OGH 2Ob300/97z

OGH2Ob300/97z2.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Christina W*****, und 2. Sabina W*****, beide vertreten durch Dr. Eva Maria Leeb-Bernhard, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Johann R*****, vertreten durch Dr. Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Gesamtstreitwert 250.000,-- S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. Mai 1997, GZ 13 R 66/97i-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Jänner 1997, GZ 14 Cg 88/95d-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 22.394,20 S (darin 3.725,70 S USt und 40,-- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 13.414,50 S (darin 2.235,75 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am Vormittag des 7. 5. 1990 verunglückte die Mutter der Klägerinnen als Insassin beim Absturz eines Flugzeuges, dessen Pilot der Sohn des Beklagten, Ing. Alfred R*****, war, tödlich, wobei der Pilot ebenfalls verstarb. Der Nachlaß nach Ing. Alfred R***** wurde dem Beklagten als bedingt erbserklärten Alleinerben eingeantwortet, wobei der Reinnachlaß 393.276,64 S betrug.

Halter des Flugzeuges war der niederösterreichische Fallschirmspringerclub in Wien/Flughafen. Ing. Alfred R***** stand als Mitglied dieses Clubs jederzeit die Möglichkeit offen, ein Flugzeug des Clubs zu benützen. Voraussetzung hiefür war die Eintragung in das Bestellbuch des Clubs, die Bekanntgabe des Flugplanes, ein Flugzeugcheck sowie die persönliche Flugberechtigung und -befähigung (Flugschein, entsprechende Anzahl von Flugstunden). Ing. Alfred R***** erfüllte sämtliche dieser Voraussetzungen. Er hatte eine Gesamtflugerfahrung von zumindest 280 Flugstunden und auf dem gegenständlichen Flugzeug eine Flugerfahrung von etwa acht Flugstunden mit sieben Starts. Es kann nicht festgestellt werden, daß er physisch oder psychisch beeinträchtigt war. Technische Gebrechen am Flugzeug sind nicht bekannt. Der Tankinhalt war ausreichend.

Die Kosten wurden (gewöhnlich) direkt zwischen dem Piloten und dem Club abgerechnet, wobei sich die Höhe der Kosten an der Flugzeit bemaß. Die Mutter der Klägerinnen und deren Ehemann hatten vor Flugantritt mit dem Club keinen Kontakt. Sie hatten den Mitflug nur mit dem Piloten Ing. Alfred R***** vereinbart. Dieser schenkte dem Ehepaar den gegenständlichen Flug als Hochzeitsgeschenk, indem er einen Gutschein bei der Hochzeitsfeier überreichte. Das Ehepaar sollte kein Geld für den Flug zahlen, auch keinen Kostenbeitrag.

Der Absturz des Flugzeuges ereignete sich (zusammengefaßt) deshalb, weil es im Zuge eines plötzlichen Höhenverlustes vor der Landung zusammen mit Drehungen zu einer positiven Überlastung der Tragflächen kam, wodurch beide Tragflächen nach oben abknickten. Aus sämtlichen technischen Untersuchungen des verunglückten Flugzeuges ergab sich kein Hinweis auf einen technischen Defekt am Flugzeug. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Pilot den Absturz durch eine Handlung oder Unterlassung (Nichtdrosseln des Flugzeugmotors beim Übergang vom Horizontal- in den Sinkflug) verursachte. Die Absturzursache blieb ungeklärt.

Mit ihrer am 14.1. 1991 eingebrachten Klage begehrten die Klägerinnen die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Schäden aus dem gegenständlichen Flugunfall begrenzt mit dem Reinnnachlaß. Die Ursache des Absturzes sei nicht ein technisches Gebrechen, sondern menschliches Versagen des Piloten gewesen. Der Pilot habe es beim Übergang vom Horizontal- in den Sinkflug unterlassen, den Motor der Maschine zu drosseln, sodaß diese eine Geschwindigkeit eingehalten habe, der sie nicht gewachsen gewesen sei, was zum Abriß einer Tragfläche und in weiterer Folge zum Absturz geführt habe. Da Flugunfälle im überwiegenden Ausmaß auf Versagen des Piloten zurückzuführen seien, sei es Sache des Beklagten, mangelndes Verschulden des Piloten unter Beweis zu stellen, was sich auch daraus ergebe, daß die Mutter der Klägerinnen mit dem Piloten einen unentgeltlichen Beförderungsvertrag abgeschlossen habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Unfallsursache sei trotz umfangreicher Untersuchungen der Flugunfallkommission unbekannt geblieben. Ein Beförderunsvertrag sei nicht abgeschlossen worden.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht mit Urteil vom 19. 12. 1995 das Klagebegehren ab. Mit Beschluß vom 22. 5. 1996 hob das Berufungsgericht dieses Urteil insbesondere deshalb auf, weil Feststellungen darüber, ob ein Beförderungsvertrag mit dem Piloten oder mit dem Halter des Flugzeuges zustandegekommen sei, sowie über dessen Entgeltlichkeit bzw über Vereinbarungen hinsichtlich der Kostentragung fehlten.

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Zwischen der verunglückten Mutter der Klägerinnen und dem Piloten sei ein unentgeltlicher Beförderungsvertrag zustande gekommen, welcher den Piloten verpflichtet habe, die Insassen unversehrt an den Bestimmungsort zu bringen. Auch aus einem unentgeltlichen Beförderungsvertrag werde dieser Erfolg geschuldet. Der Absturz stelle eine Nichterfüllung des Vertrages dar und sei kausal für den Schaden der Klägerinnen. Nach § 1298 ABGB finde aufgrund der Verletzung des Beförderungsvertrages eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens statt, sodaß bei unaufgeklärter Unfallsursache dem Beklagten der Entlastungsbeweis nicht gelungen sei.

Mit dem nunmehr bekämpften Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Dabei übernahm es die Feststellungen des Erstgerichtes.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß das Warschauer Abkommen aufgrund der festgestellten Unentgeltlichkeit ebensowenig zur Anwendung komme wie die Haftungsbestimmungen der §§ 29 ff LuftVG, weil diese die Haftung des Luftfahrzeughalters regelten, es aber hier zu keiner vertraglichen Beziehung zwischen der verunglückten Mutter der Klägerinnen und dem Fallschirmspringerclub als Halter des Flugzeuges gekommen sei. Zu prüfen sei nur noch eine allfällige Haftung des Sohnes des Beklagten nach § 29e Abs 2 LuftVG. Ing. R***** habe unter anderem der Mutter der Klägerinnen den gegenständlichen Flug geschenkt, wobei er sich gleichzeitig als Pilot verpflichtet habe. Zutreffend sei das Erstgericht vom Abschluß eines Werkvertrages in Form eines Beförderungsvertrages ausgegangen. Es sei in der Lehre zwar strittig, ob die Entgeltlichkeit zum Wesen des Werkvertrages gehöre; eine lineare Anwendung aller Werkvertragsnormen auf den unentgeltlichen Beförderungsvertrag finde jedoch ohnehin nicht statt, vielmehr sei im Einzelfall zu prüfen, welche Normen übertragen werden könnten. Zudem könne die Haftung nach § 29a LuftVG auch durch einen unentgeltlichen Beförderungsvertrag begründet werden. Bei einer vertraglichen Bindung ordne § 1298 ABGB eine Umkehr der Beweislast insofern an, als der nicht oder schlecht Erfüllende nachzuweisen habe, daß er ohne sein Verschulden an der vertragsmäßigen Leistung verhindert worden sei. Reischauer führe dazu aus, daß bei unentgeltlichen Geschäften den Selbstlosen nicht die Beweislast nach § 1298 ABGB treffe, er sei in diesem Fall nicht Garant des Gläubigers, auch nicht in abgeschwächter Form, es treffe ihn keine Beweislast für die Sorgfaltseinhaltung. Im vorliegenden Fall sei zwar von der Nichterfüllung des Beförderungsvertrages durch den Piloten auszugehen, jedoch hätten die Klägerinnen weder ein Fehlverhalten des Piloten noch dessen Verschulden nachgewiesen. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem der Entscheidung ZVR 1983/35 zugrundeliegenden Sachverhalt dadurch, daß dort der Pilot beim Schleppen eines Segelflugzeuges durch Mitnahme eines weiteren Passagiers gegen eine ausdrückliche Betriebsanweisung und damit gegen eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB verstoßen habe, sodaß aufgrund dieses Verstoßes und nicht aufgrund des abgeschlossenen Beförderungsvertrages eine Umkehr in der Beweislast sowohl bei der Frage der Kausalität als auch bei der Verschuldensfrage angenommen worden sei. Da im vorliegenden Fall weder der Halter des Luftfahrzeuges noch der Luftfrachtführer in Anspruch genommmen worden seien, sondern der Pilot (richtig: dessen Erbe), könnte die Klage nur dann Erfolg haben, wenn dem Piloten entweder ein deliktisches Fehlverhalten oder ein Fehlverhalten nachgewiesen würde, das zur Nichterfüllung des Beförderungsvertrages führe, welches außerdem dem Piloten schuldhaft vorwerfbar sei. Die Klägerinnen hätten dazu den Beweis jedoch nicht erbracht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil gerichtete außerordentliche Revision der Klägerinnen ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit der Beweislastumkehr gemäß § 1298 (nunmehr Satz 1) ABGB auf unentgeltliche Flugbeförderungsverträge fehlt; sie ist auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen sind, daß auf den vorliegenden Fall das Warschauer Abkommen (BGBl 1961/286 idF BGBl 1971/161) keine Anwendung findet, weil dessen

