Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes durch die Vorschreibung der Antragsgegnerin ab. Es stellte überdies fest, daß der angemessene Hauptmietzins für das Bestandobjekt *****, zu den Stichtagen 1.3.1994, 1.11.1994 und 1.1.1995 S 17.452,20 betrage. Weiters stellte das Erstgericht fest, daß der bisherige monatliche Hauptmietzins von S 168,-- ab 1.1.1995 um ein Fünfzehntel des Differenzbetrages zu erhöhen sei, sowie, daß der Hauptmietzins von S 17.452,20 wertgesichert sei und der Wertsicherung nach dem Verbraucherpreisindex 1986 unterliege, wobei als Basisindex für den Monat September1994 eine Indexzahl von 126,4 heranzuziehen sei.
Hiebei ging das Erstgericht unter anderen davon aus, daß die Antragsgegnerin (Vermieterin) von der Antragstellerin (Mieterin) mit Schreiben vom 22.11.1994 gemäß § 46 a MRG eine Anhebung des Hauptmietzinses von zuletzt S 2.237,99 auf S 6.879,59 ab 1.1.1995 (Endbetrag nach 15 Jahren S 71.862,--) forderte. Die antragstellende Kommanditgesellschaft hatte mit Mietvertrag vom 30.6.1964 ab 1.7.1964 ein ca 100 m2 großes Souterrainlokal in der Wiener Innenstadt auf der Grundlage eines Friedenskronenmietzinses von 872 Kronen gemietet. In den folgenden Jahrzenten kam es zu zahlreichen (vom Erstgericht detailliert festgestellten) Gesellschafterwechseln und Änderungen der (vielen) Kommanditeinlagen. Im ab 1.1.1985 wirksamen Gesellschaftsvertrag vom 20.6.1984 ist unter anderem vorgesehen, daß Komplementär eine am Vermögen der KG nicht beteiligte GmbH (Arbeitsgesellschafterin) ist. Das Gesellschaftskapital entfällt ausschließlich auf die Kommanditisten, deren Kapitalanteile auf feste Kapitalkonten gebucht werden, die Komplementärin ist im Innenverhältnis an die Beschlüsse eines von den Kommanditisten gewählten Beirates gebunden. Für Gesellschafterbeschlüsse ist (von Ausnahmen abgesehen) die einfache Mehrheit vorgesehen. Das Stimmrecht richtet sich nach der Höhe der Kapitaleinlage; der Komplementärin steht kein Stimmrecht zu. Der Übergang von Gesellschaftsanteilen ist mit dem Übergang des Geschäftsanteils an der Komplementärin verknüpft. Die Kommanditisten der Antragstellerin sind an dieser im selben Verhältnis beteiligt wie an der Komplementärs-GmbH. Im Handelsregister (Firmenbuch) wurde am 11.2.1985 eingetragen, daß die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter ausgetreten und (neben anderen Personen) als Kommanditisten eingetreten sind und daß die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin eingetreten ist. Weiters traf das Erstgericht Feststellungen zur Beschaffenheit des Bestandobjekts und zum hiefür 1994/1995 angemessenen Hauptmietzins.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahingehend, daß die Anhebungsvoraussetzungen gemäß § 46a Abs 4 MRG im vorliegenden Fall gegeben seien. Es liege eine wesentliche Veränderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten dadurch vor, daß seit Beginn des Bestandsverhältnisses jedenfalls mehr als die Hälfte der Komplementäre und der Kommanditisten (auch anteilsmäßig) gewechselt habe. Das Kapital sei erhöht worden und es seien neue Gesellschafter beigetreten. Der Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses sei abzuweisen, da eine derartige Überprüfung nur für einen bereits vorgeschriebenen und nicht hinsichtlich des erst künftig fällig werdenden Hauptmietzinses möglich sei. Da der Antrag bei der Schlichtungsstelle bereits im Dezember 1994 eingelangt sei, sei eine Überprüfung des Hauptmietzinses für Jänner 1995 unzulässig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf, trug dem Erstgericht die Fällung einer neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte im wesentlichen folgendes aus:
Vorauszuschicken sei, daß nur der Sachantrag auf Feststellung einer Zinsüberschreitung im Monat 1/95 gestellt worden sei. Das weitere Verfahren werde sich auf diesen Sachantrag zu beschränken haben.
