OGH 1Ob70/99x

OGH1Ob70/99x29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarethe G*****, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei B***** Gastgewerbebetriebsgesellschaft mbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Ronald Klimscha, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 100.000 S sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 2. Dezember 1998, GZ 5 R 108/97y-36, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. Februar 1999, GZ 5 R 108/97y-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 25. August 1997, GZ 2 C 115/94p-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung folgenden Sachverhalt fest:

Helmut K***** (im folgenden Hintermann) wandte sich im Herbst 1991 an seinen damals arbeitslosen und schwer verschuldeten Freund (im folgenden Gastwirt) mit der Mitteilung, daß ein näher genanntes Gasthaus zu pachten sei. Dieser sah für sich aber keine Möglichkeit, das Gasthaus zu pachten, weil ihm dafür die Voraussetzungen fehlten, worauf ihm sein Freund zusicherte, er werde dies schon "organisieren", indem er Gesellschafter stellig machen und für eine Stammeinlage aufkomme werde. Da zum Betrieb des Gasthauses eine Konzession notwendig war, fragte der Gastwirt die Klägerin, die Ehegattin seines Halbbruders, ob sie bereit sei, ihm ihre Konzession "zur Verfügung zu stellen". Die Klägerin, die die damaligen Verhältnisse des Gastwirts kannte und "um die zu wählende rechtliche Konstruktion wußte", war damit einverstanden, verlangte aber von ihm für die Überlassung der Konzession einen monatlichen Betrag von 4.800 S incl. Umsatzsteuer als Entgelt. Der Gastwirt, der über keinerlei Geldmittel verfügte, entgegnete der Klägerin, er müsse zuerst den Hintermann fragen. Dieser war mit der Forderung der Klägerin einverstanden, was ihr der Gastwirt auch mitteilte. Der Zweck dieser Konstruktion lag für den Gastwirt darin, aus dem Betrieb des Gasthauses seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, für die Klägerin im monatlichen Verdienst von 4.800 S, wogegen das Interesse des Hintermanns im Dunklen blieb.

In der Folge konnte der Hintermann tatsächlich ein Ehepaar dafür gewinnen, (unentgeltlich) als Gesellschafter der zu gründenden beklagten GmbH zu fungieren; ihre Aufgabe bestand aber nur in der Unterfertigung des Gesellschaftsvertrags. Die Klägerin sollte iSd Besprochenen gewerberechtliche Geschäftsführerin werden, die geschiedene Ehegattin des Gastwirts hingegen handelsrechtliche Geschäftsführerin, mit welcher Funktion nur ihre Unterschriftsleistung verbunden war. Damit waren alle rechtlichen Schritte dafür vorbereitet, daß das Gasthaus in der Rechtsform einer GmbH vom Gastwirt betrieben werden konnte.

Am 1. Jänner 1992 wurde das Lokal eröffnet. Am 27. Jänner 1992 trafen der Gastwirt, seine geschiedene Ehegattin, die beiden späteren Gesellschafter der beklagten Partei sowie die Klägerin vor einem Notariat erstmals zusammen, um die bereits vorbereiteten Unterlagen, nämlich den Gesellschaftsvertrag, an dem allerdings der Gastwirt und der Hintermann nicht beteiligt sein sollten, einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall, mit dem die Gesellschafter der beklagten Partei ihre Geschäftsanteile jeweils auf den Todesfall dem Gastwirt schenkten, eine Vollmacht, mit der die Gesellschafter der beklagten Partei den Gastwirt unwiderruflich ermächtigten, jederzeit über ihren jeweiligen Geschäftsanteil an der beklagten Partei einen Abtretungsvertrag zu errichten, die Liste der Gesellschafter, die Firmenzeichnung der Klägerin als Prokuristin, die Bestellung der geschiedenen Ehegattin des Gastwirts zur Geschäftsführerin sowie deren Firmenzeichnung als Geschäftsführerin zu unterfertigen. Am 3. März 1992 wurde die beklagte Partei in das Firmenbuch eingetragen. Bereits eine Woche später hat der Hintermann die von ihm (für die beiden Gesellschafter der beklagten Partei) einbezahlte Stammeinlage von 250.000 S "wieder abgezogen".

