Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 17.317,80 (einschließlich S 2.886,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 497.800,-- s.A. aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung, die Beklagte habe als seine Vertreterin in dem beim Handelsgericht Wien zwischen der A*** s. r. L. Gesellschaft mbH (im folgenden "A***" genannt) und der S*** Schwarzdeckerei- und Handelsgesellschaft mbH (im folgenden "S***" genannt) und ihn anhängigen Prozeß (AZ 34 Cg 1166/82) gegen seinen Willen auch in seinem Namen einen Vergleich geschlossen, auf Grund dessen er den eingeklagten Betrag an die A*** habe zahlen müssen. Die Beklagte habe ihn auch nicht belehrt, daß er für den in Wahrheit nur von der S*** geschuldeten Betrag nicht hafte. Von der S*** sei der von ihm geleistete Betrag nicht zurückzuerhalten, weil diese zahlungsunfähig sei.
Die Beklagte wendete ein, der Beklagte sei mit dem Abschluß des Vergleiches einverstanden gewesen, habe jedoch nach bereits geleisteter Unterschrift durch sie überraschend die Unterschrift verweigert. Nach den damaligen Verfahrensergebnissen habe man annehmen können, daß die Haftung des Beklagten gegenüber der A*** zu bejahen sei. Zahlungen seien überwiegend von der S*** geleistet worden. Soweit der Kläger die Schuld der S*** bei der A*** getilgt habe, könne er von der S*** Ersatz verlangen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Seinem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hatte in den Jahren 1977 bis 1980 als selbständiger Kaufmann Dachmaterialien vertrieben, darunter auch Material, das er von der Arkon, der Tochterfirma eines amerikanischen Unternehmens, bezogen hatte.
Im Jahre 1980 gründete er mit seiner Ehegattin die S***-Gesellschaft mbH und war zwei Monate lang ihr Geschäftsführer. Dann trat er seine Geschäftsanteile der Ehegattin ab, befaßte sich dann eine Zeit lang nicht mit diesem Unternehmen und war erst wieder im Jahre 1981 dort als Angestellter tätig, wobei er seine Ehegattin, die nun allein Geschäftsführerin war, umfassend beriet. Damals nahm die S*** eigene Geschäftsbeziehungen mit der A*** auf und die Waren-Bestellungen wurden teilweise vom Kläger, teilweise von seiner Ehegattin per Telex vorgenommen. Im Verlauf der wegen der stockenden Zahlungsweise der S*** geführten Korrespondenz und Gespräche teilte der Beklagte am 28.2.1982 der A*** mit, daß als Käufer der Produkte nur die S*** auftrete und die A*** daher nur von dieser Zahlung erhalten könne, nicht aber vom Kläger. Als in der Folge die A*** weitere Lieferungen wegen eines Außenstandes der S*** in der Höhe von US-Dollar 21.000,-- ablehnte, wandte sich der Kläger am 30.8.1982 mit folgendem Fernschreiben an das Mutterunternehmen in den USA: "Ulf E*** hatte und hat noch immer eine Sicherheit für Einkäufe von Tor H***. Dies ist eine Sicherheit in meinem Haus in Schweden. Mehr wert als unsere ausstehenden Schulden" (Punkt 3. dieses Fernschreibens). E*** ist der Geschäftsführer der A*** in Luxemburg.
Nach Einstellung der Zahlung durch die S*** klagte die A*** im November 1982 die S*** und den Beklagten auf Zahlung US-Dollar 20.855,84 s.A. In diesem Prozeß wurde er zuletzt von der hier beklagten Rechtsanwältin vertreten. Der Geschäftsführer der A*** sagte als Zeuge aus, die A*** sei nur mit dem Zweitbeklagten in Geschäftsverbindung gestanden, der erst Ende 1982 mitgeteilt habe, daß die A*** an die S*** hätte fakturieren sollen und daß dies auch in Zukunft so geschehen solle. Auch hatte der Geschäftsführer der A*** zur Passivlegitimation des (dort) Zweitbeklagten auf Punkt 3. des oben genannten Fernschreibens desselben verwiesen. Die Beklagte gewann den Eindruck, daß der Kläger doch zu Recht von der A*** in Anspruch genommen wurde. Dieselbe Ansicht äußerte der Richter in diesem Prozeß beim Handelsgericht. Am 12.7.1983 erklärten der Kläger und seine Ehegattin vor dem Verhandlungssaal gegenüber der Beklagten, sowohl die S*** als auch der Kläger wollten sich mit der A*** vergleichen. Er habe ja eine Exekution auf seine Liegenschaft in Schweden nicht zu befürchten. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12.7.1983 wurde daher ein Ratenvergleich über den dort eingeklagten Betrag abgeschlossen. Obgleich der Kläger damit einverstanden war, weigerte er sich nach Protokollierung und Unterfertigung des Vergleiches durch den Verhandlungsrichter, den Schriftführer und die beiden Rechtsanwälte, auch selbst zu unterschreiben. Schließlich empfahl er seiner Gattin, den Vergleich für die Erstbeklagte zu unterschreiben, verweigerte aber selbst die Unterschrift.