Nicht gefolgt werden könne zwar der Rechtsansicht der Antragstellerin, daß die Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG für eine Anhebung der Mietzinse nicht gegeben seien. Insbesondere erweise sich das Schlüsselargument der Antragstellerin, daß bis auf eine geringfügige Anteilsverschiebung alle Änderungen im Gesellschaftsverhältnis bis zur Eintragung vom 11.2.1995 die Folge erbrechtlicher Vermögensübergänge gewesen seien und diese bei einer Berücksichtigung gemäß § 46a MRG außer Betracht zu bleiben hätten, als nicht stichhältig. Voraussetzung für eine Mietzinsanhebung gemäß § 46a Abs 4 MRG sei gemäß Z 1 dieser Bestimmung, daß nach Abschluß des Mietvertrages bei der juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten eingetreten sei. Hier werde man auch eine Vererbung von (entscheidenden) Anteilen vor dem 1.3.1994 bei der Anwendung des § 46a Abs 4 MRG als (entscheidende) Änderung der Einflußmöglichkeiten anzusehen haben, weil der der Novelle innewohnende Grundgedanke die Mietzinsanhebung nur dann ausschließe, wenn noch der ursprüngliche Mieter das Mietrecht persönlich nutze. Entgegen der Meinung der Antragstellerin erübrigten sich daher Feststellungen, ob die Änderung der Beteiligungsverhältnisse auf erbrechtliche Vorgänge zurückzuführen gewesen seien oder nicht, da auch erbrechtliche Vorgänge bei einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten zu berücksichtigen seien.
Nicht geteilt werden könne die Rechtsansicht des Erstgerichtes hinsichtlich des Zeitpunktes der Ermittlung des nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses. Gemäß § 46a Abs 6 MRG sei § 12a Abs 7 MRG auf die in § 46a Abs 2 bis 5 MRG geregelten Fälle sinngemäß anzuwenden. § 12a Abs 7 MRG normiere, daß bei der Ermittlung des nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses die Verhältnisse zum Zeitpunkt der entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeit zugrunde zu legen seien. Diese Bestimmung sei in Anbetracht des im Gesetz normierten Vergleiches mit dem Zeitpunkt der Mietvertragsbegründung dahingehend auszulegen, daß der maßgebliche Zeitpunkt jener sei, zu dem erstmals eine maßgebliche Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einflußmöglichkeiten im Vergleich zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses vorgelegen sei. Eine andere Auslegung - etwa ein Abstellen auf den am kürzesten zurückliegenden Zeitpunkt - führe in Anbetracht der Zusammenrechnung von kleinweise erfolgten Änderungen zu nicht vertretbaren und auch aus dem Gesetz nicht ableitbaren Komplikationen: Ein eindeutiger Zeitpunkt wäre unter Umständen hier nur bei einer Rückrechnung von den nunmehrigen Einflußverhältnissen (dies widerspreche dem Gesetz) oder bei Bildung einer Kette von maßgeblichen Änderungszeitpunkten ab Mietvertragsabschluß ermittelbar.