Am 8. Mai 1992 suchte die Klägerin namens der beklagten Partei um die Erteilung einer Konzession für das Gastgewerbe (Betriebsart Gasthaus) mit dem näher bezeichneten Standort an. Sie verwies auf das Konzessionsdekret des Magistrats Steyr vom 6. November 1987 und erklärte sich als gewerberechtlicher Geschäftsführer. Der Gastwirt wiederum unterfertigte in der Rubrik "vertrags- bzw satzungsgemäße Unterschriften des Anmelders/Konzessionswerbers" die Erklärung, daß über die beklagte Partei weder ein Konkurs- noch Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei. Im Rahmen der mit der Klägerin vereinbarten Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin übte diese keine Tätigkeiten aus, wenngleich sie das Lokal gelegentlich aufsuchte. Der Gasthausbetrieb wurde nur vom Gastwirt geführt. In der Folge verlief der Geschäftsgang schlecht; der Gastwirt zahlte an die Klägerin das vereinbarte Entgelt ungeachtet seiner Zusicherung, er werde ihr den aushaftenden Betrag aus dem Erlös des Sommergeschäfts 1994 zahlen, nicht.

Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von 100.000 S sA und brachte im wesentlichen vor, die beklagte Partei habe sich vertraglich verpflichtet, ihr für die "Zurverfügungstellung ihrer Gastgewerbekonzession" ein monatliches Entgelt von 4.800 S zu bezahlen. Das vereinbarte Entgelt habe sich auf ihre Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin der beklagten Partei sowie auf die damit verbundene Tätigkeit bzw das damit übernommene Risiko bezogen. Die beklagte Partei habe die Bestellung der Klägerin auch der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt; die vor Errichtung des Gesellschaftsvertrags mit der Klägerin getroffene Vereinbarung sei von der beklagten Partei schlüssig genehmigt worden. Es sei allen Beteiligten klar gewesen, daß die im Gründungsstadium befindliche beklagte Partei sämtliche Vereinbarungen des als Geschäftsführer der Vorgesellschaft aufgetretenen Gastwirts mit dritten Personen genehmigen und daher übernehmen werde.