Der Kläger erfüllte in der Folge mit Ausnahme eines Betrages von S 30.000,-- den Vergleich aus eigenen Mitteln. Es ist nicht zu erwarten, daß der Kläger von der S*** noch Ersatz erhalten kann, weil diese jede Geschäftstätigkeit eingestellt hat. Die Geschäftsführerin geht nunmehr einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Beklagte den Vergleich über ausdrücklichen Auftrag des Klägers abgeschlossen habe. Hiefür seien nur von ihm zu beurteilende wirtschaftliche Überlegungen maßgebend gewesen, nämlich die Ermöglichung der Weiterführung der Geschäfte zwischen der S*** und der A***. Der Kläger habe aus diesen Gründen den Abschluß des Vergleiches gewollt, obgleich er nach seinem Prozeßstandpunkt nicht gehaftet hätte. Im übrigen habe die Beklagte nach dem damaligen Verfahrensstand durchaus der Meinung sein können, daß in Wirklichkeit auch eine solche persönliche Haftung bestand. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Die dagegen vom Kläger wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens sind - wie sich der Oberste Gerichtshof durch Prüfung der Akten überzeugen konnte - nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO). Auch die Rechtsrüge kann aus folgenden Gründen nicht erfolgreich sein:
Der Kläger wirft dem Berufungsgericht unrichtige Auslegung des Aktenvermerkes des Verhandlungsrichters im Verfahren AZ 34 Cg 1166/82 des Handelsgerichtes Wien (ON 14) vor: Aus diesem Aktenvermerk ergäbe sich nämlich, daß der Kläger nur mit dem Abschluß eines bedingten Vergleiches einverstanden gewesen wäre, die Beklagte demnach ohne sein Einverständnis den unbedingten Vergleich geschlossen habe. Diese Behauptung in der Revisionsschrift ist aktenwidrig. In dem genannten Aktenvermerk ist festgehalten, daß der Kläger zunächst den Abschluß eines bedingten Vergleiches mit dem protokollierten Wortlaut wünschte, schließlich aber mit dem Vergleich in allen Punkten einverstanden war. Diesen letzten Teil des Aktenvermerkes läßt aber die Argumentation des Klägers, der nach wie vor behauptet, daß die Beklagte den Vergleich gegen seinen Willen geschlossen habe, außer acht; die Argumentation des Klägers geht daher in einem wesentlichen Punkt nicht von dem auf dieser Grundlage festgelegten Sachverhalt aus.
Auch die Berufung des Klägers auf die im § 1298 ABGB normierte Beweislastumkehr ist verfehlt. Diese gesetzliche Bestimmung gilt nur für Erfolgsverbindlichkeiten: Das Abweichen vom geschuldeten Erfolg ist Nichterfüllung. Rechtsanwälte schulden aber keinen bestimmten Erfolg wie etwa den Prozeßsieg, sondern lediglich fachgemäße Beratung und Vertretung des Klienten. Die Nichterfüllung besteht im Falle solcher Sorgfaltsverbindlichkeiten in der Sorgfaltsverletzung. Diese ist als Ursache des entstandenen Schadens vom Kläger zu beweisen (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 3, 4 und 25 zu § 1298 ABGB), weil bei Sorgfaltsverbindlichkeiten der dem Gläubiger obliegende Beweis der für den Schaden kausalen Nichterfüllung eben im Beweis einer Sorgfaltsverletzung liegt. Darin, daß sie dem Kläger nicht abgeraten hat, den Vergleich zu schließen, liegt keine Sorgfaltsverletzung der Beklagten, weil einerseits die Prozeßaussichten nach den vorliegenden Beweisergebnissen für den Kläger nicht so günstig waren, daß ein Prozeßverlust als unwahrscheinlich anzusehen war, und andererseits auch wirtschaftliche Überlegungen - Aufrechterhaltung weiterer Geschäftsverbindung zwischen der A*** und der S*** - beim Vergleichsabschluß eine Rolle spielten. Diese wirtschaftlichen Momente hatte aber der Beklagte allein zu werten.
Entgegen der in der Revision vertretenen Rechtsmeinung bedurfte es also zur abschließenden Beurteilung dieser Rechtssache nicht ergänzender Feststellungen über den mutmaßlichen Ausgang des seinerzeit beim Handelsgericht Wien gegen die S*** und den nunmehrigen Kläger anhängig gewesenen Prozesses.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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