Der gegenständliche Mietvertrag sei per 30.6.1964 im Namen der in Gründung befindlichen (?) Antragstellerin abgeschlossen worden. Diese sei mit 13.11.1964 eingetragen worden (laut Handelsregister allerdings bloß eine Umschreibung aus HRA). Für die Beurteilung der Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten sei daher auf die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt abzustellen. Hiebei komme es bei Personen- und Kapitalgesellschaften nur darauf an, daß mehr als die Hälfte der gesellschaftsrechtlich mit Einflußmöglichkeiten und Gewinnansprüchen ausgestatteten Anteile in andere Hände übergingen. Wichen Stimmrecht und Gewinnansprüche voneinander ab, so sei grundsätzlich auf Gewinnansprüche unter der Annahme der Volleinzahlung der Einlagen abzustellen. Auf ein Stimmrecht der Anteile komme es nicht an. Ab welchem Zeitpunkt im hier vorliegenden Fall eine Änderung von mehr als 50 % der Gewinnanteile der Antragstellerin vorliege, könne jedoch nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden.
Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren geeignete Feststellungen über die Gewinnberechtigung zum Zeitpunkt 13.11.1964 zu treffen und danach jenen Zeitpunkt zu ermitteln haben, ab dem mehr als 50 % der gewinnbezugsberechtigten Gesellschafter der Antragstellerin gewechselt hätten. Hiebei sei auch ein Wechsel der Gesellschafter aufgrund erbrechtlicher Vorgänge mitzuberücksichtigen. Für diesen Zeitpunkt des mehr als 50 %-igen Wechsels der Gewinnanteile sei sodann ein angemessener Mietzins aufgrund der Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt zu ermitteln. Hiebei sei bei der Feststellung einer eventuellen Mietzinserhöhung jedoch zu berücksichtigen, daß der derart ermittelte angemessene Mietzins gemäß § 46a Abs 2 iVm Abs 4 MRG wertgesichert sei. Das Erstgericht werde also im fortgesetzten Verfahren den vor der Schlichtungsstelle nie ausgedehnten Überprüfungsantrag der Antragstellerin hinsichtlich des Hauptmietzinses Jänner 1995 einer inhaltlichen Überprüfung zuführen müssen. Da die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 22.11.1994 die Vorschreibung dieses Mietzinses unter Angabe seiner Höhe angekündigt habe, bestehe ein rechtliches Interesse der Antragstellerin an der Überprüfung dieses Betrages.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der maßgeblichen Kriterien der Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten im Sinne der §§ 12a, 46a Abs 4 MRG bei Personengesellschaften, sowie zur Frage des Zeitpunktes der Bemessung des angemessenen Mietzinses im Sinne des § 46a Abs 4 MRG bei mehrfachen Änderungen der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten, unter anderem auch im Erbweg, vorhanden sei.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, es komme für § 46a Abs 4 MRG nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt eine Änderung der wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten eingetreten sei, sondern bloß darauf, daß eine solche Änderung seit Mietvertragsabschluß eingetreten sei. Der Zeitpunkt, zu welchem der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG zu berechnen sei, sei nicht jener, zu dem sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten geändert hätten; vielmehr sei auf den Zeitpunkt des Anhebungsbegehrens abzustellen.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin behauptet im drittinstanzlichen Verfahren gar nicht mehr, daß bei ihr in der Vergangenheit kein Machtwechsel stattgefunden hätte (oder daß andere Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG fehlen würden). Sie meint aber, daß gemäß § 46a Abs 1 MRG alle vor dem 1.10.1993 im Stand ihrer Gesellschafter eingetretenen Veränderungen unberücksichtigt zu bleiben hätten. Damit verkennt sie, daß § 46a Abs 1 MRG nicht den hier vorliegenden Fall einer Fünfzehntel-Anhebung gemäß Abs 4, sondern den Fall der sofortigen Erhöhung auf den vollen angemessenen Hauptmietzins gemäß § 12a Abs 3 MRG betrifft; nur hierauf bezieht sich der Stichtag 30.9.1993 (vgl Würth/Zingher, WohnR 94, § 46a MRG Anm 1). Frühere Machtwechsel können eben nur zu einer Fünfzehntel-Anhebung führen.
