Spruch:
Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, soweit mit ihnen der Antrag abgewiesen wurde, die Antragsgegnerin zur Zahlung der bis zur Rechtskraft der Entscheidung fälligen Differenzbeträge zwischen dem für das Jahr 1996 festgesetzten angemessenen Mietzins und dem tatsächlich geleisteten Mietzins zu verpflichten, als nichtig aufgehoben. Der diesbezügliche Antrag der Antragstellerinnen wird zurückgewiesen.
Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Mietrechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerinnen sind zu je 3/8 Miteigentümerinnen der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****. Die Antragsgegnerin ist Hauptmieterin von Geschäftsräumlichkeiten in diesem Haus, die für den Betrieb eines gastgewerblichen Unternehmens genützt werden.
Mit der Behauptung, der gastgewerbliche Betrieb sei von der Antragsgegnerin "zuletzt 1994 an Marianne B***** verpachtet worden", stellten die Antragstellerinnen am 23.5.1995 bei der Schlichtungsstelle den Antrag, "die Mietzinsschlichtungsstelle möge den Hauptmietzins im Betrag von S 100,--/m2 für angemessen iSd § 16 Abs 1 (MRG) festsetzen und den gesamten Mietzins sohin auf den Betrag von S 19.700,-- erhöhen". Sie stützten dieses Begehren dann noch vor der Schlichtungsstelle "vorsichtshalber auch auf §§ 46 ff MRG sowie alle erdenkbaren Rechtsgründe", und "verbesserten" ihn schließlich wie folgt:
"Die Schlichtungsstelle ... möge in Anwendung von § 12a Abs 5 MRG idF
des 3. WÄG feststellen, daß für das Mietobjekt ... ab dem Zeitpunkt
der Verpachtung, das ist der März 1994, ein Hauptmietzins von S 19.700,-- angemessen ist."
Das Verfahren wurde gemäß § 40 Abs 1 MRG an das Gericht abgezogen. Dort begehrten die Antragstellerinnen zunächst die Feststellung, daß der Hauptmietzins von S 19.700,-- angemessen sei. Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens brachten sie dann noch vor, daß ab 1.1.1996 die Fünfzehntelanhebung des Hauptmietzinses von bisher S 7.645,72 auf letztlich S 19.280,-- verlangt werde, weil "davon auszugehen sei, daß § 46a MRG Anwendung finde", und stützten ihr Begehren überdies noch "auf § 46a Abs 4 MRG, da alle diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben seien". Die letzte Formulierung ihres Sachantrages hat nur mehr das auf § 46a Abs 3 und Abs 4 MRG gestützte Anhebungsbegehren zum Gegenstand. Außerdem begehrten die Antragstellerinnen, die Antragsgegnerin möge verpflichtet werden, die bis zur Rechtskraft der Entscheidung fälligen Differenzbeträge zwischen dem für das Jahr 1996 festgesetzten angemessenen Mietzins und dem tatsächlich geleisteten Mietzins binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die Antragsgegnerin beantragte die Ab- bzw Zurückweisung dieser Anträge. Sie wendete, soweit sich die Verhandlung nicht auf den Anhebungstatbestand des § 12 a Abs 5 MRG beschränkte, die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil die auf § 46a Abs 3 und Abs 4 MRG gestützten Begehren noch nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle gewesen seien; außerdem bestritt sie die Aktivlegitimation der Antragstellerinnen, weil nicht auch der dritte Miteigentümer der Liegenschaft Josef F***** das Erhöhungsbegehren gestellt habe.
In der Sache selbst haben beide Seiten sehr umfangreiches (vor allem rechtliches) Vorbringen erstattet, doch geht es letztlich nur mehr um die Frage, ob der Umstand, daß die Antragsgegnerin das gastgewerbliche Unternehmen im verfahrensgegenständlichen Geschäftslokal "nie selbst geführt hat", einer Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 MRG bzw § 46a Abs 3 und Abs 4 MRG entgegensteht. Die Antragstellerinnen halten diesen Umstand für unbeachtlich, während die Antragsgegnerin darin einen Grund für die Abweisung des Sachantrages sieht.
Das Erstgericht wies die Anträge, "den ... Mietzins ab 1.1.1996 innerhalb von 15 Jahren schrittweise auf den angemessenen monatlichen Nettomietzins von S 19.280,-- anzuheben" und "die Antragsgegnerin zu verpflichten, die bis zur Rechtskraft der Entscheidung fälligen Differenzbeträge zwischen dem für das Jahr 1996 festgesetzten angemessenen Mietzins und dem tatsächlich geleisteten Mietzins binnen 14 Tagen zu bezahlen", ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Im Juli 1953 wurde ein seit den 30iger Jahren im Parterre des Hauses ***** in Linz etablierter Gastgewerbebetrieb eingestellt. Die zum Betrieb gehörigen Räumlichkeiten blieben dann bis Juni 1967 ungenützt.
Im Februar 1959 zeigte die Antragsgegnerin erstmals Interesse an den Räumlichkeiten, die sich in einem sehr schlechten baulichen Zustand befanden. Zur Betriebsaufnahme wären Umbauten und Renovierungsarbeiten mit einem Kostenaufwand von rund S 200.000,-- sowie die Neueinrichtung der Küche, der Schank und des Kühlraumes notwendig gewesen. Am 1.8.1959 richtete die Antragsgegnerin ein von einem Nichtjuristen verfaßtes und unterfertigtes Anbot betreffend den Umbau und die Renovierung des Gasthauses, die Finanzierung, die Verpachtung sowie den Bierbezug an den damaligen Alleineigentümer der Liegenschaft Sepp F*****. Danach sollte binnen einem Jahr ein detaillierter Vertrag abgeschlossen werden. Es kam jedoch in weiterer Folge zu keinen Verhandlungen mehr.
Bis Dezember 1963 hatte sich hinsichtlich der einmal gastgewerblich genutzten Geschäftsräume nichts verbessert. Das ganze glich einer Ruine. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Antragsgegnerin wieder Gespräche über die Instandsetzung und Inbetriebnahme des Gasthauses mit Sepp F***** auf. Sepp F***** und die Antragsgegnerin entschlossen sich, das Lokal wieder zu eröffnen. Sie einigten sich auf die Renovierung des Gastlokales und der als Pächterwohnung ins Auge gefaßten Wohnung im 1. Stock des Hauses sowie auf eine Erneuerung des Gasthausinventars. Die Kosten dafür sollten zunächst von der Antragsgegnerin getragen werden und von Sepp F***** hinsichtlich der Wohnungsrenovierung gleich ersetzt, hinsichtlich der Renovierung des Gastlokales durch Gegenverrechnung mit dem von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Bestandentgelt über eine Dauer von 20 Jahren bezahlt werden. Die Kosten für das Inventar sollte die Antragsgegnerin endgültig tragen. Dafür verpflichtete sich Sepp F***** als Hauseigentümer, daß für den Betrieb des Gastlokales Bier und alkoholfreie Getränke über eine Dauer von 20 Jahren ausschließlich von der Antragsgegnerin bezogen würden. Nach Ablauf dieser 20 Jahre sollte das Inventar in das Eigentum der Hauseigentümer übergehen. Die Antragsgegnerin sollte als Bestandnehmer des Gastlokales überdies die Konzession zur Verfügung stellen; der Betrieb des Lokales sollte einem Unterbestandnehmer übertragen werden.
Diesen Vereinbarungen gemäß wurde die Erneuerung der Wohnung und des Gastlokales von der Antragsgegnerin in Auftrag gegeben und durchgeführt. Sie wendete S 566.034,51 für die Renovierungsarbeiten im Lokal, S 19.530,-- für die Renovierungsarbeiten in der Wohnung und S 197.393,70 für das Gasthausinventar auf. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin erwarb die Gastgewerbeberechtigung zur Führung eines Gasthauses auf dem fraglichen Standort und stellte sie zur Führung des Gasthauses zur Verfügung.
Die Antragsgegnerin verpflichtete sich Sepp F***** (als Eigentümer des Hauses) gegenüber nicht, das Gastlokal zu betreiben.
Nachdem das Lokal fertiggestellt war und die Antragsgegnerin bereits einen Betreiber dafür gefunden hatte, erklärte Sepp F*****, ihm gefalle das Lokal so gut, daß er es selbst gern führen würde. Dem stimmte die Antragsgegnerin zu. Sepp F***** und die Antragsgegnerin vereinbarten, daß er für die Betreibung des Lokals monatlich S 4.000,-- zu bezahlen habe. S 1.000,-- entrichtete er als Entgelt für die von der Antragsgegnerin beigestellte Konzession, der Restbetrag sollte den Kosten für die Renovierungsarbeiten am Gastlokal gutgeschrieben werden.
