OGH 2Ob254/98m

OGH2Ob254/98m29.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud W*****, vertreten durch Dr. Kurt Martschitz, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1.) Werner P*****, und 2.) I*****AG, ***** beide vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 100.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 23. Juni 1998, GZ 2 R 213/98h-19, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 2. April 1998, GZ 3 C 1335/97y-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.695,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.115,84 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erlitt bei einem Verkehrsunfall am 25. 1. 1982 in Götzis als Mitfahrerin im PKW ihres Ehemannes schwere Verletzungen. Das Alleinverschulden an diesem Unfall trifft den Erstbeklagten. Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. 7. 1984 wurden die beklagten Parteien verpflichtet, der Klägerin S 63.782,50 sA, davon S 60.000,-- Schmerzengeld, für die Schmerzperioden vom Unfall bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz (28. 6. 1984) zu zahlen. Gleichzeitig wurde in diesem Urteil ausgesprochen, daß die beklagten Parteien der Klägerin zur ungeteilten Hand, die Zweitbeklagte jedoch nur im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages mit dem Erstbeklagten für dessen am Verkehrsunfall vom 25. 1. 1982 beteiligten PKW, für alle Schäden zu haften haben, die die Klägerin aus diesem Unfall in Zukunft erleidet, für künftige Schmerzen jedoch nur im Ausmaß von 75 %, weil die Klägerin nicht angegurtet war.

In diesem Urteil wurde festgestellt, daß vor Ablauf von etwa 5 Jahren nicht gesagt werden könne, ob es zu einer mit Schmerzen verbundenen Abnützung des Hüftgelenkes kommen werde. Es könne weder mit Sicherheit noch mit großer Wahrscheinlichkeit abgeschätzt werden, in welcher Dauer und welcher Intensität die Klägerin aufgrund der unfallskausalen Verletzungen in Zukunft Schmerzen zu erdulden haben werde. Sicher sei lediglich, daß die Klägerin auch künftig noch Schmerzen haben werde. Tatsächlich hatte die Klägerin vom 28. 6. bis 31. 12. 1984 5 Tage leichte Schmerzen, vom 1. 1. 1985 bis 31. 12. 1989 jährlich 10 Tage leichte Schmerzen, vom 1. 1. 1990 bis 31. 12. 1994 jährlich 15 Tage leichte Schmerzen und seit 1. 1. 1995 jährlich 20 Tage leichte Schmerzen zu erdulden. Auch künftig wird die Klägerin jährlich mindestens 20 Tage leichte Schmerzen erleiden.

Die zuletzt genannten leichten Schmerzen von jährlich 20 Tagen sind - was die Zukunft betrifft - als Untergrenze anzusehen. Die Schmerzen können sich künftig aber auch verschlimmern. Mit Sicherheit lassen sich die künftigen Schmerzen der Klägerin derzeit noch nicht abschätzen. Eine Verschlimmerung kann auch deshalb eintreten, weil unfallsbedingt eine Hüftoperation notwendig werden kann. Es ist jedoch noch nicht abzuschätzen, wann eine solche Operation durchgeführt werden muß. Im Rahmen einer solchen - als unfallskausal zu wertenden - Hüftoperation könnte es erforderlich sein, daß eine Totalprothese eingesetzt wird. Die Schmerzen haben jedenfalls seit dem Jahre 1984 allmählich zugenommen.

Die Klägerin betreibt gerne Sport, geht gerne wandern und fährt auch gerne Schi. Beim Schifahren und Wandern verspürt sie nicht nur während der Tätigkeit Schmerzen, sondern vor allem auch am nächsten und am übernächsten Tag. Sie hat "irgendwie gelernt", mit diesen Schmerzen zu leben. In den ersten Jahren nach dem Feststellungsurteil hat die Klägerin nicht daran gedacht, etwas zu unternehmen, weil im Vorprozeß von Gutachter ausgeführt worden war, daß man frühestens in fünf Jahren feststellen könne, ob sich etwas verändert. Die Klägerin hat im Laufe der Jahre tatsächlich eine Zunahme der Schmerzen festgestellt. Sie suchte deshalb Ende der 80er Jahre das Krankenhaus Hohenems auf. Dort stellte man fest, daß die Situation zwar schon schlimm, aber noch nicht tragisch sei. Bei künftigen Arztbesuchen und Behandlungen wurde ärztlicherseits beschwichtigend der Standpunkt vertreten, daß die Schmerzen "irgendwie nicht eruierbar" seien. Das nahm die Klägerin zunächst zur Kenntnis. Als die Schmerzen aber weiter zunahmen, leitete sie - nach Überwindung einer gewissen Hemmschwelle - den gegenständlichen Rechtsstreit ein.

