Bestreben gewesen sei, einen Gesamtauftrag zu erhalten, und in der Folge vereinbart worden sei, daß er mit der Beauftragung der jeweiligen Baustufe die Erteilung der Werknutzungsbewilligung abgegolten erhalte. Daraus sei der übereinstimmende Wille der Parteien zu ersehen, erst im Zeitpunkt der Beauftragung das Recht gemäß § 15 Abs 4 UrhG abzugelten. Dies sei auch durchaus sinnvoll, weil vorher von dem Recht kein Gebrauch gemacht werde. Die Entschädigungsregelung des § 7.4 beziehe sich also nicht auf den Fall, daß Baustufe III überhaupt nicht ausgeführt werde. Für diesen Fall hätten die Parteien nichts vereinbart. Eine Vertragsergänzung komme aber nicht in Frage, weil die Parteien ohnedies alles Nötige vereinbart hätten; es sei lediglich der Fall des Auftrages für die Baustufe III noch nicht eingetreten. Auch aus den anderen Fällen des § 7.4 sei für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen.

Das Berufungsgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß der Anspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht bestehe, und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Feststellung, es sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht die Absicht der Parteien gewesen, dem Kläger ein Honorar für den Fall zuzubilligen, daß die Baustufe III nicht errichtet wird, werde vom Berufungsgericht nicht übernommen. Da gleichzeitig feststehe, daß die Parteien über den Fall der Nichterrichtung einer Baustufe nicht gesprochen haben, könne es sich dabei nur um die Wiedergabe der inneren Absicht der Parteien, wohl auch nur der Beklagten, handeln. Dies sei aber ohne rechtliche Bedeutung. Damit stimme auch überein, daß das Erstgericht eine entsprechende Absicht (auch des Klägers) in seiner Beweiswürdigung nicht begründe, sondern selbst davon ausgehe, daß zur Entscheidung des Rechtsstreites die Bestimmungen des § 7 des Vertrages objektiv auszulegen und zu verstehen seien, ohne daß dabei auf allenfalls unterschiedliche Beweggründe Bedacht zu nehmen sei. Das Berufungsgericht übernehme auch nicht die Feststellung, daß der Kläger Leistungen erbracht habe, die über einen Vorentwurf hinausgingen. Diese Feststellung stehe im Widerspruch dazu, daß der Kläger selbst seine für die Baustufe III erbrachten Leistungen als "Vorentwurfskonzept" bezeichnet habe.