Sepp F***** eröffnete das Gastlokal im Juni 1967 und betrieb es neben seiner Dentistentätigkeit aus Liebhaberei bis Ende August 1968. Während dieser Zeit leistete er die Zahlungen an die Antragsgegnerin, die - soweit sie nicht als Entgelt für die beigestellte Konzession entrichtet wurden - seiner aus den Renovierungsarbeiten resultierenden Verbindlichkeit gegenüber der Antragsgegnerin gutgeschrieben wurden.
Nach Sepp F***** betrieben verschiedene Personen aufgrund von Pachtverträgen mit der Antragsgegnerin das Lokal. Unmittelbar auf Sepp F***** folgte Frau H*****, ab 1.2.1973 Margarethe H*****, ab 1.4.1974 Maria S***** und ab 1.11.1977 Alfred Otto B*****. Marianne B***** führt das Gastlokal seit Jänner 1983 aufgrund eines Unterpachtvertrages vom 12.1.1983.
Alfred Otto B***** war Ende 1982 inhaftiert worden. Im Einverständnis mit der Antragsgegnerin und der Zweitantragstellerin übernahm seine mittlerweile von ihm geschiedene Gattin Marianne B***** den Gastbetrieb und die im 1. Stock gelegene Wohnung. Die Erstantragstellerin erfuhr davon erst im März 1983. Bis auf das monatliche Entgelt von S 7.645,42 und der Kautionsvereinbarung glich dieser Pachtvertrag vom 12.1.1983 zwischen Marianne B***** und der Antragsgegnerin inhaltlich jenen Verträgen, den die Antragsgegnerin in bezug auf das Lokal und die Wohnung mit den Vorgängern abgeschlossen hatte. Marianne B***** wurde das gegenständliche Lokal samt Mobiliar verpachtet (ausgenommen die Kücheneinrichtung; dafür hatte ihr Ex-Gatte seiner Vorgängerin Frau S***** eine Ablöse bezahlt).
Die Antragsgegnerin hat das Lokal zu keiner Zeit selbst geführt.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen als Geschäftsraummiete zu qualifizieren sei. Dies sei bereits im Verfahren 23 C 2189/88s des Bezirksgerichtes Linz durch alle Instanzen festgestellt worden (siehe 1 Ob 1569/90; es ging um ein Räumungsbegehren, bei dem sich die Vorfrage stellte, ob die nunmehrige Antragsgegnerin Mieterin oder Pächterin ist). Das Erstgericht wies auch darauf hin, daß es unzulässig sei, Änderungen bzw Erweiterungen der Anträge erst bei Gericht durchzuführen (§ 39 Abs 1 MRG). Die Antragstellerinnen hätten jedoch ihr Begehren, den Mietzins gemäß § 46a Abs 3 MRG schrittweise anzuheben, schon bei der Schlichtungsstelle auf ausreichenden Tatsachenbehauptungen gestützt.
Das Rechtsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und Marianne B***** sei als ein seit Jänner 1983 bestehendes Pachtverhältnis zu qualifizieren. § 46a Abs 3 MRG setze seinem Wortlaut nach voraus, daß der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit sein darin betriebenes Unternehmen verpachte. Tragender Gedanke für die Einführung dieser Bestimmung sei gewesen, daß der Vermieter nicht mehr an einen unangemessen niedrigen Mietzins gebunden bleiben soll, wenn sein Partner das in den Mieträumen betriebene Unternehmen nicht mehr selbst auf eigene Rechnung führt. Ein solcher Hauptmieter könne kein schützenswertes existenzielles eigenes Unternehmerinteresse an der Beibehaltung des niedrigen Mietzinses haben; wenn Dritte das Unternehmen auf ihre Rechnung betreiben, würde vielmehr der billige Mietzins nur noch zu Lasten des Vermieters verwertet. Neben dem klaren Wortlaut des § 46a Abs 3 MRG, der voraussetze, daß der Hauptmieter das von ihm selbst im Mietobjekt betriebene Unternehmen verpachtet, spreche auch diese Auslegung gegen die begehrte Fünfzehntelanhebung.