Die Klägerin begehrt mit der am 27. 10. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage nach Ausdehnung des Klagebegehrens unter Berufung auf das Feststellungsurteil zuletzt ein weiteres Schmerzengeld von S 100.000,--. Seit 28. 6. 1984 habe sie weitere, damals noch nicht absehbare unfallskausale Schmerzen zu erdulden gehabt. Es sei zu befürchten, daß die Schmerzen in Zukunft zunähmen. Für den Zeitraum vom 28. 6. 1984 bis 20. 3. 1998 (d.i. der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz) sei ein Schmerzengeld von insgesamt S 200.000,-- angemessen. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens von 25 % und der Teilzahlung von S 42.000,-- verbleibe noch ein Anspruch von S 108.000,--, wovon nur S 100.000,-- geltend gemacht würden.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Seit dem Unfall seien mehr als 15 Jahre verstrichen. Die Ansprüche seien verjährt. Eine Globalbemessung sei bereits im Jahr 1984 möglich gewesen. Die Geltendmachung einer "Schmerzengeldrente" sei unzulässig. Im Sinne einer Globalbemessung sei eine Entschädigung von insgesamt S 140.000,-- gerechtfertigt. Unter Bedachtnahme auf das Mitverschulden und die Teilzahlung seien die Ansprüche der Klägerin befriedigt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, daß künftig jedenfalls 20 Tage Schmerzen pro Jahr auftreten würden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Schmerzengeldanspruch der Klägerin sei nicht verjährt, weil zufolge des Feststellungsurteils die dreißigjährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Für die Bemessung des Schmerzengeldes sei zwar die Dauer und die Intensität der Schmerzen nach deren Gesamtbild maßgebend, wobei künftige Folgen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu beurteilen seien. Aus besonderen Gründen sei jedoch eine zeitliche Beschränkung des Schmerzengeldes oder die Geltendmachung bloß eines Teilbetrages zulässig. So komme eine Globalbemessung dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - die Folgen der Körperbeschädigung künftig noch nicht vorhersehbar seien; in einem solchen Fall sei eine Bemessung für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Das dürfe allerdings nicht dazu führen, daß der Verletzte mehr bekomme als bei einer einmaligen Globalbemessung. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze sei hier die Bemessung für einen begrenzten Zeitraum zulässig, weil die künftigen Folgen noch nicht vorhersehbar seien. Ein Schmerzengeld für den Zeitraum vom 28. 6. 1984 bis 20. 3. 1998 von S 200.000,-- sei nicht überhöht.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung schalte ein Feststellungsurteil - entgegen einem Teil der Lehre - die Verjährungseinrede für 30 Jahre aus, sofern es nicht um die Feststellung der Haftung für wiederkehrende Leistungen gehe. Das Feststellungsurteil solle aus prozeßökonomischen Gründen vermeiden, daß zur Beurteilung der Verjährungsfrage immer der Eintritt der Fälligkeit weiterer Ansprüche geprüft werde. Das Berufungsgericht sehe trotz der von der Lehre an der Rechtsprechung geübten Kritik keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Mit dem Schmerzengeld sollten grundsätzlich alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen global abgegolten werden. Für seine Bemessung sei das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. In Lehre und Rechtsprechung herrsche Übereinstimmung darüber, daß das Schmerzengeld möglichst in einem Gesamtbetrag (Globalbetrag) unter Berücksichtigung der überschaubaren körperlichen und seelischen Schmerzen festzusetzen sei. Eine Globalbemessung komme aber dann nicht in Betracht, wenn die Folgen der Körperbeschädigung noch nicht vorhersehbar seien; in einem solchen Fall sei die Bemessung ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Die Ausführungen des Erstgerichts dazu stünden mit der Rechtsprechung im Einklang. Dasselbe gelte auch für die Ansicht, wonach der Verletzte bei Bemessung des Schmerzengeldes in mehreren Teilbeträgen nicht mehr als bei einer einmaligen Globalbemessung bekommen dürfe. Hier sei lediglich zu prüfen, ob die Tatsache, daß die Klägerin künftig mindestens 20 Tage leichte Schmerzen im Jahr zu ertragen habe, bereits jetzt bei der Bemessung zu berücksichtigen sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ließen sich aber zum heutigen Zeitpunkt die gesamten künftigen Schmerzen der Klägerin nicht mit Sicherheit abschätzen. Es sei daher nicht sachgerecht, eine "Teil-Globalbemessung" auch unter Einbeziehung der derzeit bekannten zukünftigen Schmerzen vorzunehmen. Somit könnten lediglich die Schmerzen für den geltend gemachten Zeitraum Gegenstand der Entscheidung sein. Bei der Schmerzengeldbemessung sei die zwischenzeitig eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen. Unter Bedachtnahme darauf und auf die für die Schmerzengeldbemessung sonst maßgebenden Kriterien sei das vom Erstgericht festgesetzte Schmerzengeld nicht überhöht.

