OGH 8Ob5/99i

OGH8Ob5/99i18.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Ernst K*****, 2.) Franz K*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Peter H*****, wegen S 500.000,- s. A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 18. November 1998, GZ 1 R 235/98d-12, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz - hier: die vom Erstgericht nicht durchgeführte Parteienvernehmung der Kläger -, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, können in der Revision nicht mehr gerügt werden (SZ 62/157; JBl 1990, 535; EFSlg

64.136 u. v. a.). Die Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw. die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist zwar auch noch im Rechtsmittelverfahren zulässig, jedoch müssen die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet worden sein (RZ 1978/58; 1 Ob 128/98z; Fasching, LB2, Rz 1731; u. a.). Die Revisionswerber haben die von ihnen behauptete Pflicht des Masseverwalters zur Räumung des Tankinhalts im Verfahren erster Instanz neben dem Hinweis auf Bestimmungen der Gewerbeordnung auf den Kaufvertrag und die damit verbundene Räumungspflicht des Verkäufers gestützt. Ein Vorbringen, es habe ein darüberhinausgehender Parteiwille bestanden, wurde nicht erstattet.

Die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde ist eine revisible Frage der rechtlichen Beurteilung, die vor dem Obersten Gerichtshof nur dann bekämpft werden kann, wenn sie mit den Sprachregeln, den allgemeinen Erkenntnissätzen oder mit den gesetzlichen Auslegungsregeln, z. B. der §§ 914, 915 ABGB, in Widerspruch steht. Wenn aber eine nach diesen Kriterien unbedenkliche Urkundenauslegung nur durch eine andere ebenfalls mögliche Auslegung ersetzt werden soll, kann von einer Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht gesprochen werden (JBl 1972, 200; NZ 1989; 266; AnwBl 1989, 229; SZ 62/201). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß die behauptete Räumungspflicht dem Vertrag nicht entnommen werden kann, dieser vielmehr in seinem Punkt VI die Haftung des Verkäufers unter anderem für einen bestimmten Zustand oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ausdrücklich ausschließt. Auch der Norm des § 1061 ABGB (iVm § 1047 ABGB) kann eine derartige Verpflichtung nicht entnommen werden, weil die sogenannte Depurierungspflicht unter anderem nur unbekannte Lasten betrifft und Zubehör, mangels entgegenstehender Vereinbarung mit zu übergeben ist (Aicher in Rummel ABGB2, § 1047 Rz 4, 5 mwH).

Entgegen der von den Revisionswerbern vertretenen Ansicht, ist die - von Klicka in Schwimann, ABGB2, § 294 Rz 19, als bedenklich bezeichnete - Entscheidung MietSlg 33.011 nicht einschlägig, weil dort die Zubehöreigenschaft von im Tank befindlichem Heizöl nur mangels Eigentümeridentität verneint wurde. Es entspricht der Rechtsprechung, daß auch die Sperre eines Betriebes im Falle des Konkurses grundsätzlich nichts an der Zubehöreigenschaft ändert und diese auch noch in der Verwertungsphase fortbestehen kann (RZ 1959, 34; SZ 39/174; SZ 64/166). Der Hinweis in der Entscheidung des erkennenden Senats 8 Ob 8/93, es sei strittig, wann die Zubehöreigenschaft frühestens enden könne, vermag den Standpunkt der Revisionswerber nicht zu stützen, weil sie zu einer früheren Aufgabe des wirtschaftlichen Zusammenhangs kein Vorbringen erstattet haben, vielmehr in der Klage selbst zugestehen, sie seien "vorerst davon ausgegangen, daß es sich beim Öltank selbst um einen unbeweglichen Teil des Kaufobjekts handelt". Zum vermeintlich davon zu trennenden rechtlichen Schicksal des Tankinhalts verwiesen sie ausschließlich auf die bereits dargestellte, den hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht treffende Entscheidung MietSlg 33.011.

Was den Einwand der Revisionswerber betrifft, die Räumungsverpflichtung des beklagten Masseverwalters ergebe sich auch aus den Bestimmungen der Gewerbeordnung sowie jener des § 18 Abs 2 AWG, ist ihnen zu erwidern, daß Umweltschutzbestimmungen nur auf die Hintanhaltung von Umweltverunreinigungen und auf nachbarrechtlichen Schutz, nicht aber auf den Schutz künftiger Erwerber einer verunreinigten Liegenschaft abzielen (JBl 1993, 532; immolex 1997/160).

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in den Berichten des Beklagten an das Konkursgericht kein Anerkenntnis der behaupteten Räumungspflicht gesehen. Abgesehen davon, daß das Anerkenntnis nach ständiger Rechtsprechung als zweiseitiges Rechtsgeschäft gegenüber dem anderen Vertragsteil erklärt oder wenigstens für ihn bestimmt und von ihm angenommen werden muß (JBl 1978, 254; 8 Ob 1605/90; JBl 1991, 791; u. a.), ist den Schriftsätzen des Masseverwalters jedenfalls kein eindeutiger Bezug zur hier geforderten Pflicht zu entnehmen, weshalb den Vorinstanzen kein Fehler bei der Urkundenauslegung anzulasten ist.

Hat aber der Beklagte keine Vertragspflicht verletzt - ein Verstoß gegen Aufklärungspflichten wird von den Klägern ausdrücklich nicht geltend gemacht (AS 101 = S 19 der Revision) - kann die nicht immer einheitlich beurteilte Frage der Beteiligtenstellung eines Liegenschaftskäufers im Sinne des § 81 Abs 3 KO (vgl. hiezu insbes. 10 Ob 70/98m; 10 Ob 62/98k; ZIK 1998, 171; JBl 1998, 320 auf sich beruhen.

Stichworte