Die beklagte Partei wendete unter Bestreitung der behaupteten Vereinbarung im wesentlichen ein, der Gastwirt sei weder Geschäftsführer noch Gesellschafter der beklagten Partei noch berechtigt gewesen, belastende Vereinbarungen für die beklagte Partei zu treffen. Sollte er mit der Klägerin eine solche Vereinbarung geschlossen haben, habe ausschließlich er dafür zu haften.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren statt. Die Parteifähigkeit der beklagten Partei sei aus im einzelnen genannten Gründen trotz der Beendigung des Liquidationsverfahrens ebenso zu bejahen wie deren Passivlegitimation. Der Gastwirt habe ausdrücklich im Namen der zu gründenden GmbH gehandelt, auch wenn er entgegen seinem tatsächlichen Auftreten in dieser GmbH keine Funktionen bekleidet habe, sondern nur deren kaufmännischer Angestellter gewesen sei. Die beklagte Partei sei nach ihrer Eintragung ins Firmenbuch in diese Vereinbarung und somit auch in die daraus resultierende Verpflichtung zwar nicht ausdrücklich iSd § 2 Abs 2 GmbHG, jedenfalls aber schlüssig genehmigend eingetreten. Daraus, daß die Klägerin spätestens ab Eintragung der GmbH ins Firmenbuch ihre zumindest kontrollierende Tätigkeit aufgenommen und daß in weiterer Folge die beklagte Partei deren Bestellung am 8. Mai 1992 der Bezirksverwaltungsbehörde auch angezeigt habe, sei unschwer zu schließen, daß sie die von der Klägerin übernommene Funktion bewilligt habe. Dieses Verhalten der GmbH stelle sich somit eindeutig als schlüssige Genehmigung dieser vor Errichtung des Gesellschaftsvertrags für die Gesellschaft getroffenen Vereinbarung dar, weshalb sie für die noch aushaftende Forderung der Klägerin auch zu haften habe. Die Höhe des begehrten Entgelts (monatlich 4.800 S incl. 20 % Umsatzsteuer) sei unter Berücksichtigung der von der Klägerin regelmäßig vorgenommenen Überprüfung, in der Einhaltung der gewerbebehördlichen Vorschriften sowie des damit verbundenen Risikos durchaus angemessen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im klageabweisenden Sinn ab und ließ die ordentliche Revision nachträglich im Verfahren nach § 508 ZPO wegen eines allfälligen Verstoßes gegen § 488 Abs 4 ZPO zu. Rechtlich folgerte die zweite Instanz aus den von ihr getroffenen Feststellungen, beim formlosen Zusammenschluß des Gastwirts, der Klägerin und des Hintermanns handle es sich um eine GesbR, deren vornehmlicher Zweck zwar darin bestanden habe, dem Gastwirt die Führung eines Gasthausbetriebs zu ermöglichen, aus dem aber auch die Klägerin hätte Vorteile ziehen können. Für diese sei von vornherein klar gewesen, daß der Gastwirt niemals für die zu gründende GmbH werde handeln können, weil ihm alle Gesellschafter- oder Geschäftsführerbefugnisse fehlten. Vertragspartner der Klägerin sei der Gastwirt gewesen; ihr sei auch bewußt gewesen, daß ihr Vertragspartner keine Vertretungsmacht für die zu gründende beklagte Partei haben könne. Es fehlten alle Voraussetzungen einer konkludenten Schuldübernahme nach § 2 Abs 2 GmbHG, weil der beklagten Partei ein rechtliches Handeln gar nicht zugekommen sei. Von einer stillschweigenden Schuldübernahme könne keine Rede sein.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zwar zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

a) Die beklagte Partei wurde nach Verfahrenseinleitung am 27. August 1996 im Firmenbuch gelöscht. Mit der Entscheidung des verstärkten Senats vom 22. Oktober 1998, 8 ObA 2344/96f (JBl 1999, 126 [Oberhammer, 268] = GesRZ 1999, 34 [Dellinger]) wurde klargestellt, daß das Verfahren bei Löschung einer Kapitalgesellschaft während eines gegen sie anhängigen Passivprozesses auf Begehren des Klägers fortzusetzen ist; strebt hingegen der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft nicht an, so ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären. Im vorliegenden Fall ergibt sich der Wille der Klägerin zur Verfahrensfortsetzung bereits aus der Tatsache, daß sie auch nach dem 27. August 1996 Anträge stellte (ON 22 f) und zuletzt die gegen sie ergangene Endentscheidung mit Revision bekämpfte. Damit hat das Erstgericht im Ergebnis zu Recht die Parteifähigkeit der beklagten Partei bejaht.

b) Das Berufungsgericht beschloß zunächst in der Tagsatzung zur Berufungsverhandlung vom 9. Dezember 1998 eine Ergänzung der Verhandlung durch Vernehmung des in erster Instanz nicht vernommenen Notarsubstituten Dr. Josef B***** als Zeugen. Die Parteien erklärten sich in dieser Verhandlungstagsatzung, ohne daß eine Erörterung durch die Berufungsinstanz vorangegangen wäre, mit der Verlesung der bisherigen Aussagen und der Urkunden einverstanden. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1998 verzichtete die beklagte Partei auf die Vernehmung dieses Zeugen und beantragte statt dessen die Vernehmung des Notarsubstituten Dr. Josef M***** als Zeugen. In der folgenden Tagsatzung zur Berufungsverhandlung wurde dieser Zeuge vernommen; das Berufungsgericht traf aufgrund dieser Zeugenaussage keinerlei Feststellungen, sodaß sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgangs (Austausch des in erster Instanz nicht vernommenen Zeugen durch einen anderen, erst im Berufungsverfahren namhaft gemachten Zeugen) mangels Relevanz gar nicht stellt. Auch in dieser Tagsatzung zur Berufungsverhandlung wurde "parteieneinvernehmlich" der gesamte Akteninhalt mit den bisherigen Aussagen und Urkunden verlesen, ohne daß das Berufungsgericht nach § 488 Abs 4 ZPO darauf hingewiesen hätte, es hege gegen die Würdigung einzelner Beweise durch das Erstgericht Bedenken und gebe den Parteien daher die Gelegenheit die neuerliche Aufnahme dieser Beweise durch das Berufungsgericht zu beantragen. Die genannte Vorschrift soll eine Überrumpelung der Parteien hintanhalten (9 ObA 177/97p ua; Kodek in Rechberger, § 488 ZPO Rz 3); wird die dort vorgesehene Bekanntgabe unterlassen, so begründet die dennoch durchgeführte mittelbare Beweisaufnahme nach der zufolge § 463 Abs 1 ZPO auch im Berufungsverfahren geltenden (SZ 58/8 ua; Rechberger in Rechberger aaO § 281a ZPO Rz 5 mwN) Vorschrift des § 281a ZPO eine erhebliche Verletzung des Verfahrensrechts, sofern das vom Erstgericht unmittelbar verwertete Beweismittel auch dem Berufungsgericht zur Verfügung gestanden wäre (5 Ob 572/93, insoweit nicht veröffentlicht in HS 24.556, 24.701 ua). Auf die Einhaltung dieser Verfahrensbestimmung können die Parteien, wie sich durch einen Größenschluß aus § 281a ZPO ergibt, verzichten. Tatsächlich hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Protokolle und Urkunden "einverständlich" verlesen, doch wurde damit dem Gesetz nicht Genüge getan. Denn bei richtiger Würdigung der den Parteien durch § 488 Abs 4 ZPO verbrieften Verfahrensrechte setzt die Rechtswirksamkeit eines Einverständnisses mit der Verlesung von Protokollen über unmittelbare Beweisaufnahmen voraus, daß bei den Parteien Klarheit über die als bedenklich erachtete oder vermißte Feststellung besteht. Nur dann können sie entscheiden, ob sie ihren Standpunkt in der betreffenden Tatfrage bereits als fest genug erachten oder ihn noch durch den Eindruck einer unmittelbaren Beweisaufnahme erhärten wollen (5 Ob 572/93, 2 Ob 73/95 [EvBl 1997/68 = ZVR 1997/83] ua, zuletzt 3 Ob 5/97z [immolex 1997, 139]; RIS-Justz RS0040339).