Die dagegen von den Beklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagten berufen sich in ihrer Revision auf den Teil der Lehre, der sich gegen die Rechtsprechung wendet, daß ein die künftige Schadenersatzpflicht aussprechendes Feststellungsurteil die Verjährungseinrede für 30 Jahre ausschalte, sofern es nicht um die Haftung für wiederkehrende Leistungen gehe. Die bis zum 26. 10. 1994 geltend gemachten Schmerzengeldansprüche seien daher verjährt. Da bereits jetzt feststehe, daß die Klägerin in Hinkunft mindestens 20 Tage leichte Schmerzen im Jahr erleiden werde, lägen die Voraussetzungen für eine Teilgeltendmachung des Schmerzengeldanspruches nicht vor. Da die Klägerin Schmerzengeld nur für die Schmerzen begehre, die sie bis zum 20. 3. 1998 erlitt, sei dem Gericht ein Zuspruch des Schmerzengeldes wegen künftiger (nach Schluß der Verhandlung auftretender) Schmerzen gemäß § 405 ZPO verwehrt. Das gesamte Schmerzengeldbegehren sei daher wegen Unschlüssigkeit abzuweisen. Darüber hinaus sei das zuerkannte Schmerzengeld unangemessen hoch. Nach der statistischen Lebenserwartung der Klägerin von 80 Jahren würde sie - gehe man von 20 Tagen leichter Schmerzen im Jahr aus - nach den Bemessungsgrundsätzen der Vorinstanzen ein Schmerzengeld von insgesamt S 800.000,-- erhalten. Dieser Betrag entspreche der Entschädigung für eine Querschnittlähmung. Bei der vorzunehmenden Gesamtbemessung stehe der Klägerin bloß ein Schmerzengeld von S 400.000,-- zu, weshalb sie - unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens - insgesamt nur Anspruch auf S 300.000,-- habe. Dagegen sei der Klägerin bloß für den geltend gemachten Zeitabschnitt bis 20. 3. 1998 ein Betrag von S 200.000,-- zugesprochen worden.

Rechtliche Beurteilung

Dazu war zu erwägen:

Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl 1964/321; SZ 39/19; SZ 43/222; SZ 45/8; VersR 1975, 1166; ZVR 1980/159; ZVR 1986/5; VersR 1990, 803; JBl 1993, 726 [Huber]; EvBl 1995/157) schließt ein die Schadenersatzpflicht des Beklagten bejahendes Feststellungsurteil - abgesehen von wiederkehrenden Leistungen - die Verjährung für die Dauer von 30 Jahren grundsätzlich aus. Diese Rechtsprechung beruht - unter Berufung auf Klang in Klang2 VI 609, 638 - auf der Auslegung, daß auch Feststellungsurteile unter die dreißigjährige Verjährungsfrist für Judikatsschulden nach der JMV RGBl 1858/105 fallen und diese Verordnung hinsichtlich nach dem Feststellungsurteil verfallender Renten auf die kurze Verjährungsfrist des § 1480 ABGB verweist, wenngleich die Wirkung von Feststellungsurteilen darin nicht ausdrücklich erwähnt wurde. In mehreren Entscheidungen (zB ZVR 1986/5 mwN) wurde auch auf prozeßökonomische Gründe hingewiesen. Das Feststellungsurteil solle vermeiden, daß zur Beurteilung der Verjährungsfrage immer der Eintritt der Fälligkeit weiterer Ansprüche geprüft werden müsse.

Dieses Auslegungsergebnis entspricht der in der Bundesrepublik Deutschland durch § 218 BGB geschaffenen Rechtslage, wonach ein rechtskräftig festgestellter Anspruch - mit Ausnahme von Rentenansprüchen, für die die kurze Verjährungsfrist gilt - in 30 Jahren verjährt, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt. Demnach kann die rechtskräftige Feststellung auch durch ein Feststellungsurteil geschehen; auch ein die Ersatzpflicht nur ganz allgemein feststellendes Urteil ist ausreichend (Pallandt, BGB54 Rz 1 zu § 218). Die Auffassung der österreichischen Rechtsprechung wurde von der späteren Literatur allerdings nur teilweise übernommen (Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 7 zu § 1489; Apathy, EKHG Rz 8 zu § 17; aA mit jeweils unterschiedlichen Begründungen und Ergebnissen Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 19 zu § 1478; Ertl, Die Verjährung künftiger Schadenersatzansprüche, ZVR 1993, 33 ff [39 ff]; Huber in seiner Glosse zu JBl 1993, 726; F Bydlinski, Schadensentstehung und Verjährungsbeginn im österreichischen Recht, Steffen-FS [1995] 65 ff [69 FN 7]; Ertl, Noch immer nicht Veraltetes zur Teileinklagung von Schmerzengeldansprüchen, RZ 1997, 146 ff [150]).

