OGH 2Ob1524/95

OGH2Ob1524/9524.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde B*****, vertreten durch DDr.Ingrid Stoiber-Adler, Rechtsanwältin in Bad Hofgastein, wider die beklagte Partei Agrargemeinschaft G*****, vertreten durch Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Löschung einer Grundbuchseintragung (Streitwert S 1,220.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 18.Jänner 1995, GZ 3 R 12/95-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24.Juni 1994, GZ 9 Cg 426/93-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Mangel der Unzulässigkeit des Rechtsweges kann dann nicht mehr wahrgenommen werden, wenn bereits eine bindende rechtskräftige Entscheidung über diese Voraussetzung erfolgt ist. Nach jüngerer ständiger Rechtsprechung besteht eine Bindung bereits dann, wenn sich ein Gericht auch nur in den Entscheidungsgründen mit dem Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen auseinandergesetzt hat (SZ 54/190, RZ 1988/61 vgl. SZ 63/128). Da sich sowohl das Gericht erster als auch zweiter Instanz mit dem Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges auseinandergesetzt und ihn verworfen haben, kann auf diese neuerlich aufgestellte Revisionsbehauptung nicht weiter eingegangen werden (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO).

Die in der Revision als erhebliche Rechtsfrage bezeichnete Konkurrenz zwischen der Grundbuchsberichtigung nach § 136 Abs 1 GBG und dem Löschungsverfahren nach § 62 ff GBG ist vom Obersten Gerichtshof bereits mehrfach entschieden worden. Mit Rekurs gegen einen (zu Unrecht erfolgten) Berichtigungsbeschluß nach § 136 Abs 1 GBG ist geltend zu machen, daß das Gericht nach der Aktenlage (Inhalt des Grundbuchs, des Antrages und seiner Beilagen) unrichtig entschieden habe. Mit der Löschungsklage wird hingegen behauptet, daß die Eintragung - ohne Rücksicht auf die Aktenlage - der materiellen Rechtslage widerspricht (ZBl 1926/227, RZ 1937, 224). Die Löschungsklage beabsichtigt daher, die materielle Unrichtigkeit einer Eintragung ohne Rücksicht auf die Einhaltung der formellen Vorschriften darzutun und steht dem bereits Eingetragenen gegen denjenigen zu, durch dessen nachfolgende, jedoch auf einem materiell unwirksamen Titel beruhende Eintragung er aus dem Grundbuch verdrängt wurde, und zwar unabhängig von seiner materiellen Berechtigung (SZ 62/80). Ob die formellen Voraussetzungen zur Erlassung eines Berichtigungsbeschlusses gemäß § 136 Abs 1 GBG im vorliegenden Fall zutreffen, ist infolge Rechtskraft dieses Beschlusses nicht mehr überprüfbar. Aus den dargelegten Gründen kann es aber der klagenden Partei nicht verwehrt sein, die Richtigkeit der Eintragung im Wege eines Löschungsverfahrens zu überprüfen, zumal eine Verjährung der Löschungsklage die Unanfechtbarkeit einer mangels gültigen Erwerbstitels nichtigen Eigentumsübertragung bewirken würde (vgl SZ 28/31, EvBl 1972/136). Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang nicht vor.

Auf die in der Revision behauptete Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 60 Salzburger Gemeindeordnung 1994 idF LGBl 1994/107 muß ebenfalls nicht eingegangen werden, weil die Zulässigkeit des Rechtsweges für diesen Rechtsfall bereits rechtskräftig ausgesprochen wurde und daher die genannte Bestimmung nicht zur Anwendung zu kommen hat.

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht eine Ersitzung des Eigentumsrechtes an den genannten Liegenschaften durch die beklagte Partei nach der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin verneint. Die Revisionswerberin hat dazu im Verfahren erster Instanz ausgeführt, die Wege- und Skisportservitute verhandelt und hiefür Entgelt erzielt zu haben, das Jagdrecht ausgeübt bzw verpachtet zu haben und Grundsteuer an die klagende Partei bezahlt zu haben. Sie berief sich dazu auf Steuerakte, die Regulierungsunterlagen und die Parteienvernehmung. Dieses Vorbringen ist aber nicht geeignet, Ersitzungshandlungen unter Beweis zu stellen. Es mag sein, daß die beklagte Partei über Wege- und Skisportservitute "verhandelt" hat, dies bedeutet aber nicht, daß sie mangels bücherlicher Berechtigung auch derartige Servitute einräumen konnte. Auch aus der Ausübung des Jagdrechtes kann sie keine weitergehenden Rechte ableiten. Die Ersitzung setzt nämlich den Besitz eines Rechtes voraus, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprechen muß (SZ 45/45; JBl 1976, 642; SZ 55/30). Wenn auch das Jagdrecht selbst nicht ersessen werden kann(SZ 56/20), reicht jedoch dessen Ausübung zum Erwerb des Sachbesitzes nicht aus (vgl SZ 18/116). Das gleiche gilt auch für den behaupteten Abschluß von Bestandverträgen, weil die Berechtigung zum Abschluß von Bestandverträgen nicht auf den Eigentümer beschränkt ist (SZ 27/309). Schließlich kann die auf öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen beruhende Bezahlung der Grundsteuer nicht zum Eigentumserwerb durch Ersitzung führen.

Zur Fassung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht wird auf die ständige Judikatur verwiesen. Nach dieser ist das Begehren der Löschungsklage auf Unwirksamerklärung und Löschung der bekämpften bücherlichen Eintragung zu richten (SZ 41/151, SZ 60/237, SZ 62/80). Der Spruch des Berufungsgerichtes steht damit im Einklang. Da die Klage eindeutig als Löschungsklage erkennbar ist, konnte das Berufungsgericht das Begehren neu fassen (MGA GBG E 72 zu § 61 GBG). Wie der frühere Grundbuchstand wieder herzustellen ist, muß in diesem Verfahren nicht geprüft werden. Zuletzt schlägt der Hinweis auf § 63 GBG nicht durch. Diese Bestimmung findet im Streit zwischen dem bücherlich Berechtigten und den ihn verdrängenden Nachmann keine Anwendung (MGA GBG E 9 zu § 63 GBG).

Abschließend sei noch bemerkt, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes der beklagten Partei im Wege des Berichtigungsverfahrens materiell unrichtig war. Zum einen ist seit der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes der klagenden Partei im Jahr 1929 eine materielle Änderung der Rechtslage nicht eingetreten; die vom Grundbuchsgericht in seiner Begründung festgestellten Umstände lagen bereits bei der ursprünglichen Eigentumseinverleibung für die klagende Partei im Jahre 1929 vor. Zum anderen darf im Berichtigungsverfahren eine rechtskräftig bewilligte Eintragung (insbesondere Einverleibung) auch dann nicht beseitigt werden, wenn sich herausstellen sollte, daß die Eintragung nicht hätte bewilligt werden dürfen (NZ 1970, 46; EvBl 1977/179; SZ 49/58; JBl 1981, 96).

Die außerordentliche Revision war daher insgesamt zurückzuweisen.

Stichworte