Die Nichteinhaltung der Vorschriften des § 488 Abs 4 ZPO iVm § 281a ZPO begründet indes nur dann eine relevante Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, wenn das Berufungsgericht aufgrund einer mangelhaften Beweiswiederholung oder mangelhaften Verfahrensergänzung von den Feststellungen der ersten Instanz abweichende und für die rechtliche Beurteilung relevante Feststellungen trifft. Im vorliegenden Fall konnte die zweite Instanz bei der Frage, ob die von der Klägerin getroffene Entgeltsvereinbarung von ihrem Vertragspartner namens der beklagten Partei abgeschlossen wurde, entgegen den Revisionsausführungen von den erstgerichtlichen Feststellungen nicht abweichen. Denn ob die Entgeltsvereinbarung mit der Klägerin namens der beklagten Partei oder namens eines Dritten (Gastwirt oder Hintermann) abgeschlossen wurde, ist eine auf Grund der einzelnen Tatumstände zu beurteilende Rechtsfrage. Allerdings hat die zweite Instanz die Parteiaussage der Klägerin in einem anderen Punkt anders als das Erstgericht bewertet, erachtete sie doch die von der Klägerin in deren ergänzenden Parteiaussage geschilderten Kontrolltätigkeiten als gewerberechtliche Geschäftsführerin der beklagten Partei nicht als glaubhaft; für das Berufungsgericht war es "unzweifelhaft", daß sich die Tätigkeit der Klägerin lediglich auf die "Zurverfügungstellung der Konzession, wie zwischen ihr und dem Gastwirt vereinbart, beschränkt" habe (S 9 oben und unten der Berufungsentscheidung). Damit wich die zweite Instanz aber von der durch eine entsprechende Beweiswürdigung gestützte erstgerichtlichen Feststellung (S 6 f der Urteilsausfertigung) ab, die Klägerin habe "ihre Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin in der Form" wahrgenommen, daß sie in regelmäßigen Abständen von etwa ein bis zwei Wochen das Gastlokal aufgesucht und "dabei die Küche und auch die Lebensmittelhaltung sowie die Einhaltung der Sperrstunde kontrolliert" habe. Diese Abweichung wird zwar in der Revision als Verfahrensverstoß gerügt, jedoch ist die Feststellung nicht relevant, weil eine bloß schlüssige Einbindung der beklagten Partei in die im Vorgründungsstadium getroffene Vereinbarung hier nicht in Frage kommt, wie noch darzustellen sein wird. Das Erstgericht stellte ferner fest, die Klägerin habe "sich" bei Unterfertigung des Gesellschaftsvertrags beim Gastwirt "versichert", daß sie für die von ihr übernommene Funktion monatlich 4.800 S erhalten werde. Die zweite Instanz hat dagegen eine solche Feststellung nicht getroffen und dies auch in ihrer Beweiswürdigung begründet (S 8 unten der Urteilsausfertigung zweiter Instanz). Die Klägerin behauptet aber in ihrem Rechtsmittel gar nicht, diese Feststellung sei unrichtig. Damit kann aber dieser Mangel des Berufungsverfahrens nicht relevant sein (vgl 1 Ob 48/98k).

c) Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits ist die Frage nach der Haftung der beklagten GmbH für Entgeltsansprüche der klagenden gewerberechtlichen Geschäftsführerin auf Grund einer vor Abschluß des Gesellschaftsvertrags gemachten Zusage. Daß auch noch nach oder zumindest bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags die Vereinbarung mit der Klägerin "bestätigt" worden wäre, steht nicht fest.