Die zitierte Rechtsprechung erging auf dem Boden der langjährigen Auffassung des Obersten Gerichtshofes, daß die Verjährung von Schadenersatzansprüchen nicht erst mit dem tatsächlichen Schadenseintritt, sondern bereits dann zu laufen beginne, solange noch kein tatsächlicher Schaden eingetreten ist, wenn der Eintritt des Schadens für den Geschädigten mit Sicherheit vorhersehbar ist (SZ 39/222; JBl 1973, 372; SZ 48/27; SZ 50/50; ZVR 1979/22; JBl 1979, 261; RdA 1980/1 [Koziol]; RdA 1992/39 [Apathy/Riedler] uva). Mit der Entscheidung des verstärkten Senats vom 19. 12. 1995, 1 Ob 621/95 (SZ 68/238 = ecolex 1996, 91 [Wilhelm] = JBl 1996, 311 [Apathy]), ist der Oberste Gerichtshof - nach einer Vorankündigung in 1 Ob 601/93 (= JBl 1994, 746 = RdW 1994, 311) - den dagegen von der einhelligen jüngeren Lehre erhobenen Bedenken (Koziol, Haftpflichtrecht1 [1973] 253; derselbe in der Glosse zu RdA 1980/1; Mayer-Maly, Schädigung durch Unterlassung, insbesondere Unterlassen der Hilfeleistung bei Verkehrsunfällen, ZVR 1977, 97 ff; Schubert in Rummel2 Rz 3 zu § 1489; P Bydlinski in der Glosse zu RdA 1983, 186 [188 ff]; derselbe in der Glosse zu JBl 1986, 304 [306]; Mader in Schwimann2 Rz 8 zu § 1489; Mayerhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht AT3, 348 FN 26; Apathy, EKHG Rz 5 zu § 17; Ertl ZVR 1993, 33 ff; Riedler, Judikaturwandel in der Frage der Verjährung von Entschädigungsforderungen nach § 1489 ABGB ?, ZVR 1993, 44 ff) gefolgt und hat ausgesprochen, daß die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 erster Satz ABGB) nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt. Dieser Entscheidung betraf einen einheitlichen Schaden. Zur Frage der Verjährung von - nach bereits eingetretenem Erstschaden - vorhersehbaren Folgeschäden verwies der verstärkte Senat auf die Entscheidung 1 Ob 41, 42/94 (JBl 1996, 315 [Riedler]), wonach diese kurze Verjährungszeit (und auch die des § 6 Abs 1 AHG) zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung (also des "Primär- oder Erstschadens") zu laufen beginnt; mit seiner positiven Kenntnis wird sie aber nach ständiger Rechtsprechung auch schon dann in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind; der drohenden Verjährung muß der Geschädigte mit einer Feststellungsklage begegnen. Dieser, eine "gemäßigte Einheitsschadentheorie" vertretenden Entscheidung folgten zahlreiche weitere Entscheidungen (SZ 69/55; SZ 70/104; 1 Ob 1004/96; 2 Ob 15/96; 7 Ob 54/97k; 2 Ob 153/97g; ZVR 1997/129). Als Ergebnis dieser aktuellen Rechtsprechung ist daher festzuhalten, daß die kurze Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht vor Eintritt des Primär- oder Erstschadens zu laufen beginnt, dann aber auch für vorhersehbare Folgeschäden, weshalb zum Zweck der Unterbrechung der Verjährungsfrist für die Folgeschäden die Erhebung einer Feststellungsklage geboten ist.

Die eingangs dargestellte ständige Rechtsprechung über die Wirkung eines Feststellungsurteils hat durch die Entscheidung des verstärkten Senats und die danach ergangene Rechtsprechung zum Beginn der Verjährung von Folgeschäden nicht ihre Basis verloren. Nach wie vor ist zur Unterbrechung der Verjährung von Folgeschäden die Erhebung einer Feststellungsklage erforderlich. Wurde ein Feststellungsurteil erwirkt, dann kann dieses auch die von der zitierten Rechtsprechung angenommenen Auswirkungen haben, daß während der langen Verjährungsfrist von 30 Jahren nach Rechtskraft des Feststellungsurteils Folgeschäden nicht verjähren können.