Das auf § 46a Abs 4 MRG gestützte Anhebungsbegehren könne nicht geprüft werden, weil es hier an der Prozeßvoraussetzung der Antragstellung bei der Schlichtungsstelle fehle. Dieser Erhöhungstatbestand sei von der Schlichtungsstelle nicht einmal andeutungsweise erwähnt worden.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Zutreffend habe das Erstgericht darauf hingewiesen, daß die Anrufung der Schlichtungsstelle eine zwingende Prozeßvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren ist. Daher könne der bei der Schlichtungsstelle gestellte (und dort beliebig veränderbare) Antrag bei Gericht nicht mehr geändert (erweitert) werden. Auch die Unbestimmtheit eines Antrages könne bei Gericht nicht mehr beseitigt werden (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 3 zu § 39 MRG). Es sei daher also zu prüfen, inwieweit der bei Gericht gestellte Antrag eine Änderung oder Einschränkung des zuletzt bei der Mietzinsschlichtungsstelle erhobenen Begehrens darstellt.
Sowohl in § 12a Abs 5 MRG als auch in § 46a Abs 3 MRG werde dem Hauptmieter die Verpachtung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens gestattet; entgegenstehende Mietvertragsklauseln sind unwirksam. Auch die Verpachtung des in den gemieteten Geschäftsräumlichkeiten betriebenen Unternehmens finde sich als Tatbestandsvoraussetzung der Mietzinserhöhung in beiden Gesetzesbestimmungen. Während der Vermieter bei Neuverpachtungen, die ab 1.3.1994 erfolgen, grundsätzlich zur sofortigen Anhebung des Hauptmietzinses berechtigt sei, könne er dann, wenn der Hauptmieter das in den Geschäftsräumen betriebene Unternehmen vor dem 1.3.1994 verpachtete und das Mietverhältnis am 1.3.1994 noch aufrecht sei, die schrittweise Mietzinserhöhung um 1/15 jährlich, die sogenannte Fünfzehntelanhebung, verlangen (Reich-Rohrwig in ecolex-Spezial, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraum-Hauptmiete, 128 ff).
Wenngleich Satz 1 des § 46a Abs 3 MRG die Neuverpachtungen ab 1.3.1994 und Satz 2 dieser Bestimmung alte Pachtverträge vor dem 1.3.1994 regeln, also völlig voneinander verschiedene Tatbestände, müsse doch in der Umstellung des Antrages von sofortiger Geltendmachung auf Fünfzehntelanhebung eine Einschränkung und keine Änderung des ursprünglichen Antrages erblickt werden. Die Antragsteller würden dann eben den erhöhten Hauptmietzins nicht auf einmal, sondern lediglich schrittweise begehren. Ausgehend von dem dahinterstehenden wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerinnen stelle also die Fünfzehntelanhebung ein Minus zur Anhebung nach § 46a Abs 3 Satz 1 MRG dar. Insofern sei der die Fünfzehntelanhebung verfolgende Antrag der Antragstellerinnen bei Gericht gemäß § 39 MRG zulässig.
Inhaltlich sei zu prüfen, inwieweit die §§ 12a Abs 5 MRG und § 46a Abs 3 Satz 2 MRG anzuwenden sind. Im Wege der teleologischen Interpretation dürfe der äußerst mögliche Wortsinn als Grenze jeglicher Auslegung nicht überschritten werden. Abgesehen davon, habe die Bestandgarantie für Verträge in der Rechtsordnung einen so hohen Stellenwert, daß Gesetzesbestimmungen, die vertragliche Positionen verändern, eher einschränkend - jedenfalls nicht ausdehnend - auszulegen seien. Gerade bei mietrechtlichen Bestimmungen könne der Wille des Gesetzgebers nur allzu leicht verfehlt werden, wenn sich der Rechtsanwender vom Wortlaut entfernt (vgl immolex 1997/52).