Was den für die Ermittlung des angemessenen Mietzinses maßgeblichen Zeitpunkt anlangt, hat der erkennende Senat vor kurzem in 5 Ob 132/97s unter Hinweis auf die in 5 Ob 10/97z = WoBl 1997, 190/64 (Würth) in einem Fall des § 46a Abs 3 MRG (vgl auch 5 Ob 148/97v; 5 Ob 288/97g) aufgestellten und in 5 Ob 109/97h = ImmZ 1997, 363 auch in einem Fall des § 46a Abs 5 MRG herangezogenen Grundsätze ausgesprochen, daß es im Fall eines Anhebungsbegehrens nach § 46a Abs 4 MRG gemäß § 46a Abs 6 iVm § 12a Abs 7 MRG auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft ankommt. Die von der Rechtsmittelwerberin vertretene Ansicht, entscheidend sei der Zeitpunkt der Stellung des Erhöhungsbegehrens, wurde selbst von Würth in seiner kritischen Glosse zu WoBl 1997/64 abgelehnt, weil der Zeitpunkt dann im Belieben des Vermieters stünde.
Die Feststellung des Zeitpunktes eines Machtwechsels bei einer Kommanditgesellschaft bereitet besondere Schwierigkeiten, weil § 12a Abs 3 MRG auf die Personengesellschaft nicht zugeschnitten scheint (Schauer, Zum gegenwärtigen Diskussionsstand über die entscheidende Änderung der "rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten" [§ 12a Abs 3 MRG], RdW 1994, 168, 172; vgl Ostheim, Unternehmensveräußerung und Mietzinserhöhung im 3. WÄG, WoBl 1993, 200, 211). Der 7. Senat hat jüngst in 7 Ob 169/97x einen Machtwechsel im Sinne des § 12a Abs 3 MRG mit näherer Begründung in einem Fall angenommen, in dem die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafterinnen einer OEG sich auf die Kommandistenstellung zurückgezogen haben und ein neuer persönlich haftender Gesellschafter in die Personengesellschaft (nunmehr KEG) eingetreten ist. Ähnliches gilt auch im vorliegenden Fall: Mit dem Ersatz der beiden Komplementäre (physische Personen) durch eine GmbH Anfang 1985 war (unabhängig von der Gestaltung des Innenverhältnisses) eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten verbunden. Der Austausch der Komplementäre bedeutete einen Machtwechsel auch dann, wenn diese als Kommanditisten in der KG verblieben und neben den zahlreichen anderen Kommanditisten an der Komplementärs-GmbH beteiligt waren. Die ihnen damit zustehende gesellschaftsrechtliche Position kann unter den hier gegebenen Umständen der von Komplementären nicht gleichgehalten werden (vgl auch Ostheim aaO 212).
Daß es Anfang 1985 zu einem Machtwechsel gekommen ist, schließt nicht aus, daß sich weitere ereignet haben. Möglich ist, daß - wie etwa bei wiederholter Verpachtung - ein Anhebungstatbestand mehrfach verwirklicht wurde (oder daß überhaupt mehrere verschiedene Anhebungstatbestände vorliegen). In einem solchen Fall kommt es entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht schlechthin auf den zeitlich ersten Machtwechsel an. Vielmehr steht es dem Vermieter frei, bei mehrfachem Machtwechsel jenen Zeitpunkt geltend zu machen, der zu einer für ihn günstigeren Berechnung führt. Die qualifizierte Behauptungspflicht trifft allerdings auch insoweit den Vermieter, der den bisherigen Hauptmietzins gemäß § 46a Abs 4 MRG anheben will (vgl 5 Ob 88/97w = ImmZ 1997, 391). Aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin ergibt sich nun kein anderer Zeitpunkt, weshalb es nach dem bisherigen Verfahrensstand auf den für Anfang 1985 angemessenen - und entsprechend den üblichen Indexklauseln valorisierten - Hauptmietzins ankommt. Da hiezu Feststellungen fehlen, hat es beim Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes zu bleiben. Auf dessen weitere Rechtsmeinungen muß derzeit nicht eingegangen werden.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
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