Der erkennende Senat hat allerdings in seiner Entscheidung 2 Ob 58, 59/91 (JBl 1993, 726 [Huber]) ausgesprochen, daß die Wirkung eines Feststellungsurteils nicht nach 30 Jahren verlorengeht, weil nur ein Anspruch, nicht aber auch ein rechtskräftiges Feststellungsurteil an sich durch Verjährung erlischt. Mit dieser Entscheidung ist daran festzuhalten, daß Feststellungsurteile die davon berührten Grundlagen des Schadenersatzanspruchs ohne zeitliche Begrenzung festlegen. Die Frage, ob das Feststellungsurteil die Wirkung hat, daß innerhalb von 30 Jahren nach seiner Rechtskraft eintretende Folgeschäden nicht verjähren können, war in diesem Fall nicht zu beurteilen.

Ertl (ZVR 1993, 41) meint, daß das Feststellungsurteil dem Geschädigten auf 30 Jahre erspart, die dadurch festgelegten Anspruchsvoraussetzungen neuerlich bei Erhebung einer Leistungsklage wegen Folgeschäden unter Beweis zu stellen, es verlängere darüber hinaus aber nicht deren Verjährungsfrist; Folgeschäden müßten daher binnen 3 Jahren ab Kenntnis mit Leistungsklage geltend gemacht werden (so auch in RZ 1997, 150). Huber (in der Glosse zu JBl 1993, 726 [730]) tritt dieser Auffassung bei, betont aber, daß die durch das Feststellungsurteil hervorgerufene Rechtskraftwirkung unverjährbar ist. F Bydlinski (Steffen-FS 69 FN 7), der die Erhebung der Feststellungsklage für die Unterbrechung vorhersehbarer Folgeschäden im Fall eines bereits eingetretenen Primärschadens für erforderlich hält, schlägt ebenfalls vor, die Verjährung von Folgeschäden binnen 3 Jahren ab Kenntnis von ihrem Entstehen eintreten zu lassen.

Der erkennende Senat sieht sich trotz dieser Kritik nicht veranlaßt, von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzugehen, wonach ein Feststellungsurteil die Verjährung von Folgeschäden für die Dauer von 30 Jahren ab seiner Rechtskraft ausschließt. Dieses der durch § 218 BGB für die Bundesrepublik Deutschland geschaffenen positiven Rechtslage entsprechende Ergebnis kann durchaus durch Analogie aus der durch JMV RGBl 1858/105 gewonnen werden. Eine solche Analogie liegt umso eher nahe, als zur Zeit der Erlassung der angeführten Verordnung eine gesetzliche, dem § 228 ZPO entsprechende Regelung für eine Feststellungsklage nicht vorhanden

war (vgl SpR 46 = GlU 4928; Caustein, Cilvilprozessrecht2 [1893] I

402 f; ErlRV zu § 239 = Mat I 279) und daher davon ausgegangen werden

kann, daß der Verordnungsgeber das Feststellungsurteil nicht mit Absicht von der in der Verordnung getroffenen Verjährungsregelung ausnahm. Es muß unter diesen Umständen viel mehr einer planwidrigen Unvollständigkeit angenommen werden, die eine Analogie gebietet (SZ 57/194; SSV-NF 2/94 ua). Mit Recht haben daher die Vorinstanzen den Verjährungseinwand nicht beachtet.

Aber auch der Auffassung in der Revision, daß die Klägerin den Schmerzengeldanspruch global hätte erheben müssen und nicht in Teilabschnitten geltend machen hätte dürfen, kann nicht beigepflichtet werden. Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, kommt eine Globalbemessung des Schmerzengeldes nicht in Betracht, wenn - wie hier - das Gesamtbild der physischen und psychischen Beeinträchtigung noch nicht vorhersehbar ist; in einem solchen Fall ist die Bemessung ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum zulässig (ZVR 1983/345; ZVR 1985/48; ZVR 1990/158; ZVR 1993/168; ZVR 1997/71 ua). Auch im Rahmen der Bemessung des Schmerzengeldes sind die Vorinstanzen von den nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Umständen ausgegangen. Insoweit kann daher auf die Ausführungen des Berufungsgerichts hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Für das Revisionsverfahren sieht § 23 RATG idF BGBl I 1997/140 keinen drei- oder vierfachen Einheitssatz vor.

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