Unbekämpft habe das Erstgericht festgestellt, daß nach der Vereinbarung zwischen Sepp F***** und der Antragsgegnerin der Betrieb des Lokales einem Unterbestandnehmer übertragen werden sollte. Außerdem habe die Antragsgegnerin das Lokal zu keiner Zeit selbst geführt. Es sei daher dem Erstgericht vollinhaltlich darin beizupflichten, daß allein schon eine Wortinterpretation des § 46a Abs 3 Satz 2 MRG "... der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit sein darin betriebenes Unternehmen..." die Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht zulasse, habe doch die Antragsgegnerin das Lokal doch nie betrieben.
Dem Erstgericht sei aber auch bei der - nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung vorsichtig anzuwendenden - teleologischen Auslegung beizupflichten (Reich-Rohrwig aaO, 134). Der Vermieter solle nicht mehr an einen unangemessen niedrigen Mietzins gebunden bleiben, wenn sein Vertragspartner das in den Mieträumen betriebene Unternehmen nicht mehr selbst auf eigene Rechnung führt und somit kein existentielles schützenswertes eigenes Unternehmerinteresse an der Beibehaltung des niedrigen Mietzinses haben kann, sondern ... "der billige Mietzins" nur noch zu Lasten des Vermieters verwertet werden würde. Hier sei von Anfang an klar gewesen, daß der Betrieb des Lokals einem Unterbestandnehmer übertragen werden sollte. Auch der Gesetzeszweck der Mietzinserhöhung treffe auf die hier gegebenen Umstände nicht zu. Zu Recht habe das Erstgericht das auf § 46a Abs 3 MRG gestützte Erhöhungsbegehren abgelehnt.
Auch in der Ablehnung der Befassung mit dem auf § 46a Abs 4 MRG gestützten Erhöhungsbegehren der Antragstellerinnen sei dem Erstgericht keine Inkonsequenz vorzuwerfen. Den Umfang des Verfahrens vor Gericht bestimme der Antrag vor der Schlichtungsstelle. Es sei also Sache des Antragstellers, den Umfang seines Begehrens erkennbar abzugrenzen (vgl MietSlg 41.416). Dabei kommt es auf den Inhalt des von der Partei gestellten Entscheidungsbegehrens und ihr Sachvorbringen an (MietSlg 40.510).
Zutreffend habe das Erstgericht festgehalten, daß der bloße Hinweis auf §§ 46 ff MRG dem Erfordernis eines substantiierten Vorbringens nicht gerecht wird. Ein solches sei aber notwendig, um die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges iSd § 39 MRG überprüfen zu können.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß noch keine höchstgerichtliche Judikatur zu den Fragen vorliege, inwieweit ein gerichtlicher Antrag nach § 46a Abs 3 Satz 2 MRG (Fünfzehntelanhebung) eine (zulässige) Einschränkung eines Antrags vor der Schlichtungsstelle nach § 46a Abs 3 Satz 1 MRG darstellt, und inwieweit der Wortlaut des § 46a Abs 3 Satz 2 MRG "...sein darin betriebenes Unternehmen ..." ausdehnend ausgelegt werden könne. Gemeint ist in diesem Zusammenhang offensichtlich, daß geklärt werden müsse, ob die Tatsache, daß der Hauptmieter das im Mietgegenstand etablierte Unternehmen nie selbst betrieben hat, einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 3 MRG entgegensteht.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragstellerinnen im wesentlichen geltend, daß Gegenstand des zwischen der Antragsgegnerin und Marianne B***** abgeschlossenen Pachtvertrages nur ein lebendes Unternehmen sein könne. Fraglich sei daher nur, wem dieses Unternehmen zuzurechnen sei. Zunächst habe das Unternehmen Sepp F***** geführt; dann habe es die Antragsgegnerin übernommen und es an mehrere Personen hintereinander, zuletzt im Jahr 1983 an Marianne B*****, verpachtet. Da die Tätigkeit des Sepp F***** zweifelsfrei der Antragsgegnerin zuzurechnen sei bzw sie sich selbst durch Übernahme des Unternehmens diese Tätigkeit zurechnete, müsse sie nunmehr die Bestimmung des § 46a Abs 3 MRG gegen sich gelten lassen. Es wäre mit den Intentionen des Gesetzgebers nicht vereinbar, eine Vertragskonstruktion, wie sie die Antragsgegnerin gewählt habe und bei Brauereien üblich sei, von der Mietzinserhöhungsmöglichkeit nach § 46a Abs 3 MRG nur deshalb auszunehmen, weil der Geschäftslokalmieter den Aufbau und die Führung des Unternehmens immer Dritten überläßt. Was den auf § 46a Abs 4 MRG gestützten Erhöhungsantrag betreffe, hätte er von Gericht behandelt werden müssen, weil es auch in diesem Fall um eine Fünfzehntelanhebung gehe. Aus dem Beweisverfahren habe sich ergeben, daß es bei der Antragsgegnerin nach dem 1.1.1968 zu einer Änderung der Gesellschaftsstruktur, nämlich zur Umwandlung einer GmbH in eine AG gekommen sei.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß entweder dahin abzuändern, daß dem Sachantrag der Antragsteller stattgegeben wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung (an eine der Vorinstanzen) zurückzuverweisen.
Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und iS seines Aufhebungsbegehrens berechtigt; außerdem gibt er Anlaß, eine den Vorinstanzen unterlaufene Nichtigkeit wahrzunehmen.
Rechtliche Beurteilung
Wie erwähnt, haben die Antragstellerinnen ausdrücklich beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung der während des Verfahrens fällig werdenden Differenzbeträge zwischen dem vereinbarten und dem ab 1.1.1996 zu entrichtenden "angemessenen" Hauptmietzins zu verpflichten. Für ein solches Leistungsbegehren ist jedoch in § 37 Abs 1 MRG keine Zuständigkeit des Außerstreitrichters vorgesehen.
Selbst § 37 Abs 4 MRG sieht die von einem Antrag unabhängige
Schaffung eines Titels für die Rückzahlung gesetzwidrig eingehobener
Mietzinse nur für Ansprüche des Mieters vor (und auch da fiele, wie
der Oberste Gerichtshof etwa in SZ 66/27 und WoBl 1996, 157/57
ausgesprochen hat, die Abweisung eines "Begehrens" nicht in die
Kompetenz des Außerstreitrichters). Rechtssachen, die nicht
ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins
Außerstreitverfahren verwiesen sind, gehören auf den streitigen
Rechtsweg (SZ 54/129; SZ 55/184; MietSlg 38.530; MietSlg 43/36; SZ
66/27 uva), sodaß gemäß § 42 Abs 4 JN wie im Spruch zu entscheiden
war. Eine anderslautende Entscheidung, an die der Oberste Gerichtshof
gemäß § 42 Abs 3 JN gebunden wäre, liegt nicht vor, weil sich die
Vorinstanzen mit dem Problem der Zulässigkeit des außerstreitigen
Rechtsweges für das Leistungsbegehren der Antragstellerinnen gar
nicht befaßt haben. Eine "Überweisung" des diesbezüglichen Sachantrages in das streitige Verfahren und seine Behandlung als Klage kommt nicht in Betracht, weil die Antragstellerinnen ihr Zahlungsbegehren offenbar nicht selbständig, sondern nur in Verbindung mit der Hauptmietzinsüberprüfung verfolgen (vgl MietSlg 43/36; EvBl 1993/96 ua). Als Klagebegehren wäre der diesbezügliche Sachantrag außerdem zu unbestimmt und noch dazu unzulässigerweise von einer außerprozessualen Bedingung (der gerichtlichen Festsetzung des angemessenen Mietzinses) abhängig.
Anders verhält es sich mit der vom Rekursgericht als erheblich iSd § 528 Abs 1 ZPO relevierten Frage, ob über das auf § 46a Abs 3 MRG gestützte Erhöhungsbegehren mangels Vorschaltung der Schlichtungsstelle überhaupt im Rechtsweg entschieden werden durfte.
Diese Frage stellt sich nicht, weil bereits eine bindende
Entscheidung iSd § 42 Abs 3 JN über die Zulässigkeit des Rechtsweges
vorliegt. Für eine solche Entscheidung genügt es nach herrschender
Judikatur, daß sich beide Vorinstanzen, wenn auch nur in den
Entscheidungsgründen, mit dem Problem befaßt haben und
übereinstimmend zum Schluß gekommen sind, der Rechtsweg sei
zulässigerweise beschritten worden (vgl SZ 54/190; 3 Ob 2185/96m =
EWr I/15/13; 2 Ob 1524/95 = RIS-Justiz RS0043823, jeweils mwN). Hier
ist dies der Fall.
In diesem Zusammenhang ist auch gleich vorwegzunehmen, daß es die Vorinstanzen zu Recht abgelehnt haben, den Erhöhungstatbestand des § 46a Abs 4 MRG zu prüfen. Für das diesbezügliche Begehren fehlt nämlich die in § 39 Abs 1 MRG geforderte Vorschaltung der Schlichtungsstelle. Das ergibt sich bereits aus der Endformulierung des Sachantrages der Antragstellerinnen in der letzten Verhandlung vor der Schlichtungsstelle; es kann aber auch keine Rede davon sein, daß ein auf eine Verpachtung nach dem 28.2.1994 gestütztes und dementsprechend dem § 12a Abs 5 MRG unterstelltes Anhebungsbegehren auch eine Mietzinserhöhung nach § 46a Abs 4 MRG begründen könnte. Die schlichte Berufung auf den Anhebungstatbestand des § 46a Abs 4 MRG reicht andererseits nicht aus, einen diesbezüglichen Erhöhungsanspruch geltend zu machen, weil sich der dort geforderte (gemäß § 46a Abs 1 MRG vor dem 1.10.1993 eingetretene) Machtwechsel in der Mietergesellschaft mehrmals ereignet haben kann. Es bedarf daher einer genauen Festlegung des Vermieters, welchen Machtwechsel er geltend macht, bzw auf welchen Zeitpunkt er sich bezieht. Ihn trifft insoweit eine qualifizierte Behauptungspflicht, der die Antragstellerinnen im gegenständlichen Fall nicht nachgekommen sind.
Das Vorliegen des Anhebungstatbestandes des § 46a Abs 3 MRG haben die Vorinstanzen hingegen zu Unrecht ausgeschlossen.
Zwei Tatsachen waren von Anfang an unstrittig oder sind es durch übereinstimmendes Vorbringen in den Rechtsmittelschriften geworden:
1.) Die Antragsgegnerin ist Hauptmieterin der verfahrensgegenständlichen Geschäftsräumlichkeiten, wie dies auch der Abweisung des gegen sie erhobenen Räumungsbegehrens zu 23 C 2189/88s des Bezirksgerichtes Linz (1 Ob 1569/90) zugrundegelegt wurde. Einzelne Äußerungen der Antragstellerinnen deuten zwar darauf hin, daß sie sich in dieser Frage nicht festlegen wollen, um vielleicht später wieder einmal ein dem MRG nicht unterliegendes Bestandverhältnis geltend zu machen, doch gehen sie in diesem Verfahren von einem Hauptmietverhältnis aus, was auch immer dem Standpunkt der Antragsgegnerin entsprochen hat.
2.) Es ist davon auszugehen, daß es sich beim verfahrensgegenständlichen Gastgewerbebetrieb um ein Unternehmen der Antragsgegnerin handelt. Für letztere ist es "gar nicht fraglich, daß die Gastwirtschaft ihr rechtlich und wirtschaftlich zuzurechnen ist", weil sie ein fremdes Unternehmen gar nicht verpachten könnte (Seite 4 der Revisionsrekursbeantwortung ON 23). Auch die rechtliche Basis dieser Schlußfolgerung ist solide. Die Verpachtung eines erst zu errichtenden Unternehmens ist durchaus möglich, wenn die wesentlichen Grundlagen für den Unternehmensbetrieb vom Bestandgeber beigestellt werden (SZ 31/54; MietSlg 28.121; MietSlg 32.164; MietSlg 32/23; MietSlg 39.101; SZ 69/83 ua). Die hiefür wesentliche Betriebspflicht muß nicht ausdrücklich vereinbart sein, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben (MietSlg 39.101 mwN; 1 Ob 584/92 = EWr III/1091 A/9 ua). Beim offenkundigen Interesse der Antragsgegnerin an der ständigen Fortführung des ihren Bierabsatz fördernden Gastgewerbebetriebes versteht sich die Betriebspflicht von selbst.
Fraglich kann demnach nur sein, ob es eine Tatbestandsvoraussetzung des Mietzins-Erhöhungsanspruchs nach § 46a Abs 3 MRG ist, daß der Hauptmieter das im Mietobjekt etablierte Unternehmen selbst führt. Beide Vorinstanzen haben diese Frage mit der Begründung bejaht, daß der Gesetzeswortlaut gar keine andere Auslegung zulasse; die Verneinung würde den äußersten Wortsinn sprengen. Dem ist jedoch nicht beizupflichten.