Vor der Eintragung einer GmbH in das Firmenbuch sind zwei streng voneinander zu trennende Phasen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden: Bei der Vorgründungsgesellschaft verpflichten sich zwei oder mehrere Personen, eine Gesellschaft zu gründen (SZ 54/69 ua; Gellis/Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz3, § 2 Rz 2 mwN; Koppensteiner, GmbHG, § 2 Rz 7 mwN; Fantur, Das Haftungssystem der GmbH-Vorgesellschaft 158). Diese Phase dauert bis zum Abschluß des Gesellschaftsvertrags und wird durch die Vorgesellschaft abgelöst, die mit der Eintragung ins Firmenbuch endet (Koppensteiner aaO Rz 7 mwN). In der Entscheidung 2 Ob 2254/96a (EvBl 1998/168 = GesRZ 1998, 156 = RdW 1998, 403 = ecolex 1998, 636 [Fantur]; RIS-Justiz RS0109826) wurde deutscher Lehre und Rspr folgend ausgesprochen, daß die Handelndenhaftung des § 2 Abs 1 GmbHG im Stadium der Vorgründungsgesellschaft, für die noch kein GmbH-Recht gelte, nicht in Betracht komme und daß eine solche Gesellschaft, die auf keinem formgültigen Vorgründungsvertrag beruhe und die kein Vollhandelsgewerbe betreibe, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) zu beurteilen sei. Nehme eine solche GesbR als Außengesellschaft am Rechtsverkehr teil, indem sie mit Dritten Rechtsgeschäfte im Namen der zu gründenden Gesellschaft mbH abschließe, hafteten ihre Gesellschafter für die eingegangenen Verbindlichkeiten persönlich, unbeschränkt und solidarisch. Der Gastwirt, der im vorliegenden Fall der Klägerin eine Zusage machte, und der Hintermann, der dieser Zusage zustimmte, werden hier nicht in Anspruch genommen.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß das Zusammenwirken des Gastwirts und des Hintermanns als Vorgründungsgesellschaft zu beurteilen sei, obwohl es sich bei ihnen gar nicht um die in Ansicht genommenen, künftigen GmbH-Gesellschafter handelte, weil diese vielmehr erst gesucht werden sollten, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, weil es zu einem automatischen Vermögensübergang (Übergang von Rechten und Pflichten) von der Vorgründungsgesellschaft auf die Vorgesellschaft bzw die später eingetragene GmbH mangels Identität nicht kommt (Fantur aaO 160 mwN in FN 612; Koppensteiner aaO Rz 8 mwN; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht2, Rz 1/510) und für diese Phase nicht GmbH-Recht gilt (EvBl 1998/168; Fantur aaO 161). Daß daher nach neuerer Rspr die Vorgesellschaft selbst am Rechtsverkehr teilnehmen, also eigene Willenserklärungen abgeben kann und als Vertragspartnerin für Erklärungen, die vertretungsbefugte "Geschäftsführer" in ihrem Namen abgeben, und überdies nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen haftet, wenn selbst unbefugtes Erklärungsverhalten der Geschäftsführung von den Gesellschaftern geduldet wird (1 Ob 188/98y = RdW 1999, 344 mwN), ist hier ebenso bedeutungslos wie der Umstand, daß im Verhältnis zwischen Vorgesellschaft und GmbH ein "automatischer Übergang", etwa für Gründungskosten stattfinden kann (stRspr, zuletzt 8 ObS 162/98a), ohne daß deshalb zu dem umstrittenen Übergang von Rechten auf Pflichten (Schulden) der Vorgesellschaft auf die GmbH (vgl Reich-Rohrwig aaO Rz 1/531 ff mwN) Stellung zu nehmen wäre. Im Vorgründungsstadium besteht keine rechtliche Möglichkeit, für die spätere Gesellschaft mbH zu handeln und sie - für den Fall ihres Entstehens - unmittelbar zu verpflichten, sodaß in diesem Fall unmittelbar für sie wirksam werdende Rechte und Pflichten zu diesem Stadium nicht begründet werden und daher nachderen Entstehung auch nicht automatisch auf sie übergehen können. Wird von Mitgliedern einer Vorgründungsgesellschaft für die später zu gründende Gesellschaft mbH ein gegenseitiger Vertrag geschlossen soll, die GmbH - wie hier - damit auch Pflichten zu übernehmen, so bedarf es dazu einer ausdrücklichen vertraglichen Übernahme der Pflichten durch die Gesellschaft mbH (Gellis/Feil aaO Rz 2; Koppensteiner aaO Rz 8 mwN; Reich-Rohrwig aaO Rz 1/510 mwN in FN 5; Fantur aaO 161; vgl auch Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 11 Rz 22; K. Schmidt, GmbHR 1998, 616 je mwN). Eine solche ausdrückliche Genehmigung des Vertrags mit der Klägerin als gewerberechtlicher Geschäftsführerin durch die geschiedene Ehegattin des Gastwirts als Geschäftsführerin der beklagten GmbH und als hier einzigem in Frage kommenden Organ wurde im vorliegenden Fall weder behauptet noch festgestellt.

Dem Rechtsmittel kann demnach kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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