Artikel 1 Abs 1 den Anwendungsbereich dieses Abkommens auf entgeltliche Beförderungen bzw auf unentgeltliche Beförderungen durch Luftfahrunternehmen beschränkt und diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Auch die Bestimmungen der §§ 19 bis 29 LuftVG, welche die Haftung für nicht beförderte Personen und Sachen regeln, und die §§ 29a bis 29i LuftVG, welche die Haftung des Luftfahrzeughalters regeln, sind mit Ausnahme des § 29e Abs 2 LuftVG - wie von den Vorinstanzen richtig erkannt - für die hier geltend gemachte Haftung des Piloten nicht heranzuziehen (ZVR 1984/246). Gemäß § 29e Abs 2 LuftVG bleiben die gesetzlichen Vorschriften, wonach der Führer des Luftfahrzeuges oder andere Personen für den Schaden haften, unberührt.

Zutreffend sind die Vorinstanzen auch vom Abschluß eines unentgeltlichen Beförderungsvertrages unter anderem zwischen der Mutter der Klägerinnen und dem Piloten ausgegangen. Den diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in der Revisionsbeantwortung, die von einer bloßen Gefälligkeitsbeförderung ausgehen, ist entgegenzuhalten, daß im vorliegenden Fall von einem Transport aus bloßer Gefälligkeit keine Rede sein kann. Der gegenständliche Flug war zwar ein Hochzeitsgeschenk des Piloten unter anderem an die Mutter der Klägerinnen. Die Unentgeltlichkeit allein schließt es aber nicht aus, daß die Vertragsparteien eine rechtliche Bindung wollten. Der gegenständliche Flug als Hochzeitsgeschenk kann keinesfalls nur als Gefälligkeit des täglichen Lebens bzw als im rein gesellschaftlichen Verkehr wurzelnd angesehen werden. Für einen rechtlichen Bindungswillen spricht hier vor allem die erkennbare Gefahr, in die sowohl der Begünstigte als auch der Leistende durch eine fehlerhafte Leistung geraten konnten (vgl BGH 22. 6. 1956 NJW 1956, 1313). Da sohin hier vom Vorliegen eines - unentgeltlichen - Beförderungsvertrages auszugehen ist, ergibt sich daraus die vertragliche Nebenverpflichtung, das körperliche Wohlbefinden des Beförderten nicht zu verletzen (SZ 28/87; ZVR 1976/172; ZVR 1985/43 ua). Wenn sich schon aus dem hier nicht anzuwendenden § 29e Abs 1 LuftVG eine Beweislastverteilung bezüglich des Verschuldensgrades nicht ergibt (vgl 2 Ob 79/94), kommt im vorliegenden Fall nur die Anwendung der allgemeinen Schadenersatzregeln, so insbesondere § 1298 ABGB, in Betracht.

Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sei, dem liegt gemäß § 1298 (nunmehr Satz 1) ABGB der Beweis ob. Entsteht daher ein Schaden durch die Nichterfüllung einer vertraglichen oder gesetzlichen Verbindlichkeit, so hat nach § 1298 ABGB der Schädiger die Schuldlosigkeit und nicht der Geschädigte das Verschulden zu beweisen; der Anwendungsbereich dieser Beweislastregel ist allerdings umstritten (Koziol, Haftpflichtrecht I3, Rz 16/21). Nach Reischauer (in Rummel2 Rz 29 zu § 1298 ABGB und in ZVR 1978, 137 f) treffe bei unentgeltlichen Geschäften den Selbstlosen nicht die Beweislast nach § 1298 (nicht also den unentgeltlich Verwahrenden und den Verleihenden), er schulde keine Erfolge (mit Hinweisen auf die §§ 915, 945 und 975). Diese Lehrmeinung Reischauers wird jedoch insbesondere von Koziol (aaO Rz 16/22) kritisiert: Den Thesen Reischauers, daß § 1298 ABGB nur bei Nichterfüllung von Erfolgsverbindlichkeiten, nicht jedoch bei Verletzung von bloßen Sorgfaltsverbindlichkeiten gelten soll, könne nicht gefolgt werden, da die Unterscheidung in Wahrheit undurchführbar sei. Wenn Reischauer zB davon ausgehe, daß den entgeltlichen Verwahrer eine Erfolgsverbindlichkeit treffe, da er die Sache in demselben Zustand zurückgeben müsse, so sei das nicht überzeugend; es könne wohl mit gleicher oder größerer Berechtigung behauptet werden, daß der Verwahrer nur verspreche, die Sache sorgfältig zu verwahren, und ihn daher eine bloße Sorgfaltsverbindlichkeit treffe. Ein Abgrenzungskriterium, das nicht zu handhaben sei und offenbar von der Formulierung der Pflicht abhänge, sei unbrauchbar für die Entscheidung über den Eintritt doch sehr wesentlicher Rechtsfolgen.

Der achte Senat des Obersten Gerichtshofes führte zwar in der Entscheidung 8 Ob 700/89 = JBl 1990, 723 aus, daß die in § 1298 ABGB normierte Beweislastumkehr nur für Erfolgsverbindlichkeiten, nicht aber für Sorgfaltsverbindlichkeiten gelte. Die Nichterfüllung bestehe nämlich im Fall von Sorgfaltsverbindlichkeiten gerade in der Sorgfaltsverletzung. Diese sei als Ursache des entstandenen Schadens vom Kläger zu beweisen. Diese Entscheidung führte zu Stellungnahmen der Lehre (Binder, Zur Beweislast bei Vertragsverletzung, JBl 1990, 814 f; Wilhelm, Verwirrung um die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB, ecolex 1990, 733), in denen vermerkt wurde, daß sicher geglaubte Grundsätze der Rechtsprechung zur Beweislastumkehr (Wilhelm, aaO mwN) und überwiegend ablehnende Meinungen des Schrifttums (Binder aaO 814 mwN) ohne besondere Begründung negiert worden seien.

Bereits in der Entscheidung 1 Ob 664/90 = JBl 1991, 453 = ecolex 1991, 241 (zust Wilhelm) führte der erste Senat des Obersten Gerichtshofes aus, daß die Entscheidung JBl 1990, 723 keinen Anlaß biete, von der bisher einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß entgegen der Ansicht Reischauers die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB auch bei einer Verletzung einer vertraglichen Schutz- oder Sorgfaltspflicht ohne Rücksicht auf die Art des Vertragsverhältnisses besteht (SZ 48/100; SZ 49/37; JBl 1986, 313 ua), abzugehen. Diese Rechtsprechung finde insbesondere in Koziol (Haftpflichtrecht II2, 332 [ebenso Koziol-Welser I8, 421]) ihre Stütze, wonach § 1298 ABGB auch auf die Verletzung von Verhaltenspflichten anzuwenden sei, weil gerade auch hier die Lebensverhältnisse in der Sphäre des Schuldners für den Gläubiger nicht durchschaubar seien und er daher bei anderer Ansicht in Beweisnotstand gerate (vgl auch Mader in Schwimann Rz 6 zu § 1298 ABGB).

In der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wird einhellig die Auffassung vertreten, daß die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB sowohl bei Verletzung einer vertraglichen Nebenverpflichtung (ZfRV 1991, 42; ZVR 1991/17; RdW 1994, 348; ecolex 1995, 629; EvBl 1996/25; ZVR 1997/128) als auch bei Verletzung einer vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflicht (NRsp 1990/90; JBl 1993, 396; ecolex 1993, 238; JBl 1993, 389) gilt.

Im vorliegenden Fall schlossen die Mutter der Klägerinnen und der Pilot einen unentgeltlichen Beförderungsvertrag, aufgrund dessen den Piloten - wie bereits oben dargelegt - die vertragliche Nebenverpflichtung traf, das körperliche Wohlbefinden der beförderten Mutter der Klägerinnen nicht zu verletzen. Nach Ansicht des erkennenden Senates tritt sohin unter Zugrundelegung der oben angeführten jüngeren Rechtsprechung hier aufgrund der aus dem - wenn auch unentgeltlichen - Beförderungsvertrag entspringenden vertraglichen Nebenverpflichtung des Piloten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes die Beweislastumkehr gemäß § 1298 (nunmehr Satz 1) ABGB ein.

Dem steht auch nicht entgegen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 5/53; SZ 43/80; SZ 44/87; SZ 62/107; JBl 1995, 248; 2 Ob 79/94 ua) entgegen der herrschenden Lehre die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nur das leichte Verschulden umfaßt, der Beweis des Vorliegens eines Sachverhaltes, der als grob fahrlässig im objektiven Sinn qualifiziert werden soll, jedoch dem Geschädigten bzw dem Anspruchswerber obliegt, weil die hier geltend gemachte Haftung des Piloten - die Haftungsbeschränkung des § 29e Abs 1 LuftVG ist hier nicht anzuwenden - bereits bei leichter Fahrlässigkeit eintritt.

Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Absturzursache ungeklärt ist, gehen diese Unklarheiten zu Lasten des für das Nichtvorliegen der leichten Fahrlässigkeit beweispflichtigen Beklagten. Die außerordentliche Revision der Klägerinnen erweist sich sohin als berechtigt, sodaß das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Die am letzten Tag der Revisionsbeantwortungsfrist zur Post gegebene, allerdings entgegen § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO (idF vor der WGN 1997) nicht an das Revisionsgericht adressierte Revisionsbeantwortung des Beklagten langte erst nach Ablauf der Frist beim Obersten Gerichtshof ein, weshalb sie - mangels Nichteinrechenbarkeit des Postlaufes - als verspätet zurückzuweisen war (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 7 vor § 461).

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