Der Wortlaut des § 46a Abs 3 Satz 2 MRG, der das Anhebungsrecht an die Voraussetzung knüpft, daß der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit "sein darin betriebenes Unternehmen" vor dem 1.3.1994 verpachtet hat, läßt offen, ob das Unternehmen vom Hauptmieter oder einer anderen Person betrieben wird. Es muß sich nur um ein "betriebenes", also lebendes Unternehmen handeln. Wenn andererseits § 12a Abs 5 MRG davon spricht, daß der Hauptmieter das "von ihm" im Mietgegenstand betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen verpachten darf, kann dies nicht als unmißverständliche Klarstellung der Rechtslage in dem von den Vorinstanzen unterstellten Sinn gesehen werden, sondern als aufklärungsbedürftiger Widerspruch. Dieser Widerspruch ist wie folgt zu lösen:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß dem Vermieter das Recht der Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 MRG auch dann zusteht, wenn er seinem Geschäftsraummieter die Verpachtung des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens gestattet hat, es also immer wieder zu Neuverpachtungen kommt (immolex 1997, 230/124). Jede Neuverpachtung gibt dann dem Vermieter erneut die Möglichkeit, den Mietzins auf den angemessenen Betrag zu erhöhen (vgl 5 Ob 434/97b), und zwar unabhängig davon, ob der Hauptmieter das Unternehmen zwischenzeitig selbst betrieben hat. Auch die ununterbrochene Aufeinanderfolge von Verpachtungsvorgängen ist - mit immer neuen Erhöhungsmöglichkeiten - dem § 12a Abs 5 MRG zu unterstellen. Das heißt aber nichts anderes, als daß die eigene Betriebsführung des Hauptmieters kein zwingendes Tatbestandserfordernis der Mietzinsanhebung bei Verpachtungsvorgängen ist. Es genügt, daß es sich um ein Unternehmen des Hauptmieters handelt, das betrieben wird, ob vom Hauptmieter oder Unternehmenspächter ist belanglos.
Daß dieses Gesetzesverständnis dem § 46a Abs 3 MRG leichter entnommen werden kann als dem § 12a Abs 5 MRG, mag darauf zurückzuführen sein, daß der Gesetzgeber bei der vergangenheitsbezogenen Regelung des § 46a Abs 3 MRG die Möglichkeit einer Kette aufeinanderfolgender Verpachtungsvorgänge deutlicher vor Augen hatte. Auf der anderen Seite legte er bei der Formulierung des § 12a Abs 5 MRG, der dem Geschäftslokalmieter praktisch ein Weitergaberecht einräumte, offenbar Wert auf den Umstand, daß dies nur für die Verpachtung des vom Geschäftslokalmieter im Mietobjekt betriebenen Unternehmens gelte, weil gerade in diesem Fall der Geschäftslokalmieter besonnders schutzwürdig sei. Schutzwürdig ist jedoch vor allem die Weiterführung des lebenden Unternehmens. Mit der Einschränkung, daß es sich um ein "von ihm (dem Geschäftslokalmieter) betriebenes Unternehmen" handeln müsse, sollte offensichtlich zum Ausdruck gebracht werden, daß es um ein Unternehmen des Geschäftslokalmieters gehen muß, das von ihm oder von anderen Personen für ihn, also in seinem Ineresse, betrieben wird. Insoweit ist die Bestimmung des § 12a Abs 5 erster Satz MRG teleologisch zu reduzieren und mit § 46a Abs 3 Satz 2 MRG in Einklang zu bringen.
Damit liegt der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund nicht vor. Da zur Höhe des angemessenen Hauptmietzinses, auf den der derzeit zu entrichtende Betrag in 15 Jahres-Schritten angehoben werden darf, keine Beweisergebnisse vorliegen, ist eine Verfahrensergänzung unumgänglich. Dabei wird zu beachten sein, daß die Angemessenheitsprüfung auf den Verpachtungsvorgang im Jahr 1983 abzustellen ist (WoBl 1997, 190/64; immolex 1997, 230/124).
Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
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