Die Rechtsrüge des Klägers sei berechtigt. Vor Abschluß des Architektenvertrages hätten die Parteien die Möglichkeit und die Rechtsfolgen eines Unterbleibens der Realisierung aller Baustufen nicht erörtert. Der Kläger habe sich auch im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf eine Regelungslücke berufen, sondern seinen Anspruch auf Abgeltung einer der Beklagten erteilten Werknutzungsbewilligung für eine nicht ausgeführte Stufe mit der in § 7.4 des Architektenvertrages getroffenen Regelung begründet. Tatsächlich fehle es an einem Vorbringen in erster Instanz, wonach redliche Parteien, hätten sie den Fall des Unterbleibens der Baustufe III bedacht, ein entsprechendes Entgelt für die Werknutzungsbewilligung vereinbart hätten. Ob die Abgeltung des Aufwands des Klägers für die Teilnahme am Wettbewerb und die Überarbeitung seines Projekts in der zweiten Stufe des Verfahrens mit den von der Beklagten vor Auftragserteilung an ihn geleisteten Beträgen abgegolten war oder nicht, könne offen bleiben. Der Kläger wäre auch dann nicht anders gestellt gewesen, wäre sein Entwurf überhaupt nicht zum Zuge gekommen. Ebensowenig habe der Kläger sein Begehren darauf gestützt, daß er über die von ihm 1970 vorgenommene Modifikation seines Projektes hinaus weitere Vorarbeiten konkret für die Baustufe III erbracht habe. Das Berufungsgericht teile daher die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Anspruchsprüfung durch Auslegung des Architektenvertrages Beilage ./A vorzunehmen sei. Schon die einfache Vertragsauslegung nach dem objektiven Wortsinn schlage zum Vorteil des Klägers aus. § 7.4 des Architektenvertrages gestehe dem Architekten als Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung ein bestimmtes Entgelt zu, "wenn ein Vertrag mit ihm über die weitere Planung gemäß § 7.3 nicht zustande kommt". Eine weitere Bedingung, etwa, daß der Vertrag mit einem anderen Architekten zustande käme und daß der Bau überhaupt errichtet werde, sei darin zunächst nicht genannt. Der Hinweis auf § 7.3 des Vertrages nehme auf einen anderen Teil der Vereinbarung Bezug, in dem sich die Beklagte verpflichtet habe, dem Kläger bei Realisierung der Baustufe III die Architektenleistungen zu übertragen. Daß Voraussetzung der Anwendung des § 7.3 die Errichtung der Baustufe III sei, schränke nach dem Wortsinn die in § 7.4 getroffene Entschädigungsvereinbarung nicht ausdrücklich auf den Fall der Errichtung der Baustufe III ein. § 7.3 ist, weil auf diese Regelung in ihrer Gesamtheit ein Bezug hergestellt wird, auch in ihrer Gesamtheit in § 7.4 einzubringen. Eine Aufteilung in zwei Sachverhaltselemente, einerseits die Errichtung der Baustufe III und andererseits der Auftrag an den Architekten über die Baustufe III, verbiete sich demnach. Beziehe man aber den gesamten Vertragspunkt § 7.3 ein, könne er nur als Wiederholung der eingegangenen Verpflichtung verstanden werden, dem Kläger bei Errichtung der Baustufe III auf die Architektenleistungen zu übertragen. In anderer Formulierung bedeute dies etwa: Der Kläger werde bei Errichtung der Baustufe III mit den Architektenleistungen beauftragt, sollte es zu einem solchen Auftrag nicht kommen, erhalte er für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung eine bestimmte Entschädigung. Nur die Beifügung der Einschränkung, daß ein Vertrag mit einem anderen Architekten darüber abgeschlossen werde, oder aber die Einschränkung, daß die Entschädigung nur für den Fall zustehe, daß überhaupt die Baustufe III zur Realisierung gelange, hätte den von der Beklagten gewünschten Effekt erzielt. Nach dem buchstäblichen Wortsinn fehle also der Entgeltsvereinbarung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung die Einschränkung, daß sie nur gelten solle, wenn die Baustufe III überhaupt ausgeführt werde. Die Auffassung des Erstgerichtes, nur dann, wenn die Baustufe III von einem anderen Architekten als dem Kläger ausgeführt worden wäre, wäre das Problem aufgetreten, daß er noch kein Entgelt für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung erhalten hätte, sei nicht stichhältig. Unbestritten stehe nämlich fest, daß die Beklagte die Werknutzungsbewilligung für alle Baustufen einschießlich der Baustufe III bereits erworben habe. Da Unentgeltlichkeit der Einräumung der Werknutzungsbewilligung nicht zu vermuten sei, sei also in beiden Fällen Raum für eine Entgeltlichkeitsvereinbarung. Sowohl dann, wenn ein anderer Architekt, auf dem Werk des Klägers aufbauend, mit den Architektenleistungen betraut werde, als auch dann, wenn die Beklagte aus in ihrer Sphäre liegenden Umständen von der Realisierung der Baustufe III Abstand nehme, komme eine Entgeltlichkeitsvereinbarung in Frage. Bei Abschluß des Vertrages Beilage ./A sei ja keineswegs festgestanden, daß es nicht zur Errichtung der Baustufe III kommen werde. Nur dann, wenn der Kläger auch mit der Verwirklichung der Baustufe III beauftragt worden wäre, wäre in dem dafür vorgesehenen Honorar auch eine Abgeltung der bereits überlassenen Werknutzungsbewilligung enthalten gewesen. Alle anderen Fälle bedurften somit einer Entgeltsvereinbarung. Daß die Parteien die Überlassung der Werknutzungsbewilligung als abzugeltende Leistung angesehen haben, lasse sich auch aus den weiteren in § 7.4 geregelten Fällen des § 9 Punkte 2, 3 und 4 entnehmen. Diesen Fällen sei gemeinsam, daß bereits ein Architektenvertrag mit dem Kläger über die Durchführung einer bestimmten Baustufe zustande gekommen sei, der Kläger jedoch infolge Rücktritts oder Konkurseröffnung die ihm in Auftrag gegebenen Arbeiten nicht durchführe. Auch in diesen Fällen sei eine Abgeltung der Überlassung der Werknutzungsbewilligung vorgesehen. Die Parteien hätten also konkret Fälle im Auge gehabt, in denen der Kläger keine weiteren Leistungen zu erbringen habe, jedoch Entgelt für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung erhalte. Auch § 7.5 sehe eine Entschädigung für die Überlassung der Werknutzungsbewilligung im Falle des Unterbleibens der Architektenleistungen des Klägers vor. § 7.3 entspreche der erklärten Absicht des Klägers, seine "Ausbootung" verhindern zu wollen. Die Ansicht des Klägers sei nicht von der Hand zu weisen, daß mit § 7.4 dem Kläger ein Schadenersatzanspruch für den Fall der Verletzung der Verpflichtung nach § 7.3 durch die Beklagte eingeräumt werden sollte, um eine aufwendige Feststellung der Höhe eines solchen Schadens zu vermeiden. Daß über die schriftlich festgelegten Vertragspunkte hinaus weitere Vereinbarungen getroffen worden wären, sei nicht behauptet worden. Sollte tatsächlich die Absicht der Beklagten bestanden haben, dem Kläger die Werknutzungsbewilligung für den Fall der Nichterrichtung der Baustufe III nicht abzugelten, sei weder erwiesen, daß eine solche Absicht gegenüber dem Kläger geäußert worden sei, noch finde eine solche Absicht im Vertragswerk derart ihren Niederschlag, daß sie von einem Erklärungsempfänger objektiv verstanden werden mußte. Das Begehren des Klägers sei daher dem Grunde nach gerechtfertigt. Da sich das Erstgericht mit der Höhe des Anspruches nicht auseinandergesetzt habe, sei ein Zwischenurteil zu fällen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist berechtigt.

Die Entscheidung hängt von der Auslegung des § 7.4 des Architektenvertrages vom 21.Juli 1980, Beilage ./A (insoweit gleichlautend mit dem Architektenvertrag vom 15.Juli 1971 Beilage ./K) ab. Zutreffend macht die Beklagte geltend, daß die angefochtene Entscheidung mit den Auslegungsgrundsätzen des § 914 ABGB nicht im Einklang steht:

Bei der Vertragsauslegung ist - ebenso wie bei der Gesetzesauslegung - zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen (ÖBA 1992, 743 [Apathy] uva; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 914 mwN; Koziol/Welser10, I 91). Der Ausleger darf jedoch dabei nicht stehen bleiben. Nach § 914 ABGB ist nämlich bei der Auslegung von Verträgen "nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht." Es gilt also, den Willen beider Parteien zu erforschen. Unter Parteiabsicht ist nicht irgendein unkontrollierbarer Parteiwille, sondern der redlicherweise zu unterstellende Geschäftszweck zu verstehen (EvBl 1972/111; MietSlg 34.132/14; RdW 1988, 88 uva; Binder in Schwimann, ABGB2, Rz 36 zu § 914). Es braucht nicht der subjektive, unerkennbare Parteiwille ergründet zu werden; vielmehr ist herauszufinden, wie der andere Teil die Erklärung verstehen mußte (MietSlg 42.110 ua; Binder aaO). Unter der Absicht der Parteien ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden zu verstehen (SZ 62/9; SZ 62/46; JBl 1991, 642 [Pfersmann]; Koziol/Welser10 I 91). Zum Verständnis des erkennbar erklärten Parteiwillens ist das gesamte Verhalten der Vertragsteile, das sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigem Tun oder Nichttun zusammensetzen kann, zu berücksichtigen (MietSlg 30.124/19, 35.100; WoBl 1991, 166; Binder aaO). Läßt sich auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln, so ist die Willensäußerung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht; hiezu sind die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen (JBl 1988, 38; WoBl 1991, 139 [Würth]; NZ 1992, 58; Koziol/Welser aaO 92). Solange der ermittelte Sinn im Wortlaut der Erklärung noch eine Stütze findet, spricht man von "einfacher" (Koziol/Welser aaO) oder "schlichter" (Binder aaO Rz 15) Vertragsauslegung. Schon im Rahmen dieser schlichten Vertragsauslegung ist nicht nur auf die Parteiabsicht, sondern auch auf die "Übung des redlichen Verkehrs abzustellen" (Binder aaO Rz 40). Erst dann, wenn nach Abschluß des Geschäftes Konfliktsfälle auftreten, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden, ist unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zweckes zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten, also eine "ergänzende Vertragsauslegung" vorzunehmen (JBl 1990, 105; MietSlg 42.136/19; RdW 1993, 303; Koziol/Welser aaO; Rummel aaO Rz 9; Binder aaO Rz 118).

Ist der objektive Aussagewert einer Erklärung zweifelhaft, hat man jene Deutungsvariante vorzuziehen, die eine wirksame und sinnvolle Auslegung der strittigen Bestimmung ermöglicht (MietSlg 29.109/8; Binder aaO Rz 17).

Wendet man hier diese Grundsätze an, dann ist der Anspruch des Klägers zu verneinen:

Nach § 7.4 erhält der klagende Architekt (ua) dann eine Entschädigung für die Überlassung der Wertnutzungsbewilligung für die in den Baustufen I und II nicht enthaltenen Teile des Gesamtprojektes - also für Baustufe III -, wenn mit ihm ein Vertrag "über die weitere Planung gemäß § 7.3." nicht zustande kommt. § 7.3 behandelt den Fall, daß "die noch nicht planungsgegenständlichen Leistungen der Baustufe III zur Ausführung" gelangen. Die zur Begründung des vom Kläger geltend gemachten Anspruches herangezogene Bestimmung läßt sich somit zwanglos dahin verstehen, daß der Kläger die näher beschriebene Entschädigung unter der Voraussetzung bekommt, daß mit ihm kein Vertrag über die Architektenleistung der zur Ausführung gelangenden Baustufe III geschlossen wird. Ein solches Verständnis steht auch allein im Einklang mit den - insoweit unbekämpft gebliebenen - Feststellungen des Erstrichters über die sich aus den Vertragsverhandlungen ergebende Parteienabsicht. Demnach fand die Regelung des § 7 auf Initiative des Klägers Eingang in den Vertrag, weil dieser verhindern wollte, daß der Auftrag zur Errichtung seines Projektes einem Dritten erteilt und er "ausgebootet" werde, wogegen die Beklagte an der Bestimmung deshalb Interesse hatte, weil sie gesichert wissen wollte, daß sie das Bauvorhaben auch dann ungehindert durchführen und beenden könne, wenn der Kläger, aus welchem Grund immer, nicht (mehr) in der Lage sein sollte, die vertraglich übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Absicht, dem Kläger die Entschädigung auch dann zuzuerkennen, wenn die Baustufe III überhaupt nicht verwirklicht wird, kam bei den Vertragsgesprächen nicht zum Ausdruck.

Selbst wenn man der Meinung des Klägers, aus der Bezugnahme auf § 7.3 ergebe sich nicht zwingend der Schluß, daß die hier herangezogene Bestimmung des § 7.4 eine Ausführung der Baustufe III voraussetze (S. 27), folgen wollte, wäre daraus für ihn nichts zu gewinnen:

Die im letzten Fall des § 7.4 des Vertrages vorgesehene "Entschädigung" sollte für die Einräumung des Rechtes nach § 15 Abs 4 UrhG gezahlt werden, also dafür, daß die Beklagte das Recht erwirbt, die Gebäude der Baustufe III nach den Plänen des Klägers auszuführen. Die Baustufe III wurde in der Folge nicht verwirklicht und wird nach der Aktenlage - da kein Raumbedarf besteht und die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nun als Grünland gewidmet wurden - auch nie mehr errichtet werden. Daß sich die Beklagte bei Vertragsabschluß dazu verstanden hätte, für die Einräumung eines Rechtes, auch wenn sie es nie ausüben könnte oder wollte, einen - noch dazu wirtschaftlich keineswegs unerheblichen - Preis zu zahlen, ist nicht naheliegend. Eine solche Vereinbarung hätte im Wortlaut des Vertrages einen deutlichen Niederschlag finden müssen. Die mangelnde Eindeutigkeit der Textierung des § 7.4 kann daher nicht dazu führen, daß im Zweifel der Entgeltanspruch des Klägers bejaht wird.

Auch aus den weiteren in § 7.4 aufgezählten Tatbeständen, bei deren Verwirklichung der Kläger Anspruch auf die "Entschädigung" hätte, läßt sich nicht auf die Absicht der Parteien schließen, dem Kläger auch dann ein Entgelt zukommen zu lassen, wenn seine Pläne für die Baustufe III nicht verwendet werden sollten. Die anderen Fälle haben nämlich immer zur Voraussetzung, daß der Architektenvertrag - "das vorliegende Vertragsverhältnis" - bereits besteht und vorzeitig - entweder durch Rücktrittserklärung des Architekten wegen einer mehr als zwölf Monate währenden Unterbrechung (§ 9.2), durch Rücktritt eines Vertragspartners gemäß § 918 ABGB (9.3) oder Rücktrittserklärung der Beklagten wegen von ihr nicht verursachter Insolvenz des Klägers (§ 9.4) - aufgelöst wird. Selbst wenn also ein Vertrag zustande gekommen ist, sollte demnach der Kläger nur unter gewissen weiteren Voraussetzungen einen Entschädigungsanspruch haben. Für diese Fälle gingen die Parteien offenbar von der Voraussetzung aus, daß die Beklagte die Arbeiten auf Grund der Pläne des Klägers weiterführt.

Auch aus § 7.5 läßt sich für den Standpunkt des Klägers nichts ableiten, weil es dort um die Nichtausführung der vom Kläger vertraglich übernommenen Leistungen für die Baustufen I und II geht.

Für die vom Kläger gewünschte Auslegung spricht auch nicht die Erwägung, daß er doch Anspruch auf Honorierung seiner Entwurfsarbeiten für die Baustufe III habe. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hat er insoweit nur ein "Vorentwurfskonzept" erstattet. Die vom Erstrichter getroffene Feststellung über darüber hinausgehende Leistungen hat das Berufungsgericht ausdrücklich nicht übernommen. Diesen Vorentwurf hat aber der Kläger im Zuge der Ausschreibung auf eigenes Risiko erstellt. Hiefür stand ihm also kein Entgeltanspruch zu.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision - ohne daß auf deren weitere Ausführungen eingegangen werden mußte - das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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