OGH 1Ob1004/96

OGH1Ob1004/9611.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dieter Z*****, und 2. Elfriede Z*****, beide vertreten durch Dr.Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 17,545.118 S sA und Feststellung (Streitwert 20.000 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 12.Dezember 1995, GZ 12 R 37/95-23, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision führt richtig aus, daß der Lauf der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 6 Abs 1 AHG erst beginnt, wenn der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Umstände zumutbarerweise ohne nennenswerte Mühe auch auf das Verschulden irgendeines Organs des später beklagten Rechtsträgers schließen konnte (SZ 64/23; SZ 57/171; SZ 52/186). Weiß aber der Geschädigte, daß er, ohne selbst tätig zu werden, seinen Wissensstand über ein allfälliges Organverschulden nicht mehr erhöhen kann, ist er auch verpflichtet, sachverständigen Rat einzuholen (SZ 56/36). Sobald dessen Kenntnisstand über den anspruchsbegründenden Sachverhalt eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erlaubt, beginnt aber der Lauf der Verjährungsfrist. Der Geschädigte darf also mit der Klageführung nicht so lange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt (EvBl 1996/11 = ecolex 1991, 91 [verstärkter Senat]; SZ 64/23). Jeder Kläger muß nämlich damit rechnen, daß sich seine scheinbare Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen als irrig herausstellt, weil etwa Zeugen oder Sachverständige anderes bekunden könnten (AnwBl 1989, 694). Mit der positiven Kenntnis des Schadenseintritts beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren auch schon dann zu laufen, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann, weil der Eintritt der Verjährung durch Feststellungsklage vermeidbar ist. Wenn auch die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnen kann, gilt das nur für den "Erstschaden", nicht aber auch für noch nicht eingetretene, aber schon voraussehbare Folgeschäden. Bei der Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruchs ist nämlich auch die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zur Vermeidung deren Verjährung zumutbar (EvBl 1996/11 [verstärkter Senat]; 1 Ob 41, 42/94).

Unzutreffend geht die Revision davon aus, der Lauf der Verjährungsfrist habe erst ab dem Vorliegen des Gutachtens der Landwirtschaftskammer vom 22.März 1993 zu laufen begonnen, weil erst ab diesem Zeitpunkt mit "ausreichender Wahrscheinlichkeit und Gewißheit" auf ein Organverschulden hätte geschlossen werden können. Die Vorinstanzen legten nämlich richtig dar, daß der Erstkläger nach dem Inhalt seiner Berufung vom 6.Juni 1990 gegen den Schließungsbescheid der BH Freistadt vom 23.Mai 1990 Gründe ausführte, die von der Überzeugung eines Organverschuldens getragen waren. Bis zur Gewißheit des Vorliegens eines Organverschuldens, die den Klägern nach deren Ansicht durch das Gutachten der Landwirtschaftskammer vom 22.März 1993 vermittelt wurde, durfte aber - entsprechend der dargestellten Rechtsprechung - mit der Klageeinbringung nicht zugewartet werden. Die Kläger behaupten als Erstschaden den durch den Bescheid vom 23.Mai 1990 im selben Jahr eingetretenen Verdienstentgang. Dieser Schaden wäre aber spätestens Ende 1990 bereits eingetreten gewesen. Mangels rechtzeitiger Einbringung einer Feststellungsklage ist aber nicht nur dieser Erstschaden, sondern sind auch die behaupteten Folgeschäden verjährt. Die Verjährungsfrist endete spätestens mit Ablauf des 31.Dezember 1993. Das bei der Finanzprokuratur in Wien am 31.Mai 1994 eingelangte Aufforderungsschreiben der Kläger konnte daher den Fortlauf einer bereits abgelaufenen Verjährungsfrist nicht mehr hemmen. Die Klageeinbringung am 30.August 1994 erfolgte dann ebenso erst nach Ablauf der Verjährungsfrist für die dem Leistungs- und dem Feststellungsbegehren zugrunde gelegten Ansprüche. Die Verjährung wurde auch nicht erst mit Zustellung der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom 26.Februar 1991 und 28.Mai 1991 in Gang gesetzt. Gegen die Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs vor Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung ist der Geschädigte durch die in § 6 Abs 1 AHG geregelte Ablaufhemmung geschützt. Begänne die Verjährung immer erst ab dem Zeitpunkt der Endgültigkeit und Unabänderlichkeit eines fehlerhaften und schadensursächlichen Hoheitsakts, hätte es nicht der Regelung einer Ablaufhemmung bedurft.

Die wegen Verjährung erfolgte Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen ist demnach - auch unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung zur Verjährungsfrage - richtig.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte